Jugendenquete "Johanna Dohnal weiterdenken = kämpfen"

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sind weder geschichts Jugendenquete 2010 utral.“ Frauenpolitische

Johanna Dohnal weiterdenken = kämpfen

„Machtverhältnisse sind weder geschichtslos noch geschlechtsneutral. • „Die medial und politisch geschaffenen weiblichen „Vor-Bilder“ bergen große Gefahren für das Selbstverständnis von Mädchen und Frauen.“ • „Mehr Frauen in der Politik bedeutet gleichzeitig weniger Männer.“ • „Es genügt eben nicht, nur ein Gesetz zu beschließen und dann zu sagen: „Das war‘s, wir haben uns abgeputzt. Es ist straffrei un jetzt, macht was ihr wollt und das andere überlassen wir dem freien Spiel der Kräfte.“ • „Der Boden, auf dem sexuelle Ausbeutung und Versklavung von Frauen gedeihen, ist die rechtliche und ökonomische Benachteiligung von Frauen.“

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Impressum: Medieninhaberin und Herrausgeberin: SPÖ Bundesfrauen Löwelstraße 18, 1014 Wien | Grafik und Layout: SPÖ | Druck: Donau-Forum-Druck


Inhalt

vorwort.........................................................................................................................5

Workshop „Gewalt gegen Frauen“.............................................................6

Workshop „Feministische Ästhetik IN mEDIEN“.................................. 12

Workshop „Kampf um die Quote“............................................................... 16

Workshop „Fristenregelung und Sexualität“ .............................. 22

Workshop „Frauen und Arbeit“.................................................................. 26


„Nur eine Frauenorganisation, die lästig ist, hat eine Existenzberechtigung." Johanna Dohnal


Vorwort

Johanna Dohnal weiterdenken heiSSt kämpfen! Gemeinsam mit den Jugendorganisationen: Sozialistische Jugend (SJ), Verband sozialistischer StudentInnen (VSSTÖ), Aktion kritischer SchülerInnen (AKS), Junge Generation in der SPÖ (JG), Fraktion sozialdemokratischer GewerkschafterInnen Jugend (FSG Jugend) sowie den Wiener SPÖ Frauen haben die SPÖ Bundesfrauen die Jugendenquete 2010 unter dem Titel „Johanna Dohnal weiterdenken = kämpfen“ im ega:frauen im zentrum veranstaltet. Nach dem plötzlichen und unerwarteten Ableben von Johanna Dohnal war es allen Beteiligten ein wichtiges Anliegen, diese frauenpolitische Enquete unter den Leitgedanken „Johanna Dohnal (Ge-)denken“ zu stellen. Die Jugendenquete bot Raum für Ideen, die inhaltlich durchaus auch über die üblichen Forderungen und Denkmuster der eigenen Organisation hinausgingen und war gleichzeitig eine Plattform des gegenseitigen Austauschs. Gemeinsam haben wir auf die Errungenschaften und Kämpfe einer der wichtigsten Frauenpolitikerinnen Österreichs zurückgeblickt. Darauf aufbauend wurden Forderungen, Ziele und Visionen formuliert. Die Enquete bot den diskutierenden - zum Großteil jungen Menschen - die Möglichkeit, sich unabhängig, weitblickend, durchaus auch kritisch zu den verschiedensten Themen zu äußern. Die in der Broschüre aufgestellten Forderungen sind also auch in diesem Sinne zu verstehen und nicht als beschlossene SPÖ Positionen.

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„Machtverhältnisse s noch geschlechtsneu Gewalt gegen Frauen

Workshop „Gewalt gegen Frauen“ Workshopleitung: Alina Bachmayr, Frauensprecherin der Aktion kritischer SchülerInnen und Johanna Griesmayr, politische Sekretärin der Aktion kritischer SchülerInnen

„Machtverhältnisse sind weder geschichtslos noch geschlechtsneutral.“

– Johanna Dohnal

Hintergründe Gewalt gegen Frauen ist ein gesellschaftlich tief verankertes Problem, bei dem auch heute noch viel zu oft weggeschaut wird. Bei der Weltfrauenkonferenz in Peking 1995 wurde Gewalt gegen Frauen wie folgt definiert *1: Der Begriff Gewalt gegen Frauen bezeichnet jede Handlung geschlechtsbezogener Gewalt, die der Frau körperlichen, sexuellen oder psychischen Schaden oder Leid zufügt oder zufügen kann, einschließlich der Androhung derartiger Handlungen, der Nötigung oder der willkürlichen Freiheitsberaubung in der Öffentlichkeit oder im Privatleben. In Österreich ist in den letzten zwanzig Jahren im Bereich Gewaltprävention und Schutz der von Gewalt betroffenen Frauen und Kinder viel passiert. Das ist vor allem auf Johanna Dohnal zurückzuführen, die sich schon als Gemeinderätin für das autonome Projekt einer Gruppe von Schülerinnen einer Fachhochschule stark gemacht hat, aus dem die heutigen Frauenhäuser entstanden sind. Auch in der Gesetzgebung hat sich seit den frühen Achtzigern viel getan: Vergewaltigung innerhalb der Ehe wird gleichermaßen bestraft wie außerehelich; Frauen haben das Recht, sich von einer weiblichen Beamtin untersuchen und verhören zu lassen (was eine verstärkte Förderung von Frauen im Justizwesen mit sich brachte); sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz ist eine offizielle Form von Diskriminierung aufgrund des Geschlechts und somit klagbar. Diese Aufzählung ließe sich noch lange fortsetzten und all diese Neuerungen und Verbesserungen haben Frauen heute noch Johanna Dohnal zu verdanken. Keine andere Frau in Österreich hat so viel für Frauen, die von Gewalt betroffen oder bedroht sind, getan wie sie. Deswegen durfte auch dieses schwierige, aber dafür umso wichtigere Thema auch bei der Jugendenquete 2010 nicht fehlen.

