Zukunftsthesen_FINAL

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Zu Future Mountain

Future Mountain ist ein Netzwerk von engagierten Menschen aus Praxis und Wissenschaft, Unternehmen und Institutionen, die sich auf Grundlage ihrer Tätigkeit in und für die Alpen mit dessen Zukunft als Lebens- und Wirtschaftsraum auseinandersetzen.

Die Expertengruppe befasst sich seit dem Jahr 1995 unter dem Vorsitz von Jakob Falkner, dem Geschäftsführer der Bergbahnen Sölden, mit der Transformation des Bergerlebnisses. Seit 2007 hat sich die Runde in Form des Vereins „FMI Future Mountain International“ mit Sitz in Innsbruck konsolidiert.

Die exklusiven Mitglieder leisten Reflexion, ordnen ganzheitlich orientierte Themen ein und erarbeiten Trendberichte und Positionspapiere, um sich abzeichnende langfristige Trends sichtbar zu machen.

Weiter fördert der Verein „future mountain international“ fördert den Wissensaustausch und vernetzt Schlüsselakteure aus Wissenschaft, Praxis und Politik. Die gewonnenen Erkenntnisse werden über die Plattform www.futuremountain.org zugänglich gemacht und in den öffentlichen Diskurs eingebracht.

Sein Credo: «Berge voller Leben – Strategien für die Zukunft».

Thesen zur Entwicklung des alpinen Wintersports im D-A-CH

oder Alpen-Raum 2025

Prolog

Der Wintersport bleibt in vielen Alpenregionen ein zentraler wirtschaftlicher Treiber und ist tief in der kulturellen Identität verankert. So werden im Winterhalbjahr 2024/25 in Österreich in den Hotels 72.25 Mio und in der Schweiz 18.5 Mio Übernachtungen gezählt, die Bergbahnen erzielten in dieser Periode in Österreich über 50 Mio Skierdays und 1.96 Mia Umsatz, in der Schweiz 26.1 Mio Skierdays und 902 Mio Umsatz.

Wintersport ist jedoch mehr als ein Wirtschaftsfaktor. Als Volkssport mit hohem Gesundheitswert und generationenübergreifender Strahlkraft fördert er soziale Teilhabe und stärkt den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Als verbindende Aktivität über Generationen und soziale Gruppen hinweg bringt Wintersport Menschen zusammen in Bewegung – körperlich, sozial und emotional. Er schafft Räume für gesundes Leben, sichere Begegnung und intensive Naturerlebnisse in einer einzigartigen Umgebung. Dieses Potenzial gilt es zu stärken und zukunftsfähig zu gestalten

Die meist privatwirtschaftlich organisierten Bergbahnen sind zentrale Leistungsträger im alpinen Wintersport – insbesondere in den föderal strukturierten, deutschsprachigen Alpenländern. Total über 5000 Bergbahnanlagen in Österreich und der Schweiz ermöglichen breiten Bevölkerungsschichten den Zugang zu einem vielfältigen Wintersportangebot – von klassischen Pistensport über Winterwandern und Rodeln bis hin zu alpinen Freizeitformen wie Klettern. Diese Angebote wurden in vielen Alpentälern von unternehmerischen Pionieren als Selbsthilfe für die Existenzsicherung der lokalen Bevölkerung geschaffen und haben sich heute vielfach zu integrierten Freizeitunternehmen oder sogar internationalen Konzernen entwickelt.

Mit ihren Infrastrukturen – Bergtransport, Verpflegung, Anbindung an den öffentlichen Verkehr, Parkraum, Entsorgung und Abwasserlösungen – schaffen sie die Grundlage für einen verantwortungsvollen Umgang mit hohen Besucherzahlen und tragen wesentlich dazu bei, den gesellschaftlichen Wunsch nach Naturerlebnisse und die Effekte auf die Natur in einem sinnvollen Rahmen zu halten.

Die Rahmenbedingungen für den alpinen Wintersport haben sich in den letzten Jahren spürbar gewandelt – geprägt von neuen Nutzererwartungen, gesellschaftlichem Wandel, ökologischen Herausforderungen und ökonomischem Druck. Umso mehr bietet sich

heute die Chance, Wintersport weiterzudenken: zugänglich, vernetzt, nachhaltig und zukunftsorientiert.

