IMPULSE 2/2023

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IMPULSE Das Wissenschaftsmagazin der Deutschen Sporthochschule Köln

Sport WISSENSCHAFT

| 02 | 2023 | NOVEMBER |

Krebstherapie Gesundheitskompetenz Sport & sozialer Zusammenhalt Multiple Sklerose und Fatigue Postmenopause


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VORWORT

Liebe Leserin, lieber Leser, seit ihrer Gründung im Jahr 1947 hat die Deutsche Sporthochschule Köln der Sportwissenschaft viele Impulse gegeben. Einen kleinen Einblick in aktuelle Forschungsaktivitäten liefern Ihnen die nachfolgenden Beiträge der IMPULSE-Ausgabe, für die ich mich bei den Autorinnen und Autoren herzlich bedanke. Den Aufschlag macht die Arbeitsgruppe „Sport- und Bewegungsförderung in der Kinderonkologie“ des Instituts für Kreislaufforschung und Sportmedizin. Sie geht in ihrem Beitrag der Frage nach, wie sich sensomotorisches Training bei Kindern und Jugendlichen während der medizinischen Krebstherapie auswirkt und im Klinikalltag umsetzen lässt. In dem zweiten Beitrag diskutiert Dr. Louis Moustakas die Zusammenhänge von Sport und sozialem Zusammenhalt. Der Mitarbeiter des Instituts für Europäische Sportentwicklung und Freizeitforschung geht den Fragen nach, wie sozialer Zusammenhalt in europäischen Sportprogrammen zur Förderung des sozialen Zusammenhalts definiert wird, welche Praktiken oder Aktivitäten diese Programme zur Förderung des sozialen Zusammenhalts einsetzen und wie die Programme den sozialen Zusammenhalt in ihrem breiterem Umfeld unterstützen. Ob sich multimodales agilitätsbasiertes Training für Menschen mit Multipler Sklerose und Fatigue – ein subjektives Empfinden von Energielosigkeit und Erschöpfung – eignet, hat Florian Wolf (Neurologisches Rehabilitationszentrum Godeshöhe e.V.) im Rahmen seiner Promotion untersucht. In seinen Ausführungen geht er außerdem der Frage nach, ob die Umsetzung eines solchen Trainings in einer neurologischen Rehaklinik gelingen kann.

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Im vierten Beitrag stellt die Arbeitsgruppe um Prof. Dr. Dr. Christine Graf ein Pilotprojekt vor, das die kindliche Gesundheitskompetenz fokussiert. Das Projekt BaBiKo (Ball und Birne – Bewegung, Ernährung, GesundheitsKompetenz) baut auf bereits erprobten Konzepten zur Gesundheitsförderung in Kindertagesstätten auf und wurde nun um das Thema Gesundheitskompetenz erweitert. Im fünften und letzten Beitrag geht es um die Postmenopause und wie der Stoffwechsel reagiert. Prof. Dr. Dr. Patrick Diel und Katharina Hofmann (Institut für Kreislaufforschung und Sportmedizin, Abteilung Molekulare und zelluläre Sportmedizin) zeigen auf, wie körperliche Aktivität und Training bei den vielfältigen Symptomen, die bedingt durch die Veränderung des Hormonhaushaltes mit der Menopause eintreten, helfen können. Ich wünsche Ihnen eine spannende und erkenntnisreiche Lektüre! Ihr

Univ.-Prof. Dr. Heiko Strüder Rektor

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Krebstherapie Sensomotorisches Training mit Kindern und Jugendlichen Minimalprogramme im klinischen Alltag

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Sport und sozialer Zusammenhalt Erforschung der Zusammenhänge

26 BaBiKo

Ball und Birne – Bewegung, Ernährung, GesundheitsKompetenz. Ein Pilotprojekt zur Förderung der Gesundheitskompetenz in Kindertagesstätten.

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INHALT

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Multiple Sklerose und Fatigue Eignet sich multimodales agilitätsbasiertes Training für Menschen mit MS und Fatigue? Und kann die Umsetzung eines solchen Trainings in einer neurologischen Rehaklinik gelingen?

NEWS....................................41 +++ Long-COVID: Trainingsbasierte individualisierte Behandlung +++ Lebensstil von Videospieler*innen: Sitzzeiten nehmen zu, körperliche Aktivität nimmt ab +++ Neuartige Leistungsdiagnostik im Schwimmen +++ Diabetes und Sport: Jetzt in unseren Podcast reinhören! +++ Und weitere News +++

IMPRESSUM IMPULSE Das Wissenschaftsmagazin der Deutschen Sporthochschule Köln 2/2023, 28. Jahrgang HERAUSGEBER Univ.-Prof. Dr. Heiko Strüder Rektor der Deutschen Sporthochschule Köln REDAKTION Deutsche Sporthochschule Köln, Stabsstelle Akademische Planung und Steuerung, Abt. Presse und Kommunikation, Am Sportpark Müngersdorf 6, 50933 Köln Telefon: 0221 4982-3440 Fax: 0221 4982-8400 E-Mail: presse@dshs-koeln.de Redaktionsleitung: Sabine Maas Redaktion und CvD: Lena Overbeck Layout: Sandra Bräutigam DRUCKEREI DCM Druck Center Meckenheim GmbH, www.druckcenter.de

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Postmenopause Wie reagiert der Stoffwechsel? Und wie können körperliche Aktivität und Training bei den vielfältigen Symptomen helfen?

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ISSN-Nr. 2192-3531 Cover: projectseasun - Freepik.com Eine PDF- und Online-Version finden Sie unter: www.dshs-koeln.de/impulse

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Sensomotorisches Training mit Kindern und Jugendlichen während der medizinischen Krebstherapie: Minimalprogramme im klinischen Alltag

Text Vanessa Oschwald, Julia Däggelmann, Vivien Lösse, Theresa Kömpel, Melanie Reitz, Meinolf Siepermann, Volker Maas, Wilhelm Bloch, Sarah Otten 6


Etwa 2.200 Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren erkranken in Deutschland jedes Jahr an Krebs. Die Überlebenschancen sind heutzutage vielversprechend, da 87% der betroffenen Mädchen und 86% der betroffenen Jungen geheilt werden können (5-Jahres-Überleben; RKI, 2021). Allerdings müssen die Kinder eine intensive und langwierige Therapie durchlaufen, die Wochen bis Monate dauern kann. Während dieser Zeit erhalten sie regelmäßig medizinische Behandlungen wie Chemotherapien, Strahlentherapien oder Operationen, für die sie stationär im Krankenhaus aufgenommen werden. Sie kämpfen mit leichten bis schweren Nebenwirkungen wie Haarausfall, Übelkeit und Erbrechen, Schleimhautentzündungen oder Fatigue (Yiallouros, 2021). Insgesamt ist der Allgemeinzustand der Patient*innen häufig beeinträchtigt.

D

ie Zeit im Krankenhaus ist geprägt von Untersuchungen und die Kinder sind oft an medizinische Geräte angeschlossen, welche ihre Mobilität einschränken. Daher verbringen sie viel Zeit in ihren Patient*innenzimmern und häufig liegend im Bett. Und auch während der Therapiepausen, die sie zu Hause bei ihren Familien verbringen können, sind die Kinder oft in ihren Freiheiten eingeschränkt. Aufgrund ihres geschwächten Immunsystems und der einhergehenden erhöhten Infektanfälligkeit dürfen sie in der Regel nicht den Kindergarten oder die Schule besuchen, müssen ihre sozialen Kontakte reduzieren und können nicht an Sport- oder Freizeitaktivitäten teilnehmen. Es ist nicht überraschend, dass während dieser Zeit die körperliche Leistungsfähigkeit und damit das körperliche Aktivitätsverhalten der Kinder abnehmen. Bei vielen Kindern zeigen sich Gleichgewichtsprobleme, eine reduzierte Muskelkraft und Schwierigkeiten in der Bewältigung von Alltagsaufgaben. Aus diesem Grund wird u.a. vom Netzwerk ActiveOncoKids emp-

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fohlen, bereits ab Diagnosestellung mit bewegungsfördernden Maßnahmen zu beginnen. Eine adäquate Bewegungsförderung ist z.B. für das Nebenwirkungsmanagement und insbesondere vor dem Hintergrund, dass ausreichend körperliche Aktivitäten für die allgemeine Entwicklung und die Gesundheit von Kindern von entscheidender Bedeutung sind, wichtig (Strong, Malina, Blimkie et al., 2005; Eime, Young, Harvey et al., 2013; Colella & Morano, 2011). In Deutschland werden in immer mehr Kliniken bewegungsfördernde Programme für Kinder und Jugendliche während der medizinischen Krebstherapie angeboten (Götte et al., 2022). Dabei werden die Sporteinheiten individuell auf jedes Kind abgestimmt und bei der Wahl der Inhalte die sportlichen Vorerfahrungen, Wünsche sowie der aktuelle Allgemein- und Gesundheitszustand berücksichtigt. Auch die Umfänge der Sporteinheiten können von Tag zu Tag variieren und die Trainingsintensität von leichten bis hin zu intensiv-anstrengenden Übungen reichen. 7


Abb. 1 Studiendesign

Patient*innen

Kinder und Jugendliche während onkologischer Therapie

BaselineTestung

4-wöchige SMTIntervention*

motorische Testung

Dokumentation der Daten zur Durchführbarkeit

*3x/Woche: betreut in Präsenz, betreut per WebEx, selbständig

Abschlusstestung »motorische Testung »Zufriedenheitsfragebogen »Fragebogen zum wahrgenommenen Benefit

Inaktivität entgegenwirken kann, ist das sogenannte sensomotorische Training.

Minimalprogramme ermöglichen auch Patient*innen mit stark eingeschränkter körperlicher Verfassung die Teilnahme an wichtigen sporttherapeutischen Maßnahmen. Das sensomotorische Training ist ein Minimalprogramm, das gezielt auf Gleichgewichtsstärungen und Kraftdefizite eingeht.

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WAS MEINT SENSOMOTORISCHES TRAINING?

Um auch Patient*innen mit stark eingeschränkter körperlicher Verfassung sporttherapeutisch angemessen unterstützen zu können, sind im kinderonkologischen Kontext sogenannte Minimalprogramme erforderlich (Götte et al., 2015). Diese Programme umfassen in der Regel sehr leichte Bewegungsformen, verfolgen dennoch den Anspruch, möglichst effektiv und zielgerichtet sein, um den Bedürfnissen der Patient*innen gerecht zu werden.

Die am häufigsten umgesetzte Form des sensomotorischen Trainings ist das Gleichgewichtstraining. Hierbei werden Gleichgewichtsübungen auf instabilen Untergründen unter verschiedenen Bedingungen, wie zum Beispiel im zweibeinigen Stand, im Einbeinstand oder mit offenen beziehungsweise geschlossenen Augen durchgeführt (Pohl et al., 2015). Das Ziel dieser Übungen ist es, das sensomotorische System der Trainierenden herauszufordern, um eine verbesserte Propriozeption, neuronale Plastizität und Integration sensorischer Signale zu erreichen (Huber, 2006; Streckmann et al., 2014). Studien mit gesunden Erwachsenen haben gezeigt, dass das sensomotorische Training das Sturz- und Verletzungsrisiko minimieren und die intramuskuläre Koordination sowie die Gleichgewichtskontrolle verbessern kann (Granacher, Gollhofer & Strass, 2006; Taube et al., 2007; Verhagen et al., 2004). Es wurde auch bereits erfolgreich bei erwachsenen Krebspatient*innen eingesetzt, um das Gleichgewicht (Schwenk et al., 2016; Streckmann et al., 2014; Vollmers et al., 2018) und neuropathische Symptome zu verbessern (Streckmann et al., 2014; Streckmann et al., 2019).

Ein Minimalprogramm, das spezifisch auf die körperlichen Einschränkungen wie Gleichgewichtsprobleme oder Kraftdefizite eingeht und damit körperlicher

Bisher wurden jedoch Untersuchungen zum sensomotorischen Training im kinderonkologischen Setting weitestgehend vernachlässigt. Es existiert derzeit le-


diglich eine Studie, die die Machbarkeit und erste subjektiv-wahrgenommenen Effekte u.a. auf die Gleichgewichtsfähigkeit von Kindern und Jugendlichen nach onkologischer Therapie untersucht (Otten et al., 2022). Dabei scheint das sensomotorische Training als niedrig-intensive Therapieform – wie für Minimalprogramme gefordert – sowie auf Grund des geringen Zeit- und Materialaufwandes insbesondere auch für die Zeit während der onkologischen Therapie geeignet zu sein.

SENSOMOTORISCHES TRAINING ALS MINIMALPROGRAMM IN DER KINDERONKOLOGIE

Tab. 1 Medizinische Daten der Studienteilnehmer*innen

Um Erfahrungen mit sensomotorischem Training bei Kindern und Jugendlichen während der onkologischen Therapie zu sammeln, wurde die in Abbildung 1 dargestellte Interventionsstudie der Deutschen Sporthochschule Köln im Kinderkrankenhaus Amsterdamer Straße durchgeführt (DRKS-ID: DRKS00027429).

Alter (in Jahren)

Im Rahmen dieses Artikels werden die Daten zur Durchführbarkeit der sensomotorischen Intervention sowie zur Zufriedenheit der Teilnehmer*innen mit dem Programm abgebildet. Ergebnisse zum wahrgenommenen und zum objektiv-gemessenen Benefit können bei Interesse bei den Autor*innen angefragt werden.

Geschlecht

WER HAT AN DER STUDIE TEILGENOMMEN?

Mittelwert ± Standardabweichung (Median)

9,82 ± 4,15 (8,67)

Minimum - Maximum

5,08 – 17,00

weiblich

n=5 (45 %)

männlich

n=6 (55 %)

Diagnosen

Alle Patient*innen, die zwischen 5 und 21 Jahren alt waren und regelmäßig im Kinderkrankenhaus Amsterdamer Straße Köln wegen einer onkologischen Erkrankung chemotherapeutisch behandelt wurden, konnten an der Studie teilnehmen. Für die Teilnahme war das schriftliche Einverständnis mindestens eines/ einer Erziehungsberechtigten (bei Teilnehmenden unter 18 Jahren), das schriftliche Einverständnis der Studienteilnehmerin/des Studienteilnehmers sowie die schriftliche Zustimmung des behandelnden Kinderonkologen (Dr. Meinolf Siepermann) erforderlich.

Leukämien

n=3 (27 %)

Lymphome

n=2 (18 %)

Solide Tumoren des ZNS

n=3 (27 %)

Solide Tumoren außerhalb des ZNS

n=2 (18 %)

sonstige

n=1 (9 %)

Patient*innen wurden von der Studie ausgeschlossen, wenn sie körperliche, schwere psychische Beeinträchtigungen oder besondere Belastungsumstände aufwiesen, die aus ärztlicher Sicht eine Teilnahme an der sensomotorischen Intervention oder den motorischen Testungen unmöglich machten. Auch führten mangelnde Deutschkenntnisse, die ein Verständnis der Einverständniserklärungen oder der Trainingserläuterungen nicht ermöglichten, zum Studienausschluss.

Chemotherapie

n=5 (45 %)

Chemotherapie und Operation

n=6 (55 %)

Medizinische Behandlung

Zeit seit medizinischem Behandlungsbeginn (in Wochen) Mittelwert ± Standardabweichung (Median)

20,56 ± 23,73 (9,29)

Minimum - Maximum

1,43 – 68,57

Entsprechend dieser Ein- und Ausschlusskriterien konnten im Zeitraum von März 2022 bis Februar 2023 11 Patient*innen in die Studie eingeschlossen werden (siehe Tabelle 1). Die Patient*innen waren im Durchschnitt 9,82 ± 4,15 Jahre alt und wurden auf Grund ihrer onkologischen Erkrankung (gemischte Diagnosen) vor Studienbeginn bereits seit 20,56 ± 23,73 IMPULSE 02 | 2023

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Wochen medizinisch behandelt (Behandlungen waren während der Studienteilnahme fortlaufend). Alle Patient*innen erhielten die Standardtherapie, einschließlich eines physio- und sporttherapeutischen Angebots.

WIE WURDE DAS SENSOMOTORISCHE TRAINING UMGESETZT? Das sensomotorische Training wurde allen Teilnehmenden für einen Zeitraum von vier Wochen jeweils dreimal pro Woche angeboten und wurde entweder vor Ort im Kinderkrankenhaus oder bei den Familien zu Hause umgesetzt. Eine regelmäßige Betreuung fand durch erfahrene Sporttherapeut*innen vor Ort im Kinderkrankenhaus oder per digitaler Betreuung statt. Die Teilnehmer*innen konnten zudem selbstständige Einheiten durchführen. Jede Trainingseinheit bestand aus einem kurzen, allgemeinen Aufwärmen (60 Sekunden) sowie den sensomotorischen Übungen. Die Anzahl dieser Übungen richtete sich nach der individuellen Tagesform und variierte zwischen 3 und 6. Jede dieser 3-6 Übungen wurde 5x mit je 20 Sekunden Belastungszeit wiederholt, bevor nach einer kurzen Erholungspause (60 Sekunden) mit der nächsten Übung begonnen wurde (siehe Abbildung 2). Bestimmte Kontraindikationen führten aus Sicherheitsgründen zu einer Unterbrechung des Trainings. Dazu gehörten eine Thrombozytopenie (akute Thrombozytwerte unter 10.000mm3 bzw. 20.000mm3 bei Blutungszeichen), akute Thrombosen, Übelkeit, Erbrechen oder Schwindel, Fieber (≥ 38,0°), schwere Infektionen, sowie Muskel-, Sehnen-, Band-, oder Knochenverletzungen, die vorübergehend eine Teilnahme unmöglich machten. Ebenfalls wurde das Training für bis zu 7 Tagen nach kleineren operativen Eingriffen und mindestens 2 Wochen nach größeren operativen Eingriffen unterbrochen. Um das sensomotorische Training kindgerecht und möglichst motivierend zu gestalten, wurde ein Sensomotorik-Kartenspiel (modifiziert nach PrepAir©, Universität Basel) entwickelt. Mit Hilfe des Kartenspiels konnten die TeilnehmerInnen für jede einzelne Übung eine Standposition (4 Varianten), einen Untergrund (12 Varianten) und eine Zusatzaufgabe (12 Varianten) wählen und ihre sensomotorische Übung somit entsprechend ihrer Tagesform individuell selbst zusammenstellen (siehe Abbildung 3). In allen drei Kategorien gab es 4 verschiedene Schwierigkeitsstufen, die die Kinder an den farblichen Markierungen grün, gelb, orange und rot erkennen konnten und aus welchen sich die entsprechende Trainingsintensität ergab. Ziel war es, einen möglichst hohen Reiz an der individuellen und tagesformabhängigen Leistungsschwelle zu setzen. 10

Sporttherapeutische Unterstützung während der Krebstherapie ist unerlässlich und muss so gestaltet sein, dass sie in jeder körperlichen Verfassung durchgeführt werden kann. Dr. Vanessa Oschwald

WAS ZEIGEN DIE DATEN ZUR DURCHFÜHRBARKEIT? Von möglichen 132 Trainingsterminen (12 Einheiten pro Teilnehmer*in) während des Studienzeitraums absolvierten die TeilnehmerInnen 94 Einheiten. Hierbei variierte die Anzahl der wahrgenommenen Einheiten pro Teilnehmer*in stark und reichte von 3 bis 17 Einheiten* (Durchschnitt: 8,55 ± 4,48 Einheiten). Folglich erstreckten sich die individuellen Teilnahmequoten von 25-141%. Die durchschnittliche Teilnahmequote lag bei 71%. Ungefähr die Hälfte der sensomotorischen Einheiten wurde vor Ort im Kinderkrankenhaus (51%) und die andere Hälfte zu Hause bei den Familien umgesetzt (49%, bezogen auf 76 dokumentierte Einheiten). Insgesamt fanden 57 sensomotorische Einheiten betreut mit Unterstützung einer Sporttherapeutin (davon 65% in persönlicher und 35% per digitaler Betreuung) und 37 Einheiten selbstständig statt. Es traten weder trainingsbedingte Adverse Events (unerwünschte Ereignisse) oder schwerwiegende Nebenwirkungen auf, die zu einer Verschlechterung des Gesundheitszustandes bzw. zum Studienabbruch geführt haben. *Zwei Teilnehmer*innen trainierten öfter selbstständig als das Trainingsprotokoll vorgab und kamen so insgesamt auf mehr als 12 Einheiten. In den 94 stattgefundenen Trainingseinheiten führten alle TeilnehmerInnen zusammen insgesamt 286 sensomotorische Übungen durch. Hierbei wählten die Kinder am häufigsten eine Standposition der gelben Schwierigkeitsstufe (n=84, 29%) aus. Bei den Untergründen sowie bei den Zusatzaufgaben wurden jeweils die grüne Schwierigkeitsstufe (n=138, 48% für Untergrund, n=96, 35% für Zusatzaufgabe) am häufigsten ausgewählt. Bei den Zusatzaufgaben wurde sich zudem häufig für die orangene Stufe entschieden (n=89, 32%). Eine detaillierte Übersicht über die Durchführbarkeit der sensomotorischen Übungen ist Tabelle 2 zu entnehmen.


