Neue Geschäftspotenziale mit Smart Services

Page 50

STRATEGIE

STRATEGIE Interaktiv Ideen finden Der große Vorteil der Ideenfindung mit strukturierten Methoden: Sie können nicht nur in einem Workshop eingesetzt werden, sondern führen weiter in die eigentliche Produktentwicklung sowie die endgültige Bereitstellung der Lösung. Es wäre widersinnig, zunächst die Ideenfindung interaktiv zu gestalten, anschließend aber wieder traditionelle, nicht-interaktive Methoden einzusetzen, um die Lösung in den Markt einzuführen. Workshops eignen gut sich zur Entdeckung von Ideen, die dann zu einem wichtigen Bestandteil eines sehr viel längeren Prozesses der Digitalisierung und agilen Transformation werden. In den entsprechenden Workshops können die Unternehmen vergleichsweise schnell Digitalisierungsinitiativen generieren – ein typischer Zeitraum sind vier bis acht Wochen. Bei einem Kunden konnte IBM innerhalb weniger Wochen gut 30 Ideen generieren, von denen anschließend einige in Projekten verwirklicht wurden.55 Anschließend sollte das Unternehmen ein interdisziplinäres Digitalisierungsteam ins Leben rufen.

Grundsätzlich gilt bei Design Thinking die Anforderung, dass sich das Team tatsächlich an einem Ort befindet. Allerdings ist das in vielen Unternehmen und Projekten nicht ohne weiteres zu verwirklichen, weil etwa globale Teams gebildet werden müssen. In diesem Fall sind Videokonferenzen ein gutes Hilfsmittel für die Zusammenarbeit. Sehr praktisch für weltweit verteilte Teams ist eine Always-On-Konferenz. Dabei gibt es einen einzelnen Teamraum, der für die örtlich anwesenden Mitarbeiter ausreichend groß dimensioniert sein muss. Er ist gleichzeitig auch ein Videokonferenzraum, bei dem die Kameras den ganzen Tag laufen, sodass die Mitarbeiter unkompliziert miteinander sprechen können.

Expertentipp:

Design Thinking ist nicht für jedes Problem geeignet

Lean Service Creation – das digitale Powerpack56

Kreativmethoden wie Design Thinking sind als strukturierte Vorgehensweise ein flexibles Werkzeug, das Unternehmen in drei Bereichen einsetzen können:

Die Digitalagentur SapientRazorfish verknüpft die drei Methoden Design Thinking, Lean Start-up und agile Softwareentwicklung unter dem Schlagwort “Lean Service Creation”. Dieser schlanke Ansatz hilft den Kunden der Agentur, schneller ans Ziel zu kommen. Durch schlanke Methoden der Erkenntnisgewinnung, des Bauens und des Testens kann ein Projektteam schneller überprüfen, ob die Annahmen über die Kunden und den Service richtig sind. Die Strategen und UX-Designer der Agentur besuchen die Kunden und Nutzer und arbeiten kollaborativ. Das ist sicher eines der zentralen Elemente dieser Methoden: Sie ermöglichen eine schnellere Zusammenarbeit. Das bewirkt „Alignment“. Das Projektteam – idealerweise besetzt von Kunden und echten Nutzern – kann sich sehr schnell auf ein gemeinsames Verständnis, auf eine gemeinsame Aufgabe, einen gemeinsamen Problemkreis und vielleicht auf ein Set an möglichen Lösungen einschwören. Die UX-Strategen bei SapientRazorfish versuchen, ein klares Bild des Kontextes zu erzeugen: Wer hat eigentlich welches Problem? Wo entsteht eine Lücke in einer Serviceerfahrung? Die Methode dahinter ist User Research. Das kann ein ganzes Methodenset umfassen, angefangen bei Guerrilla-Methoden, über Ethnografien, um erst einmal anekdotisch Wissen zu sammeln. Wichtig ist natürlich, diese Methoden zu verfeinern – im Hinblick auf die Gütekriterien Reliabilität, Validität und Objektivität. Zudem ist eine möglichst breite Datenbasis notwendig. Das können einerseits Verhaltensdaten sein, die auch schon im digitalen Service- oder Nutzungskanal messbar sind. Das können andererseits unstrukturierte Daten sein, die über Nutzerbeobachtung, Interviews und andere Beobachtungsformen ermittelt werden. Die große Gefahr ist, dass die Menschen in Nutzer Interviews etwas Bestimmtes sagen, sich in der Wirklichkeit aber ganz anders-verhalten. Die Diskrepanz zwischen beschriebenem und tatsächlichem Verhalten ist umso größer, je mehr es beispielsweise um erwünschtes Verhalten geht oder Themen wie Ernährung und Gesundheit. Deshalb ist es wichtig, dass das reale Verhalten sowohl digital als auch im Alltag mit technischen Mitteln gemessen wird, um es korrekt zu erfassen und daraus bestimmte Muster ableiten zu können.

55 Interview Rentsch, IBM 56 Interview Gäng, SapientRazorfish

98

Es ist wichtig, hier die Kunden einzubinden, damit aus der potentiellen Problemlösung auch tatsächlich eine so genannte Opportunity, eine Gelegenheit, einen Wertbeitrag zu leisten, entsteht. Das umfasst auch die Kenntnis der verschiedenen Rahmenbedingungen des Kunden. Die Agentur betrachtet dafür den Nutzer möglichst früh und genau. Außerdem berücksichtigt sie alle Kanäle und Artefakte, mit denen ein Kunde interagiert.

1. Produkte, Services und Geschäftsmodelle entwickeln: Bei der Entwicklung von neuen Geschäftsmodellen, Produktideen und smarten Services steht der Endkunde im Fokus und zwar sowohl im B2C- als auch im B2B-Sektor. 2. Innovationskultur fördern, Mitarbeiter coachen: Bei der Weiterentwicklung des Unternehmens und seiner Performance können strukturierte Methoden helfen, das Unternehmen innovativer zu machen und das Mindset der Mitarbeiter zu verändern. Ziel ist dabei die Fähigkeit, im Rahmen eines Design-Thinking-Prozesses innovativ zu arbeiten. Zu dem neuen Mindset gehört auch, die Angst vor Fehlern zu verlieren – sie sind notwendig, um einen Lernprozess anzustoßen. 3. Strategische Weiterentwicklung und Digitalisierung: Denkweisen und Kultur gilt es im ganzen Unternehmen zu verändern. Ein methodisches Vorgehen hilft dabei, alle Fachbereiche des Unternehmens darauf vorzubereiten. Interne Prozesse werden verändert und neu entwickelt, um auf die Herausforderungen der digitalen Transformation zu reagieren. Allerdings sind kreative Methoden nicht für jedes Problem geeignet. Sie sind beispielsweise nicht ratsam bei Problemen, bei denen die Aufgabe und der Lösungsweg bereits bekannt sind. In diesem Fall kann die Ideenfindung nichts zur Problemlösung beitragen.57

57 Interview Tonhauser, DesignThinkingCoach Praxisleitfaden 2017 | Internet der Dinge

Praxisleitfaden 2017 | Internet der Dinge

99


Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.