

Über Leben
Wie kann es aussehen, das (Über) Leben nach der von Menschen gemachten Klimakatastrophe? Beim Gastspiel des Nederlands Dans Theater werden große Fragen gestellt. Trotz seiner zerstörerischen Kräfte stemmt sich das Individuum zugleich gegen das Gefühl des Verlorenseins in einer kalten Welt – eine Thematik, die Christian Spuck in Die Winterreise poetisch-abstrakt visualisiert. Es scheint, wir Menschen befinden uns irgendwo zwischen dem Göttlichen und dem Animalischen – ein Spannungsfeld, das auch im Mittelpunkt des Abends Gods and Dogs steht. Eine Zeitung über das Dasein im Tanz.



Jiří Kylián S. 6
«Kunst soll uns überraschen»
Komponist Milko Lazar über
seine Neukomposition des Balletts
Ein Sommernachtstraum

Shakespeares Komödie
Ein Sommernachtstraum über die Macht der Liebe, die Verwirrung der Gefühle und die Magie der Fantasie gehört zu seinen bekanntesten Werken. Edward Clugs Neuinszenierung gibt dem Klassiker einen modernen Akzent. Begleitet von Milko Lazars eigens dafür komponierter Musik, die mit dem Orchester der Deutschen Oper Berlin uraufgeführt wird, entsteht eine frische, spielerische und bewegte Interpretation, die die Abgründe und Höhen der menschlichen Natur beleuchtet.