Abb. 2 Trainingsprotokoll Übung 1

60 Sek. Aufwärmen

20 Sek. Belastung

20 Sek. Belastung

20 Sek. Pause

Übung 2

20 Sek. Belastung

20 Sek. Pause

20 Sek. Belastung

20 Sek. Pause

20 Sek. Belastung

20 Sek. Pause

20 Sek. Belastung

60 Sek. Erholungspause

20 Sek. Pause

Tab. 2 Von den Patient*innen gewählte Standpositionen, Untergründe und Zusatzaufgaben zur Zusammenstellung der sensomotorischen Übungen Schwierigkeitsstufe grün

Schwierigkeitsstufe gelb

Schwierigkeitsstufe orange

Schwierigkeitsstufe rot

Standposition [n (%)]

77 (27)

84 (29)

74 (26)

51 (17)

Untergrund [n (%)]

138 (48)

30 (10)

94 (33)

24 (9)

Zusatzaufgabe [n (%)]*

96 (34)

50 (18)

89 (32)

46 (16)

*: bezieht sich auf n=281 Übungen auf Grund von fehlenden Angaben; n: Anzahl

Abb. 3 Beispiel des Sensomotorik-Kartenspiels

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Tab. 3 Zufriedenheitsfragebogen der Patient*innen trifft nicht zu

trifft eher nicht zu

unentschieden

trifft eher zu

trifft zu

kann ich nicht sagen

Das sensomotorische Training… n=1 (9,1%)

n=1 (9,1%)

n=2 (18,2%)

n=0 (0%)

n=7 (63,6%)

n=0 (0%)

2. …war motivierend.

n=1 (9,1%)

n=2 (18,2%)

n=2 (18,2%)

n=2 (18,2%)

n=4 (36,4%)

n=0 (0%)

3. …war langweilig.

n=7 (63,6%)

n=1 (9,1%)

n=0 (0%)

n=3 (27,3%)

n=0 (0%)

n=0 (0%)

4. …war anstrengend.

n=5 (45,5%)

n=1 (9,1%)

n=3 (27,3%)

n=1 (9,1%)

n=1 (9,1%)

n=0 (0%)

5. …war unangenehm.

n=7 (63,6%)

n=2 (18,2%)

n=1 (9,1%)

n=1 (9,1%)

n=0 (0%)

n=0 (0%)

6. …hat zu lange gedauert.

n=7 (63,6%)

n=1 (9,1%)

n=0 (0%)

n=3 (27,3%)

n=0 (0%)

n=0 (0%)

1.

…hat Spaß gemacht.

Selbständiges Training Ich habe mich mit der Betreuung durch meine Eltern sicher gefühlt.

n=1 (10%)

n=1 (10%)

n=1 (10%)

n=1 (10%)

n=5 (50%)

n=1 (10%)

Es hat die Unterstützung des Trainings erleichtert, da ich das Training zeitlich flexibel umsetzen konnte.

n=0 (0%)

n=0 (0%)

n=2 (20%)

n=0 (0%)

n=5 (50%)

n=3 (30%)

Ich habe gut mitgemacht und bin den Anweisungen meiner Eltern gefolgt.

n=1 (10%)

n=0 (0%)

n=1 (10%)

n=2 (20%)

n=5 (50%)

n=1 (10%)

Ich würde es gerne fortführen.

n=1 (11,1%)

n=4 (44,4%)

n=1 (11,1%)

n=0 (0%)

n=3 (33,3%)

n=0 (0%)

Betreutes Training Es fiel mir leichter als im selbständigen Training, eine passende Übung auszusuchen (online).

n=2 (25%)

n=2 (25%)

n=1 (12,5%)

n=1 (12,5%)

n=1 (12,5%)

n=1 (12,5%)

Es fiel mir leichter als im selbständigen Training, eine passende Übung auszusuchen (im Kinderkrankenhaus).

n=2 (22,2%)

n=1 (11,1%)

n=0 (0%)

n=2 (22,2%)

n=4 (44,4%)

n=0 (0%)

In meinen Therapiepausen fand ich gut, dass die Betreuung digital stattgefunden hat.

n=2 (20%)

n=2 (20%)

n=0 (0%)

n=3 (30%)

n=3 (30%)

n=0 (0%)

Ich fand digital genau so gut wie die Betreuung im Kinderkrankenhaus.

n=3 (30%)

n=1 (10%)

n=0 (0%)

n=0 (0%)

n=4 (40%)

n=2 (20%)

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WAS ZEIGEN DIE DATEN ZUR ZUFRIEDENHEIT? Die Zufriedenheit der Studienteilnehmer*innen mit dem sensomotorischen Programm wurde mit Hilfe eines selbst entwickelten und auf das Programm abgestimmten Fragebogens untersucht, der in ähnlicher Form bereits in anderen Studien im kinderonkologischen Kontext eingesetzt wurde (Otten et al., 2022; Daeggelmann et al., 2021; Rustler et al., 2018). Der Fragebogen setzt sich aus 3 Dimensionen zusammen und erfasst neben Fragen zur allgemeinen Zufriedenheit (Items: n=6) spezifische Fragen bezogen auf das betreute (Items: n=4) bzw. das selbständige Training (Items: n=4). Jedes Item wird mit Hilfe einer 5-stufigen Likert-Skala von trifft nicht zu bis trifft zu beantwortet. Die Beantwortung des Fragebogens erfolgte entweder selbständig bzw. bei jüngeren Kindern mit Unterstützung der Eltern. Insgesamt hatten die TeilnehmerInnen Freude an der Umsetzung des sensomotorischen Trainings (Item 1, 2 und 3). Das Training selbst sowie die Rahmenbedingungen wurden als adäquat empfunden (Item 5 und 6). In der Regel nahmen die TeilnehmerInnen es wenig anstrengend wahr (Item 4). Nur vereinzelte TeilnehmerInnen gaben an, das Training als anstrengend bzw. eher unangenehm wahrzunehmen. Das selbständige Training konnten die meisten TeilnehmerInnen mit Unterstützung ihrer Eltern gut umsetzen (Item 7 und 9) und viele genossen die zeitliche Flexibilität, die ihnen das selbständige Trainieren ermöglichte (Item 8). Dennoch waren die Meinungen, ob sie das selbständige Training auch zukünftig weiterführen würden, geteilt (Item 10). In Begleitung des Trainings durch erfahrene Sporttherapeut*innen fiel es einigen Teilnehmer*innen leichter, die sensomotorischen Übungen entsprechend ihrer Tagesform passend auszuwählen. Dies bezieht sich insbesondere auf die Betreuung vor Ort im Kinderkrankenhaus (Item 12). Die digitale Betreuung wurde von den Teilnehmer*innen sehr unterschiedlich wahrgenommen (Item 11, 13 und 14). Die Gesamtauswertung des Zufriedenheitsfragebogens ist Tabelle 3 zu entnehmen.

WAS LERNEN WIR AUS DEN GEZEIGTEN STUDIENDATEN? Minimalprogramme in der Kinderonkologie sind unerlässlich, um Patient*innen auch an Tagen mit eingeschränktem körperlichen Allgemeinzustand während ihrer medizinischen Behandlung sporttherapeutisch unterstützen zu können. Basierend auf den vorliegenden Erkenntnissen stellt das sensomotorische Training in diesem Kontext eine umsetzbare Trainingsmethode dar, die von den jungen Patient*innen positiv angenommen wird. Im Verlauf der Studie traten weder bei der betreuten noch bei der selbstständigen Durchführung der Trainingseinheiten unerwünschte IMPULSE 02 | 2023

Zwischenfälle auf, was die sichere Anwendung dieser Übungen in beiden Umsetzungsformen unterstreicht. Die gezeigten Daten verdeutlichen ebenfalls, wie individuell und einzigartig jede Krebserkrankung und -behandlung und wie herausfordernd demnach die sporttherapeutische Arbeit mit den Patient*innen tagtäglich ist. Obwohl Minimalprogramme bereits durch den Einsatz sehr leichter Bewegungsformen gekennzeichnet sind und somit den schwankenden Tagesformen angepasst sein sollten, zeigen die Daten eine große Spanne bei den individuellen Teilnahmequoten und bei der Trainingsintensität, die die Kinder selbst durch die Zusammenstellung der sensomotorischen Übungen mithilfe des Kartenspiels bestimmen konnten. Auffällig ist zudem, dass häufig leichte (Farbe grün und gelb) Standpositionen, Untergründe und Zusatzaufgaben für die sensomotorischen Übungen gewählt wurden. Dies unterstreicht die Notwendigkeit von sehr leichten Bewegungsformen während der onkologischen Behandlung, um überhaupt körperlich aktiv bleiben zu können. Dies könnte auch die geringeren Teilnahmequoten bei „klassischen“ Bewegungsprogrammen in der Kinderonkologie erklären, die nur teilweise niedrig-intensive Übungsformen beinhalten. Die Befragung zur Zufriedenheit mit dem sensomotorischen Trainingsprogramm zeigt, dass nur die Hälfte der Teilnehmer*innen das Training eigenständig und über das Studienende hinaus fortsetzen würde. Hingegen wurde der Kontakt zu den Sporttherapeut*innen als äußerst positiv bewertet. Dies legt nahe, dass die Translation der Bewegungsintervention in den Alltag der Familien eine Herausforderung darstellt (obwohl notwendig!). Primär sollten sensomotorische Übungen daher während der Krankenhausaufenthalte eingesetzt werden, um geschwächten Kindern Bewegungsmöglichkeiten zu bieten und ihre funktionellen Fähigkeiten gezielt zu fördern. Zusätzlich ist eine umfassende Unterstützung und Gespräche beispielsweise durch SporttherapeutInnen sowie weitere Ideen erforderlich, um Familien in ihrem generellen Bewegungsverhalten zu schulen und sie zu einem aktiven Alltag während und nach der onkologischen Therapie zu ermutigen. Insgesamt kann das sensomotorische Training dazu beitragen, dass Kinder und Jugendliche trotz Krebstherapie mobil bleiben und ihre motorischen Fähigkeiten erhalten. Diese Faktoren sind entscheidend, um sich langfristig gut bewegen und aktiv sein zu können. Die Wirksamkeit von sensomotorischem Training in der Kinderonkologie sollte in zukünftigen Studien genauer untersucht werden. Die Autor*innen empfehlen die Umsetzung von sensomotorischen Übungen schon während der Krebstherapie von Kindern und Jugendlichen als Ergänzung zur klassischen Bewegungstherapie.

Dr. Vanessa Oschwald, geboren 1989 in Fulda, studierte an der Deutschen Sporthochschule Köln (Bachelor & Master). Seit 2015 ist sie wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Kreislaufforschung und Sportmedizin, Abteilung Molekulare und zelluläre Sportmedizin (Promotion: 2020). Dort verantwortet sie die Arbeitsgruppe „Sport- und Bewegungsförderung in der Kinderonkologie“ mit. » v.oschwald@dshs-koeln.de

Literatur bei den Autor*innen 13


In den letzten zwei Jahrzehnten hat sich der Sport zunehmend von der Konzentration auf Bewegungsfertigkeiten, Gesundheitsförderung oder sportliche Leistung entfernt. Aufgrund seiner Popularität, seiner relativ geringen Kosten und seines interaktiven Charakters wird der Sport heute zur Unterstützung sozialer Ziele wie Beschäftigungsfähigkeit, Bildung oder Friedensförderung herangezogen. Von der Politik der Europäischen Union bis zur Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung wird heute der potenzielle soziale Beitrag des Sports ausdrücklich anerkannt.

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Sport & sozialer Zusammenhalt: Erforschung der Zusammenhänge

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Abb. 1 Die Top-5 der meist genannten Aktivitäten von Sport für Sozialen Zusammenhalt-Programmen in Europa (n=84) (für die gesamten Ergebnisse, siehe Moustakas, Sanders, Schlenker, & Robrade, 2021).

Regelmäßige Sportaktivitäten anbieten (z.B. Übungen, Spiele, Trainings, Ligen) Veranstaltungen spezieller Sportturniere oder Festivals

Freiwilligenarbeit in der Gemeinde Angebote von Workshops oder Aktivitäten im Zusammehang mit Lebenskompetenzen (z.B. Kommunikation, Sprache ...) Bereitstellung von Material & Ausrüstung, damit die Teilnehmer Sport treiben können (z.B. Schuhe, Trikots, Bälle, Polster ...) 0

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Text Louis Moustakas

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ie zunehmende Anerkennung des Potenzials des Sports hat zur Entstehung des im englischen als „Sport for Development“ (SFD) bezeichneten Sektors geführt, der sich dem gezielten Einsatz von Sport und körperlicher Betätigung zur Erreichung sozialer Entwicklungsziele widmet. Innerhalb dieser Bewegung gibt es inzwischen Tausende von Organisationen und Programmen, die SFD-Ansätze zur Förderung der sozialen Entwicklung verfolgen. Von diesen Zielen ist der soziale Zusammenhalt wohl das am weitesten verbreitete. Als mehrdimensionales Konzept, das für den sozialen Fortschritt unerlässlich ist, wird der soziale Zusammenhalt als „der Klebstoff, der Gesellschaften zusammenhält“ (Langer, Stewart, Smedts, & Demarest, 2017) gepriesen und spiegelt Ideen von starken sozialen Beziehungen, Toleranz, Vertrauen und gegenseitiger Unterstützung wider. Jüngsten Übersichten im Bereich der SFD zufolge ist der soziale Zusammenhalt der thematische Schwerpunkt von etwa 25% der Literatur und 10% aller Durchführungsorganisationen (Schulenkorf, Sherry, & Rowe, 2016; Svensson & Woods, 2017), obwohl diese Zahlen möglicherweise noch höher sind.

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Trotz dieser zunehmenden Aktivitäten klafft eine große Lücke zwischen dem theoretischen Verständnis von sozialem Zusammenhalt und den tatsächlichen Gegebenheiten im Sport. Diese Diskrepanz manifestiert sich auf drei Arten. Erstens spiegeln diese Definitionen des sozialen Zusammenhalts trotz ihrer Vielzahl nicht unbedingt die Bedürfnisse, Erwartungen oder das Verständnis von Anwender*innen und Teilnehmer*innen in unterschiedlichen Kontexten wider (Raw, Sherry, & Rowe, 2021; Sabbe, Bradt, Spaaij, & Roose, 2020). Zweitens gibt es nur begrenzte Kenntnisse über die Organisationen, die die Programme durchführen, und die Aktivitäten innerhalb dieser Programme. Zuletzt ist nicht klar, ob oder wie die mit diesen Programmen verbundenen Ergebnisse nachhaltig auf das weitere Umfeld außerhalb des Programms übertragen werden. Kurz gesagt, wir haben weder ein klares Bild davon, wie sozialer Zusammenhalt verstanden wird, noch von den angestrebten Ergebnissen, noch von den Praktiken und Mechanismen, die diese Ziele unterstützen. Dieser Mangel an Klarheit und Einblick bedeutet wiederum, dass die Programme möglicherweise nicht in der Lage sind, wirksam auf die tatsäch-

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lichen Bedürfnisse innerhalb ihres Umfelds zu reagieren oder wirklich nachhaltige Ergebnisse zu fördern. Auf diesen Lücken aufbauend habe ich ein dreijähriges Promotionsforschungsprojekt konzipiert und geleitet. Dieses Projekt, das sich hauptsächlich auf den europäischen Kontext konzentrierte, sollte drei miteinander verknüpfte Fragen beantworten: (1) Wie wird sozialer Zusammenhalt in europäischen Sportprogrammen zur Förderung des sozialen Zusammenhalts definiert; (2) welche Praktiken oder Aktivitäten setzen diese Programme zur Förderung des sozialen Zusammenhalts ein; und (3) wie unterstützen die Programme den sozialen Zusammenhalt in ihrem breiterem Umfeld? Das Forschungsprojekt Zur Beantwortung dieser Fragen wurden verschiedene Methoden benutzt und miteinander kombiniert, um Daten zu triangulieren und ganzheitliche Antworten zu geben, die auf Europa als Ganzes transferiert werden können. Eine Scoping Review und eine bibliomantische Analyse lieferten einen ersten Einblick zum Status Quo in der Literatur zu Sport und sozialem Zusammenhalt. Darauf aufbauend wurde eine umfangreiche qualitative Datenerhebung und -analyse aus einer Vielzahl von Quellen durchgeführt. Europäische politische Dokumente und Beschreibungen von Erasmus+-geförderten Projekten wurden analysiert, um zu ermitteln, wie der soziale Zusammenhalt im europäischen Sportsektor verstanden und gefördert wird. Eine Umfrage mit fast 100 Organisationen, die Sport für den sozialen Zusammenhalt betreiben, wurde durchgeführt, um aus erster Hand Feedback zu ihren Zielen und Aktivitäten im Bereich sozialer Zusammenhalt zu erhalten. Schließlich wurde in drei europäischen NGOs eine vertiefende Feldforschung durchgeführt, um die Ergebnisse, Werte und Annahmen hinter ihren Aktivitäten zu verstehen. Was wissen wir nun nach all dem über den Sport zur Förderung des sozialen Zusammenhalts in Europa?

