Gemeinde Köniz
März 2013
Könizer zeitung Der Sensetaler
27
Aussergewöhnliche Werke in der Galeria «tilia» Sandkunst zwischen Rollatoren, Teekränzchen und Spieltischen
KÖNIZ – Der 27-jährige Künstler Stephan Ruch hat eine eigene Technik, einen eigenen Kunststil erfunden. Er fertigt mit einfachsten Materialien verblüffende Bilder. Momentan sind zwei Dutzend seiner Sand-ArtWerke im Pflegezentrum tilia zu sehen. Normalerweise hängen an den Wänden des Pflegezentrums tilia die Werke der Bewohner. Einmal im Jahr jedoch kann ein externer Künstler im Buchseegut ausstellen. Da Stephan Ruchs Grossmutter hier ihren Lebensabend verbringt, sah Stephan Ruch bei einem seiner Besuche die letztjährige Ausstellung. Er fragte nach, ob auch seine Werke willkommen wären, und so ergab sich eine wertvolle Symbiose: Die Bewohner und Besucher des Zentrums haben ein neues Gesprächsthema. Bereits beim Aufhängen der Bilder hätten diese grosse Neugier geweckt und seien auf Anklang gestossen, erklärt Ruch. Diese Reaktionen seien eine schöne Belohnung für seine Arbeit. Für den Künstler ist die Ausstellung eine ideale Gelegenheit: Er kann seine Werke an einem Ort zeigen, an dem sowieso Besucher da sind. Er muss sein Publikum nicht suchen. Obschon,
er findet überall Bewunderer. Auf seiner Facebookseite erhält er Komplimente aus aller Welt, viele auch aus Asien oder Amerika. Nicht wie die Jungfrau zum Kind, aber... Stephan Ruch hat seine Kunst per Zufall entdeckt. Nach dem Besuch des Gymnasiums Lerbermatt wollte er zunächst Lehrer werden. Bei einem Praktikum im Kindergarten sollte er den Sprösslingen die Indianer näherbringen. «Und wie es so ist während der zeitintensiven und stressigen Praktika, am Vortag fehlte mir ein Thema für den Morgen», erinnert sich Stephan Ruch schmunzelnd. Not macht erfinderisch: In einem Buch entdeckte er, dass die amerikanischen Ureinwohner rituelle Bilder aus farbigem Sand machten. Etwas, das auch Kindergartenkinder können. Bloss, die Läden hatten geschlossen. Woher also farbigen Sand nehmen? Stephan Ruch nahm Vogelsand, färbte ihn mit Acrylfarbe ein, und schon war das Wichtigste vorhanden. Die Kinder machten wunderbare Bilder mit Tipi, Himmel und Sonne, und Stephan Ruch merkte, wie präzise Formen mit Sand entstehen können. Mit hellem und dunklem Sand liessen sich zudem verblüffende Effekte und schöne Verläufe erzielen. Das war vor sechs Jahren. Seine Technik hat Stephan Ruch seither
verfeinert. Was aber blieb, ist der Vogelsand. In der Tierhandlung ergäben sich so manchmal witzige Gespräche. Etwa wenn die Verkäuferin erkläre, wie sehr die Vögel den Sand mögen, Stephan Ruch dann aber erwidert: «Und er sieht auch schön aus.» Da habe es auch schon verdutzte Gesichter gegeben. «Farbklekse hinschmieren, das kann jeder» Praktisch alles an seinen Werken ist Handarbeit, auch den Sand färbt Stephan Ruch noch immer selber. Einzig das Holz, das als Leinwand dient, lässt er zuschneiden. An einzelnen Bildern arbeitete er über ein Jahr, die Stunden mag er nicht beziffern. Wenn er mit einem Bild noch nicht zufrieden ist, lässt es ihn kaum mehr los. Hinter Stephan Ruchs Werken steckt ausser viel Arbeit auch eine eigene Philosophie. Er möchte schöne, harmonische Bilder machen, die präzise sind und Spielraum lassen für Interpretation. Sie sollen einen Gegenpol setzen zu manchen Teilen moderner Kunst. Bilder mit scheinbar achtlos hingepinselten Flecken missfallen ihm. Es ist ihm wichtig, dass ein Handwerk dahintersteckt, das nicht jeder einfach so kann. Stephan Ruch ist kein anderer Künstler bekannt, der im gleichen Stil Sandbilder fertigt. Allerdings,
ein Vorbild hat er: «Ich orientiere mich vom Stil her wohl an der Malerin Christina Bratschi, sie malt mit ähnlicher Präzision. Ihre kraftvollen und dennoch ruhigen und ausgewogenen Werke beeindrucken mich sehr.» Christina Bratschi lebt seit einigen Jahren in Gasel, gegenüber von Stephan Ruchs Elternhaus. Er besuchte bei ihr drei Jahre lang Unterricht. Allerdings waren es nicht Kunst-, sondern Gesangsstunden. Stephan Ruchs Ausstellung im Pflegezentrum tilia ist öffentlich zugänglich. Sie dauert noch bis 31. März. Die nächste Gelegenheit, Bilder von Stephan Ruch in der Region zu sehen, ergibt sich wohl im September. Dann zeigt er seine Werke in der Buchhandlung Stauffacher in Bern.
Monika Mrazeck INFO: istvan-sand.ch oder auf Facebook: Istvan-sand Art Stephan Ruch
Stephan Ruch.
Fotos: MM / zvg