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*1 Quelle: gewaltgegenfrauen.at


sind weder geschichts utral.“ Gewalt gegen Frauen

Der Workshop Der Workshop “Gewalt gegen Frauen“ war sehr interaktiv gestaltet und lebte vor allem von den vielen Diskussionen. Der Einstieg und das gegenseitige Kennenlernen geschahen zum Thema “Was verbinde ich mit Johanna Dohnal?“: Ihre Persönlichkeit und ihr politisches Engagement, ihr Wille, Ungerechtigkeit zu bekämpfen, auch wenn das nicht immer auf Gegenliebe stieß. Bei einem Brainstorming zum Überthema “Gewalt“ wurden unter anderem sexuelle Gewalt und sexueller Missbrauch (Vergewaltigung), Ehrenmord, Gewalt in Familie und Beziehung, strukturelle Gewalt und ökonomische Gewalt, Macht, Unterdrückung, Erpressung, Herabwürdigung und seelischer Missbrauch genannt. DPGKS Anneliese Erdemgil-Brandstätter, Mitbegründerin der Frauenberatungsstelle Kassandra und des Frauenbeirats, formuliert Gewalt folgendermaßen *1:

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„Machtverhältnisse s noch geschlechtsneu Gewalt gegen Frauen

Gewalt gegen Frauen umfasst u.a. folgende Gewaltformen: körperliche, sexuelle und psychische Gewalt in der Familie und/oder Gemeinschaft (u.a. sexueller Missbrauch von Mädchen, Vergewaltigung, sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz, Frauenhandel, Zwangsprostitution, Genitalverstümmelung...) vom Staat ausgeübte oder geduldete körperliche, sexuelle und psychische Gewalt Weitere Gewalthandlungen gegen Frauen: Verletzung der Menschenrechte von Frauen bei bewaffneten Konflikten, wie Mord, systematische Vergewaltigungen, erzwungene Schwangerschaften... erzwungene Schwangerschaftsabbrüche, Zwangssterilisationen, vorgeburtliche Geschlechts­ selektion, Tötung von weiblichen Neugeborenen... Einer besonderen Gefährdung unterliegen u.a. Frauen: die in Armut leben mit psychischen Erkrankungen mit körperlichen und/oder geistigen besonderen Bedürfnissen die im Bereich der (häuslichen) Pflege arbeiten die Minderheiten angehören die zwangsverheiratet wurden die in Kriegssituationen leben und auf der Flucht sind die als Geiseln genommen wurden die im Bereich der Prostitution arbeiten Anschließend bekamen die TeilnehmerInnen einen Überblick über die Situation vor Johanna Dohnal sowie ihren späteren Errungenschaften. Auch auf die heutige Situation von Frauen, die von Gewalt in der Familie oder Beziehung betroffen sind, wurde eingegangen. Gewalt in der Familie/Paarbeziehung ist weltweit gesehen die häufigste Form von Gewalt gegen Frauen. Sie zieht sich durch alle Gesellschaftsschichten und kennt keine kulturellen, religiösen oder schichtspezifischen Grenzen. Auch in Österreich ist die gesellschafts- und gesundheitspolitisch relevante Problematik der männlichen Gewalt im sozialen Nahraum für jede fünfte in einer Beziehung lebenden Frau Realität, wobei aktuelle repräsentative Studien fehlen.

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Anschließend setzte sich der Workshop intensiv mit den Frauenhäusern auseinander: mit ihrer Entstehung, der jetzigen Situation und Zukunft. Die Texte dazu kamen aus Johanna Dohnals 2009 erschienenem Buch ­“Innenansichten Österreichischer Frauenpolitiken“. Eine Gruppe von FH-Studentinnen trat in den Siebzigern an die damalige Gemeinderätin Johanna Dohnal heran, um mit ihr gemeinsam das Pilotprojekt “Frauenhaus“ zu schaffen. Auf ihr Wirken hin war es möglich, die nötigen Rahmenbedingungen zu schaffen. Auf diesem Grundstein sind bis heute dreißig Frauenhäuser entstanden, was den Bedarf an Plätzen allerdings nicht zu decken vermag. Doch körperliche Gewalt ist weder Anfang noch Ende der Geschichte. Weil eine Großteil der Frauen immer noch finanziell von ihrem Partner oder einem Mann im Verwandtschaftskreis abhängig ist, ist die Loslösung – ganz abgesehen von persönlicher Bindung und emotionaler Abhängigkeit – von dem gewaltausübenden Partner schwer bis nicht möglich, da fast alle Frauen noch für die gemeinsamen Kinder verantwortlich sind. Um näher auf das Thema strukturelle Gewalt einzugehen, las und diskutierte die Gruppe Texte zu den Themen Einkommensschere, gläserne Decke und Doppelbelastung Haushalt/Beruf. Forderungen Aufstockung der Frauenhausplätze finanzielle Absicherung aller Frauenhäuser pädagogische Ausbildung bei Mädchen-/Bubenarbeit Sexualkundeunterricht Förderung der Konfliktfähigkeit in der Schule eventuelle Aufhebung der Koedukation in bestimmten Fächern Ausbau der Kinderbetreuungsmöglichkeiten, Krippenplätze weitere Enttabuisierung häuslicher Gewalt Maßnahmen bei ökonomischer Gewalt

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„Machtverhältnisse s noch geschlechtsneu Gewalt gegen Frauen

Ausblick Obwohl sich in den letzten Jahren viel getan hat und in Österreich die rechtliche Lage bei häuslicher Gewalt besser ist als in vielen anderen Ländern, gibt es noch viel zu tun. Angefangen bei besseren Ausbildungsmöglichkeiten für Mädchen und Frauen über einen erleichterten Wiedereinstieg in den Beruf nach einer Karenzzeit, der geteilten Karenzzeit für beide Erziehungsberechtigte und dem Ausbau von gratis Kinderbetreuungsmöglichkeiten fehlt es außerdem an besserer schulischer und öffentlicher sexueller Aufklärung. Das Fehlen von genügend finanziellen Mitteln für (autonome) Frauenhäuser ist ein Missstand, den es schnellstens aufzuheben gilt und auch die Betreuung von Frauen und Kindern nach deren Aufenthalt in einem Frauenhaus muss ausgebaut werden. Psychische Betreuung und Begleitung vor der Justiz und im Privatleben sind unumgänglich für die Verarbeitung von solch traumatischen Erlebnissen wie dem Erfahren von Gewalt.