IMPULSE 02 | 2023

Sport überbrückt gesellschaftliche Gräben, führt Menschen zusammen und macht Gesellschaften stabiler. Auch die Vereinten Nationen (UN) haben „Sport als Mittel zur Förderung von Bildung, Gesundheit, Entwicklung und Frieden“ anerkannt und ihn in der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung berücksichtigt. Sport leistet deshalb in der Entwicklungszusammenarbeit (EZ) einen wichtigen Beitrag. Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH

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Verständnisse, Annahmen und Aktivitäten In der akademischen und politischen Literatur ist sozialer Zusammenhalt ein heftig umstrittener Begriff. Verschiedene Definitionen von sozialem Zusammenhalt umfassen Elemente wie Sozialkapital, Mobilität und Gleichheit bis hin zu Wohlbefinden, Vertrauen und Bürgerbeteiligung (Moustakas, 2023). Für die hier untersuchten Programme gibt es jedoch ein ziemlich starkes und einheitliches Verständnis des Begriffs. Obwohl die Anwender*innen und Teilnehmer*innen mit dem Konzept unterschiedlich vertraut sind, sind die Antworten der einzelnen Personen und Kontexte auffallend ähnlich. In den untersuchten Kontexten kreisen die Definitionen oder das Verständnis von sozialem Zusammenhalt um Vorstellungen von starken sozialen Beziehungen, einem Gefühl der Zugehörigkeit innerhalb der Gemeinschaft, einer Sorge um das Gemeinwohl und Werten der gegenseitigen Toleranz. Kurz gesagt, sozialer Zusammenhalt wird allgemein als starke soziale Beziehungen auf der Grundlage von Toleranz und Vertrauen verstanden, die dazu beitragen, ein Gefühl der Identität und Netzwerke gegenseitiger Unterstützung zu schaffen. Hinter den Vorstellungen über die Definition von sozialem Zusammenhalt verbergen sich auch die Annahmen der Forschungsteilnehmer*innen über die Ursachen für (fehlenden) sozialen Zusammenhalt. Insbesondere wird der soziale Zusammenhalt - oder sein Fehlen - in erster Linie als Ergebnis individueller Eigenschaften, Einstellungen oder Verhaltensweisen angesehen. Mit anderen Worten: Der soziale Zusammenhalt wird als Ergebnis individuellen Handelns betrachtet und nicht als Ergebnis systemischer oder politischer Faktoren. Diese Konzentration auf die individuellen Ursachen des sozialen Zusammenhalts zeigt sich beispielsweise in den pädagogischen Materialien vieler Organisationen, die sich auf die Entwicklung individueller Eigenschaften wie „interkulturelle Kompetenz“ (Deutschland) oder „Lebenskompetenz“ (Irland) konzentrieren. Die Befragten betonen auch, dass Faktoren, die den sozialen Zusammenhalt einschränken, wie Diskriminierung oder Rassismus, eine Frage der individuellen Einstellung und Erziehung sind. Ein deutscher Praktiker brachte es auf den Punkt: „Wenn ich einen anderen nicht mag, dann liegt das an mir“. Ausgehend von dieser individuellen Sichtweise auf die Definitionen und Ursachen des sozialen Zusammenhalts setzen die Programme hauptsächlich auf den Einzelnen ausgerichtete Aktivitäten ein, um den sozialen Zusammenhalt in ihren Gemeinschaften zu fördern. Das bedeutet, dass die Programme im Bereich des Sports für sozialen Zusammenhalt nach eigenen Angaben Praktiken anwenden, die den sozialen Zusammenhalt auf individueller oder zwischenmenschlicher Ebene fördern. In Übereinstimmung mit vielen pädagogischen Materialien zu diesem Bereich nutzen die Programme Workshops und erlebnisorientierte Sportaktivitäten, um Werte und Lebenskompetenzen zu entwickeln, die als wesentlich für den sozialen Zusammenhalt angesehen werden. Dies bedeutet insbesondere, dass die Programme darauf abzielen, bei ihren Teilnehmer*innen eine Reihe sozialer Fähigkeiten zu entwickeln, darunter 18

„Die Programme gehen davon aus, dass sich die positiven Erfahrungen der einzelnen Programmteilnehmer*innen auf eine breitere Gesellschaft übertragen. Forscher*innen fordern bereits seit vielen Jahren einen ganzheitlicheren, strukturellen Ansatz.“ Louis Moustakas


Fotos: Tim Kramer; Freepik; Privat

Teamwork, Toleranz, Empathie, Kommunikation und Konfliktlösung. Über die individuellen Fähigkeiten hinaus arbeiten die Programme auch an der Entwicklung von Beziehungen auf zwischenmenschlicher Ebene, indem sie regelmäßige sportliche Aktivitäten anbieten, verschiedene Gruppen in gruppenübergreifenden Kontaktsituationen zusammenbringen oder Möglichkeiten für ehrenamtliche Tätigkeiten in der Gemeinschaft bieten. Das „Soziale“ im sozialen Zusammenhalt fehlt Eine entscheidende Frage, die sich aus diesen Aktivitäten ergibt, ist nicht nur, ob sie zu wünschenswerten Ergebnissen führen, sondern auch, ob diese Ergebnisse auf das breitere Umfeld übertragbar sind. Schließlich ist der Begriff des sozialen Zusammenhalts mit der Vorstellung eines größeren Umfelds verbunden als ausschließlich innerhalb eines Programms oder einer Organisation. Daher könnte man davon ausgehen, dass die Frage, wie die Programmergebnisse in die Gemeinschaft übertragen werden und sich dort manifestieren, ein zentrales Anliegen von Sportprogrammen zur Förderung des sozialen Zusammenhalts ist. Tatsächlich werden in vielen Programmen relativ explizit Ziele dazu genannt, sei es, „zu mehr sozialem Zusammenhalt beizutragen“ (Niederlande) oder „Diskriminierung in ganz Irland zu bekämpfen“ (Irland). In der Realität neigen die Programme jedoch dazu, den sozialen Zusammenhalt als ein sehr individuelles Merkmal zu verstehen und bieten daher in erster Linie Aktivitäten auf individueller Ebene zur Förderung des sozialen Zusammenhalts an. Die Entwicklung oder Übertragung des sozialen Zusammenhalts auf die Gesellschaft wird dabei oft den einzelnen Teilnehmer*innen überlassen und ist nicht Teil der Programmaktivitäten. Trotzdem besteht die Erwartung oder Hoffnung, dass die Teilnehmer*innen die Programmergebnisse in ihr weiteres Umfeld tragen und zu einem größeren sozialen Zusammenhalt beitragen. Ebenso wenig werden im Rahmen der Programme nachhaltige Maßnahmen auf der Ebene der Interessenvertretung oder der Politik ergriffen, um die grundlegenden Bedingungen für die Teilnehmer*innen zu ändern. Im Wesentlichen verfolgen die Programme einen Ansatz des „Ripple-Effekts“, bei dem davon ausgegangen wird, dass sich der Fokus von einzelnen Begünstigten auf weitere Schichten der Gesellschaft ausbreitet (vgl. Sugden, 2010). Ein niederländischer Projektträger erklärte: „Das Ziel ist es, mit den

Jugendlichen in Kontakt zu treten, damit sie die Kraft des Sports erkennen (...) und hoffentlich ihre eigenen sportlichen Aktivitäten veranstalten.“ Wie geht es jetzt weiter? Dieser auf das Individuum fokussierte Ansatz wird in den Bereichen SFD und Entwicklung häufig kritisiert. Es besteht die große Sorge, dass durch die Konzentration auf individuelle Fähigkeiten und Verhaltensweisen Einzelpersonen – von denen viele aus bereits marginalisierten Gruppen stammen – für den sozialen Zusammenhalt in ihrem Umfeld verantwortlich gemacht werden. Dies wiederum lässt die Rolle systemischer Faktoren bei der Förderung des sozialen Zusammenhalts außer Acht und führt dazu, dass die Programme viele der soziopolitischen Faktoren, die eine Rolle spielen, ignorieren. Infolgedessen haben zahlreiche Wissenschaftler*innen und Praktiker*innen vorgeschlagen, dass die Programme stärker strukturell ausgerichtete Ansätze verfolgen, bei denen die Ausgrenzungsmechanismen, denen die Teilnehmer*innen ausgesetzt sind, aktiv bekämpft werden (Hartmann & Kwauk, 2011; Sabbe, Bradt, & Roose, 2021). Auf praktischer und organisatorischer Ebene bedeutet dies die aktive Auseinandersetzung mit Fragen der Macht, der Ungleichheit und der sozialen Systeme innerhalb der Programmaktivitäten, die Entwicklung von Beziehungen zwischen Teilnehmer*innen und Anwender*innen, die Schaffung gemeinsamer Entscheidungsprozesse und das Eintreten für Veränderungen auf institutioneller und politischer Ebene. Obwohl Forscher*innen diese ganzheitlicheren, strukturellen Ansätze seit fast 15 Jahren fordern, haben meine Forschungen gezeigt, dass sie auf europäischer Ebene, wenn überhaupt, nicht weit verbreitet sind (siehe z. B. Moustakas, 2022). Um diese Lücke zu schließen, wird das Institut für Europäische Sportentwicklung und Freizeitstudien ab 2024 das Projekt Policy Advocacy for Sport and Society (PASS) koordinieren. Dieses Projekt zielt darauf ab, eine umfassende Reihe von Instrumenten und Ressourcen zu entwickeln, um das Bewusstsein und die Kapazitäten für die politische Interessenvertretung innerhalb des SFD-Sektors zu erhöhen und so Organisationen in die Lage zu versetzen, sich für die Bedürfnisse ihrer Teilnehmer*innen und Gemeinschaften auf politischer und institutioneller Ebene einzusetzen. Literatur bei dem Autor

Dr. Louis Moustakas studierte an der Université Laval (Québec, Frankreich) International Management (B.B.A.) und an der Deutschen Sporthochschule Köln Sport Management (M.Sc.). Seit Januar 2019 ist er wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Europäische Sportentwicklung und Freizeitforschung (IESF) der Deutschen Sporthochschule Köln, wo er im Juni 2023 promovierte. Seine Forschungsschwerpunkte sind: Sport und sozialer Zusammenhalt, Sport für Entwicklung, Sport in Botswana, Rolle und Auswirkungen von Nichtregierungsorganisationen (NRO). » l.moustakas@­dshs-koeln.de

IMPULSE 02 | 2023

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Text Florian Wolf

Multimodales agilitätsbasiertes Training für Menschen mit Multipler Sklerose und Fatigue

I

n vielen Ländern ist die Multiple Sklerose (MS) die häufigste, nicht traumatische, neurologische Erkrankung von jungen Erwachsenen. Im so genannten „Atlas der MS“ wird für Deutschland festgehalten, dass hierzulande das durchschnittliche Alter bei Diagnosestellung bei 33 Jahren liegt und mehr Frauen von der Erkrankung betroffen sind (72%). Insgesamt leben in Deutschland derzeit etwa 280.000 Menschen mit einer MS-Erkrankung (atlasofms.org). Hinsichtlich der Erkrankungsentstehung gelang im vergangenen Jahr ein Durchbruch, da gezeigt werden konnte, dass eine Infektion mit dem Ebstein-Barr-Virus notwendig für die Entwicklung einer MS ist. Da sich 90% der Weltbevölkerung mit diesem Virus infiziert, aber nur die wenigsten an MS erkranken, wird die MS derzeit als seltene Spätfolge der Infektion gesehen, zu deren Ausbruch noch weitere Faktoren beitragen (z.B. Vitamin D-Mangel, Rauchen, Übergewicht im Kindes- und Jugendalter) (Bjornevik et al., 2023). Die Erkrankung an sich ist 20

dadurch gekennzeichnet, dass fehlgesteuerte Immunzellen in Gehirn und Rückenmark die Ummantelung der Nervenfasern (Myelin) angreifen und so die Fasern und schließlich auch die Nervenzellen an sich ihre Funktion verlieren. Die Fatigue, „ein subjektives Empfinden von Energielosigkeit und Erschöpfung“ (Sander et al., 2017), ist eines der häufigsten und am meisten belastenden Symptome von Personen mit MS und beeinflusst auch deren Arbeitsfähigkeit (Rommer et al., 2019). Bis heute konnte kein eindeutiger Entstehungsweg von MS-bedingter Fatigue beschrieben werden und das Konstrukt der Fatigue wurde immer wieder neu definiert (Manjaly et al., 2019). Nach dem aktuellen Verständnis müssen zunächst zwei Konzepte voneinander unterschieden werden: 1. eine vom Patienten subjektiv wahrgenommene Fatigue (=Erschöpfung), die sich auf eine eher körperliche oder eher kognitive Erschöpfung im täglichen Leben beziehen kann und 2.


Gelingt die Umsetzung in einer neurologischen Rehaklinik?

eine objektiv messbare Fatigability (=Ermüdbarkeit) während körperlicher oder kognitiver Tests (Kluger et al., 2013). Momentan bestehen kaum medikamentöse Behandlungsmöglichkeiten für MS-bedingte Fatigue (Nourbakhsh et al., 2021). Bewegungsinterventionen werden jedoch als ein vielversprechender alternativer Therapieansatz gesehen. Moss-Morris et al. (2021) zeigten in ihrer Meta-Analyse, dass es Unterschiede in der Wirksamkeit von verschiedenen Trainingsformen zu geben scheint: Das in der rehabilitativen Praxis häufig stattfindende und in Studien häufig untersuchte aerobe Ausdauertraining scheint nur einen kleinen Effekt zu haben. In Kombination mit weiteren Trainingsschwerpunkten wie Krafttraining oder koordinativen Übungen könnte der Effekt dagegen größer sein. Auch Trainingsformen, die einen koordinativ-kognitiven Reiz setzen, könnten besonders vielversprechend sein. Gründe dafür wurden von verschiedenen Autoren genannt: (1) GleichgeIMPULSE 02 | 2023

wichtstraining führt zu einer verringerten Anstrengung bei der Bewegung durch die Umgebung (MossMorris et al., 2021), (2) Koordinationstraining von Auge- Kopf-, und Ganzkörperbewegungen führt zu einer Reduzierung der kognitiven Beanspruchung, die mit bewussten Kompensationsstrategien in dynamischen Umgebungen verbunden ist (Hebert et al., 2018), (3) die Verbesserung der sensorischen Integration führt zu einer Reduktion der kognitiven Beanspruchung während der Verarbeitung motorischer Prozesse (Callesen et al., 2020). Bewegungsinterventionsstudien, die im Kontext der MS-Fatigue durchgeführt wurden, leiden allerdings oft unter methodisch-konzeptionellen Mängeln. Zum Beispiel wird Fatigue häufig ausschließlich als sekundärer Ergebnisparameter betrachtet. Daher erfolgt auch ein Einschluss von Patientinnen und Patienten, die gar nicht unter Fatigue leiden und somit durch eine Intervention keine Verbesserung erfahren können (Motl et al., 2017). Dies stellt auch den Grund 21


Abb. 1 Übersicht über den Studienverlauf

6MWT=6 Minuten Gehtest; ABC=Activities-specific Balance Confidence Scale; ADS=Allgemeine Depressions Skala; CVLT=California Verbal Learning Test; EDSS=Expanded Disability Status Scale; FGA= Functional Gait Assessment; FSMC=Fatigue Scale for Motor and Cognitive Function; GGW=Gleichgewicht; KAT=Kraft- und Ausdauertraining; MAT=Multimodales agilitätsbasiertes Training; nE=nach Entlassung; SDMT=Symbol Digit Modalities Test; SSST=Six Spot Step Test; TAP=Testbatterie zur Aufmerksamkeitsprüfung; WEIMuS=Würzburger Erschöpfungsinventar bei MS

Abb. 2 Anteil der negativen Fälle pro Einschlusskriterium in Prozentwerten

Insgesamt wurden 101 Personen mit MS hinsichtlich ihrer Eignung zur Studienteilnahme überprüft. EDSS=Expanded Disability Status Scale; MS=Multiple Sklerose.

dafür dar, warum nur ein sehr kleiner Teil der Studien bisher die Wirkung von Bewegungsinterventionen auf mögliche Entstehungsursachen von Fatigue untersucht hat (Langeskov-Christensen et al., 2017). Untersuchungen zur Wirkweise von verschiedenen Bewegungsinterventionen auf dem Boden einer multimodalen Rehabilitationsbehandlung sind so gut wie nicht vorhanden. Im Klinikalltag findet daher im Bereich der Bewegungstherapie keine symptomadaptierte Therapie der Fatigue statt. Eine deutsche Leitlinie besteht bisher nur zur Verbesserung der Mobilität. Andere Symptome - wie die Fatigue - sind hier explizit ausgeschlossen worden (Tholen et al., 2019). 22

Unser Studienprojekt versuchte daher methodisch-konzeptionelle Mängel zu beheben und Ergebnisse für ein symptomadaptiertes Vorgehen bei Fatigue und damit in Verbindung stehenden Konzepten (z.B. Fatigability) zu erbringen, indem „traditionelles“ Kraft- und Ausdauertraining (Kontrollgruppe) während einer stationären Reha mit einem Therapieprogramm verglichen wurde, das insbesondere Gleichgewicht, motorische Kontrolle und sensorische Integration ansprach (Interventionsgruppe). Hierzu wurde für die Interventionsgruppe – aufbauend auf dem Ansatz des multimodalen agilitätsbasierten Trainings (MAT) für ältere, gesunde Personen von Donath et al. (2016) – ein entspre-


chendes Konzept für Personen mit MS entwickelt (Wolf, Eschweiler et al., 2022). Hauptziel der aktuellen Projektphase war es, die Machbarkeit einer entsprechenden randomisiert-kontrollierten Studie im Setting einer neurologischen Rehabilitationsklinik anhand quantitativer sowie qualitativer Kriterien zu evaluieren. Die Untersuchung der Machbarkeit eines Studienprotokolls kann wichtige Fragen beantworten. Hierzu zählen z.B. ob genügend Probandinnen und Probanden in die Studie eingeschlossen werden können, wie lange das Durchführen der Testungen dauert oder ob die Datenerhebung lückenhaft ist (Thabane et al., 2010). Qualitative Methoden können darüber hinaus eingesetzt werden um herauszufinden, ob die geplante Intervention von den Teilnehmenden angenommen wird oder ob Probleme bestehen, die von den Forschenden nicht berücksichtigt wurden, um so den Transfer in die Praxis zu verbessern (O‘Cathain et al., 2015).