Mitbedacht muss dabei, dass sich aufgrund des Klimawandels, aber auch der Flexibilisierung der Freizeitbedürfnisse die klassischen Saisonzeiten auflösen.

Wanderangebote im sonnigen Bergwinter oder die Ausdehnung der Herbstsaison sind Beispiele. Ziel muss es sein, die Infrastrukturen und getätigten Eingriffe in die Natur möglichst umfassend zur Befriedigung der Sport- und Freizeitbedürfnisse zu nutzen und dabei einen 300 Tage Betrieb anzustreben.

Die folgenden 10 Thesen mit Trends, Hintergrund und Herausforderungen wurden im Zusammenspiel von Forschung und Praxis, orientiert an verschiedenen Umweltsphären und Anspruchsgruppen abgeleitet. Es stellt die erste Ausgabe eines regelmäßig zu überarbeitenden Dokuments dar

#1 Wintersport verbindet - über Generationen, Grenzen und Gesellschaften hinweg

In einer Zeit gesellschaftlicher Spannungen und wachsender FragmentierungkommtdemWintersporteinebesondereRollezu.Als tiefinderalpinenKulturverankerterVolkssportschaffterBegegnung, stärkt das Wir-Gefühl und fördert regionale Identität. Er verbindet Generationen, Lebensrealitäten und Herkunft – auf und neben der Piste.UmdiesesPotenzialzusichernundweiterzuentwickeln,braucht es ein klares Bekenntnis: zu einem inklusiven, vielfältigen und zukunftsfähigen Wintersport, der zum gesellschaftlichen Zusammenhaltbeiträgt.

Hintergrund: Die Spaltung der westlichen Gesellschaft nimmt in verschiedenen Facetten getrieben durch soziale Medien, geopolitischen Druck mit Migration und zunehmenden Budgetengpässen der öffentlichen Hand, zu. Für den Schneesport besonders relevant sind die immer stärker wahrnehmbaren Unterschiede zwischen urbanen und ruralen Bevölkerungsgruppen. Es ist davon auszugehen, dass die Wintersportaffinität bei der wachsenden, kulturell diversen

internationalen urbanen Bevölkerung eher kleiner ist. Für Viele bietet Schneesport aber einen Zugang zur lokalen Kultur, Identität und einen gemeinsamen Zugang zur Bergnatur. Er bietet Spitzen-, Nachwuchsleistungs- und Breitensportlern sowie Touristen und Einheimischen, ob jung oder alt, mit und ohne Behinderung, eine gemeinsame Plattform für Sport und Bewegung.

Herausforderung: Durch die kontroverse und kritische Wahrnehmung des Schneesports werden die negativen Aspekte wie Umwelteinfluss und Verkehrsthemen einseitig betont, was zu Blockaden bei der notwendigen Infrastruktur- und Produktentwicklung und zu längerfristig negativen Reputationseffekten führt.

#2 Klimaanpassung und Klimaschutzproaktiv handeln

Immer mehr Wintersportregionen entwickeln ihre Angebote klimaangepasst weiter – durch effizientere Beschneiung, die Weiterentwicklung des Pisten- und Loipenangebotes in den höheren Lagen, Anbindung an den öffentlichen Verkehr und die Entwicklung schneeunabhängiger Freizeitangebote. Diese Transformation eröffnet die Chance, sich als resiliente, vielseitige Freizeitinfrastruktur für Sommer und Winter zu positionieren – mit besonderem Wert für die wachsenden Bevölkerungszentren im Alpenvorland und im Einklang mit regionalen Bedürfnissen. Klimaschutz ist dabei keine Option, sondern Voraussetzung für eine zukunftsfähige alpine Entwicklung. Intelligente Energie- und Mobilitätslösungen und Investitionen in nachhaltige Angebote, die über Schneesicherheit hinausgehen sind wichtige Handlungsfelder. Respektvoller Umgang mit natürlichen RessourcenineinerpragmatischenKombinationvonKlimaanpassung undKlimaschutzsindnotwendig.

