Kulturgüter zu Wasser: Historische Boote aus Werften an den Zürcher Seen

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Kulturgüter zu Wasser Historische Boote aus Werften an Zürcher Seen


Titelseite: Das 1912 von Emil Leemann erbaute «Plaisir»-Boot ANNIE auf dem Zürichsee Rückseite: HECHT, am Tag seiner zweiten Taufe am 29. Juni 2019, und ANNIE, nach 107 Jahren erstmals wieder zu Besuch auf dem Pfäffikersee


Stiftungszweck

«Die Stiftung bezweckt die Pflege des Kulturgutes Oldtimerboot in der Region Zürichsee, dessen langfristige Erhaltung und den Betrieb sowie die Zugänglichmachung für die Allgemeinheit.»

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Warum gibt es uns? Um 1900: Zürcher Seen als europäisches Mekka des Bootsbaus Zürich und die Region der Zürcher Seen waren zum Ende des 19. und anfangs des 20. Jahrhunderts die Hochburg des europäischen Bootsbaus. Neben Escher Wyss & Cie. bauten unzählige Werften rund um die hiesigen Seen Boote aller Art. Einige Werften mit klingenden Namen wie z.B. Boesch, Faul, Pedrazzini, Suter & Portier bestehen heute noch. Auf dem Areal beim heutigen Schiffbau in Zürich baute Escher Wyss insgesamt 299 Raddampfer, zuletzt das 1914 fertiggestellte Dampfschiff Lötschberg. Nach der Raddampferära bauten Escher Wyss und Sulzer die erste Generation der Dieselmotorschiffe für die Schweiz, das erste geschweisste Motorschiff und die erste hydraulische Verstellpropelleranlage. Mit den beliebten Landischiffen und mit MS Thun fand der Schiffbau vor Ausbruch des Zweiten Weltkrieges sein vorläufiges Ende. Nach dem Krieg eroberte Escher Wyss mit Dampfturbinen und verstellbaren Schiffsschrauben, Sulzer mit Dieselmotoren die Weltmeere. Escher Wyss & Cie. verantwortlich für den amerikanischen Einfluss auf die Bootsbaukunst an den Zürcher Seen Die Gründung der Escher Wyss & Cie. von 1805 am Neumühlequai an der Limmat darf man heute ohne Weiteres als Urknall der Schweizer Industrie-

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geschichte verstehen. Escher Wyss begründete das Zeitalter des modernen Maschinenbaus in der Schweiz. Die Transformation des handwerklichen Schaffens in industrielle Prozesse musste damals weitgehend autodidaktisch vorangetrieben werden. Universität und Polytechnikum gab es noch nicht. Vom Wasserrad als Antrieb von Mühlen am Wasser über die mechanische Transmission der Kräfte von Wasserrädern und Turbinen in die Werkshallen bis hin zur Nutzbarmachung der gewaltigen Energien der Niagarafälle mittels Turbinen von Escher Wyss im Jahr 1905: Diese Entwicklung beanspruchte gerade einmal 100 Jahre. Von Zürich aus erfasste die industrielle Revolution das ganze Land. Der Schiffbau war ein Teil davon und umfasste Wasserräder, Turbinen, Dampfmaschinen, Schaufelräder und Verstellpropeller. Davon zeugt heute noch eine einzigartige Flotte von Schiffen. Auf sämtlichen Seen der Alpenländer blieben die Schiffe von Escher Wyss und später auch von Sulzer bis zum Zweiten Weltkrieg konkurrenzlos.

