DROGENNOTFÄLLE
racetamol angeboten wird, werden in der Literatur tödlich verlaufende Intoxikationen beschrieben. Die gleichzeitige Einnahme von serotoninergen Medikamenten kann zum serotoninergen Syndrom führen (12). Die Wirkung zeigt sich in niedrigen Dosen wie bei Alkohol- und Cannabiskonsum in Dissoziation mit eher sensorischem Erleben und verändertem Zeiterleben, wobei es bei höherer Dosierung zu Halluzinationen mit Horrortrips und Bewusstlosigkeit kommen kann. DXM wird meist geschluckt. Der Langzeitkonsum führt zu dauerhaften Hirnschäden (12), ebenso sind durch Kombinationspräparate schwere Leberschäden, z.B durch Paracetamol, zu erwarten. Intoxikationen zeigen sich durch Somnolenz, Verwirrtheit, Halluzinationen bis hin zur Psychose. Patienten zeigen unkoordinierte, weit ausholende, aber stark verlangsamte Bewegungen und Agitation. Es kann zur Tachykardie, Hyperthermie, Übelkeit mit Erbrechen und zu Taubheit bzw. einem Juckreiz der Haut kommen (bei höheren Dosierungen fehlt durch die neuropathische Wirkkomponente das Schmerzempfinden der Haut). Charakteristisch kommt es zu Artikulationsproblemen, in denen Worte oder Silben – wie beim Stottern – wiederholt werden. In schweren Vergiftungsfällen kann es zu Koma, Krampfanfällen, Hypertension und einer Atemdepression kommen (12). Rettungsdienstlich gilt es, die Vitalfunktionen zu sichern und aufrecht zu erhalten. Agitation und Halluzination sind bei leichten Intoxikationen mit „Talk-down-Manövern“ zu führen. Die sonstigen rettungsdienstlichen Bemühungen richten sich nach den Symptomen. Unter Umständen kann sehr früh nach Ingestion Aktivkohle verabreicht werden. Bei ausgeprägter Atemdepression kann u.U. Naloxon wirksam sein. Bei Krampfanfällen stehen bei der notfallmedizinischen Versorgung Benzodiazepine zur Verfügung. Gerade bei der Intoxikation mit Kombinationspräparaten und/ oder Psychopharmaka ist an weitere Organschädigungen zu denken. Hilfreich für den Notarzt und die weiterbehandelnden Ärzte kann hier die Auskunft einer Giftnotrufzentrale sein. 3 · 2009 I 32. Jahrgang I Rettungsdienst I 251
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FORTBILDUNG
Kokain ➔ Kokain wird aus dem immergrünen Kokastrauch
(Erythroxylum coca) gewonnen, der in Südamerika in den Regenwäldern der Andenausläufer beheimatet ist. Chemisch lässt sich das Kokain mit der Summenformel C17H21NO4 beschreiben. Die Szenenamen sind vielfältig: Schnee, weißes Gold, Koks, Coca, Coke oder Cola.
Abb. 5: Kokastrauch Abb. 6: Kokain und Crack
Die Konsumformen von Kokain sind vielfältig, doch diese bestimmen die Zeit zwischen Konsum und Wirkungseintritt sowie die Wirkungsdauer. Kokain kann oral eingenommen, intranasal, durch das geläufige Schnupfen oder Inhalieren (Crack) und auch intravenös (Flash = sofortiger Wirkungseintritt) konsumiert werden. In den Anbauländern ist das Kauen der Kokablätter weit verbreitet. Der älteste archäologische Beweis für das Kauen der Kokablätter wird auf etwa 3000 v. Chr. datiert (4). Ebenso gehört es zur Tradition in den Anbauregionen, die Kokablätter zu Tee zu verarbeiten. Der Rohstoff wird durch Zerkleinerung und Einweichen der Blätter des Kokastrauches gewonnen. Durch hinzugesetzte Lösungsmittel werden die Alkaloide herausgelöst, es entsteht die Kokapaste mit einem Wirkstoffgehalt von 60 bis 80%. Der psychoaktive Wirkmechanismus des Kokains liegt in einer Aufhellung der Stimmungslage im ZNS. An peripheren Nerven wirkt Kokain schmerzlindernd. Wegen des starken Abhängigkeitspotenzials wird es zwar nicht zur Analgesie eingesetzt, diente aber als Leitsubstanz zur synthetischen Entwicklung von Lokalanästhetika, beispielsweise Lidocain und Scandicain (2). Gewöhnlich erfolgt die Kokain-Wirkung in drei sich aneinanderreihenden Stadien. Zunächst beginnt das euphorische Stadium, das sich durch eine gehobene Stimmung, gesteigerte Kreativität und Denkfähigkeit sowie veränderte Sinneswahrnehmung auszeichnet. Diesem Stadium folgt das Rauschstadium, in dem die im Euphoriestadium beschriebenen Wahrnehmungen ängstliche oder paranoide Stimmungen auslösen. In diesem Stadium erfahren KonsuI 51 I
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