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Photovoltaik – Auf ein neues Jahr
by soj.at
Das letzte Jahr war eindeutig ein turbulentes PV-Jahr. Im Winter 21/22 begannen die Gas- und Strompreise deutlich anzusteigen und erreichten nach dem Kriegsbeginn über den Sommer noch nie gesehene Höhepunkte. Dies initiierte ein so großes Interesse an Photovoltaik, sowohl im Privat- als auch im Firmenbereich, dass nicht nur die Neuerrichtung 2022 enorm zunahm sondern auch die Warteliste für Photovoltaik bis zum Jahresende sich massiv verlängerte. Liefertermine wurden daher teilweise sogar erst für 2024 avisiert. Wie sich dies alles im neuen Jahr entwickeln wird, dazu befragen wir die beiden Energie-Ingenieuren Dr. Ludwig Ems und Dipl.-Ing. Werner Erhart.
Wird sich die Situation bei der Errichtung von PV heuer entspannen?
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DI Erhart: Die Entspannung wird es erst geben, wenn der Rückstau aus dem letzten Jahr abgebaut werden wird. Zirka eine Jahresbauleistung hat sich bisher rückgestaut. Die Ressourcen bei den Montagefirmen sind noch nicht ausreichend für den Bedarf in Österreich vorhanden. Besonders für Privatkunden wird es wichtig sein, dass vor allem die Elektro-InstallationsFirmen sich der PV noch mehr annehmen und die Kunden in ihrer eigenen Region betreuen. Bei der Errichtung der großen PV-Kraftwerke ab 4 MW auf der Freifläche werden mit hoher Wahrscheinlichkeit neue Unternehmen aus dem benachbarten Ausland auftreten. Die PV-Kraftwerke für die Eigenversorgung der einheimischen Unternehmen auf den Dachflächen werden eher von bereits erfahrenen österreichischen Unternehmen abgedeckt.
Gibt es noch weitere Engpässe bei der Errichtung der PV?
Dr. Ems: Die Netzbetreiber sind weiterhin intensiv dabei, deren Stromnetze auszubauen. Zahlrei- che Umsetzungstermine wurden in der letzten Zeit sogar beschleunigt. Sorge bereitet uns eher der Engpass bei Transformatoren. Diese sind eine unbedingte Voraussetzung für den Anschluss der mittleren und großen PV-Anlagen. Aktuelle Bestellungen erhalten immer öfters Lieferzeiten von mehr als 12 Monaten. Ein weiteres EngpassThema ist die Abwicklung der Förderung. Diese war im letzten Jahr einfach schlecht konditioniert und in der Umsetzung zu kompliziert. Hier wird es sicher erforderlich sein, dass im heurigen Jahr die Fördergeber die Effizienz steigern. Die Wartezeiten um Fördergeld zu beantragen und zu erhalten sind einfach inakzeptabel und leider hausgemacht. Hier gilt keine Ausrede, China würde verzögern.
Macht es vor diesem Hintergrund überhaupt Sinn an PV zu denken?
DI Erhart: Österreich kauft jährlich um Milliardenbeträge Öl und Gas. Für 2022 soll es ein Betrag in der Höhe von 20 Milliarden Euro sein, das sind immerhin bereits 20% des gesamten österreichischen Steueraufkommens. Photovoltaik und die übrigen erneuerbaren En- ergieformen sind genau die Maßnahmen, die Abhängigkeit von Arabien und Russland als auch die Umweltverschmutzung zu reduzieren. Deshalb gibt es aus unserer Sicht keine bessere Alternative für Private und Unternehmen als mit Photovoltaik selbst Strom zu produzieren. Noch dazu hat PV den Vorteil im Gegensatz zu anderen Stromerzeugungen, dass in jeder Größenordnung von Klein-Anlagen am Balkon bis hin zu Groß-Anlagen bei Unternehmen die PV zielorientiert und gewinnbringend errichtet werden kann. Damit ist PV die erste Energie-Erzeugung nach der Erfindung des Feuers, die praktisch immer und überall zum Einsatz kommt, jeweils angepasst an die Gegebenheit und die verfügbare Finanzierung. Also, ja, es macht ausgesprochen viel Sinn, die Errichtung von PV zu prüfen und umzusetzen.
Wie werden Photovoltaik-Anlagen 2023 finanziert?
Dr. Ems: Bei der Finanzierung von PV sind 3 Bereiche zu berücksichtigen.
1. Die öffentliche Förderung bietet einerseits bis 1.000 kWp Investitionszuschüsse und darüber Tarifförderungen. Die nächsten Fördertermine sind für den Zeitraum März/April angekündigt. Auch gibt es die Zusage der Regierung, die Förderbudgets deutlich zu steigern und die Abwicklung zu beschleunigen.