ZITATE AUS DEN INTERVIEWS

„Sehr angenehm. Eine tolle Gruppe. Man hat sich gegenseitig motiviert. Man hat sich auch gegenseitig gefreut, wenn bei einem anderen einmal etwas besser geklappt hat, und der sich gefreut hat, also das Mitfreuen. Ja, und zu merken, dass es bei allen vorangeht, also nicht nur bei einem selber. Ich kann mich da sehr gut mitfreuen und auch einmal selber aus dem Tal herauskommen.“

folgte zufällig über eine Software, welche von einem unabhängigen Mitarbeitenden an der DSHS Köln durchgeführt wurde. Teilnehmende in beiden Gruppen trainierten jeweils über die Zeit ihres Aufenthaltes in der Klinik, die etwa vier bis sechs Wochen betrug. Am Ende der Reha erfolgte eine Wiederholung aller Tests. Außerdem erhielten die Teilnehmenden Onlineversionen der beiden Fatigue-Fragebögen, eine, vier und 12 Wochen nach Entlassung aus der Reha. Für die Machbarkeitsphase war die Rekrutierung von insgesamt 24 Teilnehmenden vorgesehen.

Die zwei Trainingsprogramme Die MAT-Gruppe trainierte fünfmal in der Woche in der Sporthalle sowie dreimal in der Woche im Wasser und orientierte sich an einem vorher festgelegten und publizierten Trainingsmanual (Wolf, Nielsen et al., 2022). Dieses basierte auf den drei, im MAT-Konzept (Wolf, Eschweiler et (weiblich, 53, MAT-Gruppe) al., 2022) beschriebenen Komponenten: (1) Standgleichgewicht, (2) dynamisches Gleichgewicht in„Also das war schon klusive funktionelle Beinkraft, (3) METHODIK so, dass man manchagilitätsbasiert; jeweils mit defimal dachte: Ah, nee, nierten sensorischen ModifikatioOrt der Studie war das Neuroloheute nicht wieder. nen und kognitiven Aufgaben. Die gische Rehabilitationszentrum Aber es ist eigentlich Gruppe wurde vom Autor und zwei (NRZ) Godeshöhe in Bonn. Im NRZ paradox, denn es tut weiteren Sporttherapeutinnen aus wurden täglich die Anreiselisten dann einfach gut, dem NRZ geleitet. nach Personen mit MS durchsucht. auch so, dass man Im KAT trainierten die TeilBei passender Diagnose wurden in dann mit einem Gefühl nehmenden nicht in der Gruppe, den routinemäßigen Aufnahmehinausgeht: Ah ja, sondern individuell. Das Austerminen (Arzt/Ärztin, Neuropsyheute habe ich das dauertraining bestand aus fünf chologie) die weiteren spezifischen Einheiten pro Woche auf einem Einschlusskriterien für die Stugeschafft, und das ist Fahrradergometer mit je 22min dienteilnahme geprüft, darunter wirklich super, und ich Dauer. Die Intensität wurde anvor allem ein maximal mittlerer fühle mich gut.“ hand der Wattzahl festgelegt, die Einschränkungsgrad durch die MS (weiblich, 50, MAT-Gruppe) die Teilnehmenden während des (Expanded Disability Status Scale initialen Stufentestes als leicht ≤5.0) und eine mindestens modebis etwas anstrengend bewertet rat ausgeprägt Fatigue-Symptohatten (RPE-Skala). Die subjektive matik (Abbildung 1, linke Seite). Anstrengung sollte auch während Da ein Teil des MAT als Training im der Trainingseinheiten bei leicht Wasser stattfand, musste auch ein bis etwas anstrengend liegen, Aufenthalt im Wasser für alle Teilnehmenden möglich sein. Personen, die sich zu einer weshalb die Wattzahl von den betreuenden TheraTeilnahme entschieden hatten, absolvierten innerhalb peutinnen und Therapeuten entsprechend angepasst der ersten Tage des Klinikaufenthaltes Tests zur Gang- werden konnte. Das Krafttraining fand dreimal in der und Gleichgewichtsfähigkeit, zur körperlichen Belast- Woche mit je 30min Dauer statt. Jede Einheit startete barkeit (Stufentest Fahrradergometer) und zur kogni- mit 5min Aufwärmen gefolgt von bis zu drei Übungen tiven Leistungsfähigkeit. Sie erhielten außerdem zwei für die großen Muskelgruppen der Beine und festgelegter Progression (Einheit 1-5 3x10 Wiederholungen verschiedene Fragebögen zur Fatigue-Symptomatik. Die Zuteilung zur Gruppe Kraft- und Ausdauertrai- mit dem 15 Wiederholungsmaximum (RPM), Einheit ning (KAT, Kontrolle) oder zur Gruppe multimodales 6-Ende 3x12 Wiederholungen mit dem 12 RPM). agilitätsbasiertes Training (MAT, Intervention) erIMPULSE 02 | 2023

Machbarkeitskriterien Für die Progression zu einer randomisiert-kontrollierten Studie mit entsprechender Stichprobengröße standen folgende Ausgangsfragen bzw. Voraussetzungen für die Machbarkeitsphase im Vordergrund: Adhärenz: » Durchschnittlich min. 18 Studientherapien pro Gruppe während des Klinikaufenthaltes absolviert (entspricht sechs Einheiten pro Woche über einen dreiwöchigen Trainingszeitraum [vier Wochen Aufenthalt minus fünf Tage für Prä- und PostTestung]) Rekrutierungsrate: » Rekrutierung von vier Teilnehmenden pro Monat » Weniger als 25% der im NRZ aufgenommenen Personen mit MS müssen ausgeschlossen werden » Weniger als 10% der im NRZ aufgenommenen Personen mit MS, die die Einschlusskriterien erfüllen, lehnen die Studienteilnahme ab Retention » Zum Ender der Reha sind mehr als 90% der Teilnehmenden pro Gruppe weiter in der Studie » Eine Woche nach Ende der Reha (geplanter primärer Endpunkt) sind mehr als 80% der Teilnehmenden pro Gruppe weiter in der Studie Zeitbedarf » Mehr als 80% der Teilnehmenden können alle Testungen zu Beginn der Studie innerhalb der ersten drei Therapietage abschließen Teilnehmendenperspektive (qualitativ): » Analyse der Teilnehmendeninterviews ergibt, dass die Interventionen als relevant, verständlich und tolerabel erlebt werden

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AGILITÄTSBASIERT?

» Aufgaben, die Richtungswechsel, StartStopp-Bewegungen, Drehungen, Fußarbeit sowie teilweise das Reagieren auf einen Stimulus beinhalten » Kopplung von kognitiver und motorischer Beanspruchung RELEVANZ VON AGILITÄTSBASIERTEM TRAINING FÜR PERSONEN MIT MS?

» Es sind motorische UND kognitive Defizite vorhanden » Bei wenig bis moderat betroffenen Personen äußern sich Defizite vor allem bei komplexeren Bewegungen

ERGEBNISSE Quantitativ Von den vier Kategorien der quantitativen Machbarkeitskriterien wurde nur eine erfüllt (Adhärenz), eine weitere hatte gemischte Ergebnisse (Retention) und zwei Kategorien fielen negativ aus (Rekrutierung und Zeitbedarf) (Tabelle 1). Aufgrund von Reparaturarbeiten im Schwimmbad der Klinik musste die Rekrutierung etwas früher gestoppt werden, sodass nur 22 Teilnehmende eingeschlossen werden konnten, wofür eine Zeitspanne von einem Jahr benötigt wurde. Über das Jahr wurden insgesamt 101 Personen mit MS in die Klinik aufgenommen und hinsichtlich der Kriterien zur Studienteilnahme überprüft, wobei 74% nicht für eine Studienteilnahme in Frage kamen. Abbildung 2 gibt einen genaueren Einblick, warum die Rekrutierung von Teilnehmenden deutlich schlechter ausfiel als erwartet. Hierbei ist zu beachten, dass eine Person auch mehrere Kriterien nicht erfüllen konnte. Wenige Personen wurden aufgrund der Höhe des Alters (über 67), dem Beginn einer Fatigue-Medikation innerhalb der letzten drei Monate oder mangelnden deutschen Sprachkenntnissen ausgeschlossen. Bei etwas mehr Personen war die Fatigue Symptomatik nur gering ausgeprägt oder es lag eine primär progrediente MS-Verlaufsform vor, welche nicht in die Studie eingeschlossen werden

sollte. Jeweils mehr als ein Viertel aller gescreenter Personen hatte Komorbiditäten, welche eine Teilnahme an der Studie ausschlossen, konnte nicht an den Trainingseinheiten im Wasser teilnehmen oder hatte einen zu hohen MS-bedingten Behinderungsgrad (EDSS, z.B. eine zu stark beeinträchtigte Gehfähigkeit). In der rein deskriptiven Betrachtung der FatigueWerte aus den Fragebögen zeigten sich positive Veränderungen in beiden Gruppen zum Ende der Reha. Durch die geringe Stichprobengröße waren die Werte der weiteren Messzeitpunkte durch eine große Streuung gekennzeichnet. Die Daten zu Parametern der Gehfähigkeit zeigten, dass sich auch hier beide Gruppen zum Ende der Reha verbessert hatten, wobei sich die Verbesserungen der Gangausdauer in der MAT-Gruppe als besonders relevant darstellten. Diese Verbesserungen konnten in der MAT-Gruppe erzielt werden, obwohl in der Analyse der Trainingseinheiten (Adhärenz) auffiel, dass die KAT-Gruppe insgesamt deutlich mehr Einheiten absolvierte hatte (228 [MAT] vs. 308 [KAT]). Qualitativ Als positive Faktoren bzgl. MAT wurde von den Teilnehmenden das abwechslungsreiche und spielerische Training, das Gruppen-Setting und der herausfordernde Charakter der Übungen genannt. Jedoch

Tab. 1 Quantitative Machbarkeitskriterien mit Ergebnissen Machbarkeitskriterien

Ergebnisse

1. Adhärenz Durchschnittlich min. 18 Studientherapien pro Gruppe während des Klinikaufenthaltes absolviert

+ MAT: 22.7 (12 – 33) + KAT: 30.8 (18 – 38)

2. Rekrutierung 4 Teilnehmende pro Monat <25% Ausschluss von Personen mit MS <10% Ablehnung der Studienteilnahme

- 1.8/Monat - 74% - 12%

3. Retention Reha-Ende: >90% pro Gruppe Eine Woche nach Reha-Ende: >80% pro Gruppe

+ 91% (beide Gruppen) + 82% (MAT) - 73% (KAT)

4. Zeitbedarf 80% der Teilnehmenden können alle Testungen zu Beginn der Studie innerhalb der ersten drei Therapietage abschließen

-50%

+/-=Kriterium wurde erfüllt/nicht erfüllt; KAT=Kraft- und Ausdauertraining; MAT=Multimodales agilitätsbasiertes Training; MS=Multiple Sklerose. 24


enthielt das Gruppen-Setting auch negative Faktoren, nämlich teilweise Gefühle von Überforderung und Druck. Die Teilnehmenden der MAT-Gruppe berichteten weiterhin über positive körperlicher sowie psychische Effekte, wobei ein verbessertes Gleichgewicht am häufigsten genannt wurde. Wie erwartet gaben Teilnehmende aus beiden Gruppen an, dass sie akut nach den Trainingseinheiten Erschöpfung wahrgenommen hatten und sich teilweise auch nicht bis zu ihrem nächsten (studienunabhängigen) Termin erholt hatten. Allerdings berichtete kein Teilnehmender von einer generellen Zunahme der Fatigue-Symptomatik, sondern es wurde eher eine verbesserte Fatigue-Symp­ tomatik zum Interviewzeitpunkt (vor Entlassung) erwähnt. Dies wurde jedoch weniger mit den Therapien als mit einer „Pause vom Alltag“ während der Reha verbunden.

Fotos: Privat

DISKUSSION UND FAZIT Ein Vorteil des Settings der stationären Rehabilitationsklinik ist die hohe Frequenz an Trainingseinheiten, die pro Woche durchgeführt werden können, sowie die geringe Wahrscheinlichkeit von Drop-Outs während der Reha, da die Teilnehmenden immer „vor Ort“ sind. Allerdings birgt das Setting einer multidisziplinären Reha auch die Gefahr, dass studienunabhängige Prozesse und Termine das Studiengeschehen negativ beeinflussen können. Somit stellt in der Praxis gerade die Koordinierung der verschiedenen Termine und die Gewährleistung der regelmäßigen Teilnahme an „Studienterminen“ einen wichtigen Punkt dar. Zwar war die Adhärenz in der vorliegenden Studie nicht ganz so hoch wie in einer vergleichbaren Studie (Zimmer et al., 2018), aber es konnte doch gezeigt werden, dass eine hohe Frequenz an Einheiten auch mit diesen von Fatigue betroffenen Teilnehmenden durchgeführt werden konnte. Durch die Machbarkeitsphase wurde jedoch auch klar, dass Veränderungen am Studiendesign notwendig sind. Um die Rekrutierung zu verbessern, könnte auf MAT im Wasser verzichtet werden, sodass dies als Einschlusskriterium wegfallen würde. Außerdem könnte die primär progrediente MS-Form mit aufgenommen werden. Allerdings würden diese Veränderungen die Ausschlussrate unter den gegebenen Umständen nur von 74 auf 65% reduzieren. Bei einer zukünftig angestrebten Probandenzahl von 66 Personen in einer größer angelegten Studie wäre auch mit diesen Veränderungen mit einer Rekrutierungsdauer von über zweieinhalb Jahren zu rechnen. Es ist jedoch auch zu bedenken, dass sich aus unterschiedlichen Gründen Belegungssituationen von Reha­ kliniken ändern können, sodass bspw. verschiedene Kostenträger unterschiedlich stark in der Belegung IMPULSE 02 | 2023

der Klinik vertreten sind (Rentenversicherung/Krankenkassen) und in der Konsequenz auch Personen mit unterschiedlichen Einschränkungen oder unterschiedlichen Alters aufgenommen werden, die dann mehr oder weniger für eine Studienteilnahme in Frage kommen. Nicht zuletzt die Coronapandemie könnte auch hier eine Rolle gespielt haben. Die Eindrücke der Personen, die an der MAT-Intervention teilnahmen, sprechen dafür, dass Gefühlen von Überforderung und Druck durch die durchführenden Therapeutinnen und Therapeuten vorgebeugt werden muss, indem die gewählten Trainingsinhalte den derzeitigen Gruppencharakteristika angepasst werden. Wie in vorhergehenden Studien wurde das Gruppen-Setting jedoch auch als stimulierend und motivierend wahrgenommen (Aubrey & Demain, 2012). Dass die interviewten Personen mit MS eine Verminderung ihrer Fatigue in mehreren Aussagen auf eine „Pause vom Alltag“ bezogen, hat wichtige Implikationen. So müssten Interventionsstudien diesen allgemeinen Reha-Effekt eigentlich von den Effekten der Intervention trennen. Außerdem bestätigt es die Ergebnisse einer größeren Interviewstudie, die zeigte, dass sich Personen mit MS in Deutschland u.a. für eine Reha entscheiden, um dem Alltag zu entfliehen und Zeit zur Erholung zu finden (Ghaidar et al., 2022). Zusammenfassend zeigte die Machbarkeitsphase, dass das geplante Studiendesign hinsichtlich der quantitativen Machbarkeitsparameter so nicht in der gewählten neurologischen Rehaklinik umsetzbar ist, obwohl das neue MAT-Konzept aus Patientensicht mehrere positive Aspekte beinhaltete. Auf die zusammengetragenen Ergebnisse kann nun ein angepasstes Studiendesign zurückgreifen. Literatur bei dem Autor Das vorgestellte Studienprojekt wurde durch die hochschulinterne Forschungsförderung der Deutschen Sporthochschule Köln gefördert, Grant Agreement Nummer L-11-10011-238-102000.

Florian Wolf absolvierte ein Bachelor- und Masterstudium an der Deutschen Sporthochschule Köln. Der Einstieg in die wissenschaftliche Tätigkeit erfolgte im Bereich der Krebsassoziierten kognitiven Defizite. Seit 2017 ist er Sporttherapeut und seit 2020 auch Wissenschaftlicher Mitarbeiter im Neurologischen Rehazentrum Godeshöhe in Bonn. Seine Forschungsschwerpunkte liegen hier in den Bereichen Multiple Sklerose und Fatigue. Der vorliegende Beitrag ist Teil seines Promotionsprojektes, das durch die hochschulinterne Forschungsförderung der Deutschen Sporthochschule unterstützt wurde. » Florian.Wolf@go.johanniterkliniken.de

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BaBiKo

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Text Lena Duske, Annalena Philipp, Nina Ferrari, Christine Joisten

Ball und Birne – Bewegung, Ernährung, GesundheitsKompetenz

Welche Herausforderungen das Finden, das Verstehen oder die Umsetzung von gesundheitsrelevanten Informationen darstellen kann, wurde besonders in der COVID-19-Pandemie an vielen Stellen deutlich. Nicht wenigen fiel es schwer, vermeintlich wissenschaftliche Berichterstattung hinsichtlich ihrer Vertrauenswürdigkeit zu beurteilen oder das eigene individuelle Gesundheitsverhalten entsprechend der Hygienemaßnahmen und Co. anzupassen. Der kompetente Umgang mit Gesundheitsinformationen mit all seinen Facetten wird unter Gesundheitskompetenz (GK, engl. Health Literacy) zusammengefasst und auf Basis des Europäischen Health-Literacy-Forschungsverbund (HLS-EU Consortium) definiert als „das Wissen, die Motivation und die Kompetenzen von Menschen, die erforderlich sind, um relevante Gesundheitsinformationen in unterschiedlicher Form zu finden, zu verstehen, zu beurteilen und anzuwenden, um im Alltag in den Domänen der Krankheitsbewältigung (Gesundheitsversorgung), der Krankheitsprävention und der Gesundheitsförderung Urteile fällen und Entscheidungen treffen zu können, die ihre Lebensqualität während des gesamten Lebensverlaufs erhalten oder verbessern“ (Sørensen et al., 2012).

