Sondergemeinderat lacus felix rede

SPÖ Gemeinderatsfraktion - Vzbgm. Dr. Christian Dickinger Sondergemeinderat zum Thema „Lacus Felix“ am 20. 1. 2014 Fristenverlängerung oder Wiederkaufsrecht

Sehr geehrte Damen & Herren!

Um die emotional hoch aufgeladene Causa „Lacus Felix“, die schier endlose Geschichte, welche so viele, unterschiedliche Meinungen nach sich zog und zieht, ranken sich mittlerweile geradezu Mythen, große und kleine „Erzählungen“. Deshalb borge ich an der Wiege meiner Ausführungen aus dem reichen Fundus des Mythos.

Es ging einst die Mär, dass derjenige, dem es gelingen würde, den Gordischen Knoten, also kunstvoll verknotete Seile, zu lösen, die Herrschaft über Asien erlangen würde. Die Seile waren am Streitwagen eines verstorbenen Königs namens Gordios befestigt. Niemandem ist es gelungen. Doch dann kam im Jahre 333 v. u. Z: König Alexander, fälschlich der Große genannt, der einfach sein Schwert zog und den Knoten durchschlug. So berichtete Plutarch. Es existiert aber noch eine andere Überlieferung, der zufolge Alexander die Aufgabe nicht mit einem Schwerthieb, sondern durch Schläue gelöst haben sollte. Er habe erkannt, so heißt es, dass er lediglich den Nagel der Deichsel herauszuziehen brauche, um das Joch wegzuziehen.

Ich überlasse es gerne Ihnen als im Joch der Kommunalpolitik geschulte Mandatarinnen und Mandatare, darüber zu befinden, ob das Schreiben einer Sachbearbeiterin des Amtes der oö Landesregierung vom 13. Jänner d. J., aus welchem, plötzlich, nachdem seit 2009 von derselben Dame und demselben Amt eine ganz andere Rechtsauskunft gegeben wurde, hervorgeht, dass für eine Fristenverlängerung nur eine einfache Mehrheit notwendig sei, aus der juristischen Feinkostabteilung kommt oder eben nicht. „Honni soit qui mal y pense“, soll Edward III beim einem Ball scherzhaft zu seiner Geliebten gesagt haben, als er ihr ein beim Tanz verlorenes Strumpfband zurückgab: „Ein Schelm, wer Böses dabei denkt!“ Natürlich dürfen wir nicht unterstellen, „Schwert“ oder „Schläue“ seien bemüht worden, nein, wir bewegen uns natürlich auf dem festen Fundament der Rechtskonformität. Wenn letztere sich freilich so auffällig um 180 Grad dreht, ist Skepsis angebracht. „Die Wahrheit ist eine Tochter der Zeit“, hat Andreas Kohl, versierter Verfassungsrechtler und ÖVP-Klubobmann, einmal gemeint.

Nicht der Gemeinderat, der Repräsentant des Souveräns, sondern ein 32 Zeilen umfassendes Schreiben einer Sachbearbeiterin, die drei Monate zuvor noch ganz anderer Meinung war, nämlich genau der entgegen gesetzten, und diese auch schriftlich deponiert hat, entscheidet nunmehr über die Fristverlängerung und somit über das Projekt. Der Chef der Direktion Inneres und Kommunales, Hofrat Gugler, hat es vorgezogen, mir auf meine höfliche Frage, wie dieser „Gesinnungswandel“ zustande kam, nicht persönlich zu antworten. Sehr wohl erreichte mich am 17. Jänner, also am Freitag, eine Nachricht der besagten Sachbearbeiterin. Sie schrieb: „Sehr geehrter Herr Vizebürgermeister!

Die ursprünglich auf Grund einer im Jahr 2009 gestellten Anfrage erteilte Rechtsauskunft der Direktion Inneres und Kommunales konnte aus heutiger Sicht nach genauer Prüfung der entsprechenden Verträge nicht aufrecht erhalten werden.

Dem Umstand, dass der eine uns nur im Entwurf vorgelegene (undatierte) Kaufvertrag zwischen der Verein zur Förderung der Infrastruktur der Stadtgemeinde Gmunden und Co KG und der Lacus Felix Hotelerrichtungs- und Verwaltungs GmbH abgeschlossen wurde und es sich daher nicht um einen Grundstücksverkauf der Stadtgemeinde Gmunden handelte, wurde in Verbindung mit einer unklar gestellten Anfrage bedauerlicherweise zu wenig Beachtung geschenkt.