Amerikanischer Einfluss auf die Bootsbaukunst an den Zürcher Seen Escher Wyss baute 1891 als erstes Unternehmen weltweit Boote aus Aluminium. Die Boote wurden ein grosser Erfolg: Alles, was Rang und Namen hatte, bestellte ein luxuriös ausgestattetes Boot aus dem leichten Material. Damit war die Firma eine wichtige Mitbegründerin des aufkommenden


Yachtsports und trieb den damals ohnehin schon hochentwickelten Bootsbau am Zürichsee weiter an. Der Kraftwerkbau z.B. an den Niagarafällen verschaffte Escher Wyss Kontakte zur Yachtbau-Szene in den USA. Die Entwicklung war nicht zufällig: Schiffbau und Schifffahrt am Zürichsee waren bereits in der vorindustriellen Zeit von herausragender Bedeutung. Seit dem 16. Jahrhundert nutzten Zürcher Schiffsleute ihre Schifffahrtsrechte von der Limmat über die Aare zum Rhein bis Köln und darüber hinaus bis in die Niederlande rege. An der Linth gebaute Einweg-

schiffe, die am Bestimmungsort in dort sehr gefragte Nadelholzbohlen zerlegt wurden, transportierten Güter und Personen stromabwärts. Bei gutem Wasserstand erreichten die 15 bis 18 Meter langen Schiffe mit bis zu 15 Tonnen Ladung Köln in vier Tagen. Neben den Güterschiffen für die Fahrt zum Meer hatte auch die Personenschifffahrt auf dem Zürichsee schon früh eine für die Schweiz einmalige Bedeutung. Es ist belegt, dass bereits im ausgehenden Mittelalter gewerbliche Personenschifffahrt betrieben wurde. Vor allem die Pilgerströme

Modell eines typischen Personenschiffs zum Transport von Pilgern über den Zürichsee 5


nach Einsiedeln brachten den Gasthöfen und Fährbetrieben ein sicheres Einkommen und führten zum Bau von leichten Schiffen mit einem Mittelkiel, die mit vier Ruderknechten bis zu 30 Personen übersetzen konnten. Man darf den Zürichsee zu Recht als Wiege der Schweizer Personenschifffahrt bezeichnen. Diese lange Tradition führte offenbar dazu, dass die Uferbewohner*innen den See nicht als trennend wahrnahmen, sondern als verbindend, weil der Kontakt dank der Schifffahrt gewährleistet war. Ein wunderbares Beispiel für diese Verbundenheit sind die ehemaligen Bierschiffe Gambrinus und Gambrina der Brauerei Wädenswil, mit denen das vorzügliche Bier bis weit ins 20. Jahrhundert hinein in die Ortschaften rund um den See ausgeliefert wurde. Diese Tradition ist auch dafür verantwortlich, dass es im Vergleich zu anderen Seen schon früh viele Bootsbaubetriebe gab. Um 1900 kam der private Bootssport bei den erfolgreichen Besitzern von Spinnereien, (Seiden-)Webereien und Industriebetrieben in Mode. Einige Bootsbauer richteten sich auf diese neue Klientel aus und wurden erfolgreiche Yachtwerften, wie z.B. Suter & Portier in Meilen, Faul in Horgen, Treichler und Meierhofer in Zürich. Zwei bekannte Werften bauen noch immer edle Holzboote für Kundschaft aus nah und fern: Boesch in Kilchberg und Pedrazzini in Bäch. Alle Werften an Zürcher Seen liessen sich damals dank der Kontakte von Escher Wyss vorwiegend durch die amerikanischen «pleasure craft» inspirieren.

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Bierschiff der Brauerei Wädenswil auf dem Zürichsee, geschleppt von GAMBRINUS

Das Interesse an historischen Booten und Schiffen erwacht Die 1960er-Jahre brachten eine revolutionäre Neuerung im Bootsbau: GFK, glasfaserverstärkter Kunststoff. Der Bootsbauerverband wehrte sich anlässlich der Zürcher Bootsausstellung von 1962 mit dem Slogan «Ein Boot aus Holz ist mein Stolz!» gegen den Fortschritt, doch er war letztlich machtlos. Viele Eigner*innen kauften Boote aus dem neuen Material. Holzboote kamen aus der Mode und wurden zu Hunderten verbrannt, versenkt oder abgewrackt.