Staatsballett Berlin (SBB) Dein musikalischer Hintergrund reicht von klassischer Musik über Jazz bis hin zu zeitgenössischen Stilrichtungen. Wie begann der Weg in die professionelle Musik, und was führte dazu, ein so breites Spektrum an Genres zu erkunden?
Milko Lazar (ML) Meine Eltern waren begeisterte Amateurmusiker, die verschiedene Instrumente spielten und traditionelle Volkslieder sangen. Ich begann mit klassischer Musik, fühlte mich aber schon früh dazu hingezogen, mit Klängen zu experimentieren. Ich hatte ein altes Wiener Konzertklavier von der Musikschule und war fasziniert von den Saiten. Statt nur zu üben, begann ich, meine Experimente aufzunehmen. Später entdeckte ich progressive Rockbands wie Pink Floyd und Tangerine Dream sowie die Berliner Musikszene mit Künstlern wie Klaus Schulze, die mich sehr beeinflussten. Ich beschäftigte mich auch mit progressivem Jazz, wie Miles Davis, Weather Report und Joe Zawinul, während ich weiterhin klassische Musik von Bach, Beethoven, Bruckner bis hin zu Strawinsky hörte und übte. So wurde ich schon früh mit einer Vielzahl musikalischer Welten konfrontiert, und diese Vielfalt begleitet mich bis heute. Während meines Studiums an der Musikakademie in Graz und dem Royal Conservatory in Den Haag vertiefte ich mich in klassische und barocke Musik, wobei ich Klavier, Cembalo und Saxophon studierte. Obwohl ich keine formale Ausbildung zum Komponisten hatte, begann ich intuitiv zu komponieren und entwickelte mich nach und nach zu einem Komponisten, während ich weiterhin als Pianist und Cembalist auftrat. Schließlich traf ich Edward Clug und wir arbeiten nun schon fast 17 Jahre zusammen.
SBB Wie begann die Zusammenarbeit mit Edward Clug?
ML Edward und ich trafen uns erstmals 2005, als wir beide in Slowenien den nationalen Prešeren-Preis erhielten. Bei der Veranstaltung präsentierte er ein Stück, das mir sehr gefiel, und da ich bereits einige seiner Arbeiten kannte, schlug ich eine Zusammenarbeit vor. Ich vergaß meine Anfrage an ihn, bis er zwei Jahre später eines meiner Konzerte besuchte und die Idee erneut aufgriff. Unsere erste Zusammenarbeit war 2008 das Ballett Prêt-à-Porter, und von da an entwickelte sich unsere berufliche Zusammenarbeit. Seitdem haben wir an zahlreichen Projekten gearbeitet, oft zwei abendfüllende Ballette pro Jahr, Rückblickend ist mir aufgefallen, dass ich schon immer mit Tanz verbunden war, da ich sowohl mit Tänzer*innen arbeitete als auch Ballettklassen in meiner Heimatstadt Maribor begleitete und international zusammenarbeitete. Obwohl ich nie beabsichtigte, hauptberuflich Ballettkomponist zu werden, hat sich meine Karriere in den letzten Jahren in diese Richtung entwickelt.
SBB Wie schafft man es, Musik an die unterschiedlichen künstlerischen Visionen und Arbeitsweisen anzupassen und dabei die eigene künstlerische Identität zu bewahren? ML Jedes Projekt und jede Person bringen andere Facetten meiner Musik zum Vorschein. Zum Beispiel hat meine langjährige Zusammenarbeit mit Edward Clug eine einzigartige Musiksprache gefördert, die ich ausschließlich für unsere gemeinsame Arbeit verwende. Wenn ich mit anderen Choreographen zusammenarbeite, nimmt meine Musik einen anderen Charakter an, der auf ihre künstlerische Vision abgestimmt ist. Mein Hauptziel ist es, eine gemeinsame Sprache zu entwickeln. Improvisation ist ein weiterer wesentlicher Aspekt meiner Arbeit. Kürzlich hatte ich ein Konzert mit dem italienischen Flötisten Massimo De Mattia, bei dem wir die gesamte Aufführung improvisierten. Wir wussten nicht, was als Nächstes passieren würde, doch das Ergebnis war so kohärent und inspiriert, dass wir beschlossen, es als CD zu veröffentlichen. Diese Spontaneität, im Moment etwas Bedeutsames zu schaffen, ist der Kern meiner Kunst. Kommunikation spielt in diesen Kooperationen eine zentrale Rolle, da sie sicherstellt, dass sich sowohl die Musik als auch – in diesem Fall – die Choreographie harmonisch entwickeln. Ob durch verbalen Dialog oder den Austausch kreativer Ideen – dieses gemeinsame Verständnis ist entscheidend, um künstlerische Synergie zu erreichen.
SBB Was kann das Publikum von der Komposition zu Ein Sommernachstraum erwarten?
ML Ich denke, dass Kunst uns überraschen sollte. Zuerst mich selbst, und wenn meine Musik das leistet, dann kann sie auch das Publikum überraschen. Ich möchte dem Publikum Raum für eigene Gedanken und Interpretationen geben. Musik sollte nicht nur beeindrucken, Virtuosität zeigen oder unterhalten, sondern etwas im Zuhörer hervorrufen. Manchmal bedeutet das, dass ich bestimmte Teile nur skizziere, und sie der Fantasie der Zuhörer überlassen.
Das Gespräch führte Katja Wiegand.
Linke Seite: Imagefoto zu Ein Sommernachtstraum mit Demi-Solotänzerin Leroy Mokgatle, Foto: Caroline Mackintosh
Oben: Komponist Milko Lazar, Foto: Tone Stojko
KOLUMNE Wieviel Natur steckt im Balle�?
Katja Wiegand
Natur und Tanz – eine Verbindung, die tief in der Geschichte des Balletts verwurzelt ist und bis heute relevant bleibt. Doch was bedeutet Natur im Kontext des Tanzes? Als kulturelle Inszenierung wird sie zur Projektionsfläche für menschliche Sehnsüchte, Ängste und Hoffnungen.
Im Romantischen Ballett ist die Natur ein zentraler Symbolträger. In Giselle (1841) wird der Wald zum magischen Grenzraum zwischen Leben und Tod, in dem die geisterhaften Wilis als verlassene Bräute des Nachts junge Männer durch den Tanz in den Tod treiben. Bereits in Giacomo Meyerbeers so genanntem «Nonnenballett» in Robert le Diable (1831) wird Natur als düsterer, übernatürlicher Raum inszeniert. Inmitten einer nächtlichen Friedhofsszene tanzen die Geister toter Nonnen, die sich in junge hübsche Mädchen verwandeln und schließlich in grässliche Gestalten zerfallen, bevor sie im Nichts verschwinden. Ähnlich ambivalent ist die Naturdarstellung in Schwanensee (1877): Einerseits inszeniert als ein idealisiertes Refugium, in dem die Harmonie verloren geglaubter Welten wiedergefunden wird, andererseits als Spiegel innerer Konflikte und unerfüllter Sehnsüchte, dient sie als Bühne für das Bedrohliche und Übernatürliche. Der Schwan verkörpert die Sehnsucht nach Freiheit und transzendiert zugleich die Grenzen des irdischen Daseins. Das Ideal der Romantik überhöhte die Natur als Metapher einer verlorenen, unerreichbaren metaphysischen Heimat. Beispiele für Verklärung und Dämonisierung einer Natur finden sich auch in der Musik des 19. Jahrhunderts wider. Von Richard Wagners «Waldweben» in Siegfried (1876) oder der epischen Dramatik des Sonnenaufgangs in Richard Strauss’ Alpensinfonie (1915) entstehen Klanglandschaften, die Natur als Ort metaphysischer Sehnsucht darstellen, während sich die Faszination von Unwettern in Wagners Walküre (1870) oder die dunklen Schluchten in Webers Freischütz (1821) finden lassen. Die Natur wird, sowohl in Musik als auch in Inszenierungen Romantischer Ballette, entweder verklärt oder als zerstörerische Kraft erlebbar gemacht. Diese Spaltung in gute und böse Natur spiegelte die Entfremdung der Menschen wider, die in Industrialisierung und Urbanisierung ihre alltägliche Verbindung zur Umwelt verloren.
Mit freundlicher Unterstützung
Peter-Paul-Hoffmann-Stiftung
Ein Sommernachtstraum
Choreographie von Edward Clug Musik von Milko Lazar (Auftragswerk)
PREMIERENGESPRÄCH
9. Feb 25 | 11 Uhr
URAUFFÜHRUNG
21. Feb 25 | 19:30 Uhr
23. | 26. Feb 25
1. | 9. | 10. | 30. (2×) März 25
21. | 28. Mai 25
Deutsche Oper Berlin
Die Natur in Shakespeares Ein Sommernachtstraum (1595/1596) bildet der Wald, der statt bedrohlich oder ambivalent zu wirken, zum kreativen Raum der Protagonisten mutiert, in dem reale und übernatürliche Welten aufeinandertreffen. Er ist ein Ort der Verwandlung, an dem die strengen Regeln der höfischen Gesellschaft außer Kraft gesetzt werden. Hier dürfen Konflikte eskalieren, Personen verwandelt und Beziehungen auf den Kopf gestellt werden – all das unter der unsichtbaren, aber spürbaren Macht der Natur. Shakespeares Werke beschreiben ein Naturbild der Renaissance: die Natur wird als Spiegel der menschlichen Emotionen und Konflikte genutzt, jedoch mit einem Schwerpunkt auf die dynamischen Wechselwirkungen zwischen Mensch und Umwelt. In Ein Sommernachtstraum zeigt die Natur eine schöpferische, versöhnliche Seite, die den Menschen in seinen Widersprüchen reflektiert und Raum für Transformation schafft. Die Elfen, magischen Blumen und Tiere, die den Wald bevölkern, symbolisieren diese schöpferische Energie. Puck verkörpert den anarchischen Impuls der Natur. Diese Natur ist nicht statisch; sie ist voller Bewegung, Wandel und Potenzial. Für das Ballett bietet Shakespeares Vision eine inspirierende Grundlage. Choreograph*innen können hier spielerisch die Grenzen zwischen Mensch und Natur, Ordnung und Chaos ausloten. Obwohl beide Traditionen die Natur in Beziehung zum Menschen setzen, verfolgen sie unterschiedliche Narrative und künstlerische Ansätze. Shakespeares Natur ist dynamisch und spielerisch, während die Natur im Romantischen Ballett stärker idealisiert, verklärt oder als Symbol für das Unerreichbare dargestellt wird. Doch wie steht es heute um die Verbindung von Natur und Tanz? In einer Welt, die von ökologischen Krisen geprägt ist, zeigt der zeitgenössische Tanz neue Ansätze. Produktionen wie Figures in Extinction, eine Trilogie in Zusammenarbeit der Choreographin Crystal Pite und Theatermacher Simon McBurney für das Nederlands Dans Theater, rücken den Klimawandel ins Zentrum. Mit interdisziplinären Ansätzen verbinden sie Tanz und Theater, um die Dringlichkeit des ökologischen Wandels zu betonen und neue Perspektiven zu schaffen. Mit einer Kombination aus Körperlichkeit, visueller Kunst und wissenschaftlichen Reflexionen werfen sie Fragen auf: Wie lässt sich das Aussterben benennen, wenn wir selbst Täter und Opfer zugleich sind? Die Frage, wieviel Natur im Ballett steckt, führt uns letztlich auch zu einer tieferen Überlegung: Wie viel Natur steckt in uns, und wie können wir unsere Rolle neu definieren, um sie zu schützen?
Christian Spuck im Interview zu seinem Stück Winterreise
«Je verrätselter die Bilder, desto klarer die Botschaft»
Franz Schuberts Winterreise gehört zu den Meisterwerken der Musikgeschichte. Intendant und Choreograph Christian Spuck hat sich von Hans Zenders außergewöhnlicher Bearbeitung inspirieren lassen und eine ganz eigene Sicht auf den aus 24 Liedern bestehenden Zyklus geschaffen.
Im Interview spricht Spuck über seine Faszination mit Zenders Interpretation der Winterreise, wie man Kälte und Einsamkeit auf der Bühne zum Ausdruck bringt, und warum dieses Werk auch heute seine Aktualität nicht verloren hat.
Staatsballett Berlin Kannst du dich erinnern, wann du zum ersten Mal Schuberts Winterreise gehört hast?
Christian Spuck Ich habe die Winterreise das erste Mal als junger Mensch gehört. Manche Lieder bringen eine Emotionalität mit, die mich damals angesprochen hat. Das waren ganz eindeutig die Melancholie, der Umgang mit Einsamkeit, die Begegnung mit dem «Ich». In einer kalten Welt verlassen worden zu sein, aufzubrechen, nicht anzukommen, sich selbst zu finden.
SBB Und wie kamst du mit Hans Zenders Interpretation der Winterreise in Berührung?
CS Erst sehr viel später. Durch Zufall habe ich diese bearbeitete Fassung gehört und war sofort begeistert. Einmal, weil eine neue Klangwelt aufgebaut wurde. Die Winterreise von Schubert ist eine Ikone der Musikliteratur, die niemand mehr in Frage stellt. Ich sehe das als Problem, da mittlerweile das Werk hinter der Interpretation immer mehr verschwindet. Es gibt regelmäßig neue Aufnahmen, in denen es um den Sänger oder die Pianist*innen geht. Meine Begeisterung war eigentlich, dass es Zender gelungen ist, eine vollkommen neue Perspektive auf Schuberts Winterreise aufzuzeigen, aus der er das ursprüngliche Werk freigelegt hat. Es ist fast wie eine Dekonstruktion, die uns dazu auffordert, anders hinzuhören, um die Winterreise noch besser zu verstehen. Außerdem stellt die Musik von Zender ganz viele Fragen. Ganz viel wird offen gelassen. Beim mehrfachen Hören hatte ich sofort Bilder im Kopf und hatte Lust, diese Fassung auf die Bühne zu bringen.
SBB Was sagt uns die Winterreise heute noch?
CS Wenn man sich das Thema genau verinnerlicht, ist es bis heute hochaktuell. Das verlorene «Ich» in einer überstarken Natur, besonders im Winter, die immer gewinnen wird, die Vereinsamung im Innern, der Hilferuf der Verzweiflung, aber auch das Aufgeben und das Fremdsein. Dieses Werk
von vor 200 Jahren ist so romantisch und lyrisch, es bleibt jedoch bis heute dasselbe Phänomen. Menschen, die einfach verloren oder vertrieben sind und keinen Halt finden. Im Endeffekt geht es in der Winterreise um Orte der Wärme und der Nähe, die immer mehr verloren gehen.
SBB Wie hat der Text die Choreographie beeinflusst?
CS Erst mal ging es für mich immer darum, den Text und die Musik genau zu verstehen. Aber für mich war klar: Wenn es um ein Bild wie den Lindenbaum geht, will ich keinen Lindenbaum auf der Bühne sehen. Ich finde es schwierig, etwas zu bebildern, was schon in Metaphern ausgedrückt wird. Diese Bilder haben mich eher choreographisch inspiriert. Im Endeffekt ging es mir um eine gewisse Freiheit, selbst Bilder und Bewegungen zu finden welche mit dem Text und der Musik in den Dialog treten. Es war eine lange Suche nach den richtigen abstrakten Bildern, die Einsamkeit, Natur oder Kälte erzählen.
SBB Diese Art von abstrakter Bebilderung zieht sich durch dein Werk.
CS: Die Bühne ist ein Raum, in dem wir unterschiedlichste Bilder kreieren können. Je verrätselter diese sind, desto klarer finde ich immer die Botschaft. Es ist schwierig, wenn irgendwas konkret auf der Bühne gesagt wird, dann finde ich das oft unglaubwürdig. Naturalismus auf der Bühne steht immer hinter dem Werk an. Symbole und abstrakte Bilder finde ich viel spannender. Ich finde es immer schwierig, wenn versucht wird, in Inszenierungen – ob Oper, Ballett oder Schauspiel – eine Echtheit und Naturalismus auf der Bühne zu suggerieren. Theater kann nie echt sein, es ist immer nur Illusion. Ich muss aber gestehen, ich bin ein Kind meiner Zeit. Künstler*innen, die in den 70er, 80er und 90er Jahren Theater gemacht haben, oder der Choreograph William Forsythe, waren alle sehr verhaftet in dieser abstrakten Bildhaftigkeit. Ich fühle mich dem sehr nahe.
SBB Wie spiegelt sich diese Suche nach abstrakten Bildern in der Kostümwahl wider?
CS Der erste Gedanke ist natürlich, man müsse den Tänzer*innen Handschuhe und Wollmützen anziehen, um Kälte zu suggerieren. Kostümbildnerin Emma Ryott hat sofort verneint und gesagt:
«Wir machen es umgekehrt.» Ihr war es wichtig, viel Haut zu zeigen, da sie fand, dass sich darüber die Kälte und Verletzlichkeit am besten erzählen lassen.
SBB Kälte erzählt sich auch viel über die Wahrnehmung des Lichts, die in der Winterreise eine zentrale Rolle spielt. Wie seid ihr damit umgegangen?
CS Ich finde, dass der Winter die Jahreszeit ist, in der das Licht die größte Vielfalt zeigt. In meiner Kindheit waren die Winter noch richtig kalt, mit meterhohem Schnee. Und es gab viele changierende Weißtöne. Wie die Sonne sich darin gebrochen hat, war spektakulär. Und mit meinen Eltern haben die Wanderungen auch immer mehrere Stunden gedauert, so dass wir in die blaue Stunde gekommen sind. Und das wollte ich auf der Bühne durch diese riesigen Neonröhren einfangen, die ganz merkwürdiges direktes Licht geben und ein bisschen von dieser Kälte erzählen.
SBB Auch der Bühnenraum ist in winterliches Grau getaucht.
CS Die Hauptfigur ist ein Wanderer. Man müsste sich ja eigentlich einen endlosen Raum vorstellen. Aber auch hier sind wir sofort ins Gegenteil und haben gesagt, wir machen es eng, wir machen eine Kammer. Wir haben auch den Tanzboden bemalt, was gar nicht so leicht war, denn Bühnenbildner Rufus Didwiszus wollte wirklich eine Eisoberfläche kreieren. Das war leider sehr rutschig. Wir haben dann einen durchsichtigen Boden gefunden, der von unten bemalt wurde, um dieses Gefühl der Kälte zu erzeugen. Das Bühnenbild verändert sich natürlich durch das kalte Licht der Neon-Lampen und es gibt zwei Versenkungen, die ungewohnte Auftritte der Tänzer*innen ermöglichen, und die Tänzer*innen wirken manchmal wie versunken im Schnee. Es ist ein abstrakter Umgang mit einer Winterlandschaft.
SBB Wie gehst du im Vergleich zum Chor in Messa da Requiem mit dem Gesangssolisten in Winterreise um? Ist dieser auch in die Choreographie eingebunden?
CS Der Sänger ist gut sichtbar im Orchestergraben. Dieser ist relativ hoch und ist integriert ins Bühnenbild. Für mich war schnell klar, in dem Moment, wo der Sänger auf der Bühne steht und «Ich» singt,
«Fremd bin ich ausgegangen», wäre sofort klar, das ist jetzt die Hauptfigur und es dreht sich um ihn. In dem Moment, wo er im Orchestergraben singt, und auf der Bühne ist ein anderer Tänzer, werden sofort Gedankenräume aufgemacht. Das erzählende «Ich» wird nicht nur durch einen Künstler dargestellt.

