SLEAZE 24

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Experimenteller Elektropop

Indie

Orchestral Rap

Elektro

Ada

Art Brut

Chilly Gonzales

Digitalism

Pampa Records VÖ: 10.06.‘11

Cooking Vinyl / Indigo VÖ: 20.05.‘11

Wagram / Edel VÖ: 10.06.‘11

V2 / Cooperative Music VÖ: 17.06.‘11

Klingt wie: Apparat, Gustav, Sufjan Stevens

Klingt wie: Pavement, Pixies, Arctic Monkeys

Klingt wie: Orchestral Rap natürlich!

Klingt wie: Daft Punk, The Klaxons

Hier kann man zuhören, wie eine außergewöhnliche Musikerin sich freischwimmt. Während das letzte Album noch simpel als Elektro verbucht werden konnte, erklingen auf „Meine zarten Pfoten“ neben Computersounds auch viele „echte“ Instrumente. Ada experimentiert aber nicht nur mit Klängen, sondern auch mit Erwartungshaltungen. Dass der der Track namens „Intro“ an fünfter Stelle kommt, ist schon auch ein Statement. Mit den Hörerwartungen ist das aber so eine Sache. Nach dem ersten Titel („Faith“), in dem grandios arrangierter, mehrstimmiger Gesang einen in knisternde Tiefen zieht, ist man enttäuscht, wie wenig auf dem Album sonst gesungen wird. Die Tracks mit Gesang sind reife, kluge Post-Popsongs, die enormer Eigenständigkeit. „The Jazz Singer“ erinnert an den zerlegten Pop von Sufjan Stevens‘ neuer Platte, und Adas Version von „Happy Birthday“ klingt, als schwebten einem Fetzen von R‘n‘B-Songs aus dem Nebel entgegen. Mehr davon! Nicht, dass die hübschen Elektronika, die den Großteil des Albums ausmachen, schlecht wären. Aber erst „genial“ antäuschen, um dann auf zarten Pfoten wieder im Elektrodickicht zu verschwinden, ist gemein! Vielleicht mehr auf dem dritten Album?

Art Brut liefern mit ihrem vierten Studioalbum gleich zwei Bewertungsoptionen mit: Ist die neue Platte nun „Brilliant“ oder „Tragic“? Beim ersten Hören fällt auf jeden Fall eines ziemlich auf: Dass hier erneut Black Francis produziert hat, hört man sofort. Nicht nur die Gitarren klingen schwer nach Pixies, Frontmann Eddie Argos hat sich neuerdings dazu entschlossen, neben dem Art-Brut‘schen Sprechgesang auch in Pixies-Manier zu singen. Das klingt nicht schlecht und macht in Kombination mit Argos‘ charmant-witzigen Texten durchaus hin und wieder Spaß. Mit Songs über Axl Rose hat man ohnehin in den meisten Fällen gewonnen. Trotzdem kann all das Positive an „Brilliant! Tragic!“ nicht darüber hinwegtrösten, dass die ganz großen Hits fehlen. Das Debüt „Bang Bang Rock & Roll“ war ein Meisterstreich, aber wie so oft war danach die Luft raus. Ein mittelprächtiges Album, dass für Fans bestimmt in Ordnung geht, alle anderen aber auf weite Strecken etwas langweilen wird. Also entweder Art Brut`s „Doolittle“ oder dann vielleicht doch lieber nach fünf Jahren mal wieder „My little Brother“ hören.

Kaum sind das Album „Ivory Tower“ und der gleichnamige Film erschienen, schon präsentiert uns Chilly Gonzales sein neuestes Werk. „The Unspeakable Chilly Gonzales“ ist aber nicht nur irgendeine Platte, die CD-Hülle verrät ganz plakativ, dass es sich hier um „the first ever, all orchestral rap album“ handelt. Soso. Das macht doch schon mal neugierig. Klingt auch zugegebenermaßen spannend und recht abwechslungsreich. Im Vordergrund stehen aber immer die lyrischen Ergüsse des Kanadiers, wenn er uns im epochalen „Who wants to hear this?“ zum Beispiel erklärt, wieso zur Hölle man sich diesen Irrsinn eigentlich anhören sollte. Auch das Rap-Genre wird von Chilly in „Rape Race“ näher beleuchtet und plausibel gemacht. Der grandiose Schlusstrack „Shut up and Play the Piano“ beschließt dieses abgedrehte, aber musikalisch wie lyrisch interessante Album des selbsternannten Maestros. Zu Hilfe kam ihm dabei jedoch auch jemand, sein Bruder Christophe Beck, der Komponist in Hollywood ist. Eine große Inszenierung, nur fraglich, wie viele Hördurchgänge sie wirklich amüsant bleibt.

Nun erscheint also nach dem grandiosen „Idealism” und dem Vorgeschmack, der „Blitz EP“ aus dem letzten Jahr, das neue Album der Hamburger Digitalism. So viel sei vorweggenommen: Fans werden nicht enttäuscht werden. Neben dem Opener „Stratosphere“ und „Blitz“ von besagter EP dürfte mittlerweile auch die Single „2 Hearts“ bei den meisten geneigten Hörern angekommen sein, die nicht zu Unrecht zur Melt!-Hymne 2011 auserkoren wurde. Digitalism klingen immer noch erfrischend euphorisch und schaffen den Brückenschlag zwischen französisch angehauchtem Elektro und Lederjacken-Indie. Die Songs wissen allesamt zu überzeugen, auch das melodiöse „Circles“ und der In-Your-Face-Track „Reeperbahn“ haben das Zeug dazu, Hits zu werden. Einzig das überraschend ruhige „Just Gazin“, eine Zusammenarbeit mit Cathe, weiß nicht so recht zu überzeugen und ist eher ‚I like you, Dude‘. Ein wirklich schönes Album, das man uneingeschränkt empfehlen kann, auch wenn es nichts bahnbrechend Neues zu bieten hat. Trotz des Lobes, an „Idealism“ kommt die Platte nicht ran.

Julia

Julia

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Meine zarten Pfoten

Brilliant! Tragic!

The Unspeakable Chilly Gonzales

I love you, Dude

Julia

*** Daniel S.

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SLEAZE vierundzwanzig

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