Sudkreis OP Bericht

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OP

SÜDKREIS

OBERHESSISCHE PRESSE Freitag, 30. November 2007

Allzeit gut Sud! Viermal im Jahr ist Brautag OP schaute Fronhäuser Heimbrauern über die Schulter · 200 Liter Bier im Jahr für Eigenbedarf sind steuerfrei Fronhausen. In Fronhausen gibt es ein 12-köpfiges Team, die Sudkreis -Heimbrauer. Die Mitglieder demonstrierten der OP einen Brauvorgang. von Rebekka Schrimpf Wer Bier brauen will, muss früh aufstehen, denn der Brauprozess nimmt viel Zeit in Anspruch. Die Garage von Braumeister Matthias Heun verwandelt sich am Brautag in eine Heimbrauerei. Bierbrauen ist reine Handarbeit. Wir legen Wert darauf, dass es nicht automatisiert wird , so Heun. Viermal im Jahr ist Bierbrauen in Fronhausen angesagt. Viel Mühe steckt dahinter, doch wenn man erst einmal einen ganzen Brauvorgang miterlebt hat, schätzt man sein eigenes Bier umso mehr , sagt Mark Weiershausen vom SudkreisTeam.

Seit 2003 brauen die Männer ihr Bier selbst Die Mitglieder der Braugruppe sind Freunde und kennen sich schon lange. Ihr eigenes Bier brauen sie seit 2003. Sie sind die einzige Heimbrauerei in der Gemeinde Fronhausen. Seit dieser Zeit entwickelten und verfeinerten sie ihre Rezepte und Techniken weiter, schafften sich hochwertige oder selbst gestaltete Geräte an und tauschten mit weiteren Heimbierbrauern ihre Erfahrungen aus. Wir experimentieren gerne mit Rezepten und versuchen immerzu, die Qualität zu verbessern , erklärt Heun. Die Sudkreis-Crew, die sich ihren Namen in Anlehnung an den Südkreis-Fußball gab, ist Mitglied im Zusammenschluss Hausbrauer Nassauer Land , in der Vereinigung der Hausund Hobbybrauer in Deutschland und fährt regelmäßig zu Treffen mit Hausbrauern. Die Geselligkeit der nicht ganz alltäglichen Freizeitbeschäftigung steht dabei im Vordergrund. Pro Haushalt dürfen in Deutschland 200 Liter Bier im Jahr für den Eigenbedarf steuerfrei gebraut werden, die beim Zoll angemeldet sind , informiert Heun, der sich sein Bierbrauwissen durch die Studie von Fachliteratur angeeignet hat. Der Kaffee zur Stärkung ist gekocht, das Radio mit den neuesten Fußballnachrichten läuft und die Campingstühle sind für die Pausen zwischendurch zurechtgerückt. Nun kann es losgehen. Mit Hilfe eines Brauplaners gehen die Mitglieder an die Arbeit, den ganz speziellen Sudkreis-Weizen, den KirmesKristallweizen, herzustellen.

Die verschiedenen Schritte sehen kompliziert aus, sind aber eigentlich ganz einfach , meint der Mathematik- und Physiklehrer Heun. So gehen die Mitglieder voller Elan und Motivation das obergärige Weizenbier an. Zuerst steht das Mahlen von sechs Kilogramm Weizen, gemischt mit fünf Kilogramm Münchner Karamalz (ein helles Farbmalz) an. In der Kornmühle wird das Malz grobkörnig geschrotet. Dabei wechseln sich die Brau-Experten ab, denn die Arbeit geht ganz schön in die Arme. Auch die Nachbarskinder Anne (11) und Paul (6) helfen mit. Die Lehrlinge haben sich bereit zu richtigen Experten entwickelt. Dann werden im großen Sudtopf 44 Liter Wasser angesetzt und auf 43 Grad Celsius erhitzt. Ein elektronisches Temperaturmessgerät hilft bei der genauen Bestimmung. Die Wasserqualität ist hier sehr gut , so Weiershausen. Es folgt das Einmaischen: Das Schrot wird in das Wasser eingerührt und stetig umgerührt. Das ist fast so wie Miraculix Zaubertrank , findet Pressewart Marco Koch. Die Flüssigkeit wird nun Schritt für Schritt bis 78 Grad Celsius erhitzt. Mehrere Raststufen, auf denen die Tempera-

Grillen an. Die entstandene Bierwürze beim Maischvorgang wird nun im Läuterprozess vom Malz getrennt, dann erhitzt und der Hopfen von dem Hopfenmeister Hans-Karl Kroll hinzugefügt. In diesem Zustand sieht die Flüssigkeit aus wie eine dünne Erbsensuppe , meint Mitglied Martin Schnabel und beugt sich über den Topf, um den unverwechselbaren Geruch einzuatmen. Nach dem Kochen wird der Gehalt der Stammwürze, ein Extrakt aus der Bierwürze, mit einer Bierspindel bestimmt.