SBB Hast du konkrete Vorstellungen, was du für deine Berliner Fassung ändern möchtest?
CS Das lasse ich auf mich zukommen. Ich habe in der Vorbereitung gemerkt, dass ich heute manches anders choreographieren würde. Aber wie genau die Berliner Fassung aussehen wird, wird sich im Studio gemeinsam mit den Tänzer*innen zeigen. Ich bin selbst gespannt und freue mich darauf, mich der Winterreise neu zu stellen und mit den fantastischen Tänzer*innen des Staatsballetts Berlin Vieles neu zu denken.
Das Interview führte Michael Hoh.


Seite oben: Winterreise
vom Ballett Zürich, Foto: Gregory Batardon Unten: Die Ensemblemitglieder Gustavo Chalub und Shaked Heller beim Image-Shooting in der Deutschen Oper Berlin, Foto: Caroline Mackintosh Mit freundlicher Unterstützung


Linke Seite: Christian Spuck, Foto: Marcus Gaab
JiříKylián
Ein Fixstern im Tanzuniversum
Der tschechische Choreograph ist untrennbar mit der Tanzgeschichte des 20. und 21. Jahrhunderts verknüpft und hat die moderne Tanzwelt nachhaltig geprägt. Seine Werke werden vielfach als «bewegte Poesie» bezeichnet und vereinen technische Präzision, künstlerische Tiefe und eine tiefe Sensibilität für den Menschen.
Zwischen Menschlichkeit und Abstraktion
Kyliáns choreographische Handschrift bewegt sich im Feld der Gegensätze: zwischen Abstraktion und Emotionalität, zwischen Chaos und Harmonie, zwischen Momenten der Stille und explodierender Energie. Seine Werke offenbaren tiefe Reflexionen über die Zerbrechlichkeit und Schönheit des menschlichen Daseins. Die Tänzer*innen in seinen Stücken sind verletzliche Individuen, die nach Ausdruck und Verbindung suchen. Eines seiner Schlüsselwerke, das seinen Durchbruch als Choreograph markierte, war Sinfonietta (1978), ein Stück zur Musik von Leoš Janáček. Er schuf über 100 Werke, Petite Mort (1991), Falling Angels (1989) und Bella Figura (1995) zählen zu den bekanntesten. Jedes dieser Stücke ist ein Mikrokosmos – voller Humor, Melancholie, Sinnlichkeit und Spiritualität. In Sechs Tänze (1986), zur Musik von Wolfgang Amadeus Mozart, zeigt sich sein Sinn für Humor und Absurdität. Die Tänzer*innen bewegen sich in überzeichneten, komischen Gesten, doch die Leichtigkeit bleibt nie ohne Tiefe – stets schwingt ein Hauch von Melancholie mit. In Bella Figura wiederum entführt der Choreograph das Publikum in eine Welt der Schönheit und der Reflexion. Er zeigt die Tänzer*innen in verschiedenen Zuständen der Entblößung – körperlich wie emotional. Der Körper wird hier zur Leinwand für ein Bild der Vergänglichkeit und des menschlichen Daseins.
Gods and Dogs: Göttlichkeit und Instinkt Auch das Stück Gods and Dogs (2008) spielt mit Gegensätzen und ist geprägt von Kontrasten zwischen Schönheit und Abgrund, Realität und Illusion. Kylián selbst beschreibt Gods and Dogs als eine Hommage an die Zerbrechlichkeit des menschlichen Lebens, das stets zwischen Vernunft und Triebhaftigkeit oszilliert. «Jeder von uns steht irgendwo zwischen den ‹Göttern› und den ‹Hunden›. Und es scheint mir, dass es unsere Aufgabe ist, eine Art Gleichgewicht zwischen diesen beiden zu finden. Gods and Dogs versucht nicht, nach Lösungen zu suchen, wie man dieses Gleichgewicht erreichen kann. Aber es könnte uns diese Tatsachen bewusster machen und uns vielleicht helfen zu erkennen, dass wir alle darum kämpfen, das Gleichgewicht zu halten.», so der Choreograph. Die Tänzer*innen agieren in einem fließenden, fast tranceartigen Bewegungsstrom zur Musik von Ludwig van Beethoven und Dirk Haubrich.
Kyliáns Einfluss auf die Tanzwelt Geboren 1947 in Prag, führte Jiří Kyliáns Weg von der Tanzausbildung am Prager Konservatorium über ein Stipendium an der Royal Ballet School in London. 1968 wurde er von John Cranko an das Stuttgarter Ballett engagiert. 1975 übernahm er Leitungsfunktionen beim Nederlands Dans Theater (NDT) und wurde nur zwei Jahre später
dessen künstlerischer Leiter. Neben NDT I, der Hauptkompanie und NDT II, einer Kompanie für junge Tänzer*innen, schuf er 1991 das NDT III, eine Kompanie für Tänzer*innen über 40 und zeigte, dass Tanz nicht an Jugend gebunden ist, sondern Ausdruck einer zeitlosen Energie sein kann. Nach