Vor Zürich: das von Escher Wyss gebaute Naphta-Boot MIGNON im Besitz von Alfred Nobel, des Erfinders des Dynamits 7


Weil 1969 der Verwaltungsrat der Zürichsee Schifffahrtsgesellschaft beschloss, den 1914 von Escher Wyss gebauten Raddampfer STADT RAPPERSWIL zu verschrotten, gründeten 1970 Dampferfreunde*innen die Aktion pro Raddampfer (ApR). Ihr ist es im Wesentlichen zu verdanken, dass die letzten beiden Raddampfer die 1970er-Jahre überlebt haben und heute noch in Betrieb sind. Im Oktober 1978 fanden sich erstmals gegen 20 Oldtimerboote im Hafen Rapperswil zu einem Oldtimer–Boot–Treffen ein. Schon damals hiess

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es «Oldtimer Club Zürichsee in Sicht». Es sollte noch fünf Jahre dauern, bis anlässlich des zweiten Treffens im Oktober 1983 in Rapperswil die Gründungsversammlung im Salon des Raddampfers STADT ZÜRICH stattfinden konnte. Grosszügige finanzielle und moralische Unterstützung der Brauerei Wädenswil und ihres Besitzers Paul Weber ermöglichte die Oldtimer– Boot–Treffen 1978, 1983 und 1990. Im Jahr 2006 kaufte der OBCZ den historischen Weekend-Kreuzer AJAX als Clubschiff und errichtete 2007, mit der M/L AJAX als Kapital, die Stiftung Historische Zürichsee Boote.


Unsere kleine Flotte von historischen Zeitzeugen Nur wenige Zeugen des bootsbauerischen Schaffens aus der Region haben bis heute überlebt – und es werden immer weniger. Die Stiftung Historische Zürichsee Boote (HZB) pflegt und hält diese historischen Kulturgüter in Betrieb und macht sie der interessierten Öffentlichkeit zugänglich. In den ersten 14 Jahren des Bestehens unserer Stiftung konnten wir acht Boote erwerben und wenn nötig sanieren. Die Motorboote heissen HECHT (1911), ANNIE (1912), FRÖSCH (1921), AJAX (1936), FLANEUR (1945) und HANALEI II (1952). Die Segelyacht ist auf MONA LISA (1926) getauft und unser erstes Stehruderboot heisst VICTOR (1921). Unsere Boote stehen nicht im Museum, sondern sind «Kulturdenkmäler in Betrieb». Wer im Oldtimer Boot Club Zürichsee mitmacht, kann die Boote mit Kapitän*in mieten oder Kapitän*in (Motorboote) bzw. Skipper*in (Segelyacht) werden und sie für den Eigengebrauch in einer Art MobilitySystem im Sharing nutzen.

Mit den Sharing- und Mieteinnahmen decken wir den Betrieb und den ordentlichen Unterhalt. Sanierungen und ausserordentlichen Unterhalt finanzieren wir mit privaten Spenden, mit Sponsoring durch Firmen und Beiträgen von Stiftungen und der öffentlichen Hand.

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HECHT

1911 erbaute Emil Leemann jun., Sohn des bekannten «Hecht»-Wirts Emil Leemann sen., in Pfäffikon ZH das legendäre erste Fahrgastschiff HECHT für den Betrieb auf dem Pfäffikersee. Der Stapellauf erfolgte am 22. Mai 1911. Am 27. April 1916 wurde

Bootsname Baujahr Erbauer Bootstyp 10

HECHT / ZH 384 1911 Emil Leemann, Pfäffikon ZH offenes Fahrgastschiff

die neue Schifffahrtslinie Pfäffikon–Seegräben–Robenhausen (Wetzikon)–Auslikon– Pfäffikon im Beisein von Behörden- und Gewerbevertretern feierlich eröffnet. Die Fahrt von Pfäffikon zum Landungssteg in Robenhausen dauerte damals 17 Minuten.