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Abb. 1 Drei-Stufen-Modell der Gesundheitskompetenz (GK) mod. nach Nutbeam (2000)

kritische GK Differenzierter und prüfender Umgang mit Information bezüglich Gesundheit, um fundierte Entscheidungen für sich (und andere) treffen zu können

interaktive GK Kognitive und soziale Fertigkeiten, erforderlich für eine aktive Auseinandersetzung mit gesundheitsrelevanten Informationen und deren Umsetzung

funktionale GK Grundkompetenzen wie Lesen und Schreiben, erforderlich für das Verstehen und die Nutzung gesundheitsspezifischer Informationen und Angebote

Abb. 2 Zeitlicher Ablauf der Arbeitspakete (AP) im Projekt BaBiKo

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AP1:

AP2:

AP3:

AP4:

AP5:

Literaturrecherche (15.08.22 – 30.09.22)

Fokusgruppeninterviews mit den Erzieher*innen in der jeweiligen Kita (15.08.22 – 30.11.22)

Entwicklung des Moduls und der Materialien zur Qualifizierung der Erzieher*innen (01.12.2022 31.01.2023)

Qualifizierung der Erzieher*innen und Transfer in die Praxis (01.02.2023 30.06.2023)

Elternbefragung und Entwicklung eines finalen Handlungskonzeptes (01.06.202314.08.2023; Daten der Elternbefragung nicht gezeigt)


A

us dem Modell (siehe Abb. 1) wird deutlich, dass Lese- und Schreibfähigkeiten vorausgesetzt werden (Bröder, 2020). Daher sind Personen, die nicht über solche Fähigkeiten verfügen, wie auch Kinder vor dem Schulalter, per definitionem ausgeschlossen. Dementsprechend fokussierten wissenschaftliche Untersuchungen hauptsächlich auf das Erwachsenenalter und/oder die Ausprägung individueller kognitiver bzw. funktioneller Fähigkeiten im Rahmen schulischer Gesundheitsförderung (Bröder et al., 2017; Okan et al., 2015). Kinderrecht auf Gesundheit Dabei wird in § 24, Art. 24 der UN-Kinderrechtskonvention allen Kindern das Recht auf Gesundheit und eine aktive Teilhabe an gesundheitsförderlichen Maßnahmen zugesprochen. Die Grundlage für ein gesundes Aufwachsen und eine gesunde Entwicklung wird vor allem in den ersten Lebensjahren gelegt (Robert Koch Institut [RKI] & Destatis, 2016). Biologische, kognitive, psychologische, emotionale und soziale Entwicklungsprozesse prägen schon in dieser frühen Lebensphase gesundheitsrelevante Verhaltensweisen und Einstellungen (Ohlbrecht & Winkler, 2018) und legen damit auch die Basis für die Gesundheitskompetenz. Naturgemäß kommt in diesem Zusammenhang den Eltern eine besondere Rolle zu. So hängt eine geringe elterliche Gesundheitskompetenz mit einem schlechten Gesundheitswissen und Gesundheitszustand der Kinder zusammen (de Buhr et al., 2020; Berkman et al., 2011; De Walt und Hink, 2009; Sanders et al., 2009). Eigene Ergebnisse aus einer vorangegangenen Studie (Teilprojekt SKILLS, BMBF-Projekt) konnten zusätzlich belegen, dass insbesondere Eltern aus sozial benachteiligten Gebieten in Köln eine geringere Gesundheitskompetenz im Sinne der Nutzung und Wahrnehmung von Gesundheitsangeboten haben als Eltern aus sozial privilegierten Stadtgebieten. Dies spiegelte sich auch in einer erhöhten Prävalenz von Übergewicht und geringeren motorischen Leistungsfähigkeit wider. In der COVID-19-Pandemie wurden diese Unterschiede noch deutlicher (Wessely et al., 2022). Dementsprechend kommt auch Betreuungspersonen, z.B. in der Tagespflege und Kindertagesstätten (Kitas) eine wichtige Rolle zu. Als Sozialisationsinstanzen können sie die frühkindliche Bildung, Betreuung und Erziehung beeinflussen (Rattay et al., 2012). Die durch sie verkörperten sozialen Lebenswelten sind ausschlaggebend für die Lebensbedingungen sowie Teilhabe- und Gesundheitschancen der Kinder (Lampert & Richter, 2009). Im Nationalen Aktionsplan Gesundheitskompetenz (NAP) wird daher empfohlen, „[d]as Erziehungs- und Bildungssystem in die Lage [zu] versetzen, die Förderung von Gesundheitskompetenz so früh wie möglich im Lebenslauf zu beginnen“ (Schaeffer et al., 2018).

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Gesundheitskompetenz von Kleinkindern Nur wenige Ansätze untersuchen bislang, wie Gesundheitsförderung bzw. eine Steigerung der Gesundheitskompetenz kindzentriert in Kindertagesstätten bzw. vergleichbaren Institutionen umgesetzt werden kann. Kinder als aktive Vertreter*innen ihrer eigenen Gesundheit im Sinne des EmpowermentsAnsatzes zu sehen und sie dementsprechend frühzeitig mit zielgruppenspezifischen Interventionen zu addressieren, wurde von Derwig et al. (2019) umgesetzt. Sie entwickelten beispielsweise einen strukturierten Dialog, den sog. „Child-Centred Health Dialogue (CCHD)“ für Betreuungspersonen, der sich an 4-Jährige in Kindergärten richtete. Diese Herangehensweise wurde sehr positiv wahrgenommen und betont, dass sich der Dialog auf die eigenen Stärken und Fähigkeiten konzentrierte und unterstützende Bedingungen für die aktive Teilnahme der Familienmitglieder an den Besuchen schuf. Dadurch wurde die Eigenverantwortung gefördert und die Gesundheitskompetenz gestärkt, auch wenn sich keine signifikanten Auswirkungen auf die Prävalenz von Übergewicht oder Adipositas zeigten. Außerdem erwiesen sich eine interaktive Herangehensweise und ein Multikomponenten-Ansatz, z.B. Ernährung und Bewegung, als besonders effektiv. Das vorliegende Projekt BaBiKo (Ball und Birne – Bewegung, Ernährung, GesundheitsKompetenz) baut auf diesen und eigenen Förderprojekten auf. So wurden in dem Konzept Ball und Birne Bewegungsund Ernährungseinheiten für den Einsatz in der Kita entwickelt (Graf & Dordel, 2011). Dieses Konzept soll nun um das Thema Gesundheitskompetenz ergänzt werden. Ziel des gesamten Projektes war es daher, additiv zu den bisherigen Themenschwerpunkten ein Qualifizierungsmodul bzw. Handlungskonzept zu entwickeln, das neben der allgemeinen Gesundheitsförderung in Kindertagesstätten insbesondere die kindliche Gesundheitskompetenz fokussiert.

METHODIK Im Zeitraum August 2022 bis August 2023 wurden in einem Mixed-Methods-Design fünf aufeinander aufbauende Arbeitspakete umgesetzt (siehe Abb. 2). Systematische Literaturrecherche (AP 1) Als Grundlage für das Projekt wurden bisherige Definitionen bzw. theoretische Modelle von Gesundheitskompetenz im Kindergartenalter sowie Programme bzgl. deren Förderung in einer systematischen Literaturrecherche zusammengestellt (AP 1). Dafür erfolgte in der Online-Datenbank Pubmed eine Titel/Abstract-Suche nach den Begriffen: „Gesundheitskompetenz“, „Health Literacy“, „childhood“, „preschool“, „definition“. Berücksichtigung fanden nur Artikel, die die im Projekt avisierte Altersgruppe betrafen und in deutscher und/oder englischer Sprache vorlagen. Eine zeitliche Einschränkung erfolgte nicht. Darüber hinaus wurden dieselben Suchbegriffe in Google-Scholar sowie in Veröffentlichungen von staatlichen und nicht-staatlichen Institutionen, darunter z.B. das RKI-Gesundheitsmonitoring und Ergebnisse des HLCA-Forschungsverbundes („Health 29


Abb. 3 Relationales Modell kindlicher Gesundheitskompetenz (eigene Darstellung in Anlehnung an Parker & Ratzan, 2010)

Eltern und soziales Umfeld

Kind

» Alter und Entwicklungsstand » Gesundheitszustand » kognitive Kompetenz » Handlungskompetenz » Sozial emotionale Kompetenz und Kommunikationsfähigkeit

Gesundheitskompetenz

» Vorbilder » Routinen und Regeln » Empowerment und Partizipation » soziale Interaktion

Kita und ihre Akteur*innen

Literacy in Childhood and Adolescence“) eingegeben. Die Suche ergab insgesamt 59 Treffer, von denen nach Durchsicht der Titel und Abstracts und unter Berücksichtigung der Ausschlusskriterien drei geeignet waren. Die Ergebnisse dieser Literaturrecherche wurden in folgendem Schema zusammengefasst: 1. Was ist Gesundheit? 2. Wie wird gesundheitsrelevantes Verhalten vermittelt? 3. Verständnis der Kinder von gesundheitsrelevanten Informationen 4. Stellenwert von Gesundheit Fokusgruppenbefragung (AP 2) Auf Basis der Ergebnisse von AP 1 wurde ein Leitfaden für die Fokusgruppen entwickelt (AP 2). Die möglichen Teilnehmenden für die Fokusgruppen wurden anhand eines Schneeballverfahrens aus Kindertagesstätten in sozial schwachen Quartieren in Köln und Umland gewonnen. Zusätzlich wurden bereits bekannte Praxispartner*innen über das Projekt informiert und ebenfalls um Vermittlung an entsprechende Einrichtungen gebeten. Insgesamt wurden 16 Einrichtungen detektiert und angeschrieben. Sofern eine Einrichtung Interesse an einer Teilnahme äußerte, wurden weitere Einschlusskriterien vorausgesetzt: » Mitarbeitende der Einrichtung ungeachtet ihres Anstellungsverhältnisses, Ausbildungshintergrunds, Geschlechts, ihrer Berufserfahrung o.Ä. » Volljährigkeit und ausreichende Deutschkenntnisse » schriftliches Einverständnis zur Befragung » Vorlage einer unterzeichneten Datenschutzvereinbarung Erschwert wurde die Durchführung durch COVID19-bedingte Krankheitsausfälle, spontane Absagen 30

oder Terminänderungen, sodass sich der zeitliche Rahmen dieses Prozesses bis in das 1. Quartal 2023 erstreckte. Letztlich nahmen vier Einrichtungen teil. Gründe für eine Nichtteilnahme waren meist die Terminfindung (n=9) bzw. keine Angabe von Gründen (n=3). Die Befragungen fanden Kita-intern statt, die Dauer belief sich auf jeweils zwei Stunden. Die Sitzungen wurden im Anschluss transkribiert und inhaltsanalytisch ausgewertet. Die Teilnehmenden wiesen folgende berufliche Qualifikationen auf: Erzieher*innen, Pflegehel­ fer*innen, Logopäd*innen, Sozialpädagog*innen, Kinderpfleger*innen, eine Motopädin, ein*e Student*in in Sozialer Arbeit sowie zwei Auszubildende in Erziehungswissenschaften. Konzeption der Qualifizierung zur Förderung von Gesundheit/Gesundheitskompetenz in der Kita (AP 3), Durchführung und Transfer in die Praxis (AP 4) Die Resultate von AP 1 und AP 2 bildeten die Grundlage für die Konzeption der Qualifizierung von Betreuungspersonal/Erzieher*innen (AP 3). Dabei wurde insbesondere auf eine zielgruppengerechte Ausgestaltung sowie Vermittlung geachtet. Durch die Qualifizierung sollte die Aufmerksamkeit und das Interesse für das Thema Gesundheit/Gesundheitskompetenz in der Kita verstärkt werden. Die Veranstaltung fand als Tages-Workshop (siehe AP 4; 22.04.2023) an der Deutschen Sporthochschule Köln statt. Zur Teilnahme eingeladen wurden die Erzieher*innen der bereits rekrutierten Einrichtungen. Nach einer Reflexion über die eigene Haltung zu dem Thema folgten Einheiten zur Wissensvermittlung bezüglich: » Was bedeutet Gesundheitskompetenz? Welche Bedeutung hat sie für Kindergartenkinder? » Praxisinhalte zu Ernährung, Bewegung, Schlaf, Entspannung und Medienkonsum für Kinder in der Kita


Jedes Interview dauerte ca. 15-20 Minuten. Die Datenauswertung folgte der qualitativ orientierten, kategoriengeleiteten Textanalyse nach Mayring & Frenzl (2019). Als Analyseinstrument diente ein selbst erstelltes Kategoriensystem. Hierbei wurden deduktive Kategorienanwendung und induktive Kategorienbildung kombiniert (ebd.). Für die deduktive Kategorienanwendung wurde im Vorfeld ein Kategoriensystem mit festgeschriebenen Kodierregeln erstellt, welches nachfolgend induktiv ergänzt wurde (Mayring & Brunner, 2006; Mayring, 2016; Mayring & Frenzel, 2019). Gebildet wurden die folgenden vier Hauptkategorien: Hauptkategorie 1: Stärkung individuelle Kompetenz » Hat sich das Gesundheitsbewusstsein des pädagogischen Fachpersonals durch die WorkshopTeilnahme verbessert? Wurde das Thema Gesundheit bspw. mehr thematisiert oder hat sich die eigene Haltung zu dem Thema verändert?

» Praxisinhalte zu Ernährung, Bewegung und Entspannung für Mitarbeitende in der Kita » Strategien zur (besseren) Kommunikation und Zusammenarbeit mit Eltern » Vernetzung und Zusammenarbeit mit externen Projektpartner*innen zur Förderung der Themenfelder bzw. Gesundheitskompetenz In einer letzten Moduleinheit entwickelten die Teilnehmenden eigene Projektideen für ihre Kita, mit denen sie versuchen sollten, die vermittelten Inhalte in ihrer praktischen Tätigkeit eigenverantwortlich umzusetzen. Es wurde darauf geachtet, dass diese Kleinprojekte realistisch, alltagsnah und ohne großen Mehraufwand durchgeführt werden können. Die Projektideen wurden daher von den Erzieher*innen mit Hilfe der SMART-Regel entwickelt, d.h. spezifisch, messbar, attraktiv, realistisch und terminiert. Zur Unterstützung dienten die Materialien der Deutschen Sporthochschule Köln. Folgende Individualprojekte wurden entwickelt: » PMR als Entspannungsritual im Sitzkreis (als Ritual im Morgenkreis) » neues Entspannungsritual zum Abschluss einer Bewegungseinheit

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» Konnte durch die Workshop-Teilnahme das subjektiv empfundene Wissen bezogen auf das Thema Gesundheit gesteigert werden? Hauptkategorie 2: Transfer der Workshop-Inhalte in die Kita » Konnte das im Workshop erarbeitete Projekt umgesetzt werden? Wenn nein, warum nicht? » Wurden die Materialien, die im Workshop genutzt wurden (z.B. Ball- und Birne-Manual), in den 4 Wochen im Kitalltag genutzt? Wenn nein, warum nicht? » Konnten sonstige Praxisinhalte aus dem Workshop in den Kitaalltag transferiert werden, z.B. erlernte Inhalte aus den Bereichen Ernährung, Bewegung und Entspannung für Kinder oder Strategien zur (besseren) Kommunikation und Zusammenarbeit mit Eltern? Hauptkategorie 3: Subjektive Bewertung des Workshops » Inwieweit wird die Teilnahme am Workshop von den Erzieher*innen als nachhaltige Maßnahme bewertet? » Wie wird die Herangehensweise an die Projekte bewertet? » Beschreibung der Erwartungen an den Workshop

» Partizipation beim Frühstück (Kinder helfen bei der Vorbereitung für das Frühstück)

» Besonders positive hervorgehobene Aspekte

» Regelwerk zum Thema „Süßigkeiten in der Brotdose“ etablieren

Hauptkategorie 4: Weiterentwicklung im Hinblick auf Förderung der GK

» Stärkung der psychosozialen Kompetenzen und Selbstfürsorge durch das Wäscheklammerspiel „meine Gefühle“ (als Ritual im Morgenkreis)

» Erachten die Erzieher*innen eine generelle Weiterentwicklung mit dem Thema Gesundheit und Gesundheitskompetenz als sinnvoll?

» Regelmäßiger Austausch mit den Kolleg*innen (Gesundheit-Talk in der Teamsitzung)

» Sind die Materialien aus dem Workshop praktikabel, alltagsnah und nutzbar?

Die Maßnahmen wurden innerhalb der nachfolgenden Wochen bis zu den Sommerferien 2023 erprobt. Anschließend wurden die Erzieher*innen zu Akzeptanz, Machbarkeit und Umsetzbarkeit befragt.

» Wünschen sich die Erzieher*innen mehr externe Hilfe bei der Umsetzung von Gesundheitsthemen?

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ERGEBNISSE Literaturrecherche und Fokusgruppen Die Recherche bestätigte das in der Einleitung beschriebene fehlende Begriffsverständnis von Gesundheitskompetenz von Kindern im Vorschulalter. Als relevante Einflussfaktoren aber auf die kindliche Gesundheitskompetenz wurden im Rahmen der Fokusgruppen folgende Punkte identifiziert, die wiederum Gegenstand der Qualifizierung und der Projektentwicklung waren: » Lebenswelt: insbesondere Kita und Familie » Verfügbarkeit von Ressourcen der Lebenswelten » Individuelle Gesundheitskompetenz von Erzieher*innen und Eltern (Vorbildfunktion) » Gesundheitserziehung (Routinen und Regeln) » Soziale Benachteiligung als Gradient von Gesundheit(-schancen) » Kita als inklusive Umgebung zum Abbau ungleicher Gesundheitschancen » Gesundheitsförderliches Potenzial einer partnerschaftlichen Zusammenarbeit von Kita und Eltern Evaluation der Qualifizierung und Durchführbarkeit der Projekte in den Kitas Der Qualifizierungsworkshop für Erzieher*innen ermöglichte neue Ansätze, Gesundheitsthemen in den Kitaalltag zu integrieren. Er war auf die Bedürfnisse der Erzieher*innen zugeschnitten und hatte so einen positiven Einfluss auf ihre Einstellung gegenüber Gesundheitsthemen. Die vermittelten Inhalte wurden positiv aufgenommen und teilweise in der Praxis umgesetzt. Alle Erzieher*innen gaben an, dass sie durch den Workshop neues Wissen erworben haben und das Thema Gesundheit seitdem einen höheren Stellenwert für sie erhalten hat. Die Erzieher*innen gewannen neue Ideen und entwickelten ein gesteigertes Bewusstsein für Gesundheit. Es gab einen

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erfolgreichen Transfer von Workshopinhalten in den Kitaalltag, einschließlich neuer Bewegungs- und Ernährungsideen. Einige Kitas änderten sogar ihren Essensanbieter und achteten nun verstärkt auf die Essensauswahl der Kinder. Außerdem berichteten sie von einer stärkeren Partizipation der Kinder bei der Essensauswahl und integrierten neue Inhalte zur Selbsteinschätzung und zu psychosozialen Kompetenzen. Der Austausch mit Kolleg*innen aus anderen Einrichtungen wurde als positiv bewertet und das Projekt regte eine bedeutende Weiterentwicklung in der Elternarbeit an. Die Erzieher*innen zeigten ebenfalls Interesse an einer langfristigen Auseinandersetzung mit dem Thema Gesundheit und planten das Projekt weiterzuentwickeln. Konkret wünschten sich die Erzieher*innen externe Unterstützung bei der Durchführung von Elternabenden; weitere Fortbildungsmöglichkeiten zu verschiedenen Themen (besonders Bewegung im Kleinkindalter) und Hilfe bei der Elternarbeit z.B. durch Kinderund Jugendärzt*innen, Gesundheits-Expert*innen. Besonders klar wurde auch der Wunsch nach einer strukturellen Veränderung. Konkret bedeutete dies für die Erzieher*innen: kleinere Gruppen und ein stärkerer Personalschlüssel.