seinem Rückzug aus der künstlerischen Leitung im Jahr 1999 blieb er dem NDT als Hauschoreograph verbunden. Das NDT III wurde 2006, nach 15 Jahren Schaffen aufgelöst. Jiří Kylián hat nicht nur eine Vielzahl an Choreographien geschaffen, sondern auch Generationen geprägt. Seine Werke werden weltweit von renommierten Kompanien aufgeführt – vom Staatsballett Berlin über das Pariser Opernballett bis hin zum Royal Ballet in London. Zu seinen Schülern zählten Choreograph*innen wie Crystal Pite und Paul Lightfoot. Jiří Kyliáns Stücke bringen komplexe Themen wie Zeit, Vergänglichkeit und menschliche Zerbrechlichkeit auf die Bühne. In den letzten Jahren widmete er sich zunehmend filmischen Projekten und Installationen, die seine Tanzsprache auf neue Weise erfahrbar machen. Stücke wie East Shadow (2013) zeigen, dass Kylián auch in anderen Medien seinen unverkennbaren Stil bewahrt. «Die Kunst ist ein Spiegel des Lebens», so Kylián. Dieser Spiegel hat viele Facetten – genauso wie der Mensch selbst. Kyliáns Werke sind visuelle Gedichte –voller Sehnsucht, Schönheit und Wahrhaftigkeit. Und vielleicht ist es genau das, was seine Kunst so zeitlos macht: Sie erinnert uns daran, was es bedeutet, Mensch zu sein.
Text: Katja Wiegand, Kylián Productions
Jiří Kylián

Der zweiteilige Ballettabend Gods and Dogs vereint das gleichnamige Stück von Jirí Kylián mit der Wiederaufnahme von Angels’ Atlas, einer Choreographie, die sowohl das Licht als auch den Körper in den Mittelpunkt stellt. Vor dem Hintergrund einer sich ständig wandelnden Szenerie aus Licht erzählt Pite von Vergänglichkeit und den Metamorphosen des Lebens.

«Als Kreativscha�ende stehen wir immer in Beziehung mit dem Unbekannten.

Zwischen AbgesangHo�nungund
Das Nederlands Dans Theater (NDT) gastiert nach langer Zeit wieder in Berlin.
In dem dreiteiligen Abend Figures in Extinction [1-3] widmen sich die Choreographin Crystal Pite und der Theatermacher Simon McBurney einem der drängendsten Themen unserer Zeit: der Klimakatastrophe. In überwältigenden Bildern untersuchen sie die komplexen Beziehungen zwischen Mensch und Natur im 21. Jahrhundert.

Wenn sich zwei kongeniale Kreative zusammentun, die für ihre geradezu magischen Kreationen auf der Bühne zu Weltruhm gelangt sind, darf man etwas Außergewöhnliches erwarten. Die kanadische Choreographin Crystal Pite und der britische Schauspieler und Theaterregisseur Simon McBurney haben sich über mehrere Jahre und Kontinente hinweg über ihre Ängste und vorsichtigen Hoffnungen angesichts unseres Zeitalters ausgetauscht. Ihre Recherchen für ein gemeinsames Projekt zur Klimakrise versammeln ein überraschend reichhaltiges Spektrum an Quellenmaterial: vom Geräusch schmelzender Polkappen bis zu den Rufen von Klimawandelleugnern, von akademischen Vorträgen über die Neurowissenschaften des Gehirns bis zum Geplapper von Instagram-Influencern. Auf dieser Basis sind in vier Jahren drei Werke für das Nederlands Dans Theater (NDT1) entstanden, wobei jeder Teil der Trilogie als Reaktion auf das vorangegangene Stück zu verstehen ist.
1 Figures in Extinction [1.0], 2022 in Den Haag uraufgeführt und mit dem wichtigen niederländischen «Zwaan» Preis als die beeindruckendste Tanzproduktion ausgezeichnet, konfrontiert uns in überwältigenden Bilder mit allem, was auf unserem Planeten im Sterben liegt – vom Pyrenäensteinbock und dem Karibu bis zum regenbogenfarbenen Giftfrosch, dem Säbelzahntiger und dem chinesischen Löffelstör bis zu durch Menschenhand zerstörten Gletschern und Seen. 22 Tänzer*innen des NDT1 kreieren unter Einsatz von Puppen, farbenfrohen Kostümen, poetischen Videos und Simon McBurneys Stimme aus dem Off eine tanztheatralische Naturdokumentation, die uns den tragischen Reigen des Aussterbens vor Augen führt.
2 Der zweite Teil der Triologie, Figures in Extinction [2.0] - But then you come to the humans wurde im Februar 2024 in Den Haag uraufgeführt. Wie der Titel vermuten lässt, geht es darin um den Menschen, vor allem um sein Bedürfnis nach Verbindung in einer vereinzelten und von Informationen überfluteten Welt. Aus dem Off ist der Neuroforscher und Psychiater Iain McGilChrist zu hören, der eindringlich davor warnt, unsere empathiefähige rechte Hirnhälfte gegenüber der datenverarbeitenden linken zu vernachlässigen. Die wunderbare Fähigkeit des Menschen, zu träumen, zu kontemplieren und mitzufühlen, droht sonst für immer verloren zu gehen, wie die in Teil 1 vorgeführten Tier- und Pflanzenarten. Und genau das könnte unser Untergang sein.
3 Der dritte Teil Figures in Extinction [3.0] wird seine Weltpremiere während des Manchester International Festival im Februar 2025 feiern. Pite und McBurney setzen den interdisziplinären Austausch fort, konzentrieren sich mit diesem Stück aber auf die Frage, wohin unsere kollektive Reise auf diesem Planeten als nächstes gehen wird. Verlässliche Antworten kann es nicht geben, aber viele bewegende Bilder voller Fantasie und Hoffnung. Mit Imagination einen Funken Licht ins Dunkel zu bringen und neue Möglichkeiten für unser Leben in der Zukunft aufzuzeigen, ist das Anliegen dieses letzten Teils.
Figures in Extinction [1-3] ist eine Koproduktion von Nederlands Dans Theater und Complicité. Ein Abend im Auftrag von Factory International. Koproduziert von Parkstad Limburg Theatres Heerlen & Montpellier Danse.
Es tanzt das Ensemble des NDT 1. Text: Maren Dey, NDT
Projekt von Crystal Pite und Simon McBurney
«Wir leben in einem Zeitalter des Aussterbens. Können wir jemals ho�en, dem, was wir verlieren, einen Namen zu geben? Was bedeutet es, Zeuge einer Gewalt zu sein, deren Täter und Opfer wir zugleich sind?»
Simon McBurney & Crystal Pite