Antrieb Länge /Breite Zulassung Standort

Elektromotor 10 m / 1.90 m 20 Personen plus Kapitän Bootsvermietung Schaufelberger, Pfäffikon ZH


1941 musste die Schifffahrt für die Dauer des Krieges wegen Benzinmangels eingestellt werden und wurde nachher nicht wieder aufgenommen. Generationen von Schulkindern aus der Region haben den HECHT bis 2005 aber auf Schulreisen erlebt. Das Schiff wurde von der Bootsvermietung Schaufelberger (Nachfolger des 1939 verunglückten Emil Leemann) für Extrafahrten eingesetzt. 2005 wurde HECHT wegen anstehender Arbeiten stillgelegt. 2013 übernahm die Stiftung HZB das Boot und liess es sanieren und mit einem Elektromotor ausrüsten. Seit dem 29. Juni 2019 ist HECHT zurück auf dem Pfäffikersee und steht wieder für Extrafahrten und Schulreisen bereit.

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ANNIE

ANNIE ist ein sehr seltenes und schönes Exemplar der ersten Generation von Vergnügungsbooten («Plaisir»-Boot). Die Familie Bodmer-Abegg von Schloss Buonas am Zugersee bestellte bei Emil Leemann in Pfäffikon ZH das Motorboot zum

Bootsname Baujahr Erbauer Bootstyp 12

ANNIE / ZH 435 1912 Emil Leemann, Pfäffikon ZH «Plaisir»-Boot offen, mit Faltverdeck

18. Geburtstag der Tochter Annie C. Bodmer. Es diente seiner Besitzerin bis 1972. Der Bootskörper ist mit Eichenholz beplankt, Deck und Innenausbau sind aus Mahagoni und Eiche. Sämtliche Beschläge sind von Hand aus Eisen oder Messing

Antrieb Länge /Breite Zulassung Standort

Dieselmotor 9.50 m / 1.92 m 13 Personen inkl. Kapitän Bootshaus, Wädenswil


gefertigt und erhalten geblieben. Ursprünglich wurde ANNIE von einem 4-ZylinderSaurer-Benzinmotor angetrieben. Nach einem Dornröschenschlaf von 30 Jahren wurde ANNIE durch Urs Bucher in Kirchdorf LU fachgerecht und sorgfältig renoviert und mit einem neuen Dieselmotor (4-Zylinder-Yanmar) ausgerüstet. Bei dieser Sanierung musste keine einzige

Planke am Schiffsrumpf ausgewechselt werden. Das originale Verdeck (klappbar) ist funktionstüchtig. Um 2005 verkaufte Bucher ANNIE an den Zürichsee, wo sie kurz als Taxiboot im Einsatz war, bevor sie nach Deutschland verkauft wurde. Zehn Jahre später tauchte ANNIE im «Dresdener Scheunenfund» wieder auf und konnte durch die Stiftung HZB erworben und zurück auf den Zürichsee gebracht werden.

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FRÖSCH

Die FRÖSCH ist ein gut erhaltener, später und seltener Zeitzeuge der Backdecker-Ära der Jahre 1910–1920 auf dem Zürichsee. Ein Backdecker ist ein Boot, dessen gesamtes Vorschiff von einer Kabine oder Kajüte überbaut ist. Diese Kajüte ist erhöht

Bootsname Baujahr Erbauer Bootstyp 14

FRÖSCH / ZH 195 1921 Suter & Portier, Meilen Backdeckkreuzer

im Verhältnis zu den Bordwänden, genau so breit wie das Boot und schliesst vorne mit dem Vorsteven. Die Werft Suter & Portier in Meilen baute das Boot im Auftrag von Hugo Frey, dem Besitzer der im Zürcher Oberland bekannten Fabrik Frey Schrauben-

Antrieb Länge /Breite Zulassung Standort

Dieselmotor 8.50 m / 2.30 m 14 Personen inkl. Kapitän Bootshaus, Stäfa


und Eisenzieherei in Bubikon. Als Heimat für die FRÖSCH liess Hugo Frey in Fröschenhausen am Ortsende seeaufwärts von Uerikon ein Bootshaus errichten. Dort lag die FRÖSCH fast 90 Jahre und verblieb im Besitz der Familie Frey. Beat Frey, der letzte Besitzer, überliess das Boot 2009 der Stiftung HZB für einen symbolischen Franken.