Hintergrund: Die Auswirkungen der globalen Klimaerwärmung sind zunehmend spürbar – nicht nur durch abnehmende Schneesicherheit, sondern auch durch

neue Formen und Intensitäten von Naturgefahren. Größere Wintersportunternehmen können diesen Veränderungen häufig mit Investitionen und ihrer Lage in höheren Regionen oder Schutzmassnahmen begegnen. So gelingt es ihnen, eine kritische Gebietsgröße und eine ausreichend lange, sichere Saison aufrechtzuerhalten. Kleinere, meist tiefer gelegene Skigebiete hingegen sind stärker gefordert, alternative Angebote zu entwickeln. Parallel zum Temperaturanstieg verändert sich auch die Niederschlagsstruktur, ebenso wie die Stabilität und Dauer bestimmter Wetterlagen – mit direkten Folgen für Planungssicherheit und Betriebsführung im alpinen Raum. Die notwendige Transformation bietet die Chance, sich als regionale Ganzjahresfreizeitinfrastruktur zu etablieren und das Zweisaisonmodel zu sichern. Besonders in den voralpinen Gebieten im Einfluss von Zentren mit starkem Bevölkerungswachstum wird der Wert dieser Angebote, was die Aussicht auf verstärkte öffentliche Unterstützung erhöht.

Herausforderung: Kleinere Wintersportangebote, die eine wichtige Funktion für die regionale Bevölkerung und deren Sport- und Freizeitaktivitäten haben sowie als Schulungs- und Trainingsgebiete dienen, könnten verschwinden, was den Wintersport insgesamt schwächt.

# 3 Qualitätsentwicklung

– übergreifend und gemeinsam

Die kontinuierliche Weiterentwicklung technischer, digitaler und persönlicher Servicequalität ist ein zentraler Erfolgsfaktor für den alpinen Wintersport. Moderne Anlagen mit hoher Betriebssicherheit, barrierefreie Zugänge, sichere und vielseitig präparierte Pisten sowie attraktive Erlebnisangebote vor Ort schaffen ein hochwertiges, inklusives und sicheres Umfeld für Gäste aller Alters- und Leistungsgruppen.EinekonsequenteAusrichtungandentatsächlichen Bedürfnissen der Zielgruppe ist vor dem Hintergrund der steigenden Kosten der Qualität notwendig. Dabei wird in Zukunft nicht nur der klassische Skisport auf den Skipisten, sondern auch das

AusflugserlebnismitkulinarischenAngebotenimWinterstärkerinden

Vordergrund rücken, besonders für Destinationen mit stark internationalerAusrichtung.

Hintergrund: Die hohe Qualität und Betriebssicherheit moderner Bergbahnen im Bereich der persönlichen (Unterstützung der Kunden an den Anlagen, zusätzliche Freizeit-Erlebnisangebote) und digitalen Servicequalität (Information und Ticketing) führt zu höherer Kundenqualität. Bedeutende Investitionen wurden auch in Bezug auf Zugänglichkeit für alle Menschen geleistet. Die moderne Pistenpräparation erlaubt sichere Abfahrten mit vielen Schneesportgeräten und Winterwandern für alle Leistungsklassen.

Seilbahnen werden zunehmend als attraktive alternative öffentliche Verkehrsmittel nicht zuletzt auch im alpinen Raum erkannt und in Bezug auf Betriebsverfügbarkeit darauf ausgerichtet. In Skigebieten werden mehrere Anlagen durch neue, modernere Anlage ersetzt. Insgesamt ist die Anzahl der Anlagen, Pistengebieten und Pistenflächen stagnierend bis rückläufig Neben den immer höheren Anforderungen an die Betriebssicherheit steigt der Anspruch an Convenience bei der Benutzung einer Anlage stark. KI gestützte Systeme erlauben dem Gast einen einfachen Ein- und Ausstieg bei der Anlage, unabhängig, ob er sich mit Skiern oder anderen Geräten auf den Berg begibt. Die Zugänglichkeit auch für Gästen mit Einschränkungen (Rollstühlen, Gehilfen) ist einfach gewährleistet. Und die Anforderungen an das Personal nimmt ebenfalls zu, was neue Ausbildungs- und Karrieremodelle, aber auch in Zeiten des Fachkräftemangels andere Kompensationsschemas erfordert. Qualitätsentwicklung ist notwendig, kostet aber. Ausrichtung an den spezifischen Erwartungen der jeweiligen Zielgruppen ist notwendig und ermöglicht ein vielfältiges Angebot.