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„Die medial und po weiblichen „Vor-Bil Feministische Ästhetik IN mEDIEN

Workshop „Feministische Ästhetik IN mEDIEN“ Workshopleiterin: Barbara Marx, Frauenvorsitzende der Fraktion Sozialdemkoratischer GewerkschafterInnen Jugend

„Die medial und politisch geschaffenen weiblichen „VorBilder“ bergen große Gefahren für das Selbstverständnis von Mädchen und Frauen.“ – Johanna Dohnal Hintergründe Wir leben in einer Mediengesellschaft, in der mediale Botschaften allgegenwärtig sind. Um in der Fülle von Plakaten, Inseraten und Spots zu den Menschen durchzudringen, müssen diese auffallen und das passiert meist – bewusst oder unbewusst – durch die Reproduktion von Geschlechterstereotypen, Sexismus und nackten Frauenkörpern. Johanna Dohnal gründet 1986 den Sexismus - Beirat, um sexistischen Werbungen und Frauenbildern entgegen zu treten. Fast fünfundzwanzig Jahre später ist das Problem immer noch aktuell. Doch anstatt nur die negative, sexistische Darstellung von Frauen in den Medien zu kritisieren und anzuprangern, wollten wir in unserem Workshop Kriterien für eine positive, feministische Bildästhetik erarbeiten, die Frauen in Würde abbildet.

Der Workshop Angestrebt wurde ein Meinungsbildungsprozess bei den Teilnehmerinnen des Workshops anhand der kontrovers diskutierten Bilder des V-Magazins, Jänner Ausgabe „The Size Issue“. Das Magazin engagierte für eine Fotostrecke fünf Models mit Konfektionsgrößen zwischen 42 und 46. In einem deutschsprachigen Online-Medium (www.fem.com) entstand daraufhin eine hitzige Debatte ob Modefotos von Modells, die nicht der üblichen Kleidergröße „Size Zero“ entsprechen, deshalb automatisch schon „feministisch“ sind. Anhand dieser Bilder und Wortbeiträgen aus dem OnlineForum entstand eine differenzierte, kritische Auseinandersetzung mit dem Thema „Sexismus in der Werbung“ und darauf aufbauend die Frage „Wie könnte eine feministische Ästhetik aussehen?“.

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olitisch geschaffenen lder“ bergen große Feministische Ästhetik IN mEDIEN

Als wesentlicher Aspekt der Diskussion lässt sich festhalten, dass für die Teilnehmerinnen anhand der Beispielfotos kaum Unterschiede zu „normalen“ Modefotos erkennbar waren. Die abgebildeten Models waren lediglich nicht ganz so dünn wie sonst üblich. Die Darstellung, Posen etc. sind aber gleich geblieben und wurden von den Diskutantinnen immer noch als „würdelos“ empfunden (auf dem Boden räkeln etc.). Eines der Bilder zeigt das Modell nackt auf dem Boden liegend. Dies ist insofern bemerkenswert, da die Bilder eigentlich den Zweck hatten Mode zu präsentieren und sehr oft das Argument verwendet wird, dass feministische Kritik nicht angebracht sei, da es bei Modefotos gar nicht auf die Frauen und deren Darstellung ankäme, weil in Wahrheit die gezeigten Kleidungsstücke im Mittelpunkt stünden. Ganz generell lässt sich festhalten, dass es bei der Beurteilung von Bildern wichtig ist, zwischen der abgebildeten Frau, ihrer Pose, ihrem Gesichtsausdruck, den Schuhen (!), ihrer Körperhaltung etc. zu unterscheiden. Hier sollten sowohl die einzelnen Aspekte separat betrachten werden, aber auch das Bild in seiner Gesamtwirkung. Die im V-Magazin abgebildeten Frauen sind sogenannte Rubensfrauen. Das ist eigentlich nichts Neues Standards für weibliche Körper gab es in der Geschichte immer -, nur dass es sich bei den Models mit Kleidergröße 42 bis 46 nicht um die aktuelle Körper-Norm, sondern um die bewusste „Provokation“ eines Modemagazins handelt. Die abgebildeten Frauen sahen sich auch ausgesprochen ähnlich. Alle hatten die gleiche Frisur (lange, glatte Haare), alle trugen das gleiche Make-up (Smokey-Eyes, voluminöse Lippen) und alle hatten symmetrische Gesichtsproportionen, ohne Hautunreinheiten, Narben oder Muttermale. Anders ausgedrückt, die jeweilige Individualität der Frauen war nicht mehr erkennbar.

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„Die medial und po weiblichen „Vor-Bil Feministische Ästhetik IN mEDIEN

Einig waren sich die Teilnehmerinnen des Workshops auch, dass wir alle trotz feministischem Bewusstsein selber oft nach herkömmlichen, sprich antiemanzipatorischen Bildern im Kopf agieren. Aufgrund dessen stellte sich die Frage, wie man das verbessern kann und welche (Grund)Elemente eine feministische Ästhetik aufweisen müsste. Forderungen Die aus unserer Sicht wesentlichen Punkte lauten:

Do´s: Evaluierung der eigenen (Print-) Produkte - Selbstkritik Auf Pluralität bei den abgebildeten Personen achten (auch ältere, dickere Frauen) Ein authentisches Bild der Gesellschaft abbilden Traditionelle Rollenbilder von Frauen aufbrechen Bilder von Personen, die gängigen Schönheitsidealen entsprechen, vermeiden (Problem der Bildagenturen!) Keine Darstellung von Frauen in unterwürfigen oder entwürdigenden Posen etc. (bedarf noch genauerer Definition) Symmetrische Darstellung von Frauen und Männern (quantitativ: Anzahl der Personen, qualitativ: z.B. Rollen wie Ärztin und männlicher Krankenpfleger ….) Inhaltliche Auseinandersetzung mit feministischer Ästhetik in den eigenen Organisationen und Umsetzung von diesbezüglich getroffenen Vereinbarungen Frauen als Subjekte darstellen Selbstbestimmtes Frauenbild vermitteln Mit diesbezüglich sensibilisierten FotografInnen etc. arbeiten (ob nur weibliche oder auch männliche Fotografen okay wären, konnte in der Gruppe nicht konsensual geklärt werden) Vorurteilsfreie Darstellung Erotik bedeutet nicht „nackt“, „geschminkt“ und „billig“, d.h. es wird nicht die erotische Darstellung von Frauen per se abgelehnt, sondern die Zuschreibungen, die in der Mainstreamkultur als „weibliche Erotik“ verstanden werden Natürlich statt künstlich (Make up, Schuhe, Posen …) Mit eigenen Printprodukten aktiv Vorbilder schaffen Authentische, antiheteronormative Darstellungen fördern