Auf Grund der Rechtslage ist klar, dass es sich für die Stadtgemeinde nur um ein nach dem KG-Vertrag zustimmungspflichtiges Rechtsgeschäft handelt, wofür eine einfache Mehrheit im Gemeinderat ausreicht.“ Wie auch immer. Wir müssen wohl akzeptieren, dass mit dem besagten Schreiben der Aufsichtsbehörde, das freilich kein Bescheid ist, sondern eine Rechtsmeinung, der „Gordische Knoten“ zerschlagen ist. Die Mehrheit der ÖVP garantiert eine Mehrheit für die Fristenverlängerung bzw. die Zustimmung für die Zusatzvereinbarung zur Rahmenvereinbarung. Mit Ihrer absoluten Mehrheit tragen Sie auch die absolute Verantwortung. Die Gemeinderatssitzung wird heute gefilmt, alles wird protokolliert.

Sollte das Hotel nicht fertig errichtet werden, sollte nach allfälliger Errichtung - nach einigen Jahren - erklärt werden, das Haus sei nicht wirtschaftlich zu führen, tragen Sie dafür die volle Verantwortung, jede/r einzelne von Ihnen.

Lassen Sie mich ein paar Sätze zur politischen Diskussion und zur politischen Kultur verlieren. Im Zusammenhang mit „Lacus Felix“, einem „simplen“ Hotelprojekt, bewegen wir uns teilweise nicht mehr im Felde der Politik, sondern in der Arena der „Politischen Theologie“. Die ÖVP und ihre Regimenter, vom Tourismusdirektor, der die Gäste von Hansi-Hinterseer-Konzerten im 4-Sterne-Hotel unterbringen möchte, bis zum SEP-Betreiber, der Gemeinderäten, die nicht seine Auffassung teilen, mit rechtlicher „Verfolgung“ droht, predigen eine „Erlösungslehre“: Dieses Hotel sei „lebenswichtig“ für Gmunden, heißt es, das Glück oder Unglück „unserer Kinder und Kindeskinder“ wird beschworen und mit einem Hotelprojekt in kausalen Bezug gesetzt, auf hastig produzierten Aufkleber wird die „Heilige Dreifaltigkeit“ Gmunden – Zukunft – Hotel beschworen; jetzt fehlt nur noch, dass die sakralen Beschwörungen zum Osterfest nicht in der Kapuzinerkirche, sondern am Rande einer Baugrube auf dem Seebahnhofgelände zelebriert werden; ein Hotelturm, der in den heimischen Himmel ragt, von dem plötzlich durch unsichtbare, gnadenvolle Investoren-Hand alle dunklen Wolken verschwinden, bringt die Erlösung und „Auferstehung“ dieser Stadt. Ich erinnere in diesem Zusammenhang an den Turmbau zu Babel, einem mythischen Beispiel für menschliche Hybris, das erste Buch Mose bannt den Turmbau im Übrigen in die Reihe so genannter „Verfehlungsgeschichten“.

Natürlich würde Gmunden nicht unter dem verstaubten Mantel der Bedeutungslosigkeit verschwinden, wenn dieses Hotel nicht gebaut wird. Die Kassandrarufe sind absurd. Oswald Spengler hat 1918 den „Untergang des Abendlandes“ ausgerufen, Ralf Dahrendorf 1987 das „Ende des Sozialdemokratischen Jahrhunderts“, Francis Fukuyama 1992 gar das „Ende der Geschichte“, alle diese letzten Endes auf politische Prophetien zugeschnitzte Melodien „verpufften“ im Niemandsland komplexer Realität. Die Zukunft, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, ist offen!

Die sozialdemokratische Gemeinderatsfraktion hat Chancen und Risiken abgewogen und ist zu dem Befund gekommen, dass eben diese Risiken zu groß sind. Die Gefahr, dass im Falle der Fertigstellung dem Hotelturm dasselbe Schicksal droht wie dem „Austria“ oder dem „Kurhotel“ ist trotz aller vertraglicher Bemühungen selbstverständlich nicht von der Hand zu weisen. Eine Mitverantwortung für eine solche, mögliche Entwicklung werden wir nicht tragen: Exklusive Wohnungen vor allem für Zweitwohnbesitzer an einem der schönsten Plätze im Salzkammergut.