Herausforderung: Kleinere und finanzschwache Gebiete können sich diese Investitionen immer weniger leisten. In der Folge müssen Sie aufgeben, neue Eigentümer suchen oder staatliche Beihilfen suchen – oder sich in Nischen profilieren

# 4 Relevanz sichern – Resilienz steigern

Die strukturelle Weiterentwicklung der Branche – durch Fusionen, Kooperationen und die Bildung moderner Unternehmen – ist ein zentraler Hebel zur Steigerung der Resilienz im alpinen Tourismus. Solche Strukturen schaffen Effizienzgewinne, sichern strategisch relevanteQuellmärkte,fördernInnovationunderleichterndenZugang zuSchlüsselkompetenzen.GleichzeitigerhöhensiedieInvestitionskraft und Krisenfestigkeit einzelner Standorte. Um langfristig wettbewerbsfähig, anpassungsfähig und stabil zu bleiben, müssen bestehende Ansätze zur Zusammenarbeit gezielt ausgebaut und professionell weiterentwickelt werden. Dafür braucht es auch in ZukunftUnternehmertum.

Hintergrund: Die Branche ist in einer Konsolidierung, Bergbahnen fusionieren, gehen in Unternehmensgruppen auf oder kooperieren. Für die Sicherung des Schneesports sind immer höhere Investitionen nicht nur in Schnee- und Pistenmanagement oder auch in die Sicherung von Wasser notwendig. Auch die Investitionen in neue Attraktionen und Angebote, Anbindung an den öffentlichen Verkehr, die neuen teureren Transportanlagen nehmen zu. Spezialisiertes Fachpersonal ist für die smarteren Technologien erforderlich, die Arbeit am Lift ist immer weniger eine saisonale Nebentätigkeit. Investitionen und die Bereitstellung von spezialisiertem, professionellen Personal sind eine Herausforderung für kleinere Unternehmen, was in der Branche zu Konsolidierungsprozessen führt. Größe schafft zudem Potential für Diversifikation und Stärke für die Bewältigung von Krisen. Saisonkarten für ganze Verbünde von Skigebieten schaffen Attraktivität und Bindung für Kunden. In dieser Konsolidierung entsteht wirkt ein Innovationswettbewerb um neue Konzepte wie Dynamic Pricing. Lokal verankertes Unternehmertum ist auch in Zukunft gefordert.

Herausforderung: Größere Unternehmensgruppen könnten in der Wahrnehmung der Bevölkerung weniger lokal verankert sein, was Wirkungen bei Planungs- und Entscheidungsprozessen haben könnte

# 5 Emotionen und Lifestyle Produkt – ein

Erfolgsfaktor

Das Potenzial des Wintersports liegt heute weit über dem sportlichen Angebot – im emotionalen Gesamterlebnis. Natur, Bewegung, Ruhe und Gemeinschaft sprechen tiefe Bedürfnisse an und machen Wintersport zu einem sinnstiftenden Lifestyle-Produkt. Wer diesen Mehrwert konsequent in den Mittelpunkt stellt, schafft Identifikation, erreichtneueZielgruppenundstärktdieNachfragelangfristig.

Smarte, sanfteAngebote, die Gesundheitsaspekteund Erlebnisqualität betonen, treffen besonders bei urbanen Zielgruppen, jungen Erwachsenen und Frauen auf Resonanz. Trends wieAchtsamkeit und Individualisierung eröffnen neue Chancen. Mit KI-gestützten Prognosen, Automatisierung und datenbasierten Services lässt sich volatile Nachfrage besser steuern – und Wintersport als modernes, flexibles Erlebnis neu denken. Jetzt gilt es, den Wandel von der AusrichtungaufdieBedürfnissederBabyBoomerzurGenerationZzu treiben.