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olitisch geschaffenen lder“ bergen große Feministische Ästhetik in Medien

Dont´s: Make up das die Individualität auslöscht (Maske) Kein Verkleiden mit Hilfe des Dresscodes (Kostüm anziehen, Make up etc. obwohl man das sonst niemals anziehen würde, sich normalerweise nicht schminkt etc. um z.B. „seriös“ zu wirken) Retuschieren von Muttermalen, (Lach)Falten etc. Kein Peer- Pressure durch Dresscode (sich dem Anlass entsprechend „verkleiden“, anstatt Persönlichkeit, Stil auszudrücken) Sex Sells- Aufmerksamkeit auf Kosten der Frauen Exhibitionismus Keine Lolitas! Darstellung von Frauen als Objekte Dualismus „Heilige vs. Hure“ aufbrechen Mehr Schein als Sein

Ausblick Die Teilnehmerinnen waren sich einig, dass „Magermodels“, „Size 0“ etc. nicht direkt das Problem darstellen, sondern vielmehr die Tatsache, dass uns dieses Ideal aufoktroyiert wird. Schönheitsideals befinden sich immer im Wandel und das eigentliche Problem, unabhängig von seiner aktuellen Ausformung, ist das Ideal an sich. Wir wünschen uns Pluralität und Authentizität und kein Ideal, dem alles andere untergeordnet wird. Wir möchten in den Medien und auch bei eigenen (Print-) Produkten Bilder von Frauen, die der Realität entsprechen und in denen sich alle Frauen, unabhängig von Alter, Figur, Typ etc. wieder finden können und welche die Pluralität und Individualität von Frauen abbilden. Nach der eingehenden Betrachtung und Diskussion kristallisierte sich der Wunsch der Teilnehmerinnen nach einem Leitfaden für die Arbeit in den eigenen Organisationen heraus. Sehr hilfreich, auch als Diskussionsgrundlage, wäre eine entsprechende Broschüre, die sich mit dem Thema befasst und auch positive und negative Beispiele enthält. Darüber hinaus braucht es die Möglichkeit, sexistische Darstellungen von Frauen beispielsweise in der Werbung tatsächlich sanktionieren zu können.

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„Mehr Frauen in de gleichzeitig weniger Kampf um die Quote

Workshop „Kampf um die Quote“ Workshopleiterin: Laura Schoch, Bundesfrauenkoordinatorin der Sozialistischen Jugend

„Mehr Frauen in der Politik bedeutet gleichzeitig weniger Männer.“ – Johanna Dohnal

Hintergründe Als Johanna Dohnal in der Sozialdemokratie aktiv wurde, war die Kandidatur von Frauen für politische Ämter kaum Teil öffentlicher Diskussionen. Wenn das Thema zum Thema gemacht wurde, dann meist nur vor Wahlen oder in der Frauenorganisation. Die Frauenorganisation hatte damals im besten Fall den Status einer Nebenstelle innerhalb der SPÖ, frauenpolitische Forderungen wurden abgetan und belächelt. Die Funktionäre waren recht zufrieden mit dem Bild der „nelkenbastelnden Frau“. Johanna Dohnal hat in der gesamten Zeit, in der sie verschiedene Funktionen innerhalb der Partei und der Wiener Landes- bzw. der Bundesregierung inne hatte, – von der Wiener Frauensekretärin und Gemeinderätin bis zur Frauenministerin – die SPÖ verändert. Die Frauenorganisation ist nicht mehr wegzudenken und sie kann genauso wenig verschwiegen werden. 1985 wurde durchgesetzt, dass 25 Prozent der SozialdemokratInnen im Parlament Frauen sein sollen und obwohl eine 40 Prozent Quotenregelung für Gremien der Partei schon am Parteitag 1993 beschlossen wurde, ist diese noch immer nicht erfüllt. Im Jänner 2010 stellte Dohnal in einem Interview wieder klar: „Ohne Quote geht gar nichts. Das gilt auch für meine Partei.“

Der Workshop Im Workshop war es zunächst wichtig, Begriffe, die für Quotendiskussionen – egal in welchem Bereich oder auf welcher Ebene sie geführt werden – unabdingbar sind, zu klären. In einem Input wurde die Basis – „Diskriminierung“ – definiert. Eingegangen wurde auf „strukturelle Diskriminierung“, die Bezeichnung für die Ungleichbehandlung von Frauen auf so gut wie allen Ebenen – die Grundlagen der Unterdrückung von

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er Politik bedeutet r Männer.“ Kampf um die Quote

Frauen durch Männer. Dabei ging es besonders auch darum, die Redewendung „positive Diskriminierung“ zu entlarven: Oftmals werden Quoten als Instrument zur „positiven Diskriminierung“ von Frauen genannt. Eine Diskriminierung kann allerdings niemals positiv sein, der Begriff ist negativ konnotiert. Außerdem wollen Forderungen um eine Quote Männer nicht diskriminieren, Männern wird nichts von ihrem „rechtmäßigen“ Anteil genommen, es wird Gleichheit geschaffen. In Johanna Dohnals politischer Biografie wird immer wieder hervorgehoben, wie gut sie darin war, zur richtigen Zeit die richtigen Bündnisse zu schmieden. Auch in Fragen um die Quote und den erfolgreichen Kampf für diese Forderungen sind Überlegungen zu Bündnissen unumgänglich. Dabei geht es nicht „nur“ um eine Quotenregelung innerhalb der Partei – es bedarf ebenso gesetzlich verankerten Frauenquoten in der Privatwirtschaft und dem Parlament. Darum wurde im Workshop darauf eingegangen, welche Argumentationen verschiedene Parteien oder Institutionen, im Kampf für mehr Frauen in allen Bereichen des öffentlichen Lebens, verwenden und vertreten könnten.