ZUSAMMENFASSUNG UND FAZIT Im Rahmen dieses Pilotprojekts wurden erste Schritte in Richtung Förderung der Gesundheitskompetenz von Kindern im Kita-Alter unternommen. Dabei bestätigte sich insbesondere die wichtige Rolle von Erzieher*innen und Eltern sowie das entsprechende Potenzial in der Kita. Allerdings erkannten zwar die Erzieher*innen ihre Vorbildrolle und diese Möglichkeiten an, teils fehlte es jedoch an eigenen (Gesundheits-)Kompetenzen. Um das Erziehungspersonal effektiv zu professionalisieren und Gesundheitsaspekte besser in die pädagogische Praxis zu integrieren, sind grundlegende Veränderungen und optimierte Rahmenbedingungen erforderlich (Hammes-Di Bernardo et al., 2016). Gezielte Aus- und Weiterbildungen sowie die Einbindung der Gesundheitsbildung als wesentlicher Bestandteil der Erzieher*innenausbildung könnten helfen, grundlegende Kenntnisse in relevanten Bereichen wie Ernährung, Bewegung, Achtsamkeit und Stress zu vermitteln (Summerbell, 2012; Johannessen et al., 2018). Die Qualifikation der Erzieher*innen wurde bereits in verschiedenen Studien als bedeutende Ressource herausgestellt und trägt entscheidend dazu bei, dass Interventionen erfolgreich sind und Verhaltensweisen verbessert werden können (Kliche, 2011; Richter-Kornweitz & Kruse, 2020; Wapp und Schnabel, 2023). Daher ist es wichtig, diese Erkenntnisse bei der Planung von Aus- und Weiterbildungsprogrammen zu berücksichtigen, um die professionelle Entwicklung des Erziehungspersonals im Bereich der Gesundheitsförderung voranzutreiben. Limitierend ist anzumerken, dass neben der Schwierigkeit bei der Gewinnung von Einrichtungen, insbesondere in sozial schwächer gestellten Quartieren nur kleine Stichproben rekrutiert werden konnten.


Auch die Elternbefragung erwies sich als erschwert. Es konnte keine hohe Rücklaufquote erzielt werden. Aus diesem Grund wurden diese Ergebnisse nicht in diese Zusammenstellung integriert. Unter Berücksichtigung dieser Einschränkungen konnte aber sowohl aus der theoretischen Vorarbeit (systematische Literaturrecherche) sowie praktischen empirischen Untersuchungen (Fokusgruppen, Interviews, Fragebögen) ein ganzheitlicher und settingorientierter Ansatz zur Förderung der (früh-)kindlichen Gesundheitskompetenz entwickelt werden: Schritt 1: Bedarfsanalyse und Zielsetzung Basis eines jeden Konzepts ist eine umfassende Bedarfs- und Bestandsanalyse, um die spezifischen Bedürfnisse und Herausforderungen der einzelnen Kitas zu identifizieren. Zu beachten sind vor allem ihre Rahmenbedingungen (strukturell, personell, räumlich etc.). Insbesondere die Umgebung bzw. der Standort in sozial schwachen Quartieren steht im Zusammenhang mit der Ressourcenverfügbarkeit und wirkt sich auf den Bedarf und die Zielformulierung aus. Der individuelle Bedarf richtet sich an Merkmalen aller Akteur*innen innerhalb der Kita aus. Hierbei sollte sich auf folgende Themen konzentriert werden, die laut Befragung eine wichtige Rolle spielen: Ernährung, Bewegung, Entspannung, Achtsamkeit, Haltung und soziales Umfeld (Elternpartizipation). Schritt 2: Schulung der Erzieher*innen und Fachpersonal » Im Rahmen von Gesundheitsworkshops können Erzieher*innen und Fachpersonal ermutigt und befähigt werden, kleine Gesundheitsprojekte individuell für ihre Kita zu planen und auch umzusetzen. » Im Vordergrund steht dabei eine interessierte Grundhaltung gegenüber der Thematik und der Förderung von Gesundheitskompetenz für die Kinder und für sich selbst. » Schulungen und Workshops für Erzieher*innen und Fachpersonal werden gemeinsam mit der Einrichtung geplant und umgesetzt. Das Konzept hierfür wurde bereits erprobt. » Auf Basis der Schulungen und Workshops sollen individuelle Gesundheitsthemen in den Kitaalltag integriert werden. Dies kann durch thematische Einheiten, Projekte und tägliche Routinen erreicht werden.

(Erzieher*innen, Eltern und Kindern) über ihre verschiedenen sozialen und kulturellen Bedingungen, Bedürfnisse und Ansichten. Schritt 4: Aktive Elternpartizipation » Gezielte Elternbildung kann zur Aufklärung und Stärkung ihrer Haltung gegenüber der Relevanz von Gesundheitsbildung und -förderung genutzt werden. Für eine ganzheitliche Förderung der Kinder ist eine partnerschaftliche Zusammenarbeit von Eltern und Kita notwendig, die zum Ziel haben sollte, sie als Kooperationspartner*innen zu gewinnen. » In der Elternbefragung wurde ebenfalls deutlich, dass Eltern regelmäßige Informationsveranstaltungen zu Gesundheitsthemen wertvoll finden. Abgeleitet aus dieser Befragung scheint es sinnvoll, solche Veranstaltungen in der Kita zu inte­ grieren und ggf. auch Experten zu Gesundheitsthemen einzuladen. » Aus dem engen Kontakt der Kita zu den Eltern ergeben sich zudem auch Chancen durch vielschichtige Einflussmöglichkeiten, Diskrepanzen aufgrund sozialer Benachteiligungen für die Kinder zu minimieren. Schritt 5: Evaluation und Anpassung » Im Sinne der Nachhaltigkeit sollte der Fortschritt bzw. die Zielerreichung durch regelmäßige Beobachtungen und Bewertungen überprüft werden. » Entsprechend der Ergebnisse kann das Programm individuell auf die Kita ausgerichtet und inhaltlich angepasst werden. Literatur bei den Autorinnen

Danksagung Wir danken allen beteiligten Erzieher*innen und Einrichtungen für die Teilnahme an den Befragungen und der Qualifizierung bzw. deren Umsetzung. Wir danken darüber hinaus Patrizia Müller für die Unterstützung bei der Durchführung der Fokusgruppen sowie den Eltern für die Beantwortung der Fragebögen sowie Lisa Schmidt und Joscha Lipka bei der Umsetzung der Qualifizierung. Besonders danken wir der RheinEnergieStiftungen Familie für die Förderung des Projekts.

Schritt 3: Integration der Eltern bei der Förderung von Gesundheitskompetenz in der Kita » Nachhaltige Gesundheitsförderung in der Kita erfordert einen ganzheitlichen Ansatz, der auf eine kontinuierliche und langfristige Umsetzung abzielt. Sinnvoll ist hier, die Eltern direkt mit einzubeziehen, indem sie über die Themen informiert werden und entsprechendes Material für die Eltern bereitsteht. » Zudem bedarf es einer offenen und respektvollen Kommunikation zwischen allen Beteiligten IMPULSE 02 | 2023

Prof. Dr. Dr. Christine Joisten studierte Humanmedizin an der Universität zu Köln; 1995 erfolgte die medizinische Promotion, 2005 die sportwissenschaftliche Promotion, 2006 die Habilitation. Seit 1996 arbeitet sie an der Deutschen Sporthochschule Köln, angefangen im Institut für Kreislaufforschung und Sportmedizin. Seit 2008 leitet sie die Abteilung Bewegungs- und Gesundheitsförderung am Institut für Bewegungsund Neurowissenschaft. » c.joisten@dshs-koeln.de 33


Text Katharina Hofmann, Patrick Diel

Postmenopause Wie reagiert der Stoffwechsel ? 34


Die Menopause tritt bei Frauen weltweit in der Regel zwischen dem 48. und 52. Lebensjahr ein (Shifren und Gass, 2014). Die Folge sind verschiedenste physische und psychische Veränderungen (Gewichtszunahme, Muskelmasseverlust, Stimmungsschwankungen), aber auch Erkrankungen (Metabolisches Syndrom, Osteoporose) (Frank et al., 2019; Ortmann und Inwald, 2020). Diese wirken sich bei einem Großteil der Frauen negativ auf die Lebensqualität aus und belasten das Gesundheitssystem (Krause et al., 2019). Der bei einer Konsultation der Frauenärzt*innen am häufigsten verwendete ICD-10-Code lautet „Klimakterische Störungen“ (N95) (Krause et al., 2019). Dies zeigt wie viele Frauen auf der Suche nach Unterstützung im Umgang mit den Symptomen sind. Die Symptome beeinflussen auch den beruflichen Alltag der Frauen, wie Untersuchungen aus Großbritannien zeigen (Women and Equalities Committee). Somit zeigt sich die große Relevanz Frauen und deren Gesundheit, in dieser Zeit der Veränderung zu unterstützen.

IMPULSE 02 | 2023

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Abb. 1 Postmenopausale Frauen (postF) beim Training und bei den Eingangsuntersuchungen an der Deutschen Sporthochschule Köln.

D

ie vielfältigen Symptome und Veränderungen lassen sich durch den veränderten Hormonhaushalt der Frauen erklären. Der Verbrauch der letzten Eizellen hat eine reduzierte Produktion von 17β-Estradiol zur Folge. Sind schließlich alle Eizellen verbraucht wird kein 17β-Estradiol mehr in den Eierstöcken produziert. Dies wiederum bedingt die fehlende Hemmung der Hypothalamus-Hypophysen-Ovarien-Achse, was sich in einem Anstieg des Follikel stimulierenden Hormons (FSH) und des luteinisierenden Hormons (LH) zeigt (Shifren und Gass, 2014; Atwood et al., 2005). Mit dieser Veränderung des weiblichen Hormonhaushaltes gehen viele verschiedene Symptome einher, die die Frauen mal mehr mal weniger in ihrer Lebensführung beeinflussen. Die Abnahme des

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17β-Estradiols führt zu Veränderungen im Fettstoffwechsel die zur Gewichtszunahme, Zunahme des viszeralen Fetts besonders am Bauch und zu einer Steigerung der Blutfette führen. Begleitet wird dies von einem altersbedingten Muskelmasseabbau (Geraci et al., 2021). Ebenso klagen die Frauen über nächtliches Schwitzen sowie Hitzewallungen und häufig unbemerkt, steigt das Osteoporose- und kardiovaskuläre Risiko der Frauen an (Dong et al., 2018; Frank et al., 2019; Benjamin et al., 2019). Aus vielen Untersuchungen mit Männern und jungen Frauen ist bekannt, dass zur Behandlung und zur Vorbeugung von Osteoporose und kardiovaskulären Erkrankungen regelmäßige körperliche Aktivität sehr effektiv ist. Dem Verlust der Muskelmasse, dem Anstieg der

Fettmasse und der Insulinresistenz kann ebenfalls durch körperliches Training entgegengewirkt werden. Ebenso zeigen Untersuchungen, dass die menopausalen Beschwerden durch Training positiv beeinflusst werden (World Health Organization, 2020; Jiménez-García et al., 2021). Bei näherer Betrachtung dieses Lösungsansatzes fällt auf, dass die Empfehlungen allgemein gehalten sind, sich nur auf ein menopausales Symptom fokussieren oder auf Untersuchungen an Männern oder jungen Frauen beruhen (World Health Organization, 2020; Henstridge et al., 2019; Spangenburg et al., 2012). Festzustellen ist, dass Frauen trotz Training Gewicht zunehmen, sich kraftlos fühlen, Gelenkbeschwerden haben und unter erhöhten Blutfettwerten leiden. Die Trainingsempfehlungen scheinen bei


Abb. 2 Darstellung des Respiratorischen Quotienten (RQ) über 30 Minuten. Es zeigt sich bei den postF ein konstanter Anstieg über die 30 Minuten, wohingegen es bei den prämenopausalen Frauen (präF) nach 10 Minuten zum Abfall kommt.

postmenopausalen Frauen nicht zu greifen. Daraus leitet sich die übergeordnete Fragestellung ab, wie sich körperliche Aktivität auf die Stoffwechselsituation von postmenopausalen Frauen auswirkt? Dazu wurde in verschiedenen Studien der Einfluss von unterschiedlichen Trainingsinterventionen auf den Stoffwechsel der postmenopausalen Frau untersucht, zudem wurde der Einfluss einer Protein/Kohlenhydrat Supplementation unmittelbar nach dem Training über drei Monate hinweg untersucht. Im Folgenden wird der Einfluss auf die verschiedenen Stoffwechselaspekte dargestellt. Reaktion des Stoffwechsels auf 30-minütige moderate Belastung (Hofmann et al., 2022) Bei 12 prämenopausalen (präF) (25,0±3.5 Jahre) und 12 postmenopausalen Frauen (postF) (57,7±4.3 Jahre) wurde über 30 Minuten Ausdauerbelastung auf dem Fahrradergometer eine Spirometrie durchgeführt. Die Frauen wiesen einen vergleichbaren BMI (23.0±2.3 prämenopausal; 23.6±1.3 postmenopausal) auf, unterschieden sich aber im Körperfett (p=0,001), der Magermasse (p=0,001) und dem Bauchumfang (p=0,003). Auch die Serumkonzentrationen des HbA1c IMPULSE 02 | 2023

(p=0,001), Cholesterin (p=0,001) und LDL (p=0,000) unterschied sich signifikant in beiden Gruppen. In Betrachtung des Respiratorischen Quotienten (RQ) über 30 Minuten Belastung zeigt sich zu Beginn kein Unterschied, dann stieg dieser bei den präF bis zur Minute 10 an, um dann über die verbleibenden 20 Minuten zu sinken. Dem gegenüber stieg der RQ bei den postF auch nach den ersten 10 Minuten weiter an. Diese zeigt, dass die postF bei einer moderaten, zum Fettstoffwechseltraining empfohlenen Intensität, überwiegend Kohlenhydrate verstoffwechseln. Wohingegen wie zu erwarten die präF zunehmend Fette als Energielieferant nutzten. In Kombination mit der veränderten Körperzusammensetzung (erhöhter Bauchumfang und erhöhte Fettmasse) und den erhöhten Blutfettwerten zeigt sich wie in der Literatur beschrieben, das gesteigerte kardiovaskuläre Erkrankungsrisiko der postF (Dong et al., 2018; Frank et al., 2019). Den negativen Einfluss auf die Gesundheit verstärkt die reduzierte Muskelmasse der postF, im Vergleich zu den präF. Denn die fehlenden Muskeln müssen nicht mehr mit Energie versorgt werden, somit wird die freie Energie in Form von Fett ge-

speichert (Ko und Jung, 2021; Ko und Kim, 2020). Zudem scheinen die Trainingsempfehlung für moderates Ausdauertraining das Ziel bei postF zu verfehlen, es kommt zu keiner gesteigerten Lipolyse (Achten et al., 2002). Die Ursache scheint der fehlende Einfluss von 17β-Estradiol auf die Mitochondrien Membran der postF zu sein, dies zeigt sich in einem reduzierten Sauerstoffverbrauch der Muskelzelle (Abildgaard et al., 2018; Torres et al., 2018). Zudem geht die Adipozyten-Lipoprotein-Lipase Aktivität unter Belastung deutlich zurück, die Folge ist das weniger Triglyceride und freie Fettsäuren als Energielieferant zur Verfügung stehen (Isacco et al., 2012). Dies sind mögliche Erklärungen für die unterschiedliche Stoffwechselantwort bei der untersuchten Kohorte. Bei der Erteilung von pauschalen Trainingsempfehlungen sollte die hier gewonnene Erkenntnis berücksichtigt werden. Es wird klar, dass deutlich präzisere und individuelle Trainingsempfehlungen für postmenopausale Frauen nötig sind. Einfluss von Training und Protein/ Kohlenhydrat Supplementation auf die Körperzusammensetzung und die funktionelle Kraftfähigkeit (Hofmann et al. 2023) 37


Abb. 3 Box-Plots des allgemeinen Kraft-Scores (GS)

Anmerkung: berechnet aus den Kraftdaten der Studie A, gruppiert nach Supplementierung (Ctrl: Kontrollgruppe; Treat: Behandlungsgruppe). Pre: Messung vor der Trainingsintervention; Post: Messungen nach der Trainingsintervention. GS entspricht der 1. Hauptkomponente, die aus den Kraftdaten extrahiert wurde. Siehe Text für eine detaillierte Erläuterung des Scores. Die Box-Plots zeigen Minima, 1. Quartile, Mediane, zweite Quartile bzw. Maxima an. Maxima oder Minima, die über den Median ± das 1,5-fache des jeweiligen Interquartilsbereichs hinausgehen („Ausreißer“), befinden sich außerhalb der Whisker. Gestrichelte Linien entsprechen wiederholten Messungen bei denselben Probanden.

Abb. 4 Darstellung der Serum-δ44/42Ca-Werte

Anmerkung: vor (T0) und nach (T1) der 12-wöchigen Intervention. Die rote Linie stellt das Gleichgewicht des Knochenmetabolismus dar. 38


Bedingt durch die Veränderung des Hormonhaushaltes treten mit der Menopause vielfältige Symptome auf. Der vorliegende Beitrag zeigt auf, wie körperliche Aktivität und Training bei den Veränderungen helfen können.