Simon McBurney & Complicité


Linke Seite: Figures in Extinction [1.0]
Foto: Rahi Rezvani
Rechte Seite, oben links: Figures in Extinction [2.0]
Foto: Rahi Rezvani
Rechte Seite, unten links: Figures in Extinction [2.0]
Foto: Rahi Rezvani
Simon McBurney ist Regisseur, Schauspieler, Autor sowie Mitbegründer und Künstlerischer Leiter der britischen Theatergruppe Complicité. Seine Produktionen sind weltweit zu sehen und wurden mit mehr als fünfzig Preisen ausgezeichnet. Regiearbeiten entstanden u.a. an der English National Opera, am Broadway, beim Festival d’Avignon, an der De Nederlandse Opera und der Schaubühne Berlin. In Kino und Fernsehen war er in zahlreichen Rollen zu sehen, u.a. in Filmen von Woody Allen und Abel Ferrara. 2005 wurde er zum «Officer of the Order of the British Empire» (OBE) ernannt. Complicité ist ein internationales Tourneetheater mit Sitz in London. Complicité arbeitet spartenübergreifend und versteht Theater, Oper, Film, Radio, Installation, Publikationen und partizipatorische Künste als Orte für den kollektiven Akt der Imagination. Das Ensemble engagiert sich für die Bewältigung der Klima- und Umweltkatastrophe und ist Gründungsmitglied von «Culture Declares Emergency».
Crystal Pite
Crystal Pite begann ihre Karriere als Tänzerin des Ballet British Columbia (Ballet BC) und wechselte später zu William Forsythes Ballett Frankfurt. Sie begann 1990 beim Ballett BC zu choreographieren. In ihrer drei Jahrzehnte umfassenden choreographischen Laufbahn hat sie über 50 Werke für zahlreiche Ballettensembles geschaffen, darunter das Royal Ballet London, das Ballett der Pariser Oper, das Nederlands Dans Theater, das Cullberg Ballett, das Ballett Frankfurt und das National Ballet of Canada. Derzeit ist sie u.a. Associate Choreographer des NDT 1. Crystal Pite ist Mitglied des Order of Canada und erhielt zahlreiche hochrangige Auszeichnungen. 2002 gründete sie ihre Kompanie Kidd Pivot in Vancouver, die weltweit für ihre radikalen Mischformen aus Tanz und Theater bekannt ist.
Nederlands Dans Theater
Das 1959 gegründete Nederlands Dans Theater (NDT) ist eine führende internationale Kompanie für zeitgenössischen Tanz, die sich der Erforschung und Kreation neuer Werke widmet. NDT 1 ist eine Kompanie von 28 einzigartig vielseitigen und virtuosen Tänzer*innen, die in Zusammenarbeit mit weltbekannten Künstler*innen innovative Choreographien kreieren. NDT 2 fungiert als Brücke zwischen aufstrebenden und Künstler*innen in der Mitte ihrer Karriere und bietet ein unterstützendes Umfeld für junge Tänzer*innen.
Partners in Crime: Simon McBurney und Crystal Pite bei der Arbeit an ihrer Klima-Trilogie. Foto: Sacha Grootjans
«Es steckt viel Impuls in unserer Arbeit.»
Für die Trilogie Figures in Extinction arbeiteten die Choreographin Crystal Pite und der Regisseur Simon McBurney erstmals zusammen. Ein Gespräch über den kreativen Prozess.
Wie habt ihr euch kennengelernt?
Simon Wir kannten uns und unsere Arbeit schon lange und wollten unbedingt zusammenarbeiten. Ich erinnere mich, dass ich Crystal in New York gesehen habe, als sie mit NDT 1 auf Tour war. Ich sah The Statement, das war 2016. Es war einfach eine unglaubliche Erfahrung. Ich selbst stand zur gleichen Zeit am Broadway auf der Bühne, und so konnten wir uns gegenseitig an unterschiedlichen Abenden bei der Arbeit beobachten.
Crystal Ich sah Simon dort und erinnere mich, dass sein Stück für mich eine lebensverändernde Erfahrung war. Er war für The Encounter dort. Ich habe das nie vergessen – die Wucht, die Wirkung, die es auf mich hatte. Dann begannen wir zu sprechen, uns auszutauschen, und entdeckten unser gemeinsames Interesse am Thema Aussterben. Wir fanden einen neutralen Ort, um uns zu treffen – das NDT. Ich arbeite seit über 20 Jahren mit dem NDT zusammen, auch als Associate Choreographer. Für mich ist das NDT wie ein Zuhause.
Wie sieht euer kreativer Prozess aus?
Crystal Wir starten mit Inhalten, Sprache, Ideen, großen Fragen. Wir suchen nach der besten Form, diese auszudrücken – manchmal durch Texte, indem wir Bücher, Essays und Artikel austauschen, manchmal über den Körper oder indem wir persönliche Erfahrungen teilen.
Simon Es steckt viel Impuls in unserer Arbeit. Eine Intuition, die uns spüren lässt, ob etwas ‹richtig› ist. Und wir sind zwei Menschen, die dasselbe betrachten und das beide fühlen. Es ist, als würden sich plötzlich neue Türen öffnen. Mit jemandem wie Crystal zusammenzuarbeiten, bringt unendlich viele neue Möglichkeiten.
Crystal Es ist ein ständiger Feedback-Loop. Im Studio fühlt es sich an, als würden wir uns einen Ball hin- und herwerfen. Einer pflanzt den Samen, der andere gießt Wasser nach. Es ist fließend, leicht, intuitiv – es entsteht ganz organisch. Und manchmal ist es hilfreich, sich zurückzulehnen und einfach zu beobachten, wenn der andere die Führung übernimmt. In unseren eigenen Kompanien sind wir ständig in leitender Position, aber in dieser Zusammenarbeit können wir die Rollen wechseln. Führung beansprucht einen anderen Teil des Gehirns als der kreative Prozess. Es macht Spaß, damit zu spielen.
Worum geht es in der Trilogie Figures in Extinction?
Simon In Figures in Extinction [1.0] (2022) haben wir eine Reihe von Porträts erschaffen – von Tieren und Naturphänomenen, die ausgestorben sind. Diese Porträts wirken fast wie Träume. Einer der großartigen Tänzerinnen trägt beispielsweise verlängerte

Hörner an den Armen, die über das hinausgehen, was das eigentliche Tier hatte. Es erweitert unsere menschliche Verbindung zu diesen Wesen. Die Tänzerinnen verkörpern die ausgestorbenen Tiere – aber nicht, indem sie versuchen, Tiere zu sein, sondern indem sie zeigen, wo das Tier im menschlichen Körper lebt. Wir erforschen auch, wie wir Tiere betrachten, zum Beispiel unsere Haustiere – und wie sie uns ansehen. Diese besondere Beziehung über eine scheinbare Grenze hinweg. Es gibt eine Trennung, aber warum eigentlich? Wir sind doch selbst Tiere.
Crystal Figures in Extinction [2.0] (2024) ist eine Antwort auf den ersten Teil. Es ist ein Porträt des Menschen – ein Spiegel. Wir haben uns unter anderem von The Master and His Emissary von Iain McGilchrist und seiner Theorie des geteilten Gehirns inspirieren lassen. Wir haben uns gefragt: Wie sind wir hier gelandet? Was macht uns als Menschen aus – unser Gehirn, unser Bewusstsein? Was
ist der Kern der Krise, in der wir stecken? Die beschädigte Beziehung zur lebendigen Welt, die Entfremdung von uns selbst. Simon Dieser zweite Teil fühlte sich an wie eine Art Sprungbrett für Figures in Extinction [3.0] –das große Finale. Die Fragen entwickelten sich weiter, ein Weg zeichnete sich ab, und plötzlich war dieser dritte Teil wie ein Fixstern, auf den wir die ganze Zeit zugesteuert waren. Es geschah außerhalb unserer Körper – wir stellten große Fragen über das Unbekannte. In diesem dritten Teil fokussieren wir uns auf die Vergänglichkeit der Menschheit und darauf, warum wir uns von den Toten entfremdet haben. Wo sind sie jetzt? Wie können wir als Menschen überleben, wenn wir jede Verbindung zu uns selbst, zueinander, zu unseren Vorfahren und zur Natur verloren haben – mitten in dieser Klimakrise? Im kreativen Prozess haben wir eng mit den Tänzer*innen von NDT 1 zusammenge-
arbeitet und sie nach ihren Familien, ihren Vorfahren und ihren Geschichten gefragt. Dadurch wurde der Prozess für alle Beteiligten unglaublich intim. Wie war es, mit den Tänzer*innen von NDT zu arbeiten?
Simon Es ist ein Privileg und ein unglaublicher Vorteil, mit diesen außergewöhnlichen Künstler*innen zu arbeiten – sie spielen einfach in einer anderen Liga. Crystal Die Tänzer*innen sind eine Art Matrix für uns, der Raum, in dem wir uns begegnen. Sie bringen enorm viel Input ein. Sie sind furchtlos, zögern nicht. Ihre Ideen sind oft ganz nah an unseren, aber manchmal führen sie uns in eine ganz neue Richtung – das inspiriert uns und überrascht uns. Mit ihnen zu arbeiten war eine Offenbarung, es war transformierend. Sie sind eine wahre Kraft.
Interview: NDT
Figures in Extiction [2.0], Foto: Rahi Rezvani.
Das Staatsballett Berlin feiert vom 28. Mai bis zum 1. Juni 2025 die Höhepunkte der Saison, umrahmt von Sonderveranstaltungen und einer festlichen Gala.
Der Spielplan ist vielfältig und kontrastreich, atemberaubende klassische Tanztechnik begegnet zeitgenössischen Bewegungssprachen, Techno ist genauso zu erleben wie der überwältigende Klang eines voll besetzten Orchesters.
Balle�woche 7 Tage Balle� ensuite!