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„Mehr Frauen in de gleichzeitig weniger Kampf um die Quote

Die Quote als… …quantitatives Förderungsmodell: Durch die größere Anzahl von Frauen in Leitungs- und Führungspositionen wird Normalität hergestellt. Diese durch Quoten erzeugte Normalität würde Frauen in innerparteilichen Verteilungskämpfen helfen und sie entlasten, aber auch eine Bewusstseinsänderung wäre eine wünschenswerte Folge. Haltungen ändern sich durch die Wirklichkeit, für Frauen und Mädchen können so großartige Vorbilder präsent sein. …Mittel für eine „fundamentale Umgestaltung der patriarchalen Gesellschaft“ Für eine Vielzahl von linken Feministinnen steht die Quote und der damit erhöhte Frauenanteil in Gremien und Spitzenfunktionen für mehr. Erhofft wird eine Umgestaltung der Gesellschaft, in der die Räume „Privat“ und „Politisch“ neu aufgeteilt und definiert werden müssen. Männer sichern sich ihre Macht – hier wirkt die Quote als ein qualitatives Instrument zu aktiven Herstellung von Gleichheit, dazu müssen allerdings auch Veränderungen auf Seiten der Männer möglich gemacht werden (z.B.: Karenz für Väter). …Mittel zur Durchsetzung des „Andersseins“ der Frau Hier gilt die Grundannahme, dass Frauen anders sind als Männer, das bedeutet: mit ihren „femininen“ Werten könnten Frauen eine bessere Welt schaffen. Hier wird einer fortschrittlichen Politik für Frauen (und von Frauen) wenig bis kein Raum gelassen. …Instrument für pragmatische Reformen Mit der Quote sollen konkrete Forderungen einher gehen: Arbeitszeitverkürzung, gleicher Lohn für gleiche Arbeit, die Schaffung von Kinderbetreuungseinrichtungen, etc. Quoten können nur eine männerbevorzugende Personalpolitik verändern und steuern – den Mechanismen von Frauenbenachteiligung muss auf mehreren Ebenen entgegengewirkt werden. Im Folgenden lasen die TeilnehmerInnen des Workshops in Gruppen zwei verschiedene Texte, beide aus dem Buch „Johanna Dohnal. Innensichten österreichischer Frauenpolitiken“. Einer der Aufsätze thematisiert die Geschichte des Kampfes um die Frauenquote innerhalb der SPÖ, er stammt direkt von Johanna Dohnal. Hier wird im Besonderen auf die Widerstände der Männer (anfangs auch der Frauen) innerhalb der Partei gegen eine Quotenregelung und die Strategien der sozialdemokratischen Frauen eingegangen. Dohnal berichtet von Diffamierungen, von denen sie besonders betroffen war: Auf dem Bundesparteitag

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1991, als die Quote erneut diskutiert wurde, meldete sich kaum ein Mann zu Wort – in der Wahlkabine trauten sie sich jedoch: ­Dohnal wurde mit nur 69 % in den Bundesparteivorstand gewählt. Nachgezeichnet wird auch ihre Wut im Jahr 1985. Damals wurde beim Bundesparteitag ein Statutenantrag von den SPÖ Frauen eingebracht, der maßgebliche Verbesserungen in Fragen um Frauen und Funktionen bedeutet hätte. Johanna Dohnals Vorgängerin war allerdings bereit eine Menge Kompromisse einzugehen – für Dohnal zu viele: Das Ergebnis war eine Soll-Bestimmung für eine 25 % Quote. Johanna Dohnal blieb diesem Parteitag fern. Der zweite Text „Frauenquoten – national und international“ wurde von Monika Jarosch geschrieben (Politikwissenschafterin und Autorin des Standardwerkes „Frauenquoten in Österreich“). Hier wird erneut auf die Veränderungsmöglichkeiten, die mit der Schaffung einer Quote in Politik und Wirtschaft offenbart werden, eingegangen. Grundlage sind hierbei zahlreiche internationale Vergleiche, in Norwegen beispielsweise hat die Quote bereits ihren Beitrag zur Veränderung der Gesellschaft geleistet. Forderungen In der abschließenden Diskussion standen die 2010 aktuellen Forderungspunkte der SPÖ Frauen im Zentrum. Ein verpflichtendes Reißverschlusssystem bei der Erstellung von Listen, bei denen der erste Platz Frauen zusteht, sowie verpflichtende Investitionen in aktive Frauenförderung bei Nichteinhaltung, erschienen mehr als nur sinnvoll. Hinzugefügt wurden finanzielle Sanktionen, die sowohl in der Partei als auch in der Privatwirtschaft ein Mittel zum Zweck darstellen können – allerdings müssten sie so hoch sein, dass Strukturen oder Unternehmen es sich nicht leisten können, sich „frei zu kaufen“.

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„Mehr Frauen in de gleichzeitig weniger Kampf um die Quote

Ausblick Den Forderungen der SPÖ Frauen kann abgesehen von finanziellen Sanktionen bei Nichteinhaltung der Regelungen nichts mehr hinzugefügt werden – längerfristig ist das Ziel aber klar: Innerhalb der Partei müssen Frauen im gleichen Maße partizipieren können wie Männer, was bedeutet, dass eine Frauenquote von 50 Prozent erreicht werden muss. Klar ist, dass die Partei sich vor einer ernst zu nehmenden Änderung des Statuts und der Einführung von Sanktionen nicht mehr drücken kann. Es gibt keinen anderen Weg und keine standhaften Argumentationen mehr, Frauen aus den ersten, wichtigen Reihen der Partei fernzuhalten – Sozialdemokraten haben lange genug ihre „Männerquoten“ geschützt! Als nächster Schritt wurde der Kampf um handfeste Quoten in allen weiteren Bereichen der Öffentlichkeit definiert. Damit einhergehend muss weiterhin jegliche Form von struktureller Diskriminierung angegriffen werden und die Chance einer Quote auf eine bleibende und tiefgehende Veränderung der Gesellschaft in Richtung Gleichheit von Frauen und Männern gepocht werden. Haltungen ändern sich durch Wahrnehmung – „Das Sein schafft das Bewusstsein“.