51 postF (57.3 ± 3.0 Jahre) nahmen über drei Monate einmal pro Woche an einem Ganzkörperkrafttraining (60 Min) und zweimal pro Woche an einem Ausdauertraining (60 Min) teil. Das Ausdauertraining bestand aus einem outdoor Walkingtraining und wurde mittels der Polar Ignite Uhr und dem Polar Coach (Polar Electro GmbH, Büttelborn, Germany) überwacht. Das Krafttraining wurde mittels Cisco webex online angeleitet und bestand aus Übungen mit dem eignen Körpergewicht (z.B. Planks, Situps, Dips, Liegestütz, Ausfallschritte etc.). Das Training beruhte auf den Empfehlungen der WHO und wurde aufbauend auf den Ergebnissen von Isenmann et al. (Isenmann et al., 2019) und den Empfehlungen des ACSM (American College of Sports Medicine) (ACSM 2009) konzipiert. Ergänzt wurde das Training um eine Protein/Kohlenhydrat Supplementation innerhalb von 30 Minuten nach dem Training. Es konnte eine signifikante Steigerung der Körperkraft nachgewiesen werden. Hierzu wurden in der Analyse die verschiedenen Kraftwerte (BeinIMPULSE 02 | 2023

kraft, Brustkraft, Handgriffkraft) mittels PCA (Hauptkomponentenanalyse) zu einem „General Strength Score“ zusammengefasst und mittels eines linearen Modells dargestellt und analysiert. Es zeigte sich ein deutlicher Trainingseffekt (+0,65, p ≤ 0,001), die Supplementation zeigte hingegen zwar eine Tendenz aber keine signifikante Verbesserung. Die Körperzusammensetzung änderte sich ebenfalls, leider war die Abnahme der Fettmasse und die Zunahme der Muskelmasse nicht signifikant. Ebenfalls nahmen 31 Männer (n=6) und Frauen (n=25) (65.9 ± 4.9 Jahre) an einem 3 monatigen Schlingen Training (Gaedtke und Morat 2016, 2015) (3/w) mit anschließender Protein/Kohlenhydrat Supplementation teil. Die Daten wurden ebenfalls mittels PCA analysiert und zu einem Extremitäten- und einem Rumpfwert zusammengefasst. Hier zeigte sich eine signifikante Verbesserung der Rumpfkraft (+2.305, p ≤ 0.001). Die Protein/Kohlenhydrat Supplementation hatte einen zusätzlichen positiven und signifikanten Effekt. Ebenso konnte die Kraft der Extremitäten durch das Training gesteigert werden (+0,753, p < 0,05). Umso adipöser die Teilnehmer waren umso schwächer reagierten diese auf die Trainingsintervention (-1,513, p ≤ 0,01). Dies ist vermutlich auf die Trainingsart zurückzuführen, denn schwerere ProbandInnen müssen natürlich auch mehr Körpergewicht in den Übungen an den Schlingen halten, dies könnte dazu geführt haben das beispielsweise die Trainingssteigerung über eine Winkelvergrößerung nicht umsetzbar war. Dennoch zeigt das positive Ergebnis, dass gerade für diese ältere Zielgruppe das Schlingentraining gut geeignet ist, um die Kraft im gesamten Körper zu steigern und dieses Probandenkollektiv von einer Protein/ Kohlenhydrat Supplementation profitiert.

Einfluss von Training auf den Knochenstoffwechsel 26 postF (57.0 ± 2.7 Jahre) trainierten über drei Monate drei Mal pro Woche. Das Training bestand aus zwei Einheiten á 60 Minuten Ausdauertraining in Form von Walking und einer Einheit Ganzkörperkrafttraining mit dem eigenen Körpergewicht (60 Min). Neben der Bein-, Brust- und Handgriffkraft wurde mittels Isotopenanalyse die δ44/42Ca-Werte aus dem Blutserum bestimmt. Diese dienten dazu den Knochenstoffwechsel zu untersuchen. Durch das Training konnte der δ44/42Ca-Wert signifikant verbessert werden, dieser stieg um 0,057 ‰ (p < 0,001, LME). Anders als bei der Knochendichtemessung, gibt das Isotopenverhältnis Aufschluss über die anabolen und katabolen Prozesse im Knochen. Ziel ist es das Knochenstoffwechsel Gleichgewicht zu erreichen, um einem übermäßigen Abbau aufzuhalten. Die Messung des Serum-δ44/42Ca-Wertes reagiert früher auf Trainingsreize und ist daher sehr gut zur Effektkontrolle anzuwenden. Des Weiteren wird der gesamte Knochenstoffwechsel im Körper untersucht und nicht nur einzelnen Regionen (Oberschenkelknochen oder Lendenwirbelkörper). Ein entscheidender Aspekt ist auch, dass die Probandinnen keiner Strahlung ausgesetzt werden müssen, da die Analyse im Urin und im Blutserum möglich ist (Eisenhauer et al., 2019). Anders als andere Autoren konnte in der vorliegenden Untersuchung kein Einfluss einer Kovariable (Alter, Körperkraft, Körperzusammensetzung, gelaufenen Schritten) festgestellt werden. Es zeigt sich aber, dass auch ein nicht ausschließlich für den Knochenstoffwechsel konzipiertes Trainingsregime, was aus einem moderaten Ausdauertraining und einem onlinebasierten Ganzkörperkrafttraining besteht deutliche Effekte im Knochenstoffwechsel 39


Resümee Die Symptome der Menopause sind vielfältig und ebenso die Ausprägung. Neben den offensichtlichen Symptomen wie den Hitzewallungen, dem Verlust an Muskelmasse und der androgenen Fettanlagerung, gibt es aber auch versteckte Folgen. Zu diesen zählen die Osteoporose und ein gesteigertes kardiovaskuläres Erkrankungsrisiko (Shifren und Gass, 2014; Ortmann und Inwald, 2020; Geraci et al., 2021; Marlatt et al., 2022). Die Hormonersatztherapie (HRT) wird immer wieder empfohlen, auch wenn diese mit Risiken verbunden ist (z.B. Thromboserisiko, Brustkrebsrisiko). Zudem möchten viele Frauen auf die Verwendung von Hormonen verzichten (Langer et al. 2021). Die oben dargestellten Ergebnisse zeigen, dass regelmäßiges körperliches Training den Umgang mit den Symptomen und die Gesunderhaltung von postF positiv fördert (Martin et al., 2009; Juppi et al., 2020). Positiv hervorzuheben ist, dass durch das verwendete Trainingsregime (1x/ w Krafttraining, 2x/ w Ausdauertraining) sowohl Verbesserungen in der Körperzusammensetzung, der Muskelkraft und dem Knochenstoffwechsel nachgewiesen werden konnten. Es zeigt sich also das trotz der veränderten Stoffwechselantwort auf einen Ausdauerreiz, die postF von einem moderaten Ausdauertraining in Kombination mit einem Ganzkörperkrafttraining profitieren. Die Verbesserung des Knochenstoffwechsels durch ein moderates, nicht speziell für die Knochengesundheit konzipiertes Training ist hier hervorzuheben und sollte Gegenstand weiterer Forschung sein. Gerade im Hinblick auf den enormen Einfluss der Menopause auf die Knochendichte der Frauen und die große Dunkelziffer an Frauen die bereits deutlich an Knochendichte eingebüßt haben ohne es zu wissen, sind diese Erkenntnisse sehr wertvoll (Rahimi et al., 2020; Salari et al., 2021; Anam & Insogna, 2021). Die nur sehr geringen Effekte in der Kör40

perzusammensetzung zeigen aber auch, dass eine vierte Trainingseinheit pro Woche und eine Überwachung der Ernährung die Effekte sicherlich verstärkt hätten. In den vorliegenden Untersuchungen konnten kein positiver Einfluss auf die Blutfettwerte ermittelt werden. Daher sollten zukünftige Untersuchungen die Analyse der Blutfettwerte und des Blutdrucks beinhalten, um Rückschlüsse auf die kardiovaskulären Effekte zu ermöglichen. Ebenfalls eignet sich Schlingentraining besonders für normal bis leicht übergewichtiges postF zur Verbesserung der Extremitäten- und der Rumpfkraft. Diese Effekte lassen sich durch eine proteinhaltige Brotzeit nach dem Training verstärken.

FAZIT: Ein Ausdauer- und Krafttraining basierend auf den Empfehlung der WHO und dem ACSM kann zur Verbesserung der Kraftfähigkeit, der Körperzusammensetzung und dem Knochenstoffwechsel der postF empfohlen werden. Dennoch sollte in weiteren Studien der Effekt von 4 Trainingseinheiten pro Woche, ein längerer Interventionszeitraum und einer Ernährungsintervention überprüft werden. Zur Verbesserung der Rumpfkraft kann ebenfalls ein Schlingentraining in Kombination mit einer Protein/Kohlenhydrat Supplementation empfohlen werden. Literatur bei den Autor*innen

Katharina Hofmann erhielt 2010 ihren Bachelorabschluss (Bachelor der Physiotherapie, NL) an der Hogeschool Zuyd in Heerlen. Neben ihrer Berufstätigkeit als Physiotherapeutin absolvierte sie ihr Masterstudium (M.Sc. Sportphysiotherapie) an der Deutschen Sporthochschule Köln. Nebenberuflich begann sie 2018 mit der Promotion im Institut für Kreislaufforschung und Sportmedizin, Abt.II molekulare und zelluläre Sportmedizin. Im Rahmen des Masterstudiums und der Promotion beschäftigte sie sich mit der Wirkung von verschiedenen Trainingsinterventionen auf den Stoffwechsel der postmenopausalen Frau. » k.hofmann@dshs-koeln.de

Prof. Dr. Dr. Patrick Diel ist seit 1995 an der Deutschen Sporthochschule Köln als Dozent tätig. Nach einem Studium der Biologie und Biochemie erfolgte die Habilitation in molekularer Endokrinologie. Forschungsschwerpunkt ist die Interaktion von Ernährung, körperlicher Aktivität und Hormonsystem. » diel@dshs-koeln.de Fotos: Oliver Güth; Freepik

auslöst. Zumal die Effekte auf einen Interventionszeitraum von lediglich drei Monaten beruhen.


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Trainingsbasierte individualisierte Behandlung von Long-COVID

* Unterschied in der Definition (WHO): In Medizin und Wissenschaft wird abhängig von der Dauer der Beschwerden zwischen Long-COVID und Post-COVID unterschieden. Long-COVID umfasst längerfristige gesundheitliche Beschwerden nach der Ansteckung mit dem Coronavirus SARS-CoV-2, die über die akute Krankheitsphase von vier Wochen hinausgehen. Post-COVID bezeichnet Beschwerden, die nach einer Ansteckung auch nach zwölf Wochen noch vorhanden sind, bzw. neu oder wieder auftreten. In der TRIBAL-Studie und daher auch in diesem Text wird einheitlich von Long-COVID gesprochen.

Seit Beginn der Coronapandemie sind dem Robert-Koch-Institut mehr als 38 Millionen COVID-19-Infektionen gemeldet worden (Stand 31.8.2023). Die große Mehrheit der Infizierten ist genesen, doch ein Teil hat mit Spätfolgen zu kämpfen. Bei geschätzt zehn Prozent der Coronaerkrankten halten erhebliche Beschwerden länger als vier Wochen an und/oder treten bis zu drei Monate nach der Infektion (wieder) auf; dann spricht man von Long- und Post-COVID*. Die Abteilung Molekulare und zelluläre Sportmedizin der Deutschen Sporthochschule Köln führt derzeit eine Studie durch, die darauf abzielt, die LongCOVID-Symptome durch ein individuelles Trainingskonzept zu reduzieren.


Studienteilnehmerin auf dem Ganzkörper-Ergometer

Proband*innen-Pool der TRIBAL-Studie das Durchschnittsalter bei 46 Jahren liegt. „Wir haben unter unseren Studienteilnehmer*innen Leute, die vor der Coronaerkrankung Triathlon gemacht haben oder auch ältere Personen, die im Wanderverein aktiv waren, aber auch weniger Fitte mit Vorerkrankungen“, beschreibt Studienleiterin Grau die Interventionsgruppe. „Es fehlen bislang kontrollierte individualisierte Bewegungsansätze zur ganzheitlichen Regeneration“, hält die Wissenschaftlerin fest. „Die Studie zielt erstmal darauf ab, durch ein individuelles Trainingskonzept die Long-COVID-Symptome zu reduzieren und so die mit Long-COVID verbundenen Einschränkungen der Lebensqualität zu minimieren.“ Dazu kooperiert Graus Team im Institut für Kreislaufforschung und Sportmedizin, Abteilung Molekulare und zelluläre Sportmedizin, mit dem S.P.O.R.T. Institut von Dr. Björn Haiduk aus Overath nahe Köln, wo die Trainingseinheiten für die Long-COVID-Patient*innen stattfinden.

Long-COVID-Betroffene leiden unter einer Vielzahl von Einschränkungen; mehr als 200 Symptome listet die Weltgesundheitsorganisation (WHO) auf. Genau das macht es so schwierig, Long-COVID eindeutig zu diagnostizieren. Ein spezielles Testverfahren, zum Beispiel mit Blutparametern, gibt es nicht. Die Diagnose treffen Mediziner*innen derzeit ausschließlich anhand der Symptomatik. Zu den häufigsten Langzeitfolgen gehören Erschöpfung (Fatigue), Kurzatmigkeit bzw. Atemnot und kognitive Beeinträchtigungen (z.B. Konzentrations-, Wortfindungs-, und Gedächtnisstörungen). Aber auch Gelenk-, Muskel- und Brustschmerzen sowie Schlafstörungen gehen einher. Die WHO spricht von einer ausgeprägten physischen und kognitiven Einschränkung, die bewirkt, dass Menschen mit Long-COVID zum Teil nicht mehr in der Lage sind, ihren gewohnten Berufs- und Alltagstätigkeiten nachzugehen. Auch in der Rehabilitation konzentrieren sich Ärztinnen und Ärzte vorrangig auf die Behandlung der Symptome. Die Therapieansätze sind vielfältig: von Blutwäsche bis Sauerstofftherapie, von Physiotherapie bis Atemtherapie. Auch medikamentöse Therapiemöglichkeiten werden erforscht (z.B. BC007). Einigkeit dar42

über, was wirklich hilft, besteht nicht. Gleichzeitig leiden einige Betroffene bereits jahrelang an den Symptomen. Zum Beispiel auch Proband*innen, die an der sog. TRIBAL-Studie der Deutschen Sporthochschule Köln in Kooperation mit dem S.P.O.R.T. Institut teilnehmen. Bewegungsansätze zur ganzheitlichen Regeneration fehlen „Wir haben Proband*innen zwischen 15 und 83 Jahren in unsere Studie eingeschlossen. Mittlerweile sind es über 60 Personen, die an dem Trainingsprogramm teilnehmen und es werden wöchentlich mehr. Einige schildern uns, dass sie an ihren Long-COVID-Symptomen schon seit ihrer Infektion im Jahr 2020 leiden. Der Leidensdruck dieser Menschen ist also enorm groß. Wir haben sogar Betroffene aus anderen Bundesländern in der Studie“, berichtet PD Dr. Marijke Grau, die die Studie seitens der Sporthochschule leitet. TRIBAL steht für TRainIngsbasierte BehAndlung von Long-COVID. Die Studie spricht alle Altersgruppen und Geschlechter an, denn gesicherte Erkenntnisse dazu, wen Long-COVID eher trifft, sind Mangelware. Es zeigen sich einige Tendenzen, zum Beispiel, dass Frauen etwas häufiger betroffen sind als Männer. Auch das Alter scheint eine Rolle zu spielen, wenngleich im

Hintergrund: Funktion roter Blutkörperchen eingeschränkt Hintergrund der TRIBAL-Studie sind Erkenntnisse, die die Abteilung aus der Analyse der Erythrozyten, also der roten Blutkörperchen, die den Sauerstoff im Körper transportieren, gewonnen hat. Bei gesunden Menschen können sich die Erythrozyten sehr gut verformen, damit sie durch die kleinsten Blutgefäße passen, wo sie den Sauerstoff abgeben. „Bei Patient*innen mit COVID-19 sehen wir, dass diese Verformbarkeit stark eingeschränkt ist. Wir sehen auch, dass die Erythrozyten stärker aggregieren, vereinfacht gesagt zusammenkleben. Das Aggregieren ist ganz normal, wichtig ist aber, dass sie sich wieder voneinander lösen. Und diese Werte sind bei den COVID-19-Patient*innen auch mehrere Monate nach überstandener Erkrankung nicht normalisiert. Das kann daher auch bei Long-COVIDPatient*innen ein Problem darstellen. Daher untersuchen wir, ob sich unser Training auf die Eigenschaften der roten Blutkörperchen auswirkt“, beschreibt Grau den Forschungsansatz. Denn: Sind die Erythrozyten nicht ausreichend verformbar und neigen zu erhöhter Aggregation, kann dies als ein Faktor dazu führen, dass die Versorgung der Organe mit Sauerstoff reduziert ist, was zu der typischen Müdigkeit und zu Leistungsdefiziten führen kann. Trainingskonzept und Studienaufbau Doch wie sieht das Trainingskonzept genau aus und wie läuft die Studie ab? „Teilnehmen können alle Personen, die eine gesetzliche


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Fotos: S.P.O.R.T. Institut

oder private Krankenversicherung besitzen und denen der Arzt oder die Ärztin Long-COVID diagnostiziert hat“, erklärt Grau. Zu Beginn bestimmen die Forscher*innen den LongCOVID-Schweregrad und das Leistungslevel, um basierend darauf einen individuellen Trainingsplan entwickeln zu können. „Wir schauen uns die Personen einzeln ganz genau an: Welche Problematik bringen sie mit? Wie schwer sind die Symptome? Was können sie im Alltag noch?“, erklärt Grau das Vorgehen. Das Team nutzt dazu das Long-COVID-Grad-Einteilungsschema des Long-COVID-Netzes Rhein-Neckar. Die Grade reichen von 0 bis 4 und vermitteln einen Eindruck davon, wie schwer die Personen von Long-COVID betroffen sind. Viele der Studienteilnehmer*innen sind in den Schweregraden 2 und 3 eingestuft, das heißt sie haben starke Einschränkungen und können zum Teil nicht mehr arbeiten. „Sie schaffen den Alltag einfach nicht mehr“, sagt Grau. Das Leistungslevel überprüfen die Forscher*innen mit einem Ausdauertest und dem 1-Minute-Sit-to-standTest (Ziel: Eine Minute lang so oft wie möglich aufstehen und hinsetzen). Individuelles stufenspezifisches Training Aufgrund der ermittelten Stufe absolvieren die Proband*innen dann zwei- bis dreimal pro Woche ein individualisiertes stufenspezifisches Ausdauertraining auf einem speziellen Ganzkörper-Ergometer. Für jede der fünf Stufen gibt es Zielvorgaben; die Proband*innen trainieren so lange in einer Stufe bis sie die definierten Ziele erreichen und dann die Intensität in der nächsthöheren Trainingsstufe steigern können. Dies soll verhindern, dass sich die -Proband*innen überlasten und sich die Beschwerden dadurch wieder verschlimmern. „Nach jedem Ziel prüfen wir, ob sich die Leistungsfähigkeit verändert hat und erheben entsprechende Laborparameter“, erklärt Grau.