Die Werft Portier sanierte die FRÖSCH 2012–2013 von Grund auf und rüstete sie mit einem neuen Dieselmotor aus. Auf der FRÖSCH können zwei bis drei Personen bequem übernachten.

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VICTOR

Im Januar 1921 bestellte Viktor Luthiger, Inhaber einer Drogerie in Zug, bei Johannes Faul von der Yachtwerft Horgen, ein Steh- und Sitzruderboot. Johannes Faul offerierte am 31. Januar 1921 eine klassische Fischergondel aus Eiche (Kiel, Steven, Spanten

Bootsname Baujahr Erbauer Bootstyp 16

VICTOR / ZH 651 1921 Johannes Faul, Horgen Stehruderboot

und Bodenwrangen), Mahagoni und Lärche (Planken, mit Kupferscheiben auf die Spanten vernietet) und mit einem Fussboden aus Fichtenholz. Bereits eine Woche später erteilte Viktor Luthiger den Auftrag und erhielt sein Boot im Frühling 1921.

Antrieb Länge /Breite Zulassung Standort

1 Stehruder, 1 Sitzruder 5.53 m / 1.42 m 5 Personen Bootshaus, Au-Wädenswil


VICTOR blieb bis in die 1980er-Jahre im Besitz der Familie Luthiger und wurde auf dem Zugersee zum Fischen verwendet. Dann landete das Boot in einer Scheune, wo es Ivan Picinonno, ein bekannter Bootsbauer und Segler am Zugersee, viele Jahre später entdeckte. Er lagerte das Boot in seiner Werft, um es später für sich

auf dem Zugersee zu nutzen. Doch es kam anders: Im Herbst 2010 verkaufte er VICTOR an den Zürichsee und restaurierte ihn im Winter 2010/2011. Das Boot fand 2011–2018 eine neue Heimat in Zürich im unteren Seebecken. 2018 schenkte der Zürcher Eigner das Boot der Stiftung HZB.

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MONA LISA

1926 baute die Yachtwerft Suter & Portier im Auftrag eines Mitglieds des Zürcher Yacht Clubs (ZYC) den 45er nationalen Kreuzer MONA LISA. Die «45er» waren nach dem Ersten Weltkrieg eine erfolgreiche Konstruktionsklasse, die sich in Süddeutsch-

Bootsname Baujahr Erbauer Bootstyp 18

MONA LISA / SG 147 1926 Suter & Portier, Meilen Segelyacht

land und der Schweiz bis heute gehalten hat. «45» steht für die maximale vermessene Segelfläche (in m2), Konstruktionsklasse bedeutet, dass zwar Bauvorschriften bestehen, die Schiffe innerhalb vorgegebener Masse aber individuell entworfen und

Antrieb Länge /Breite Zulassung Standort

Aussenbord-Elektromotor 10.50 m / 2.20 m 6 Personen inkl. Skipper Hafen Rapperswil


gebaut werden dürfen. 1937–1941 trug dieses stolze Segelschiff das Blaue Band des ZYC für die damals schnellste Fahrt vom ZYC nach Rapperswil und zurück. 1999–2016 war MONA LISA auf dem Starnbergersee zu Hause, weil der vorletzte Besitzer sie seinem Sohn, der in München lebt und arbeitet, übergeben hatte. Weil er viel zu wenig Zeit fürs Segeln hatte und eine Sanierung des Unterwassers anstand, beschloss der letzte Besitzer, MONA LISA der Stiftung HZB als Geschenk zu übergeben.