Hintergrund: Die Bedeutung von Emotionalisierung und auch ein gesellschaftlich getragener Purpose ist bei regelmässig ausgeübten Schneesportarten gerade für die neuen Generationen hoch. Ein wichtiger Purpose ist dabei neben dem, dass Skifahren verbindet, eine integrierte Gesundheit für Körper und Geist in einer gesunden natürlichen Umwelt. Mobile Devices führen bei diesen neuen Kundengruppen zu neuen, noch kurzfristigerem Buchungsverhalten mit grösseren Volatilitäten der Nachfrage für die Unternehmen. Der Skisport muss bezüglich Life Style auch für die neuen Generationen relevant bleiben.

Herausforderung: Skisport als technikgeprägter Sport mit Fokus auf Geschwindigkeit und Exklusivität, das traditionelle Bild des Sportes der Generation X, droht immer mehr unter Druck zu kommen respektive nur zu den optimalen Bedingungen und Zeiten konsumiert zu werden.

# 6 Neue Finanzierungs- und Betreibermodelle

In vielen Regionen erfordert die Weiterentwicklung des alpinen Wintersports einen erweiterten Blick auf Eigentumsverhältnisse, Betriebsstrukturen und Investitionsmodelle. Die zunehmende Beteiligung externer Akteure – von engagierten Stammgästen über branchenfremde Investoren bis hin zu internationalen Schneesportkonzernen – kann Chancen für Innovation, ProfessionalisierungundzusätzlichenKapitalzugangeröffnen.

Um dieses Potenzial gezielt zu nutzen, braucht es Offenheit für neue Betreiber- und Geschäftsmodelle: Pacht- und Leasingkonzepte, modulare Beteiligungen oder hybride Finanzierungsmodelle können zur Basis widerstandsfähiger, zukunftsorientierter Infrastrukturen werden.Jetztgiltes,regulatorischeSpielräumezunutzen,Pilotprojekte zu fördern und sektorübergreifende Partnerschaften aktiv voranzutreiben

Hintergrund: Investitionen in Wintersport wird als riskanter beurteilt. Neue Investoren sind nicht zuletzt Legacy und Life Style Investoren, die Skigebiete als persönliche Gestaltungsobjekte kaufen, aber auch Investoren aus anderen Branchen des Tourismus sowie im Rahmen von M&A grössere Unternehmen. Unternehmertum bleibt dabei wichtig und in vielen Regionen haben Familien getragene Strukturen immer noch eine grosse Bedeutung.

Herausforderung: Kleinere Gebiete ohne besondere Eignung und Bindung haben Schwierigkeiten, traditionelle Finanzierung ausserhalb der staatlichen Quellen zu nutzen.

# 7 Personalgewinnung und Bindung

Technologischer Fortschritt und zunehmende Professionalisierung in größeren Unternehmensstrukturen eröffnen im alpinen Tourismus neue,attraktiveBerufsfelder.BesondersfürjungeFachkräfteentstehen vielfältige Karrierechancen – von technischer Spezialisierung über digitale und serviceorientierte Tätigkeiten bis hin zu Rollen mit Fokus auf Nachhaltigkeit. Personalentwicklung wird dabei zu einem entscheidenden Wettbewerbsfaktor: Unternehmen, die gezielt in Ausund Weiterbildung, aber auch eine der Generation Z entsprechenden Kommunikation investieren, sichern langfristig ihre betriebliche Leistungsfähigkeit. Kooperationen und strukturierte Zusammenschlüsse können dabei helfen, Know-how zu bündeln, RessourceneffizienterzunutzenundKarriereperspektivenzuheben.

Hintergrund: Tätigkeit in einem Schneesportgebiet ermöglicht einen besonderen Life Style, erfordert aber immer höhere und spezifischere Qualifikationen. Zusätzlich sind Tätigkeiten in Randgebieten aufgrund gesellschaftlicher Trends wie neuen Familienformen gefordert. Durch den Wandel in der Technik und der zunehmenden Automatisierung werden Arbeitsplätze bei Bergbahnen und Tourismusunternehmen generell immer spezialisierter und qualifizierter. HR und Personalrekrutierung sowie -bindung und -entwicklung wird immer wichtiger.

Herausforderung: Kleineren Unternehmen in Randgebieten dürfte es immer schwerer fallen, die notwendigen Mitarbeitenden zu rekrutieren. Kooperationen mit anderen Unternehmen bzw. Einkauf von professionellen Leistungen bei Dritten sind Perspektiven.