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„Es genügt eben nic zu beschließen und Fristenregelung und Sexualität

Workshop „Fristenregelung und Sexualität“ Workshopleiterin: Birgit Hierhacker, Frauensprecherin der Jungen Generation

„Es genügt eben nicht, nur ein Gesetz zu beschließen und dann zu sagen: „Das war‘s, wir haben uns abgeputzt. Es ist straffrei und jetzt, macht was ihr wollt und das andere überlassen wir dem freien Spiel der Kräfte.“ – Johanna Dohnal

Hintergründe Sexualität ist in unserer Gesellschaft zum alltäglichen Ereignis geworden und ein Thema, dass jede und jeden berührt. Es gibt kaum eine Fernsehsendung, eine Werbung oder ein Plakat, das ohne das Prinzip „sex sells“ auskommt. Trotz dieser „Allgegenwärtigkeit“ fühlen sich viele Österreicherinnen und Österreicher verunsichert, wenn es um Fragen der Verhütung geht. Im Rahmen des ersten Sexualkongresses im Februar 2010 in Wien wurde erhoben, dass sich 64 Prozent der Befragten nicht sehr gut über das Angebot an Verhütungsmitteln informiert fühlen. 18 Prozent sind sogar weniger bis gar nicht gut darüber aufgeklärt. Diejenigen, die sich mit der Thematik mehr beschäftigen, sind immer noch die Frauen. Ein Meilenstein für das Selbstbestimmungsrecht der Frau über ihren eigenen Körper und ihre Sexualität war die 1975 in Kraft getretene Fristenregelung. Johanna Dohnal war damals maßgeblich an der Durchsetzung der Regelung beteiligt. Bis heute aber wird die Fristenregelung immer wieder von konservativen und religiösen Kräften angezweifelt.

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cht, nur ein Gesetz dann zu sagen: „Da Fristenregelung und Sexualität

Der Workshop Der Workshop gliederte sich in zwei Teile: Zum einen wurde die Fristenregelung dahingehend diskutiert, wieso politische und religiöse Kräfte diese am liebsten noch immer abgeschafft sehen würden. Zum anderen haben sich die WorkshopteilnehmerInnen mit den verschiedenen Methoden der Verhütung und ihrer jeweiligen Sicherheit, sowie mit der Frage nach Rahmenbedingungen, die es für eine offene und kritische Sexualaufklärung braucht, beschäftigt. ....Fristenregelung Die Frage, ob die Fristenregelung aus dem Strafgesetzbuch genommen werden soll, wurde breit im Workshop diskutiert. Die TeilnehmerInnen waren sich einig, dass eine Streichung des sogenannten Abtreibungsparagraphen im Strafgesetz jedoch realpolitisch nicht möglich sein wird. Obwohl ein Schwangerschaftsabbruch in Österreich in den ersten drei Monaten straffrei möglich ist, werden die betroffenen Frauen in der Praxis mit zahlreichen Problemen konfrontiert: die Kosten für einen Schwangerschaftsabbruch können zwischen € 295.- und € 800.- variieren – Kosten, die sich nicht jede Frau leisten kann. Weiters braucht es eine bundesgesetzliche Regelung zur Errichtung von Schutzzonen. Es darf nicht sein, dass Frauen auf dem Weg in ein Ambulatorium von AbtreibungsgegnerInnen eingeschüchtert und behindert werden: durch Zutrittsbehinderungen, Einschüchterungen, Ausübung von psychologischem oder moralischem Druck auf Frauen und Klinikpersonal.

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„Es genügt eben nic zu beschließen und Fristenregelung und Sexualität

....Sexualität/ Verhütung/ Aufklärung Die WorkshopteilnehmerInnen waren sich einig, dass es in den Bereichen Aufklärung, Beratung und Information über Empfängnisverhütung enormen Aufholbedarf, vor allem in den Schulen, gibt. Der Aufklärungsfilm „Sex we can?!“ ist zweifellos ein richtiger Ansatz. Niederschwellige Angebote sollen auch weiterhin forciert werden. Gerade das Web 2.0 bietet den Jugendlichen die Möglichkeit, sich anonym zu informieren, hierbei muss jedoch die Qualität der zur Verfügung gestellten Beiträge gewährleistet werden. Forderungen Folgende Forderungen wurden zum Thema Fristenregelung aufgestellt: Schwangerschaftsabbruch aus dem Strafgesetzbuch nehmen Schwangerschaftsabbruch soll österreichweit möglich sein, finanziert durch die öffentliche Hand Bundesgesetzliche Regelung zur Errichtung von Schutzzonen Gleicher und leistbarer Zugang zu den Landeskliniken Folgende Forderungen zum Thema Sexualität/ Verhütung/ Aufklärung wurden aufgestellt: Beratungsbus an öffentlichen Plätzen, um sich anonym und kostenlos beraten zu lassen Bundesweite Beratungsstellen wie beispielsweise die First-Love-Ambulance in Wien und Salzburg Gratis Kondome in Schulen, auf öffentlichen Toiletten, Diskotheken, etc. Externe ExpertInnen an Schulen sollten nicht älter als 35 Jahre sein Forderungen speziell für den Bildungsbereich Sexkoffer für Eltern Viele Eltern haben ein Problem, offen mit ihren Kindern über Sexualität und Aufklärung zu sprechen. Oft liegt es an der eigenen Unkenntnis bzw. an dem Tabuthema „Sex“. Ein „Sexkoffer für Eltern“ kann an den Schulen bei einem Elternabend zur Verfügung gestellt werden. Aufklärung in den Schulen soll verpflichtend im Lehrplan sein (mehrmals pro Schulzeit) geschlechtsspezifische Aufklärung an Schulen Aufklärungsworkshops

