RETTUNGSDIENST 3/2009

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DROGENNOTFÄLLE

FORTBILDUNG

Abb. 2: Rohopium

Abb. 3: Heroin

gebunden wird, das Anandamid ist, das z.B. in Schokolade vorkommt. Überwiegende Wirkungsorte des THC sind das Gehirn und die Milz. In der Milz wird THC zu 11-OH-THC umgewandelt, das mit den durch die Umwandlung in der Milz angehängten Carboxylgruppen nun psychoaktiver reagiert (2). Die psychotomimetische Wirkung des Wirkstoffes THC zeigt sich in einer veränderten akustischen und visuellen Wahrnehmung, die von sensorischen Halluzinationen und ausgeprägter Euphorie begleitet wird. Das Zeitgefühl kann sich dabei verzerren. Stark abhängig ist die Wirkung allerdings von äußeren und inneren Umständen, den so genannten „Settings“ (6). Oftmals kommt es im Rahmen des empfundenen Glücksgefühls zu Heiterkeit und Lachanfällen, wobei das Bewusstsein meist erhalten bleibt. Sehr oft wird die Wirkung des Cannabis als aphrodisierend empfunden (4). Dieser Szenerie folgt meist ein langer, tiefer Schlaf, aus dem der Konsument verkatert erwacht (2). THC steht schon seit längerem im Verdacht, Einstiegsdroge in härteren Drogenkonsum zu sein und bei Langzeitmissbrauch Psychosen auslösen zu können. Im akuten Vergiftungsfall – der sehr selten eintritt – kommt es zu dysphorischen Symptomen mit Übelkeit und Erbrechen, Tränenfluss und Reizhusten, Angstgefühl, Gefühlsstörungen der Extremitäten und ggf. Tachykardie und Blutdruckabfall (6). Besonders der langsame Abbau des THC im Körper ermöglicht mittels Drogenscreenings noch THC-Nachweise bis zu vier Wochen nach dem Konsum. Eine spezielle Antidot-Therapie gibt es nicht. Der Rettungsdienst kann hier allenfalls symptomatisch eingreifen. Halluzinationen lassen sich unter Umständen durch „Talk-downManöver“ steuern, bei starker Agitation kann Dormicum® oder Diazepam® verblüffend hilfreich sein. Hypotensionen lassen sich durch Lagerung und Flüssigkeitsgabe beheben. Bei Halluzinationen mit Eigen- oder Fremdgefährdung kann der Notarzt auch auf Neuroleptika, z.B. Haloperidol, zurückgreifen. Man sollte immer bedenken, dass es sich beim THC-Konsumenten auch um einen Polytoxomanen handeln kann (Gefahr der Mischintoxikation). 3 · 2009 I 32. Jahrgang I Rettungsdienst I 249

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Dennoch sei der Vollständigkeit halber erwähnt, dass THC auch therapeutische Zwecke erfüllt, denn es wird in der Medizin, beispielsweise als Marinol (Dronabinol) in der Behandlung von HIV- und Krebspatienten eingesetzt, um appetitanregend die Kachexie zu behandeln (7). Auch weitere Einsatzgebiete, z.B. in der Behandlung der Multiplen Sklerose (MS), sind derzeit in Langzeitstudien unter Beobachtung. Opium und seine Verarbeitung zu Morphium/Heroin ➔

Opium wird aus dem Schlafmohn (Papaver somniferum) gewonnen und ist schon seit dem Altertum bekannt. Erste Zeugnisse über seine Anwendung stammen von den Sumerern (etwa 3000 v. Chr.), doch auch in Griechenland war die Opiumzubereitung bereits vor unserer Zeitrechnung bekannt (4). Die gesamte Pflanze, außer Wurzel und Blütenblätter, enthält ein Latex, der sich an der Luft zu Rohopium eindickt, und etwa 40 Alkaloide enthält, die als Opiumalkaloide zusammengefasst werden. Hauptalkaloide sind Morphin, Papaverin und Codein (4). Die Zusammensetzung und die Konzentration der verschiedenen Alkaloide hängt vom Standort der Pflanze ebenso ab wie von klimatischen Bedingungen. Zur Latexgewinnung werden die Mohnkapseln am Ende der Blütezeit eingeritzt, der austretende Milchsaft trocknet zu einer schwarzen Masse, die dann geerntet wird. Durch Fermentierung oder Erhitzen kann das Rohopium dann weiter verarbeitet werden. Durch chemische Verarbeitung des Rohopiums entstehen zunächst Rauchopium und Morphium (2). Letzteres wurde nach Morpheus, dem griechischen Gott des Schlafes, benannt. Durch weitere Laborarbeiten entsteht schließlich das Heroin. Der Missbrauch von Opium, Morphin und dem halbsynthetisch hergestellten Heroin ist weltweit von Bedeutung. In Südostasien wird das Opium zumeist in Pfeifen geraucht oder enteral zugeführt (4). Schon kurz nach dem Konsum setzt ein Zustand des Wohlbefindens ein, dem ein von Träumen begleiteter Dämmerzustand folgt, jedoch mit erheblicher Suchtkomponente, denn nach diesem Erleben ist das Verlangen nach dem Rausch stärker denn je. Heroin wurde ursprünglich als schmerz- und hustenstillendes Medikament hergestellt. Erst seine weitreichende Verwendung als Droge beendete die Bemühungen der Pharmaindustrie. Chemisch lässt sich Heroin mit der I 49 I

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