Anatomie und Physiologie

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3 Blut und lymphatisches System ˘ 3.1 Blut

Prinzip des kolloidosmotischen Drucks

Tab. 2 ˘ Funktionen der Plasmaproteine Plasmaproteine

Funktion

Albumine

Transport, kolloidosmotischer Druck

Globuline

Transport, Blutgerinnung, Abwehr

normal

zu wenig Albumin/Ödembildung

Blutgefäß

Blutgefäß

Interstitium

Interstitium

Tab. 3 ˘ Funktionen der Blutzellen Blutzellen

Funktion

Erythrozyten

O2 -Aufnahme und Transport bzw. CO2 -Abgabe und Transport

Leukozyten

Abwehr

Thrombozyten

Blutgerinnung

liegen. Dies wird im Wesentlichen durch das Bikarbonat-Puffer-System aufrechterhalten (s. u., Erythrozyten). Auch das Verhältnis der Elektrolyte und die Plasmaosmolarität müssen konstant gehalten werden. Wasserverluste, zum Beispiel durch starkes Erbrechen, Schwitzen oder Durchfälle, können das Gleichgewicht genauso stören wie ein Wasserüberschuss. Hierbei können insbesondere die Nieren den Ausgleich bewirken. Albumine sind die zahlreichsten Eiweißpartikel im Plasma. Durch ihre Konzentration ziehen sie Wasser aus dem umliegenden Gewebe in die Blutgefäße, sie erzeugen den kolloidosmotischen oder onkotischen Druck (Abb. 2). Bei einem Verlust von Albumin (z. B. bei Nierenerkrankungen) kommt es zum Absinken des kolloidosmotischen Druckes im Blut, das Wasser tritt in das Interstitium – die Zellzwischenräume –, es entstehen Wasseransammlungen im Gewebe, sogenannte Ödeme, oder in Körperhöhlen (z. B. Aszites). Im umgekehrten Falle kann bei Hypovolämie infolge von starkem Blutverlust durch die Infusion von hyperonkotisch wirksamen Lösungen wie Hydroxyethylstärke (HAES) der kolloidosmotische Druck im Intravasalraum gesteigert und damit die zirkulierende Flüssigkeitsmenge zur Kreislaufstabilisierung erhöht werden. Albumin transportiert im Blut Bilirubin, ein Abbauprodukt des roten Blutfarbstoffs, Hormone (z. B. aus der Schilddrüse), Fettsäuren, Medikamente, Vitamine, Kupfer oder Kalzium. Daneben dient es dem Körper bei Eiweißmangel als Nahrungsreserve. Die Globuline, die auch dem Transport von wasserunlöslichen Stoffen dienen, werden in α-1-, α-2- und β-Globuline aufgeteilt. Sie sind kleine, spezifische Transporter und binden Lipide (z. B. Cholesterin), Hämoglobin, Eisen, Hormone (z. B. der Nebenniere) oder Vitamin B12. Des Weiteren spielen sie eine Rolle bei der Blutgerinnung, zu ihnen zählen die Gerinnungsfaktoren I (Fibrinogen) und II (Prothrombin), siehe unten Abbildung 8.

Albumin

Wasser

Abb. 2 ˘ Albumin und Wasserbindung Eine weitere Klasse der Globuline sind die γ-Globuline, die auch als Immunglobuline (Ig) bezeichnet werden. Es sind Antikörper, die von einer spezialisierten Art der weißen Blutzellen, den B-Lymphozyten (Plasmazellen), gebildet werden. Man unterscheidet fünf verschiedene Klassen: IgM, IgE, IgD, IgA, IgG (Merkwort »MEDAG«; vgl. 9.4.1).

3.1.2.2

Blutzellen

Man unterscheidet Erythrozyten (rote Blutkörperchen), Leukozyten (weiße Blutkörperchen) und Thrombozyten (Blutplättchen). Die Erythrozyten sorgen hauptsächlich für die Sauerstoffversorgung aller Zellen, ferner entsorgen sie das anfallende Kohlendioxid. Die Leukozyten sind eine große Gruppe von Abwehrzellen mit verschiedenen Aufgaben. Sie können Zellen und Zelltrümmer phagozytieren (»fressen«), sie können Zellwände auflösen oder Zellen »zum Abschuss« markieren. Die Thrombozyten lagern sich bei Verletzungen an der Gefäßwand an und bilden zusammen mit dem Fibrin einen Verschlusspfropf, den sogenannten Thrombus. Die Bildung aller Blutzellen, die Hämatopoese (Abb. 3), erfolgt vor der Geburt in den Markhöhlen aller Knochen sowie in Leber, Milz und Thymus. Nach der Geburt findet dies hauptsächlich im roten Knochenmark statt. Nach Abschluss des Längenwachstums liegen die Blutbildungsstätten im Mark der Röhrenknochen jenseits der Epiphysenfuge, ferner in allen kurzen und platten Knochen, zum Beispiel im Becken, in Rippen, Fuß- und Handknochen, Brustbein und Schulterblatt. Die Lymphozyten können darüber hinaus auch in den lymphatischen Organen Milz, Thymus, Mandeln sowie Lymphknoten vermehrt werden. Alle Blutzellen entstehen aus einer pluripotenten (»mehr könnenden«) Knochenmarkstammzelle. Die Ausbildung der verschiedenen Gruppen bzw. ihre Differenzierung findet im Knochenmark statt; sie treten dann durch porige Wände ins Blut aus.

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