Ein Gmundner Kaufmann hat vor der Folie der Wohnbebauung auf den ehemaligen Holzinger-Gründen neulich gemeint, Zweit-Wohnbesitzer würden ihm sehr am Herzen liegen, die sind gut für’s Geschäft. Mir liegen die Steuer zahlenden Gmundnerinnen und Gmundner am Herzen, die hier ihren Lebensmittelpunkt haben.

Würden wir ab sofort nur einen Funken jener Energie und ein bescheidenes Maß jener Zeit und jener Emotion, die wir in die Causa Hotelbau eingebracht haben, in das Zukunftsthema „Leistbares Wohnen“ investieren und dieses befeuern, dann könnte unsere Jugend wieder in dieser Stadt leben und wohnen, anstatt massenhaft in die Nachbargemeinden abzuwandern.

Lassen Sie mich zum Abschluss noch ein paar Worte zum Thema „Finanzierung“ verlieren, welche uns Gemeindemandatare nach Ansicht mancher, die sich an der Diskussion beteiligt haben, „gar nichts angehen“ würde. Dieser Meinung zu sein heißt, auf dem Mount Everest der Unverfrorenheit und Verantwortungslosigkeit eine Fahne zu hissen. Die Gemeinde hat um einen geringen Quadratmeter-Preis die Liegenschaft Seebahnhof gekauft und zu diesem geringen Preis an die Asamer Gruppe mit der Auflage, ein Hotel zu errichten, weiterverkauft. Es wurde also Gemeindeeigentum veräußert und vor dieser Folie ein Vertrag abgeschlossen, welcher u. a. Fristen hinsichtlich Errichtung und Eröffnung beinhaltet. Die Asamer-Gruppe ist hinsichtlich der Errichtung bekanntlich gescheitert und hat das Projekt in andere Hände gelegt. Diese Gruppe als „Investoren“ zu bezeichnen, ist falsch, es handelt sich um „Bauträger“. Der glasklare Eigenkapitalnachweis fehlt ebenso wie die verbindliche Zusage der Landesregierung, € 4 Mio als Förderung zu gewähren. Die Finanzierung ist also ebenso wenig „gesichert“ wie der dauerhafte Betrieb des Hotels, falls es fertig gebaut wird, als Hotel. Dies alles soll Gemeindemandatare „nichts angehen“?

Wir müssen Vertrauen haben, heißt es, Optimismus an den Tag legen. Ich borge bei Karl Valentin: Der Optimist sei (und damit meine ich diesen konkreten Zusammenhang) „ein Mensch, der die Dinge nicht so tragisch nimmt, wie sie sind“. Die Versprechungen und Zusagen der Vergangenheit haben sich in Missfallen aufgelöst, das Hotel wurde nicht gebaut, die Fristen, die schon einmal verlängert wurden, wurden nicht eingehalten, die Asamer-Gruppe wurde zerschlagen, die „neuen Investoren“ sind keine Investoren, die Finanzierung ist zum heutigen Tage ist nicht gesichert, eine Woche vor der entscheidenden Sitzung kam ein Schreiben der Aufsichtsbehörde, das alle Aussagen früherer Jahre ins Gegenteil verkehrte, der Gemeinderat ist

gespalten, die Bevölkerung ist gespalten, ein „Befreiungsschlag“ tun not. Beschließen wir hier und heute den Rückkauf eines der wertvollsten Seegrundstücke Oberösterreichs oder fragen wir die Bevölkerung, den Souverän.

Die Asamer-Gruppe will und muss „ein Geschäft machen“, eben dies gilt für Raiffeisen und die Freunschlag-Gruppe, dies ist legitim, ob es aber auch legitim ist, dass sich die ÖVP in der Rolle der „dienenden Magd“ dieser Interessen pudelwohl fühlt, ist zu hinterfragen. Dem Mantra - „Wir brauchen ein Hotel“ – ist die Frage entgegenzusetzen, „wollen wir dieses Hotel an diesem Standort mit diesen so genannten ‚Investoren‘ vor dem Hintergrund einer ungesicherten Finanzierung und der höchst ungewissen Aussicht, ob ‚Lacus Felix‘, so es denn fertig errichtet werden sollte, in der langfristigen Perspektive ein Hotel bleiben oder zu einem exklusiven Wohnturm für Zweit-Wohnbesitzer umgestaltet werden wird. „Man muss die Zukunft im Sinn haben“, sagte der französische Staatsmann Talleyrand, um hinzuzufügen, „und die Vergangenheit in den Akten“. Die „Akte Lacus Felix“ ist noch lange nicht geschlossen!