Gärtemperatur beträgt 20 Grad Celsius Nun nehmen die Bierbrauer den Topf von der Heizstelle. Dann beginnt das Hopfenseihen: Durch Rühren, den so genannten Whirlpool-Effekt, sammeln sich die nicht gelösten Trübstoffe (der Trub) in der Mitte. Diese werden entfernt. Sechs Liter der klaren Würze fängt Heun ab, um sie zum Schluss wieder zur Flaschengärung hinzuzufügen. Nun kommt der selbst gebaute Außengegenstromwürzekühler zum Einsatz, der den Sud mit kaltem Wasser auf 20 Grad Cel-

Nachdem der Sud mit vereinten Kräften von der Heizstelle genommen wurde, begann das Hopfenseihen. Fotos: Rebekka Schrimpf daran, eigene Hefekulturen für den nächsten Brautag selbst zu ziehen. Nach fast acht Stunden Brauvorgang ist das Bier nun soweit, dass es für eine Woche gären und anschließend weitere vier Wochen im Kühlhaus reifen kann. Danach ist der lang ersehnte Moment gekommen: Das Heimbreu kann mit Genuss getrunken werden. Es schmeckt süßlich und hat fünf Prozent Alkohol. Am Schaum sieht man die Qualität , sagt Kroll, der das Bier des letzten Weizenbiersuds kostet. Unser Bier hat seine ganz eigene Note , ergänzt er.

Erstes Brauen am Küchenherd

Hans-Karl Kroll überzeugte sich mit prüfendem Blick von der Qualität des Sudkreis-Bieres. tur einen längeren Zeitraum konstant bleiben muss, halten die Experten ein. Während der Rast löst sich die Stärke im Wasser auf. Für ein gutes Bier ist es wichtig, viel Zeit mitzubringen , verweist Heun. Die Wartezeit beim Maischen vertreiben sich die Mitglieder mit einem gemeinsamen Frühstück, am Nachmittag steht

sius, die Gärtemperatur, abkühlt. Dabei achten die Braubrüder darauf, dass die verwendeten Utensilien immer gut desinfiziert sind. Ist der Sud auf die optimale Temperatur abgekühlt, kommt die Hefe hinzu, die den Gärprozess in Gang setzt der Zucker in der Würze wird zu Alkohol umgewandelt. Heun ist bereits

Doch nicht immer lief alles so glatt wie bei diesem Brauvorgang. Denn um sich zu Experten zu entwickeln, braucht es, wie beim Bier auch, Zeit. An das erste Bierbrauen, das mit einfachem Kochtopf und Einkochapparat auf dem Küchenherd stattfand, können sich die Mitglieder noch gut erinnern. Bei Vollmond holten sie damals mit Milchkannen Quellwasser aus dem am Ortsrand gelegenen Brackeborn, vom dem sie sich wie beim Osterwasser eine besonders gute Wirkung versprachen. Auch redeten sie nicht miteinander, wie es die Tradition forderte. Doch die überlieferten Rituale halfen nichts. Das erste Bierbrauen ist schief gelaufen und war eine Enttäuschung , erinnert sich Heun. Waren damals noch 12 Liter Bier das Ergebnis eines Brauvorgangs, so werden heute bis zu 70 Liter gebraut. Auch im Internet sind die

Martin Schnabel kippt Wasser auf das gemahlene Schrot, das zugleich gerührt wird. Sudkreis-Freunde vertreten. Mehr Informationen sowie Fanshop-Artikel gibt es unter http://bierclub.marcokoch.com. Dort werden auch die Brautermine bekannt gegeben. Neue Mitglieder oder Interessierte, die einen Brauvorgang einmal miterleben wollen, sind jederzeit willkommen. Zu den regelmäßigen Veranstaltungen gehört auch das Dreikönigsgrillen am 6. Januar mit

dem eigenen Bier. Allzeit gut Sud mit diesem Trinkspruch stoßen die fleißigen Braubrüder am Ende des langen Arbeitstages an. Allerdings nicht mit dem neuen Heimbier, auf das müssen sie noch warten. Dafür lassen sie sich ihr Bier der vergangenen Brauaktion, die einige Wochen zurück liegt, schmecken. Gilt nur noch zu wünschen Hopfen und Malz, Gott erhalt s .


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