Selber tanzen!
Die Ballettwoche steht ganz im Zeichen des Mitmachens und Erlebens. Am 25. Mai werden alle Tanzsäle für den bisher größten TanzTanz-Workshop geöffnet. Die Teilnehmenden wandern von Saal zu Saal und entscheiden sich vor Ort für ihre Wunschworkshops: Klassisches Training, danach ein klassischer Workshop zu Ein Sommernachtstraum mit Elinor Jagodnik, ein neoklassischer Workshop zu Winterreise mit Kathlyn Pope und Bettina Thiel oder ein zeitgenössischer Workshop zu Sharon Eyals 2 Chapters Love mit Weronika Frodyma, Erste Solotänzerin des Staatsballetts. Umrahmt
werden die Workshops von einer gemeinsamen Erwärmung und einem Yoga-/Pilates-Cool-Down mit dem Staatsballett-Tänzer Mark Geilings. Im Lauf der Woche gibt es außerdem drei Workshops für Familien, in denen diese nicht nur selbst tanzen, sondern auch das Training oder eine Probe besuchen. Am Abend, direkt vor den Vorstellungen, bietet das Team praktische Einführungsworkshops für alle Karteninhabenden an. Und auch Kurzentschlossene kommen auf ihre Kosten, wenn an Himmelfahrt die Türen der Staatsoper Unter den Linden zum gemeinsamen Tanzen im historischen Apollosaal geöffnet werden.
Ballett Gala
Abschluss und Höhepunkt der Ballettwoche ist die festliche Ballett Gala in der Staatsoper Unter den Linden. An zwei Terminen am Wochenende präsentiert das Ensemble des Staatsballetts Berlin Auszüge aus vielgeliebten klassischen und zeitgenössischen Balletten, virtuose Soli und Pas de deux sowie kurze Neukreationen von namhaften Choreograph*innen. Moderiert von Intendant Christian Spuck und Petra Gute, verspricht der Gala-Abend viele Kostproben der großen künstlerischen Bandbreite der Kompanie und natürlich einige Überraschungen.
Gespräch und Diskurs
Forum: Unsere Reihe Forum widmet sich in der Ballettwoche unter dem Titel «Körper und Kultur: Zwischen Tradition und Transformation» der Verschmelzung von Tanz, Geschlecht und Kultur als Spiegel und Motor gesellschaftlicher Prozesse. Es geht um historische Rollenbilder, die Darstellung von Weiblichkeit und deren Einbettung in die soziokulturellen Erwartungen ihrer Zeit. Katja Wiegand diskutiert mit Christian Spuck, der Choreographin und Drag-Queen Olympia Bukkakis und Tänzer*innen aus dem Ensemble.
Ballettgespräch Spezial: Künstler*innen und Mitarbeitende des Staatsballetts erzählen in entspannter Atmosphäre von ihrer aktuellen Arbeit und geben Einblicke in die Welt hinter den Kulissen. Es moderieren Christian Spuck und Katja Wiegand.
Begegnung und Austausch
Q & A: Im Anschluss an die Vorstellungen eröffnet Christian Spuck das Gespräch mit dem anwesenden Publikum und den Tänzer*innen. Bei den Fragen und Antworten ist der unmittelbare Austausch zum gerade Erlebten ausdrücklich erwünscht. Opernführungen mit Ballettschwerpunkt: Erfahren Sie, wie es hinter den Kulissen aussieht und welche Mythen, Geschichten und Ereignisse mit einem Theater und seiner Geschichte zusammenhängen. In der Ballettwoche begleiten Persönlichkeiten des Staatsballetts, Tomas Karlborg, Beatrice Knop und Barbara Schroeder die Führungen in der Staatsoper und der Deutschen Oper und erzählen, welche Bedeutung Garderobe, Ballettsaal und Bühne für sie hatten und bis heute haben.
Autogrammstunden: Die Tänzer*innen des Staatsballetts signieren in den Pausen der Vorstellungen Ein Sommernachtstraum und 2 Chapters Love sowie mit allen Beteiligten nach den beiden Vorstellungen der Ballett Gala im Apollosaal der Staatsoper Unter den Linden. Eine Einladung zur persönlichen Begegnung - halten Sie Ihre Programmhefte bereit!
Live Tutorial: How to do Spitzenschuh
Welche Arbeit, Handwerk und Präzision stecken hinter der Anpassung des wohl symbolträchtigsten Accessoires des klassischen Balletts? Die Tänzer*innen Leroy Mokgatle, Rafaelle Queiroz, Iana Salenko und Aurora Dickie geben faszinierende Einblicke in die tägliche Arbeit mit ihren Spitzenschuhen und verraten den ein oder anderen Trick. Moderiert von Katja Wiegand.
Änderungen vorbehalten.
Ensemblemitglieder
Balle�woche
25. Mai bis 1. Juni 2025
25. Mai 2025 11:00 *TanzTanz Spezial XXL
26. Mai 2025 9:30 Familienvormi�ag
27. Mai 2025 11:00 Forum
28. Mai 2025 11:00 *Familienworkshop 11:00 Ein Sommernachtstraum anschl. Q&A
29. Mai 2025 15:30 Balle�führung Staatsoper 17:00 Workshop für Kurzentschlossene 17:30 *Familienworkshop 19:30 Winterreise anschl. Q&A
30. Mai 2025 9:30 *Familienvormittag 16:30 How to do Spitzenschuh 17:30 *Familienworkshop 19:30 2 Chapters Love anschl. Q&A
31. Mai 2025 11:00 *Familienvormi�ag 13:00 Balle�führung Deutsche Oper 15:00 *Familiennachmittag 19:30 Balle� Gala anschl. Autogrammstunde
1. Juni 2025 11:00 Balle�gespräch Spezial 13:00 Balle�führung Staatsoper 18:00 Balle� Gala anschl. Autogrammstunde = Tanz ist KLASSE!
*Anmeldung erforderlich
Das detaillierte Programm auf www.staatsballett-berlin.de
Gustavo Chalub und Haruka Sassa beim Image Shooting, Foto: Caroline Mackintosh Balle�woche
«Ohne sie könnte ich meinen Job nicht machen»
Der Spitzenschuh, das auffälligste Accessoire einer Tänzerin, ist DAS Symbolbild des klassischen Balletts. Er macht den Effekt des mühelosen Schwebens über die Bühne möglich und hat bis heute nicht an Faszination verloren. Doch wie viel steckt dahinter, solch einen Schuh tanzbar zu machen? Marina Duarte, Demi-Solistin am Staatsballett Berlin, gibt faszinierende Einblicke in das Bearbeiten und Eintanzen eines neuen Paares, sowie den täglichen Umgang mit ihrem Arbeitswerkzeug.