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Neben einem eigenständigen Aufklärungsunterricht (unabhängig vom Biologieunterricht) soll die Möglichkeit für einen Aufklärungsworkshop (rund 2 Tage) geschaffen werden. Die SchülerInnen können sich intensiv mit dem Thema beschäftigen. Oftmals werden Fragen vor der gesamten Klasse als unangenehm bewertet, weshalb ein Workshop die Möglichkeit für individuelle Fragebeantwortungen gibt. Kritische Auseinandersetzung mit Pornographie an Schulen Mindestens eine/n VertrauenslehrerIn pro Schule Mehr Aufklärung über sexuell übertragbare Krankheiten Forderungen speziell für den Gesundheitsbereich Verhütung auf Krankenschein nach Arztkontrollbesuch Bundesweite Wahlmöglichkeit ob ein Arzt oder eine Ärztin aufgesucht wird Flächendeckende FrauenärztInnen auf Kasse Ultraschalluntersuchungen sollen von allen Krankenkassen getragen werden Kostenlose Untersuchungen auf sexuell übertragbare Krankheiten Untersuchung auf sexuell übertragbare Krankheiten bei der Gesundenunter­ suchung und Stellung (Bundesheer)

Ausblick Insgesamt haben sich die WorkshopteilnehmerInnen darauf geeinigt, dass zum einen dem Aufklärungsunterricht an den Schulen, aber auch im späteren Erwachsenenleben mehr Aufmerksamkeit zu Teil kommen soll. Veränderungen im Lehrplan sollen ebenso einen wichtigen Schritt in Richtung der Enttabuisierung von Sexualität setzen. Geschlechtersensibler Unterricht, VertrauenslehrerInnen und kostenloser Zugang zu Verhütungsmitteln würden bereits zu einer wesentlichen Verbesserung der Situation von Jugendlichen führen. Andererseits haben die TeilnehmerInnen darauf aufmerksam gemacht, dass es in Österreich oftmals finanzielle Barrieren gibt, wenn es um den Zugang zu Verhütungsmitteln, Gesundenuntersuchungen und Schwangerschaftsabbruch geht. In einem Land, wo die Regierung auf Millioneneinnahmen durch das Auslaufen der Schenkungs- und Erbschaftssteuer verzichtet, darf es nicht sein, dass Frauen zur Kassa gebeten werden, wenn es um ihre Gesundheit geht.

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„Der Boden, auf de Versklavung von Fra Frauen und Arbeit

Workshop „Frauen und Arbeit“ Magdalena Schrott, Bundesfrauensprecherin des Verbands sozialistischer StudentInnen

„Der Boden, auf dem sexuelle Ausbeutung und Versklavung von Frauen gedeihen, ist die rechtliche und ökonomische Benachteiligung von Frauen.“ – Johanna Dohnal

Hintergründe Es handelt sich um eine Thematik, die aufgrund des politischen Wirkens von Johanna Dohnal in rechtlicher Hinsicht massiv umgestaltet wurde. Diese Veränderungen ermöglichten eine gleichberechtigte Situation – am Arbeitsplatz selbst sowie im privaten Bereich - zwischen den Geschlechtern anstelle der allumfassenden Macht des (Ehe-) Mannes. Johanna Dohnal ermutigte Frauen, die ökonomische Selbstständigkeit als Gradmesser der eigenen Unabhängigkeit zu sehen. Außerdem war sie selbst als eine der ersten Staatssekretärinnen auch in beruflicher Hinsicht ein Vorbild für viele Frauen. Dieses Themenfeld ist darüber hinaus in ideologischer Hinsicht sehr spannend, seit jeher haben sich sozialistische/sozialdemokratische Frauen hier stark gemacht und für ihre Rechte gekämpft, nicht selten gegen den Willen ihrer männlichen Genossen.

Der Workshop Aus diesem Ansatz heraus war es auch wichtig, eine Art ideologischer Grundlegung im Workshop selbst zu betreiben. Dies geschah durch eine Input zum Thema Arbeitswertlehre bei Marx und seinen (Re-) Produktionsbegriff. Arbeit ist gemäß Marx eine Ware wie jede andere, die schlussendlich verkauft wird. Der „Arbeitswert“ bestimmt sich durch die Arbeitszeit, die für die Produktion einer Ware benötigt wird. Je komplexer die Tätigkeiten und je länger die Produktionszeit, desto höher der Arbeitswert, also der Lohn.

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Nun könnte argumentiert werden: Also meint Marx auch, dass die Reproduktion von Arbeitskräften an sich eine Ware ist, da sie ja die Ware Arbeitskraft hervorbringt und ihr Wert bestimmt sich dann durch die Zeit, die dafür benötigt wird. Jedoch besteht genau eine wesentliche Problematik darin, dass der Reproduktionsbegriff von Marx sehr beschränkt ist. Er sieht lediglich bestimmte Faktoren als relevant für die Reproduktion von Arbeitskräften an – ausreichend Essen und Trinken, Heizung und Kleidung. Was Marx ausklammert, sind Tätigkeiten, die er nicht als relevant für die Erhaltung (im Sinn von am-Leben-Haltung) der Arbeitskraft sieht bzw. so selbstverständlich sind, dass sie nicht bedacht werden: Pflege bei Krankheit, Erziehung, Reinigung oder Einkäufe. Das alles ist zwar nichts, was direkt oder indirekt verkauft wird, aber dennoch eine Familie/Lebensgemeinschaft und vor allem das kapitalistische System aufrecht erhält. Auch bei der Definition des Produktivitätsbegriffs durch Marx ist problematisch, dass viele Arbeiten nicht als produktiv und damit auch nicht als wertvoll und wichtig gedacht werden. Darunter fallen alle Arbeiten, die nicht einen Mehrwert, sondern in erster Linie einen Gebrauchswert produzieren. Beispielsweise gelten die Tätigkeiten von Reinigungskräften, das Erledigen von Einkäufen oder die Reparatur von Dingen im Haushalt als unproduktiv, weil sie zwar unmittelbar für den Gebrauch gut sind, aber keinen Mehrwert produzieren. Die Kombination von der Ausbeutung in Fabrik und Heim ist für Marx nur sekundär. Er verkennt, dass die