2017–2018 reparierte Stefan Züst in Altnau das Unterwasser fachmännisch. Der alte, schwache Innenbordmotor wurde ausgebaut und seither verfügt die Yacht über einen elektrischen Aussenbord-Flautenschieber. Auf MONA LISA können zwei Erwachsene und ein bis zwei Kinder bequem übernachten.

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AJAX

1935 konstruierte John Faul auf Bestellung eines Fabrikanten in Horgen den Weekend-Kreuzer ÉLJEN und lieferte ihn 1936 aus. Schon 1937 wollte der Eigner ein neues Schiff und gab die ÉLJEN dafür an Zahlung. Ein Metzgermeister aus der

Bootsname Baujahr Erbauer Bootstyp 20

AJAX / ZH 72 1936 John Faul, Horgen Weekend-Kreuzer

Gegend erwarb die Occasion. Um 1945 wurde die ÉLJEN erneut verkauft und vom neuen Eigner auf den Namen AJAX getauft. Als der Besitzer aus gesundheitlichen Gründen auf den Wassersport verzichten musste, verkaufte er die AJAX seinem

Antrieb Länge /Breite Zulassung Standort

Dieselmotor 10.50 m / 2.50 m 13 Personen inkl. Kapitän Bootshaus, Wädenswil


Segelfreund Heiri Heusser. AJAX blieb bis 2006 im Besitz der Familie Heusser. Sie nutzte das Schiff häufig. Dann kaufte der Oldtimer Boot Club Zürichsee (OBCZ) die AJAX als Clubschiff und errichtete mit ihr als Kapital im Frühling 2007 die Stiftung Historische Zürichsee Boote (HZB). Seither dient die AJAX als Flaggschiff der Stiftung HZB und als Clubschiff des OBCZ und wird äusserst rege genutzt. Die im Laufe der Jahre vorgenommenen

Änderungen sind kaum sichtbar. AJAX ist auf dem heutigen Stand der Technik und seit Herbst 2019 mit einem neuen Dieselmotor ausgerüstet. Im Herbst 2020 wurde das Schiff saniert und für den 85. Geburtstag aufgefrischt. So ist die AJAX fit, um 100 Jahre alt zu werden. Sie bietet bis zu vier Erwachsenen Platz zum Übernachten, z.B. für ein Wochenende auf dem See, und verfügt über eine Pantry und eine Toilette.

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FLANEUR

Feinste Bootsbaukunst aus Meilen: Im letzten Kriegsjahr erbaute die Werft Felix Portier diesen, in den USA auch als «rhum runner» bezeichneten, schnellen Schiffstyp für einen Uhrenfabrikanten aus Biel. Das Boot ist noch heute mit dem

Bootsname Baujahr Erbauer Bootstyp 22

FLANEUR / ZH 317 1945 Felix Portier, Meilen offenes Runabout

Originalmotor ausgestattet und mit durchgehenden Planken (von über 8.5 m Länge!) aus dem Tropenholz Mahagoni beplankt. Sein Torpedoheck macht FLANEUR zu einer ganz besonderen Rarität.

Antrieb Länge /Breite Zulassung Standort

Benzinmotor 8.50 m / 1.98 m 7 Personen Bootshaus, Au-Wädenswil


Die Besitzerfamilie vom Bielersee verkaufte FLANEUR über den Schiffshändler Leo Ulmann nach Deutschland. Das Boot wurde um die Jahrhundertwende in Amsterdam aufwendig restauriert. Die Stiftung HZB konnte es – ebenso wie ANNIE – aus dem «Dresdener Scheunenfund» erwerben und im März 2016 in die Schweiz überführen. Der Originalmotor, ein von Scripps marinisierter Ford-V8-Motor mit rund 75 PS, Baujahr ca. 1936, wurde von Fischer+Sohn in Obermeilen sorgfältig

generalüberholt und mit einem neuen Vergaser ausgerüstet, der das Gemisch automatisch steuert. Die Uhrenfabrikanten aus Biel hatten bei Felix Portier ein zweites Schiff bestellt, die GLISSEUR. Sie ist in nicht seetüchtigem Zustand im Centre Français du Canot Automobile in der Nähe von Arcachon (F) ausgestellt.