9.00 Uhr morgens, Studio 1, Staatsballett Berlin: das tägliche Training beginnt erst in einer Stunde, doch Marina Duarte sitzt bereits auf dem Boden des Trainingssaals und bearbeitet ein neues Paar Spitzenschuhe. Denn was viele Ballett-Liebhaber*innen nicht wissen, ist, dass diese speziellen, von Hand gefertigten Schuhe für professionelle Tänzer*innen nicht gebrauchsfertig geliefert werden, sondern beispielsweise ohne die ikonischen Bänder, die kreuzweise über dem Spann gebunden werden. Jede Tänzer*in nutzt unterschiedlichste Techniken, um den Schuh an sich anzupassen, denn die Ansprüche variieren je nach Individuum und sogar je nach Choreographie. «Spitzenschuhe sind sehr wichtige Begleiter in unserer Karriere als Tänzer*innen. Man muss seinen eigenen Weg finden, mit ihnen umzugehen, was zum Teil Jahre dauern kann. Im Training verwende ich gerne komplett neue Schuhe, um sie willkommen zu heißen und einzutanzen, doch in Proben und Vorstellungen brauche ich einen weicheren Schuh, in dem ich wirklich tanzen kann»
Der erste Arbeitsschritt beginnt bei der Sohle: Für besseren Kontakt zum Boden und eine ästhetische Silhouette des Fußes brechen viele Tänzer*innen die Innensohle ihrer Schuhe oder
entfernen Teile mit dem Cuttermesser. Marina gibt stattdessen Schellack in den Schuh, ein Naturharz, welches trocknet und das Innere noch mehr härtet. «Ich lasse den Lack ein bis zwei Wochen trocknen, er härtet die Sohle und verhindert, dass Feuchtigkeit in den Schuh eindringt, dadurch hält er länger»
Die dadurch erzielte Langlebigkeit ist Marina nicht nur wegen des Umweltaspektes wichtig, sondern war besonders während ihrer Ausbildung von Bedeutung. Denn Marinas Eltern konnten es sich nicht leisten, jeden Monat ein neues Paar Schuhe zu kaufen. Diese Erinnerung prägt sie bis heute. Der Lack ist jedoch nur die Basis, die weiteren Vorbereitungen eines Schuhpaares erfordert handwerkliches Geschick. Einige Tänzerinnen nähen einen Kranz um das Äußere der Plattform, der Teil des Schuhs, der beim Tanzen den Kontakt zum Boden hält. Das sogenannte Stopfen trägt zu einem festen und sicheren Stand bei.
Damit der Schuh schließlich am Fuß befestigt werden kann, müssen per Hand Bänder eingenäht werden. Traditionell werden Seidenbänder verwendet, Marina aber greift zu einer nachgiebigeren Variante. „Ich verwende elastische Bänder, da ich auf Grund der Stauung und dem Druck, der
im Fuß und Gelenk durch die starren Seidenbänder entsteht, Sehnenentzündungen entwickelt habe und manchmal nach einem Auftritt als Wili in Giselle oder einer anspruchsvollen Variation nicht mehr laufen konnte. Bänder, die mit der Bewegung gehen, verhindern das.“
Den Tänzer*innen werden monatlich bis zu fünf Paar Spitzenschuhe vom Staatsballett gestellt. Was nach viel klingt, ist in Anbetracht der Anzahl an Vorstellungen und täglichem Training dringend benötigt. Während einer einzigen Vorstellung eines klassischen Balletts nutzen manche Tänzer*innen mehrere Paare mit unterschiedlichen Eigenschaften.
«Wieviele Schuhe ich benötige, hängt von der Vorstellung und den verschiedenen Rollen, die ich tanze, ab. Für einen Abend Giselle halte ich meist drei Paare bereit, so bin ich auf alle Situationen vorbereitet. Die Eigenschaften, die ein Spitzenschuh aufweisen muss, werden von der Choreographie bestimmt. So brauche ich beim Bauern–Pas-de-deux im Ersten Akt einen weicheren Schuh, der bei Sprüngen mit dem Fuß geht. Im Zweiten Akt wechsele ich auf einen här-

teren Schuh, der den Fuß durch die Statik stützt und mir hilft, mich auf der Spitze zu bewegen». Bei Giselle ist außerdem im Zweiten Akt auch der Klang des Schuhs von Bedeutung. Dieser soll möglichst gering sein, da die Wilis lautlos über die Bühne schweben, denn sie sind schließlich Geisterwesen. Um dies zu erzielen, bearbeiten die Tänzer*innen den vorderen Teil des Schuhs, die so genannte Box, mit einem Hammer. So wird das Geräusch beim Aufkommen dumpfer.
Damit die schlanke Silhouette und elegante optische Verlängerung des Fußes gegeben bleiben, ist im Schuh selbst keine Polsterung integriert. Um Füße und Zehen beim Springen und Stehen auf dem hartem Material zu schützen, verwenden die Tänzer*innen Spitzenschoner aus Silikon, tapen ihre Zehen und umwickeln sie wahlweise mit dünnen Küchenlappen oder anderen Materialien. Zudem wird auf den Bühnen, auf denen das Staatsballett tanzt, für Vorstellungen ein spezieller Tanzboden ausgerollt. Dieser federt den Aufprall ab und minimiert durch seine glatte jedoch griffige Oberfläche die Gefahr des Wegrutschens. Während einer Vorstellung drücken die Tänzer*innen die Schuhe kurz vor dem Auftritt außerdem in Kolophonium. Dieses Pulver aus getrocknetem Baumharz verspricht zusätzliche Haftung.
Der Spitzenschuh ist ein täglicher Gebrauchsgegenstand der Tänzer*innen, «Sie sind mein Arbeitswerkzeug, ohne sie könnte ich meinen Job nicht machen», so Marina. Doch der Aufwand, der für die Tänzer*innen hinter den Schuhen steckt, bleibt oft unerwähnt.
Text: Antonia Kling


Balle� in Berlin Eine digitale Zeitreise. Ab Ende Mai 2025 online!
Dass das Ballett in Berlin eigentlich eine sehr große Geschichte hat, vielfältig wie die Stadt selbst, wissen die Wenigsten. Nach langer Vorbereitung wird diese Historie im Frühsommer 2025 mit einem Zeitstrahl auf der Website des Staatsballetts Berlin veröffentlicht – eine digitale Bühne zum Geschichtenerzählen, auf der aufregende Ereignisse präsentiert und überraschende Zusammenhänge sichtbar gemacht werden. Spätestens mit der Gründung der Königlichen Hofoper 1742 durch Friedrich II. wird das Ballett in Berlin unabdingbar. Es wird zum Ausdruck seiner Zeit und seines jeweiligen Publikums, und wandelt sich durch die Jahrhunderte in Tausenden von Produktionen und mit den Einflüssen einer beeindruckend großen Zahl prominenter Persönlichkeiten, die ihre Spuren hinterlassen haben.
Premieren, Personen und wichtige Ereignisse werden nach und nach in den Zeitstrahl eingetragen, sodass sich das historische Bild verdichtet und auch Wissenslücken sichtbar werden.
Als digitale Ausstellung konzipiert, richtet sich die Informationssammlung zuallererst an ein breites Publikum, interaktiv und unterhaltsam. Da diese Inhalte zugleich die Ressourcen sind, die der Forschung und Wissenschaft bisher nicht gebündelt zur Verfügung standen, münden die Informationen auch in eine Datenbank, in der sich die Einträge versammeln: von Paul Taglioni bis Sharon Eyal, von der Krolloper bis zum Berghain, von Arlequin im Schutz der Zauberey bis Apropos Schéhérazade, von Barbarina Campanini über Anna Pawlowa bis Rudolf Nurejew.
Das Staatsballett Berlin lädt zur Erkundung seiner eigenen Historie ein, und schon jetzt ist klar, dass es weniger um Antworten geht, sondern vor allem um viele neue Fragen, die sich stellen lassen und die nur der Anfang sein können, eine kulturhistorische Würdigung der Berliner Balletttradition auf den Weg zu bringen.
Text: Annegret Gertz


Im Zeitstrahl kann man rund um wichtige Meilensteine durch die Epochen surfen, Personen, Ereignisse, Produktionen entdecken.
Hier zu sehen: Max Terpis mit Harald Kreutzberg in der Staatsoper (1924)
Mit freundlicher Unterstützung

Mi�endrin sta� nur dabei
Wie Freundeskreis-Mitglieder bei den Bühnenproben zu Minus 16 mitmischten

