Psalm Almanach 2017

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fast untrennbar mit den Bewegungen verwoben. Heutzutage sind wir sehr offen und wenden die traditionellen Formen auch auf andere Geschichten an und tanzen manchmal sogar ganz „abstrakt“. Aber das ist eine aktuelle Entwicklung. Thomas Höft: Welche Musik wird zu diesen Tänzen gespielt? Sumitra Keshava: Wir spielen karnatische Musik. Das ist die traditionelle, klassische südindische Musik. Die frühesten Über­ lieferungen dieser Musik reichen bis ins 7. Jahrhundert zurück, und sie geht ganz und gar aus einem Text hervor. Selbst wenn sie nur instrumental gespielt wird, liegt ihr eine alte Gesangs­ melodie zu Grunde. Deshalb gibt es in unserem Ensemble ­natürlich eine Sängerin. Sie wird begleitet von der Mridangam, der südindischen Trommel und einem Geiger. Was aber zum Bharatanatyam besonders wichtig ist, ist der Natuwanar. Er ist der Tanzlehrer und spielt eine Art von Zimbeln. Er gibt den Rhythmus vor und ist so das Bindeglied zwischen Musikensem­ ble und Tänzerinnen. In unserem Ensemble hat mein Vater diese Rolle inne. Thomas Höft: Und wie schaut es mit der Überlieferung aus? Woher wissen Sie, was Sie tanzen und spielen? Sumitra Keshava: Die ganze Tradition ist mündlich überliefert. Man kann nirgendwo nachschlagen und etwa Schrittfolgen ler­ nen. Es gibt auch keine aufgeschriebenen Melodien, sondern alles wird von einer Generation auf die nächste übermittelt. Durch Spielen und Lernen. Aber das heißt nicht, dass dieser Stil völlig frei wäre. Im Gegenteil, Musik und Tanz hängen auf ver­ schiedenen Ebenen sehr eng zusammen und müssen unbe­ dingt miteinander und sehr präzise erarbeitet werden. Und na­ türlich machen wir uns heute Notizen dazu. Aber im Endeffekt ist es so, wie es immer war: Die Jüngeren lernen es von den Älteren. Es gibt übrigens dabei auch Überschneidungen mit dem Yoga. Die Ruhe und Konzentration, die es für den Tanz braucht, ist dieselbe, die man auch beim Yoga benutzt. Fragen des Gleichgewichts, der Dehnung – all das braucht man auch im Tempeltanz. Ein sehr anschauliches Beispiel, wie sich Spiri­ 36


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