# 8 Medien und Kommunikation

Wintersport begeistert – und das überGenerationen hinweg. Die nach wie vor hohe mediale Präsenz macht ihn zu einem starken Kommunikations- und Identifikationsthema in den Hauptmärkten.

Neue Formate wie Freeride, Freestyle, Skitouring oder Biathlon sprechen eine wachsende Community an, schaffen Nähe und laden neueZielgruppenemotionalein.

Diese Reichweite und Fanbindung bieten enormes Potenzial: Jetzt gilt es, Marketing und Kommunikation strategisch zu nutzen, um ein modernes, wertebasiertes Bild des Wintersports zu prägen – nahbar, vielfältigundzukunftsorientiert.WerdieFaszinationdesSchneesports spürbar macht und Fans zu Botschaftern macht, stärkt nicht nur

Nachfrage und Relevanz, sondern auch die gesellschaftliche Verankerung.

Hintergrund: Fast die Hälfte aller weltweiten Skierdays werden in den Alpen verbracht. Die Nachfrage ist auf einem noch stabilen Hoch, strukturell aber aufgrund des sukzessiven Ausscheidens der für den Skisport wichtigen Babyboomer und der kulturell diverseren Bevölkerung sinkend. Im zunehmenden Wettbewerb um Aufmerksamkeit oder auch Stimmen ist die Gleichung „Newswert/öffentliche Erregung“ im Verhältnis zum Rechercheaufwand die maßgebliche Größe. In dieser Hinsicht schneidet der Schneesport negativ ab. Große Zielgruppen ohne Bezug zum Schneesport fühlen sich rasch durch negative Bilder oder News betroffen. Der Schneesport kann dadurch in die Defensive kommen, vor allem auch, wenn durch Bevölkerungswachstum und Wirtschaftswachstum der Wert von Tourismus generell hinterfragt wird. Dies und eine zunehmende Absicherungsangst der Behörden führt zu immer mehr Regulierungen.

Herausforderung: Verlust der gesellschaftlichen Legitimation und damit schwierige Umsetzung von Projekten, die den öffentlichen Support benötigen. Die traditionelle Kommunikation muss in Bezug auf Inhalte, Form und Inhalte an die nächsten Generationen angepasst werden.

# 9 Mit Leistungspartnern den Winter stärken

Die Weiterentwicklung des Wintersports erfordert ein starkes, zukunftsorientiertesNetzwerkvonLeistungspartnern.AktuelleTrends –vonAlpineLivingüberdigitalisierteDienstleistungskettenbishinzu neuen Mobilitätslösungen – eröffnen vielfältige Potenziale für InnovationenentlangdergesamtenWertschöpfungskette.Dazuzählen etwa neue Modelle im Sportartikelhandel, hybride Beherbergungskonzepte, moderne Skischulangebote und flexible Aktivitätsformate. Als zentrale Akteure des alpinen Wintersports tragen die Bergbahnen eine besondere Verantwortung: Sie sind gefordert, als Impulsgeber, Koordinatoren und Vernetzer zu agieren. Jetzt ist der Moment, das Netzwerk Winter aktiv auszubauen – als GrundlagefürZukunftsfähigkeitundWertschöpfungindenRegionen.

Hintergrund: Wintersport bedingt Co-Creation. Das Wintersportprodukt entsteht erst auf der Basis eines Netzwerks von Leistungspartnern wie Beherbergung, Detailhandel, Skischulen etc. voraus. Dieses Netzwerk ist als Ganzes gefordert, die neuen Trends aufzugreifen und für das Unternehmen und die Gesamtdestination zu nutzen.

Herausforderung: Mangels Unternehmertum oder Investitionskraft kann die Erneuerung der Leistungspartner unterbleiben. Damit sind die Bergbahnen gefordert, Teilleistungen selber zu erbringen oder eine Erosion der Destination mit einem verstärkten Fokus auf den Tagestourismus zu kompensieren.

#10 Wintersport für Kinder und Jugendliche sowie für Zukunftsmärkte sichern

IneinerzunehmenddigitalenWeltfehlenKindernundJugendlichenoft Bewegung, Gemeinschaft und Naturerlebnis – besonders im Winter.