Freundeskreisen von Theater-, Opern- oder Ballettkompanien eilt der Ruf voraus, eher für ältere Semester gemacht zu sein. Jüngere Generationen tummeln sich stattdessen lieber auf Social Media und erfahren dort mehr über die Künstler*innen, die sie faszinieren. Dass dem nicht so ist und eine Mitgliedschaft persönliche Erfahrungen ermöglicht, die für alle Altersklassen geeignet ist, wurde im Vorfeld der Premiere Minus 16 deutlich.
Die Freunde und Förderer haben es sich zum Ziel gesetzt «das Interesse und Verständnis für die Kunstform Tanz zu wecken und die Anerkennung des Staatsballetts Berlin zu stärken». Neben ihren Aktivitäten als Multiplikatoren unterstützen sie auch durch einen jährlichen finanziellen Beitrag, der unterschiedlichste Projekte der Kompanie möglich macht, und bekommen dafür ein Zusatzprogramm geboten, das Blicke hinter die Kulissen zulässt.
So etwa bei den Vorbereitungen auf die Premiere Minus 16. Im gleichnamigen Stück von Ohad Naharin verlassen die Tänzer*innen die Bühne und bitten einzelne Zuschauer*innen aus dem Publikum mit ihnen auf die Bretter, die die Welt bedeuten. Und dann wird miteinander getanzt. was das Zeug hält. Um diesen improvisierten Part üben zu können, wurden interessierte Förder*innen zu mehreren
Bühnenproben als Testpublikum eingeladen. Die Reaktionen fielen begeistert aus: «Am Ende der Probe hatte ich eine andere Welt betreten», so Silke Glückstein, Mitglied seit der Saison 2023/24. Auch Viktoria Lohse und Katharina Ottman schwärmen in den höchsten Tönen: «zauberhaft» und «atemberaubend» fanden sie die Erfahrung. Einige Mitglieder waren so begeistert, dass sie sich für mehrere Bühnenproben anmeldeten und so gleich mehrmals in Genuss dieses besonderen Erlebnisses kamen. Für Claudia Minhöfer macht genau dies die Mitgliedschaft aus: «Diese Gelegenheiten, dem wunderbaren Ensemble des Staatsballetts näher zu kommen (auch bei Studioproben), machen mir die Mitgliedschaft als Förderin im Freundeskreis so kostbar.»
Der Verein eröffnet Tanzbegeisterten also mehr Nähe zur Kunst und den Künstler*innen des Staatsballetts. Und gleichzeitig erzeugt eine Mitgliedschaft das gute Gefühl, mit dem eigenen ideellen und finanziellen Beitrag eine willkommene Unterstützung leisten zu können. Gerade in Zeiten knapper öffentlicher Kassen wird dies immer wertvoller.
Text: Corinna Erlebach
Freunde und Förderer des Staatsballetts Berlin e.V. Franziska Baumann hallo@freundeskreis-staatsballett-berlin.de

Impressum
Herausgeber
Staatsballett Berlin – Stiftung Oper in Berlin
Intendant
Christian Spuck
Geschäftsführerin
Jenny Mahr
Konzept
Eps51 und Staatsballett Berlin, Dramaturgie und Marketing
Redaktion/Lektorat
Maren Dey, Corinna Erlebach, Annegret Gertz, Michael Hoh, Irmtraud Ilmer, Antonia Kling, Henriette Köpke, Katja Wiegand
Gestaltung
Eps51
Druck
Sportflieger Berlin
Fotos Cover
Gregory Batardon, Rahi Rezvani, Caroline Mackintosh
Die Zeitung des Staatsballetts Berlin erscheint zweimal pro Spielzeit.
Bestellung und Anregungen bitte an marketing@staatsballett-berlin.de
Das Staatsballett Berlin dankt seinen Platin und Gold Partnerinnen sowie den Freunden und Förderern des Staatsballett Berlin e.V.:



Tänzerin Jessica Beardsell mit Testpublikum bei einer Bühnenprobe, Foto: Admill Kuyler




















Bücher. Musik. Filme. Im KulturKaufhaus am Bahnhof Friedrichstraße.



























Februar
So 2. 11:00 Ballettgespräch SOB Apollosaal 5 €
So 9. 11:00 Premierengespräch zu Ein Sommernachtstraum DOBParkettfoyer
Sa 15. 10:00 Fortbildungsworkshop für Erzieher*innen DOB 100€
Fr 21. 19:30 Ein Sommernachtstraum URAUFFÜHRUNG DOB D2
So 23. 16:00 Ein Sommernachtstraum DOB C2
Mi 26. 19:30 Ein Sommernachtstraum DOB C2
Do 27. 19:30 William Forsythe DOB B2
März
Sa 1. 19:30 Ein Sommernachtstraum DOB D2
Do 6. 19:30 William Forsythe DOB B2
So 9. 18:00 Ein Sommernachtstraum DOB C2
Mo 10. 19:30 Ein Sommernachtstraum DOB C2
Mi 12. 19:30 William Forsythe DOB B2
Sa 15. 19:30 Schwanensee SOB D1
So 16. 11:00 TanzTanz DOB 25€
Mi 19. 19:30 Schwanensee SOB C1
Sa 22. 19:30 Schwanensee SOB D1
So 23. 11:00 Ballettgespräch SOB Apollosaal 5€
Fr 28. 19:30 Schwanensee SOB D1
So 30. 12:30 Familienworkshop Ein Sommernachtstraum DOB 5€
14:30 Ein Sommernachtstraum Familienvorstellung DOB C2
19:00 Ein Sommernachtstraum DOB C2
April
Mi 2. 19:30 William Forsythe DOB B2
Sa 5. 19:30 Schwanensee SOB D1
So 6. 16:00 Familienworkshop Schwanensee SOB 5€
18:00 Schwanensee Familienvorstellung SOB C1
Do 10. 19:30 William Forsythe DOB B2
Sa 12. 15:00 TanzTanz Spezial DOB 85€
So 13. 11:00 TanzTanz Spezial DOB 85€
Mo 14. 19:30 2 Chapters Love SOB B1
Do 17. 19:30 2 Chapters Love SOB B1
Fr 18. 16:00 DiY-Workshop William Forsythe DOB 5€
18:00 William Forsythe Familienvorstellung DOB C2
Sa 19. 19:30 2 Chapters Love SOB C1
Di 22. 19:30 2 Chapters Love SOB B1
Fr 25. 19:30 William Forsythe DOB C2
So 27. 11:00 Premierengespräch zu Winterreise SOB Apollosaal
Kalender
Mai
So 11. 18:00 Winterreise PREMIERE SOB E1
Mi 14. 19:30 Winterreise SOB C1
Sa 17. 17:30 Familienworkshop Winterreise SOB 5€
19:30 Winterreise Familienvorstellung SOB D1
Mi 21. 19:30 Ein Sommernachtstraum DOB C2
Fr 23. 19:30 Winterreise SOB D1
So 25. 11:00 TanzTanz Spezial XXLBallettwoche DOB 45€
Di 27. 19:00 Forum Ballettwoche DOB Rangfoyer 5€
Mi 28. 19:30 Ein Sommernachtstraum Ballettwoche DOB C2
Do 29. 19:30 Winterreise Ballettwoche SOB D1
Fr 30. 19:30 2 Chapters Love Ballettwoche SOB C1
Sa 31. 19:30 Gala Ballettwoche SOB D1
Juni
So 1. 11:00 Ballettgespräch Special Edition Ballettwoche SOB Apollosaal 5€
18:00 Gala Ballettwoche SOB C1
Sa 7. 19:30 Winterreise SOB D1
Mo 9. 19:30 Winterreise SOB D1
Sa 14. 19:30 Winterreise SOB D1
So 15. 11:00 Premierengespräch zu Gods and Dogs SOB Apollosaal
Mi 25. 19:00 Staatliche Ballett- und Artistikschule Berlin zu Gast DOB A2
Sa 28. 19:30 Gods and Dogs PREMIERE SOB C1
So 29. 11:00 Staatliche Ballett- und Artistikschule Berlin zu Gast DOB A2
19:00 Gods and Dogs SOB B1
Juli
Mi 2. 19:30 Gods and Dogs SOB B1
Fr 4. 19:30 Nederlands Dans Theater zu Gast DOB B2
Sa 5. 19:30 Nederlands Dans Theater zu Gast DOB B2
So 6. 14:00 Nederlands Dans Theater zu Gast DOB B2
19:30 Nederlands Dans Theater zu Gast DOB B2
19:30 Gods and Dogs SOB B1
So 13. 17:30 DiY-Workshop Gods and Dogs SOB 5€
19:30 Gods and Dogs Familienvorstellung SOB B1
Fr 18. 19:30 Gods and Dogs SOB C1
Preisgruppen
Staatsoper Unter den Linden (SOB)
A1 12€ – 47€
B1 15€ – 65€
C1 21€ – 80€ D1 25€ – 100€
Deutsche Oper Berlin (DOB) A2 18€ – 74€
B2 24€ – 92€
C2 26€ – 108€
D2 30€ – 144€
KOB = Komische Oper im Schillertheater Berlin SBB = Staatsballett Berlin = Veranstaltungen des Education Programms Tanz ist KLASSE!
Weitere Informationen und Tickets unter staatsballett-berlin.de
Kartenservice
Unter den Linden 7 10117 Berlin
tickets@staatsballett-berlin.de
Tel +49 (0)30 20 60 92 630 Fax +49 (0)30 20 35 44 83
Tickets erhalten Sie außerdem an den Theaterkassen der Staatsoper Unter den Linden, der Deutschen Oper Berlin und der Komischen Oper Berlin sowohl im Vorverkauf als auch jeweils eine Stunde vor Vorstellungsbeginn an der Abendkasse.