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Geschlechterhierarchie und die damit verbundene Zuschreibung von Tätigkeiten ebenso Ausbeutung mit sich bringt, die noch dazu von einer anderen Person abhängig machen. Nach diesem eher theoretischen Einstieg wurden allen TeilnehmerInnen anhand eines vorbereiteten Zeitstrahls die wesentlichen frauenpolitischen Errungenschaften der SPÖ in diesem Bereich zwischen 1970 und 1990 vor Augen geführt. Vor dem Hintergrund der SPÖ-Alleinregierung ab 1971 wurden Frauenpolitik und Familienpolitik entkoppelt. Das damals noch vorherrschende Familien­ideal propagierte den männlichen Familienernährer und eine an unbezahlte Haus- und Familienarbeit gefesselte Frau. Es galt ein patriarchales Ehe- und Familienrecht, das den Frauen eine freie Entscheidung über ihre Lebensweise oder ihren Beruf absprach. Die verschiedenen Maßnahmen waren daher hauptsächlich gesetzlicher Natur: Das Kernstück der Familienrechtsreform, das „Gesetz über die Neuordnung der persönlichen Rechtswirkungen der Ehe“, trat 1976 in Kraft. Dieses stellte Mann und Frau endlich vor dem Gesetz gleich und ersetzte die alte Vorstellung vom Mann als Oberhaupt der Familie, dessen Anweisungen die Frau zu befolgen hatte. Die gesetzliche „Folgepflicht“ der Frauen in die jeweilige Wohnung des Mannes wurde somit aufgehoben – dies machte in weiterer Folge die Flucht in ein Frauenhaus überhaupt erst möglich - und auch die Berufstätigkeit konnte ihr nun vom Mann nicht mehr verboten werden. Erwähnt sei auch das 1978 in Kraft getretene „Gesetz über die Neuordnung des gesetzlichen Erbrechts der Ehegatten und des gesetzlichen Güterstandes“. Bis zu diesem Zeitpunkt wurde aus rechtlicher Sicht angenommen, dass das während einer Ehe erworbene Vermögen grundsätzlich vom Mann stammt. Dies galt auch für den Fall, dass die Frau berufstätig war. Im Fall einer Scheidung hatte das natürlich fatale Konsequenzen. Im neuen Familienrecht muss das während der Ehe erworbene Vermögen bei deren Auflösung geteilt werden. Nachdem Johanna Dohnal zur Staatsekretärin für Frauenfragen bestellt wurde, trat bereits 1979 das erste Gleichbehandlungsgesetz in Kraft: Die Unterscheidung von Frauen- und Männerlöhnen in Kollektivverträgen wurde beseitigt. Diesem folgten in den kommenden zwei Jahrzehnten weitere Gleichbehandlungsgesetze, die verschiedenste Diskriminierungen beseitigten und somit zu einer deutlichen Verbesserung der Situation von Frauen am Arbeitsplatz führten. Es gab auch einige spannende Projekte, die bis heute nichts an Aktualität verloren haben.

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Vor allem zu nennen ist die im Jahr 1984 gestartete Aktion „Töchter können mehr – Berufsplanung ist Lebensplanung“, die Wege für junge Frauen abseits der „typischen“ und oft schlecht bezahlten Frauenjobs aufzeigen wollte. Nach der Bildungsexplosion für Mädchen in den 1970ern durch die Öffnung von Schulen und Hochschulen verbunden mit verschiedenen sozialen Maßnahmen wie den kostenlosen Schulbüchern galt (und gilt) es nun, die geschlechtsspezifischen (Aus-) Bildungswege zu durchbrechen. Zuletzt ging es an die inhaltliche Bearbeitung und Diskussion der heutigen Situation von Frauen im Erwerbsleben. Anhand einer kritischen Bearbeitung des Frauenberichts 2009 der Grünen wurden bestehende Problemfelder herausgefiltert und präsentiert. Die grundsätzlichen Ungerechtigkeiten dürften bekannt sein: Das Bestehen einer Einkommensschere von rund einem Drittel, eine höhere Armutsgefährdung bei Erwerbslosigkeit sowie eine immer noch bruchsichere gläserne Decke, die Frauen von den Spitzenpositionen in Politik und Wirtschaft fernhält, wären nur einige Beispiele. In einem nächsten Schritt wurden zunächst zu zweit und dann im Plenum entsprechende Lösungen oder zumindest Lösungsansätze diskutiert und festgehalten.

Forderungen Bereich Erwerbsarbeit (-slosigkeit) Kollektivverträge in allen Branchen und Beschäftigungsverhältnissen 30 Stunden Woche und gesetzlich geregelte Überstunden (Zurückdrängung der Teilzeit) Verstaatlichung von Pflegearbeit Höherer gesetzlich festgelegter Mindestlohn Bereich Einkommen Gehaltsoffenlegung mit Sanktionen Einkommensobergrenze für Spekulationen Gleichbehandlungsstellen in allen Regionen Vermögenssteuer Staffelung der Sozialversicherungsbeiträge „typische“ Frauenberufe monetär aufwerten Abschaffung des AlleinverdienerInnenabsetzbetrages Bereich Frauen in Spitzenpositionen 50 % Quoten und Sanktionen 50 % Quote auch bei Parteien Anonyme Bewerbung (schriftlich): ohne Geschlecht, Alter und Herkunft

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Ausblick Natürlich konnten in Anbetracht der kurzen Workshop-Zeit nicht alle Themenbereiche ausführlich und umfassend behandelt werden. Andererseits konnte auf ein großes Vorwissen der TeilnehmerInnen gesetzt werden, es gab ein Genderbewusstsein und die Kenntnis von spezifischen Begriffen wie der Einkommensschere. Deswegen war der Output des Workshops recht beeindruckend, viele Forderungen sind zentral für die tatsächliche Gleichstellung der Frauen im Erwerbsleben. Eine gute Grundlage für weitere aktuelle Forderungen und konkrete Maßnahmen bietet der Nationale Aktionsplan (NAP) zur Gleichstellung von Frauen und Männern am Arbeitsmarkt des Frauenministeriums. Im Leitpapier dazu geht es beispielsweise auch um eine Erhöhung der Erwerbsbeteiligung und der Vollbeschäftigung von Frauen. Es gilt in diesem Bereich neue Wege zu gehen und gemeinsam mit der Zivilgesellschaft Druck aufzubauen, um das politische Erbe Johanna Dohnals weiter tragen zu können.

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