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HANALEI II

HANALEI II – benannt nach einem hawaiischen Dorf auf Kauai – ist ein von der Yachtwerft Faul in Horgen 1952 ausgeführter Nachbau eines Dodge-Motorbootes aus den USA. Dieses wurde vom Besitzer um 1930 in New York gekauft, in die Schweiz

Bootsname Baujahr Erbauer Bootstyp 24

HANALEI II / ZH 249 1952 Gebrüder Faul, Horgen offenes Runabout

importiert und von ihm auf dem Genfersee gefahren. 1951 erkundigte er sich bei den Gebrüdern Faul, ob ein Ersatz denkbar sei – dieser müsse aber die gleich guten Eigenschaften aufweisen und sich zum Sonnen und Baden eignen.

Antrieb Länge /Breite Zulassung Standort

Benzinmotor 5 m / 1.67 m 3 Personen Hafenplatz im Schanzengraben, Zürich


Am 19. Februar 1952 sandte Faul die Plankopie Nr. 905 nach Genf. Zwei Tage später wünschte der Eigner noch Änderungen. Am 28. Februar 1952 lieferte Faul den überarbeiteten Plan, am 3. März den Kaufvertrag, am 12. März wurde unterschrieben und acht Wochen später war das Boot gebaut und per Eisenbahnfracht an den Genfersee unterwegs. Wegen seiner Einzigartigkeit, der originellen Geschichte und der Ausrüstung mit dem Originalmotor, einem 4-Zylinder-Benzin-Jeep-Motor, hat die Stiftung HZB das Boot 2018–2019 bei Faul restaurieren lassen und das Geld dafür erstmals und erfolgreich per Crowdfunding gesammelt.

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AJAX und FRÖSCH begleiten den Raddampfer STADT RAPPERSWIL auf der Galafahrt anlässlich seines 100. Geburtstags im Juni 2014 26


Unterstützen Sie uns! Werden Sie Kapitän*in und fahren Sie die wunderschönen Oldtimerboote selbst! Wenn Sie über die entsprechenden Führerscheine (Kat. A bzw. D) und Erfahrung verfügen, können Sie Kapitän*in oder Skipper*in werden und unsere Boote für den Eigengebrauch «sharen» – wie die Autos von Mobility. Ein «Generalabonnement» für unsere Motorboote kostet Sie wenige tausend Franken pro Jahr und Sie haben vier verschiedene Boote (AJAX, ANNIE, FRÖSCH, HANALEI II) zur Auswahl.

Hier finden Sie die aktuellen Preise und die Allgemeinen Geschäftsbedingungen: https://stiftunghzb.ch/mitmachen/kapitaen-werden/ Ein besonderer Leckerbissen: FLANEUR von Portier (1945) mit Torpedoheck und Originalmotor für maximal 7 Personen. Für FLANEUR gelten Spezialkonditionen, siehe www.stiftunghzb.ch/flaneur: Bei FLANEUR dabei sein. Für Segler*innen: MONA LISA (1926) können Sie segeln, wenn Sie die Skipperprüfung bestanden haben und Skipper*in der Stiftung und Aktivmitglied im OBCZ geworden sind. Für Ruderer*innen: VICTOR (1921) können Sie selbst ausrudern, wenn Sie die Einführung bestanden haben und Aktivmitglied im OBCZ geworden sind. HECHT (1911) kann für Extrafahrten (Gruppen bis zu 12 bzw. 20 Personen) auf dem Pfäffikersee gemietet werden. Anfragen an ahoi@stiftunghzb.ch