2. Die Banken sind in der Regel aufgeschlossen, Kredite für PV anzubieten. In der Vergangenheit erfolgten durchschnittliche Finanzierungen mit 25 % Eigenmittel und Förderungen und 75 % mit Kredit. Ein wesentlicher EinflussFaktor für Kredite sind dabei die Zinsen. Diese haben sich seit dem Feber 2022 auf aktuell ca. 5% erhöht. Alternativ gibt es neben Kreditfinanzierungen bereits auch Leasing-Finanzierungen von PVKraftwerken für Unternehmen.
3. Das Hauptthema für die Finanzierung – vor allem nach dem Anstieg des Strompreises – sind jedoch die Kosteneinsparungen beim Eigenverbrauch des PV-Stroms als auch die Erträge beim Verkauf ins öffentliche Netz. So zahlt z.B. die OEMAG mit dem ÖkostromMarktpreis einen besonders attraktiven Abnahme-Preis für PVStrom.
Welchen Tipp habt Ihr EnergieIngenieure für PV-Interessierte DI Erhart: PV-Interessierte sollten darauf achten, dass die Produkte dem technischen Standard in Österreich entsprechen. Auf „oesterreichsenergie.at“ ist die offizielle Liste der in Österreich zugelassenen Wechselrichter einsehbar. Damit kann man selbst überprüfen, ob der angebotene Wechselrichter bereits die österreichische Zulassung aufweist. So vermeidet man spätere Probleme, wenn der Netzbetreiber die Aktivierung der PV wegen eines nicht zugelassenen Wechselrichters ablehnt.
Dr. Ems: Vor allem bei Unternehmen sollte über die Technik hinaus die Wirtschaftlichkeit der PV das wichtigste Entscheidungskriterium für die Bestimmung der optimalen PV-Größe und der Art der Finanzierung sein. Dabei ist es sinnvoll, für die Fragen der Technik, der Auslegung/Planung und der Wirtschaftlichkeit externe Unterstützung zu nutzen.
Land fördert PV-Ausbau auf Dächern von Gemeindegebäuden
Wenn es um den Ausbau der Photovoltaik geht, hat das Land Steiermark eine klare Priorität: In erster Linie sollen dafür Dächer und Fassaden, versiegelte Flächen wie Parkplätz oder vorbelastete Flächen wie stillgelegte Deponien genützt werden. Bereits im vergangenen Jahr hat das Land Steiermark daher in der Novelle zum Baugesetz eine PV-Verpflichtung für Neubauten verankert, so dass jedes neu errichtete Gebäude zum Sonnenkraftwerk wird. Außerdem startete eine PVOffensive auf landeseigenen Gebäuden: Bis zum Jahr 2024 werden mehr als 40 Projekte umgesetzt, die zusammen 14.000 Quadratmeter PV-Flächen ergeben. Jetzt geht das Land noch einen Schritt weiter und unterstützt steirische Gemeinden dabei, ihre Dachflächen mit PV-Anlagen auszustatten. In vielen Fällen ist es dafür nämlich notwendig, die Dächer statisch auszubauen und die elektrische Anlage der Gebäude aufzurüsten. Dafür übernimmt das Land nun einen Teil der Kosten für Planung, Umsetzung und Einbindung in das Netz (Anschlusskosten, Netzzutrittsentgelt etc.). Gemeinden können für mehrere Gebäude, die in ihrem Eigentum stehen, um eine Förderung ansuchen. Die Höhe der Förderung ist nach Steuerkraft-Kopfquote ge- staffelt, die Obergrenze liegt bei 110.000 Euro pro Gemeinde. Insgesamt hat das Land dafür drei Millionen Euro aus dem Klimafonds reserviert. Ursula Lackner, Landesrätin für Klimaschutz und Umwelt: „Wir müssen raus aus den fossilen Energieträgern und unser Energiesystem transformieren. Weg von der gefährlichen und umweltschädlichen Abhängigkeit, hin zu einer grünen, sauberen Unabhängigkeit. Mit der PV-Offensive auf den eigenen Gebäuden macht das Land Steiermark einen wichtigen Schritt auf dem Weg zur klimaneutralen Landesverwaltung. Jetzt unterstützen wir die Gemeinden dabei, diesen Weg mitzugehen.“

Hans Seitinger, Landesrat für Nachhaltigkeit: „Die Gemeinden haben nicht nur große Dachflächen, die für PV-Anlagen nutzbar sind, sondern sind selbst bedeutende Verbraucher und oft auch Energieversorger. Daher wollen wir mit dieser Förderung die steirischen Gemeinden bei der Realisierung von PV-Anlagen auf Dächern unterstützen. Damit treiben wir die Energiewende voran und machen einen weiteren Schritt in Richtung Energieunabhängigkeit.“
Die Förderrichtlinie ist unter www.wohnbau.steiermark.at/oeko foerderungen abrufbar.


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