Wintersport in Schule, Familieund Verein bietet hier einen wertvollen

Ausgleich: Skifahren, Snowboarden und Schneespiele fördern Gesundheit, Teamgeist und soziale Kompetenzen. Sie schaffen echte Begegnungen, stärken das Miteinander und wirken Einsamkeit entgegen. Gerade weil viele junge Menschen Natur nur noch virtuell erleben, sind schulische Wintersportangebote wichtiger denn je. SkikurseundFreizeitenermöglichenintensiveErlebnisseimFreienund fördern Konzentration, Immunsystem und seelisches Wohlbefinden. Sie sind kein Luxus, sondern ein Beitrag zur Bildungsgerechtigkeit.

Damit kein Kind aussen vor bleibt, müssen Politik und WintersportbranchedenZugangsichernundausbauen.

Ähnliche Vorteile des Wintersportes bieten auch das Potential für die ErschliessungvonZukunftsmärktegenerell.

Hintergrund: In der zunehmend digitalen Lebenswelt verbringen Kinder und Jugendliche einen Großteil ihrer Freizeit – häufig vor Bildschirmen. Bewegungsmangel, sozialer Rückzug und der Verlust direkter Naturerfahrungen sind die Folgen. Besonders in der dunklen Jahreszeit verstärken sich diese Tendenzen, was sich negativ auf körperliche Gesundheit, psychisches Wohlbefinden und soziale Entwicklung auswirken kann.

Regelmässige Bewegung im Freien – insbesondere in der Natur – wirkt hierzu gezielt entgegen: Sie stärkt Herz-Kreislauf-System, Immunsystem und Konzentrationsfähigkeit. Gleichzeitig fördern Naturerfahrungen die emotionale Stabilität, reduzieren Stress und unterstützen die Entwicklung von Resilienz. Gruppenerlebnisse im Schnee – sei es beim Skifahren, Snowboarden oder bei Spielen im Freien – stärken den Teamgeist, fördern soziale Kompetenzen wie Rücksichtnahme, Kooperation und Kommunikation und schaffen ein Gefühl von Zugehörigkeit.

Wintersport in Schule, Verein oder Familie eröffnet Kindern einen Zugang zu diesen Erfahrungsräumen. Gerade für junge Menschen, die Natur oft nur noch virtuell erleben, sind diese realen Erlebnisse besonders wertvoll. Sie ermöglichen Selbstwirksamkeit, Gemeinschaftsgefühl und bleibende Erinnerungen. Darüber hinaus leisten Wintersportangebote in Schule und Verein einen wichtigen Beitrag zur Bildungsgerechtigkeit. Für viele Kinder aus nicht-privilegierten Familien stellen sie oft die einzige Möglichkeit dar, Wintersport zu erleben. Deshalb sind schulische Skikurse und Freizeiten keine Luxusangebote, sondern pädagogisch wertvolle Massnahmen mit langfristiger Wirkung. Umso wichtiger ist es, dass Politik, Bildungseinrichtungen und Wintersportbranche gemeinsam daran arbeiten, diese Zugänge zu sichern und weiter auszubauen – damit kein Kind ausgeschlossen wird und alle von den positiven Effekten profitieren können. In vielen (Fern)märkten entsteht eine neue Mittelklasse, für die Wintersport mit den erwähnten Vorteilen attraktiv sein kann.

Herausforderung: Kinder aus einkommensschwachen Familien haben oft erschwerten Zugang zu Wintersportangeboten. Hohe Kosten für Ausrüstung, Anreise und Unterkunft machen eine Teilnahme häufig unmöglich und verschärfen soziale Ungleichheiten. Die Preisentwicklung im Wintersport sowie strukturelle Herausforderungen an Schulen – wie Zeitmangel und fehlende Fachkräfte – verschärfen diese Problematik. Die Vermarktungsstrukturen der Wintersportanbieter sind häufig auf die Kernmärkte ausgerichtet und müssen in Bezug auf Zukunftsmärkte neu konsolidiert werden.

Oktober 2025

Redaktionsteam:

Ralf Roth, Deutsche Sporthochschule Köln

Thomas Bieger, Uni St. Gallen

Berno Stoffel, Seilbahnen Schweiz

Hubert Siller, Management Center Innsbruck

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