Die Therapeut*innen protokollieren die Fortschritte und passen das Training kontinuierlich an. Dem Projektteam ist auch das subjektive Feedback der Teilnehmenden wichtig; sie füllen Fragebögen zu den Symptomen und zur Lebensqualität aus. Allgemeinzustand verbessert sich signifikant „Die ersten validen Zwischenergebnisse des TRIBAL-Trainingsprogramms zeigen, dass sich der Allgemeinzustand der Teilnehmenden bereits nach zwölf Wochen Training signifikant verbessert. Vor allem die Fatigue schwächt sich ab. Die Proband*innen geben an, dass sie besser im Alltag zurechtkommen, also zum Beispiel wieder leichte Gartenarbeit machen können oder die Treppe in den ersten Stock wieder leichter hochkommen“, verrät Grau. Außerdem berichten Proband*innen, dass sie weniger Pausen benötigen und sich auch schneller erholen. Haben die Proband*innen Trainingsstufe 5 erreicht, heißt das aber noch lange nicht, dass ihr Leistungszustand wieder dem vor der COVID-Erkrankung gleicht. „Stufe 5 bedeutet erstmal nur, dass sich die Alltagskompetenz verbessert hat. Niemand ist da schon komplett regeneriert, das ist bei dieser Erkrankung nicht so leicht möglich“, ordnet Grau die Trainingserfolge ein und ergänzt: „Das Leistungsniveau vieler Teilnehmenden schwankt sehr stark, weil sie immer wieder Phasen haben, in denen es ihnen schlecht geht.“ Aussagen dazu, wie sich die wesentlichen Eigenschaften der sauerstofftransportierenden roten Blutzellen verändern, kann Grau derzeit noch nicht treffen; diese Auswertung liegt voraussichtlich Ende 2023 vor: „Auf die Erythrozyten bezogen schauen wir uns die individuellen Veränderungen über die Zeit an, denn die Werte sind von Proband zu Proband sehr heterogen“, erklärt Grau. Ausblick: Standardisierung, TRIBAL 2 & Abschlussarbeiten Noch steht die Forschung bei Ursachen und auch Behandlung von Long-COVID am Anfang. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) fördert seit Oktober 2022 klinische Studien mit zehn Millionen Euro, weitere 12,5 Millionen Euro stehen für Projekte zur Ursachenforschung und der Diagnostik zur Verfügung. Auch das Team um PD Dr. Marijke Grau wird hier einen Antrag stellen, der das Folgeprojekt TRIBAL 2 unterstützen soll. Dabei handelt es sich um ein Trainingsprogramm, das an das stufenspezifische Ausdauertraining anschließt und das die Teilnehmenden dauerhaft absolvieren. „Wenn sie ihre Alltagsfähig-

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keit verbessern und die Symptome stark reduzieren konnten, dann können sie an TRIBAL 2 teilnehmen und kontinuierlich trainieren. Wir beobachten sie über die Zeit weiter mit dem Ziel, ihre Arbeitsfähigkeit wiederherzustellen“, beschreibt Grau die Ziele für das Folgeprojekt. Einige Bachelor- und Masterstudierende sowie eine Doktorandin der Sporthochschule fertigen ihre Abschlussarbeiten innerhalb der Studie an. Besonders spannend: Das Projektteam prüft Möglichkeiten, das Trainingskonzept als Verfahren zur Behandlung von Long-COVID für andere Einrichtungen nutzbar zu machen. Denn: Die Nachfrage ist riesig, berichtet Grau, sowohl bei Betroffenen als auch bei Therapeut*innen: „Uns rufen zum Beispiele viele Physiotherapeuten, aber auch Ärzte und Kliniken an und fragen uns, was wir denn da genau machen. Man merkt, dass es keine einheitlichen Vorgaben oder Richtlinien bei der Behandlung von LongCOVID-Patient*innen gibt und daher die Unsicherheit, aber auch das Interesse sehr groß ist. Uns ist wichtig, dass die Qualität des Trainings sichergestellt ist und unser Verfahren dann auch exakt angewendet wird, um die Wirksamkeit zu gewährleisten.“

Für einen Punkt möchte Grau noch sensibilisieren, weil bei vielen die Coronapandemie abgehakt zu sein scheint: „Es bleibt wichtig, bei entsprechenden Symptomen einen Test zu machen.“ Für den Fall, dass die Symptome bestehen bleiben oder wiederkommen, ist dieser entscheidend, damit eine Long-COVID-Diagnose gestellt und eine strukturierte Nachsorge gewährleistet werden kann.

Kontakt PD Dr. rer. nat. Marijke Grau Institut für Kreislaufforschung und Sportmedizin Telefon: +49 221 4982-6116 E-Mail: m.grau@dshs-koeln.de Weitere Infos in unserem Forschungsnewsletter 4/2023: www.dshs-koeln.de/forschungaktuell 43


Lebensstil von Videospieler*innen Sitzzeiten nehmen zu, körperliche Aktivität nimmt ab

Videospielerinnen und -spieler verbringen täglich viele Stunden vor der Konsole oder dem Computer. Häufig mit negativen Folgen für ihre Gesundheit: Gamer bewegen sich immer weniger, die Sitzzeiten nehmen zu: von durchschnittlich 7,5 Stunden täglich in den Jahren 2019/2020 auf über 10 Stunden am Tag im Jahr 2023. Das zeigen Analysen der Deutschen Sporthochschule Köln und der AOK Rheinland/Hamburg, die über sechs Jahre hinweg durchgeführt wurden. Seit 2017 kooperieren die AOK Rheinland/Hamburg und die Deutsche Sporthochschule und befragen seit 2018 jährlich hunderte E-Sportlerinnen und E-Sportler aus Deutschland zu ihrem Gesundheitszustand. Während sich ansonsten jedes Jahr mehr als 1.000 junge Erwachsene an den Umfragen beteiligt haben, waren es zuletzt in einem kürzeren Untersuchungszeitraum mehr als 400. Es zeichnet sich ein klarer Trend ab: Die durchschnittliche Sitzzeit der Videospielerinnen und -spieler ist von 7,5 Stunden in den Jahren 2019/2020 auf 10,1 Stunden in 2023 gestiegen. Die Erhebungen zeigen aber auch, dass im Jahr 2023 ungefähr jede und jeder zweite Befragte (54 Prozent) die von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfohlene Mindestaktivität von 150 Minuten körperlicher Bewegung pro Woche geschafft hat – trotz der langen Sitzzeiten. „Ein erfreulicher Wert und entgegen der allgemeinen Annahme, dass sich Videospielende nur wenig bewegen. Jedoch sehen wir auch, dass die Werte rückläufig sind“, sagt Chuck Tholl, Projektleiter des E-Sport Projekts an der Deutschen Sporthochschule. Im Jahr 2020 hatten bei ähnlicher Befragung noch 80 Prozent der Gamerinnen und Gamer angegeben, die WHO-Empfehlung zu erfüllen. Nur 32 Prozent der Videospielerinnen und Videospieler erreichen den empfohlenen Wert von mehr als 300 Minuten körperlicher Aktivität pro Woche, ab dem weitere gesundheits-förderliche Effekte zu erwarten sind. „Gerade dieser Benchmark sollte erreicht werden, um den negativen Auswirkungen des Videospielens entgegenzuwirken und langfristig leistungsfähig und gesund zu bleiben“, so Tholl. „Diese Entwicklungen zeigen, wie wichtig konkrete und motivierende Maßnahmen der körperlichen Aktivität und Gesundheit in unserer modernen, von digitalen Unterhaltungsmedien geprägten Gesellschaft sind. Uns ist es wichtig, junge Menschen beim Gaming und im E-Sport zu begleiten. Mit gezielten Programmen für ein gesünderes Leben möchten wir sie besser in Bewegung bringen, ihre mentale und soziale Gesundheit fördern und einen Ausgleich zu den Aktivitäten an Konsole und PC in den Fokus rücken“, sagt Sabine Deutscher, Vorstandsmitglied der AOK Rheinland/Hamburg. Besorgniserregende Entwicklungen bei der psychischen Gesundheit Bei den Analysen von AOK Rheinland/Hamburg und Deutscher Sporthochschule stand auch das allgemeine Wohlbefinden im Fokus. Im Rahmen der Bewertung der mentalen Gesundheit sinken die Durchschnittswerte über die Jahre hinweg. In 2023 lag der Mittelwert bei nur noch 55 von 100 Punkten – 2022 noch bei 60 Punkten. Dieser Trend ist bedenklich, denn 33 Prozent der Befragten liegen aktuell sogar unter der kritischen Marke von 50, dem Grenzwert für weitere diagnostische Verfahren zur Untersuchung von Depressionen. AOK-Umfrage zeigt: Auch die Allgemeinbevölkerung sitzt viel Mit dem Bewegungsmangel und den langen Sitzzeiten stehen die Gamer übrigens nicht allein da. Auch die Allgemeinbevölkerung sitzt viel, so das Ergebnis einer repräsentativen Forsa-Umfrage im Auftrag des 44

AOK-Bundesverbandes: Demnach sitzt die Mehrheit (61 Prozent) aller Erwerbstätigen an einem normalen Arbeitstag mehr als vier Stunden. Mehr als ein Viertel (27 Prozent) sitzt sechs bis acht Stunden, etwa jeder Zehnte (12 Prozent) sogar acht Stunden und mehr. Außerdem hat die Forsa-Umfrage der AOK ergeben, dass 42 Prozent der Befragten eigene gesundheitliche Beschwerden auf Bewegungsmangel und langes Sitzen zurückführen. „Diese Werte sind alarmierend. Bezieht man die Sitzzeiten dann noch auf das Alter oder weitere soziodemographische Faktoren besteht ein dringender Handlungsbedarf, um die Menschen auf die Bedeutung von Bewegung aufmerksam zu machen und ihnen aktive Unterstützung zu bieten“, sagt Sabine Deutscher. In der jüngsten Befragung von AOK Rheinland/ Hamburg und der Deutschen Sporthochschule hatte das Durchschnittsalter bei 23 Jahren gelegen. Projektkontakt: Chuck Tholl Institut für Bewegungstherapie und bewegungsorientierte Prävention und Rehabilitation Telefon: +49 221 4982-8724 E-Mail: c.tholl@dshs-koeln.de

Die AOK Rheinland/Hamburg und die Deutsche Sporthochschule kooperieren inzwischen bereits im siebten Jahr, um das Gesundheitsverhalten im Bereich E-Sport zu analysieren. Dazu habe sie sich mit verschiedenen Schwerpunktthemen befasst. Im Laufe der Jahre wurden umfangreiche Online-Befragungen durchgeführt, um Entwicklungen festzustellen und die Ergebnisse zu interpretieren. Die Daten stammen insgesamt von etwa 6000 Teilnehmenden. Die wissenschaftlichen Ergebnisse wurden laufend in die Praxis überführt und werden inzwischen in Projekten an Schulen und Betrieben durchgeführt.


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Neuartige Leistungsdiagnostik im Schwimmen Univ.-Prof. Dr. Patrick Wahl, Leiter der Abteilung Leistungsphysiologie der Deutschen Sporthochschule Köln, hat mit seinem Team eine neuartige Leistungsdiagnostik-Batterie im Schwimmen entwickelt. Das Forschungsprojekt wurde vom Bundesinstitut für Sportwissenschaft (BISp) gefördert und in Kooperation mit dem Deutschen Schwimmverband (DSV) und dem Schwimmverband Nordrhein-Westfalen umgesetzt. Ein Video fasst die wissenschaftliche Arbeit zusammen (siehe QR-Code). Im Rahmen des Projekts entstand – neben der Leistungsdiagnostik-Batterie – auch ein Verfahren zur Typisierung von Athlet*innen. Beide Arbeiten seien Meilensteine auf dem Weg zu einer individuellen Trainingssteuerung im Schwimmen, heißt es vom BISp. Am Anfang der wissenschaftlichen Arbeit stand eine Analyse der Einflussfaktoren auf die Schwimmgeschwindigkeit. Zu diesen Einflussfaktoren entwickelte das Forscher*innenteam der Spoho aussagekräftige und praxistaugliche Diagnostiken (neuromuskulär und metabolisch). Mit diesen lassen sich die individuellen Leistungsvoraussetzungen der Athlet*innen erfassen und beurteilen, was wiederum eine unverzichtbare Voraussetzung für eine individualisierte Trainingssteuerung ist. IMPULSE 2 | 2023

Im Rahmen der Diagnostikbatterie wurden spezielle methodische und technische Lösungen herangezogen, zum Beispiel eine LED-Lichtlaufleiste und ein Zugseilsystem. Den Nutzen für die Sportpraxis herauszustellen, ist eine Hauptziel der Projekte. Deshalb fand von Beginn an die Zusammenarbeit mit den Verbänden statt. Diese führte zur Entwicklung der Diagnostikbatterie und unterstützt bereits nachhaltig die Trainingssteuerung. Der Fokus in der praktischen Umsetzung liegt auf dem Techniktraining und auf dem gezielten Krafttraining. Die wissenschaftliche Beratung wird hierbei fortgesetzt. Wissenschaftlicher Ansprechpartner: Univ.-Prof. Dr. Patrick Wahl Institut für Trainingswissenschaft und Sportinformatik Abteilung Leistungsphysiologie E-Mail: wahl@dshs-koeln.de Telefon: +49 221 4982-6160 Zum Video

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Diabetes und Sport

Diabetes mellitus gilt als DIE Volkskrankheit. 8,5 Millionen Deutsche leben mit der so genannten Zuckerkrankheit, Tendenz steigend. Die neueste Folge des Wissenschaftspodcasts der Deutschen Sporthochschule Köln setzt sich mit dem Thema Diabetes auseinander. Im Vordergrund steht dabei, wie körperliche Aktivität und Sport helfen können. Prof. (FH) PD Dr. Christian Brinkmann leitet an der Sporthochschule die Arbeitsgruppe Diabetes, Sport und Bewegung. Als Diabetes-Experte spricht er im Podcast über die Erkrankung selbst, über Messmethoden und Behandlungsformen. Er erklärt, welche Unterschiede es zwischen Diabetes Typ 1 und Typ 2 gibt – insbesondere bezogen auf Sport und Bewegung. Körperliche Aktivität nimmt beispielsweise in der Therapie von Diabetes Typ 2, dem so genannten Alterszucker, eine wichtige Rolle ein. „Bewegung hilft hier zum Beispiel, Glukosespitzen zu vermeiden“, erklärt Brinkmann. Studien zeigen, dass Sport und die richtige Ernährung sogar dafür sorgen können, dass Patient*innen mit Typ2-Diabetes ohne Medikamente auskommen können. Prof. Brinkmann schildert, welche

„Eine Runde mit …“ ist auf allen gängigen Podcast-Plattformen und auf der Website der Deutschen Sporthochschule Köln zu finden: www.dshs-koeln.de/einerundemit

Ausgezeichnet: Goldene dvs-Ehrennadel Für ihre großen Verdienste für die Sportwissenschaft und die Deutsche Vereinigung für Sportwissenschaft (dvs) wurde im Rahmen des 26. sportwissenschaftlichen Hochschultages an der Ruhr-Universität Bochum die Sportsoziologin Prof.‘in Dr. Ilse Hartmann-Tews von der Deutschen Sporthochschule Köln mit der Goldenen Ehrennadel der dvs ausgezeichnet. Ilse Hartmann-Tews gehörte in den 1990er Jahren u.a. vier Jahre selbst dem dvs-Präsidium an und war später stellvertretende Sprecherin der dvsSektion Sportsoziologie. Über mehrere Jahrzehnte hat sich die ehemalige Leiterin des Instituts für Soziologie und Genderforschung u.a. in der sportwissenschaftlichen Frauenforschung profiliert und wurde 2009 mit dem damals erstmals vergebenen Preis „Wissenschaft und Sport“ der nordrhein-westfälischen Landesregierung ausgezeichnet. Bis zu ihrem Ruhestand im vergangenen Jahr hatte sie über 30 Jahre an der Deutschen Sporthochschule Köln gelehrt. 46

Sportarten sich dazu eignen und warum eine Mischung aus Kraft- und Ausdauertraining besonders förderlich scheint. Menschen mit Diabetes Typ 1 leben häufig seit ihrer Kindheit oder Jugend mit der Diagnose. Tennisspieler Alexander Zverev ist ein prominentes Beispiel. Brinkmann berichtet über seine Erfahrungen mit Leistungssportler*innen: „Wenn Leistungssportler*innen die Diagnose öffentlich machen, ist das auch insofern gut, weil sie als Vorbilder für junge Menschen mit Diabetes dienen und zeigen können, dass mit Diabetes Spitzenleistungen möglich sind.“ Zudem spricht der Sportwissenschaftler über aktuelle Diabetes-Studien und Forschungsprojekte, an denen er beteiligt ist. Zum Beispiel über ELSAH, ein EU-Projekt, das zum Ziel hat, ein cleveres elektronisches Pflaster zu entwickeln, welches mit Hilfe von Mikrosensoren Biomarker (z.B. Glukose) messen und per Funk an ein Endgerät übermitteln kann. Und Prof. Brinkmann gibt einen Ausblick, inwiefern künstliche Intelligenz bei der Behandlung von Diabetes oder in der Sporttherapie unterstützen könnte.

Zum Podcast

Spoho erhält Qualitätssiegel „Human Resources Excellence in Research” Ein stimulierendes, positives Arbeitsumfeld und ausgezeichnete Entwicklungsmöglichkeiten für Forschende - das attestierte jüngst die EU-Kommission der Deutschen Sporthochschule Köln und verlieh ihr das Gütesiegel „Human Resources Excellence in Research“. Mit diesem Gütesiegel zeichnet die EU-Kommission Wissenschaftseinrichtungen aus, die Wissenschaftler*innen sowohl gute Arbeitsbedingungen als auch ein entsprechendes Arbeitsumfeld bieten. Diese Bewertung erfolgt auf Basis der in der „European Charter for Researchers“ und den im „Code of Conduct for the Recruitment of Researchers“ formulierten Standards.


Titelthema Körperkult

Fotos: DSHS; Frank Muckenheim/ Plainpicture

Verbiegen für den perfekten Körper? Von Optimierungswahn, stereotypen Körperbildern und dem Einfluss der sozialen Medien.

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Deutsche Sporthochschule Köln Stabsstelle Akademische Planung und Steuerung Presse und Kommunikation Am Sportpark Müngersdorf 6 50933 Köln


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