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Mieten Sie unsere Boote! Voraussetzung dafür ist, dass Sie Mitglied im OBCZ werden. Wir dürfen unsere Boote mit Kapitän nur an Mitglieder vermieten, um die gewerblichen Anbieter nicht zu konkurrenzieren. Gerne machen wir Ihnen Vorschläge für Rundfahrten auf dem Zürich- oder Pfäffikersee. Als Mitglied im OBCZ sind Sie zu den Anlässen gemäss Jahresprogramm eingeladen, siehe www.obcz.ch

die AJAX, FRÖSCH oder ANNIE während 10 Jahren zu den internen Tarifen mieten. Und wir stellen Ihnen einen Kapitän zur Verfügung, der Sie ausfährt. Dankbar nehmen wir selbstverständlich auch kleinere Spenden entgegen oder beraten Sie, wenn Sie uns mit einem Legat nachhaltig unterstützen und beschenken möchten. Wir sind seit 2015 steuerbefreit. Danke im Voraus, ahoi und herzliche Grüsse – Ihr Stiftungsrat HZB

Helfen Sie uns mit einer Spende oder mit Sponsoring! Für 2021 haben wir ein Projekt, das wir mit Ihrer Hilfe gerne abschliessen möchten: Unser «Plaisir»-Boot ANNIE feiert 2022 seinen 110. Geburtstag und soll dann in alter Frische erstrahlen. Dafür muss ANNIE einer Generalüberholung unterzogen werden, die sie fit macht für die nächsten Dekaden. Mit einem einmaligen Sponsoringbeitrag von mindestens 5000 Franken unterstützen Sie das Boot Ihrer Wahl, mit mindestens 10‘000 Franken die gesamte Stiftungsflotte. Sie sind Passivmitglied im OBCZ und können so

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Motorboottreffen des OBCZ bei Hurden

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STIFTUNG HZB HISTORISCHE ZÜRICHSEE BOOTE HARDEGGSTRASSE 21B 8049 ZÜRICH SCHWEIZ AHOI@STIFTUNGHZB.CH WWW.STIFTUNGHZB.CH

Spendenkonto Zürcher Kantonalbank, 8001 Zürich IBAN CH22 0070 0114 8023 9028 7

Impressum © Stiftung HZB Konzept, Grafik und Gestaltung: dieXperten, Horgen Redaktion: Roger Staub Fotos: Felix Aeberli (Seite 11, 24, 25), Archiv Beat Frey (15), Archiv Faul AG (21, 25), Archiv Stiftung HZB (17), Archiv Leo Ullmann (7), Archiv 45er-Vereinigung (19), Chronikstube Pfäffikon ZH (11, 13), Nils Clausen (23), Martin Hauser (15, 19, 22, 29), Daniel Heusser (10, 18, 20, 23, 32), Beat Müller (1, 12, 21, 26), Martin Schrepfer (13), Roger Staub (14, 16, 17), Anvar Tukhvatulin (5) Lektorat: Christine Klingler, Wädenswil Druck: Druckerei Robert Hürlimann, Zürich Auflage: 1000 Januar 2021 30


Danke! Die Rettung und In-Betrieb-Haltung unserer Flotte haben ermöglicht: Der OBCZ als Errichter der Stiftung. Der Lotteriefonds des Kantons Zürich mit grosszügigen Beiträgen an AJAX (2007), FRÖSCH (2011), ANNIE und HECHT (2015) und noch einmal AJAX (2020). Unsere Hausagentur KSP in Zürich. Verschiedene Firmen und Stiftungen. Viele Privatspender*innen. Und alle, die unsere Schiffe mieten oder sharen. Auf unserer Website www.stiftunghzb.ch ist bei jedem Schiff aufgeführt, wer mit namhaften Beiträgen geholfen hat.

Dankbar sind wir dem Kanton Zürich, der Stadt Wädenswil und der Gemeinde Stäfa für die Vermietung der Bootshäuser zu günstigen Bedingungen. Wir danken Jürg Weber, Mitglied im Yacht Club Rapperswil, dass wir seinen Bootsplatz im Hafen Rapperswil mit MONA LISA belegen dürfen.

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