Solidarität 2/2017

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THEMA 11 ​ wei junge MoçambiquanerInnen Z an einer Dorfversammlung.

EINE STIMME FÜR DIE BEVÖLKERUNG Solidar Suisse engagiert sich in Moçambique und Burkina Faso dafür, dass die Anliegen der Menschen in die Entwicklung einfliessen. Text und Foto: Joachim Merz

2003 markiert ein wichtiges Datum für Moçambiques Demokratie. In diesem Jahr erliess der Staat im südlichen Afrika ein neues Gesetz, das es den Bürge­ rInnen erlaubt, über Entwicklungspläne und öffentliche Budgets in ihrem Distrikt mitzuentscheiden. Keine Selbstverständ­ lichkeit im traditionell zentralistischen Land: Die Entscheidungen werden in der Hauptstadt Maputo getroffen und gehen als Weisungen an die Provinzen und Distrikte. Die Lokalregierungen werden nicht gewählt, sondern von der Regie­ rungspartei Frelimo bestimmt. Und die Menschen nehmen das neue Recht wahr. So bestimmen sie mit, wenn es darum geht, den Standort eines neuen Trinkwasserbrunnens festzulegen oder den lokalen Gesundheitsposten besser auszustatten. Auch dank Solidar Suisse: Seit über zehn Jahren unterstützen wir die Bevölkerung dabei, an wichtigen Entscheidungsprozessen teilzunehmen. Solidar übernimmt die Transportkosten, damit VertreterInnen der Zivil­gesellschaft aus den Dörfern überhaupt an den Sit­

zungen teilnehmen können, und schult lokale RegierungsvertreterInnen, damit sie die Planung partizipativer gestalten. Die Menschen möchten mitreden Bildhaft in Erinnerung geblieben ist mir eine Szene in Estaquinha im Distrikt Búzi, 700 Kilometer nördlich von Maputo, im Zentrum des Landes: Eine Frau meldet sich in der Gemeindeversammlung zu Wort und wirft der Distriktregierung mit fester Stimme vor, die für das nächste Jahr vorgesehenen Projekte entsprä­ chen in keiner Weise dem, was in der vor­ herigen Sitzung besprochen worden sei. Die mutige Stellungnahme von Adela Sit­hole zeigt, dass die Menschen mitre­ den möchten – und dass sie sich em­ pören, wenn sie übergangen werden. «Wir sind hier, um die Anliegen unserer Dorfgemeinschaften zu vertreten. Wir müssen deutlich sagen, was wir wollen. Nur so werden die öffentlichen Gelder auch dort eingesetzt, wo es sinnvoll ist», meint sie.

Leider hat in den letzten drei Jahren der schwelende Bürgerkrieg, von dem beson­ ders die Solidar-Projektregion im Zentrum des Landes betroffen war, punkto demo­ kratischer Partizipation zu einem grossen Rückschritt geführt. Die Meinungsfrei­ heit wird zunehmend eingeschränkt, aus Angst vor Repression wagen es die Men­ schen nicht mehr, offen für ihre Ansichten einzustehen. Wer sich politisch exponiert, läuft Gefahr, dieses Engagement mit dem Leben zu bezahlen. Seit Ende 2016 gibt es eine brüchige Waffenruhe. Solidar engagiert sich für das Weiterbestehen der aufgebauten Strukturen der Mitbe­ stimmung, damit die Menschen an die bisherigen Erfahrungen anknüpfen kön­ nen und mutige Menschen wie Adela Sithole sich auch in Zukunft stark dafür machen, dass der Service public in ihren Dörfern verbessert wird.

Burkina Faso Auch Burkina Faso wird zentralistisch regiert. Deshalb unterstützt Solidar den Dezentralisierungsprozess in der Region Plateau-Central durch die Stärkung der Zivilgesellschaft, damit diese sich an den lokalen Entschei­ dungsprozessen beteiligen und die Qualität der öffentlichen Dienstleis­ tungen in acht Gemeinden verbessern kann. So hat die lokale Solidar-Part­ nerorganisation Labo Citoyennetés im Dezember 2016 ein erstes Treffen für alle beteiligten AkteurInnen durch­ geführt: «Ziel war, die GemeinderätIn­ nen und BürgermeisterInnen mit den Organisationen der Zivilgesellschaft zusammenzubringen, um die Basis für den Prozess zu legen», erklärte der Leiter Antoine Raogo Sawadogo.


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