3 Standardisiertes Vorgehen im Rettungsdienst ˘ 3.2 Eintreffen und Ersteinschätzung
3.2
Eintreffen und Ersteinschätzung
Nachdem die Rettungsleitstelle das Rettungsmittel alarmiert hat, erfolgt die Anfahrt (bzw. der Anflug) zur Einsatzstelle. In dieser Zeit können im Rettungsteam auch noch Absprachen getroffen werden. Besonders der Beifahrer bzw. medizinische Teamleiter (Notarzt, Notfallsanitäter, Rettungsassistent) kann sich aufgrund des Meldebildes mental auf die Situation und die zu erwartenden Besonderheiten vorbereiten, der Fahrzeugführer muss das Rettungsmittel sicher an den Einsatzort fahren. Beim Eintreffen ist zu beachten, dass das Rettungsmittel in sicherer, idealerweise fußläufiger Entfernung abgestellt wird. Es müssen jederzeit ein Beladen des Fahrzeugs und ein Verlassen der Einsatzstelle gewährleistet sein und es darf keine Behinderung bzw. Blockade anderer Rettungskräfte schlechtes Raummanagement,
An- und Abfahrt nur mit Rangieren möglich
vorausschauendes Raummanagement,
es ist Entwicklungs- und Bewegungsfläche vorhanden An- und Abfahrmöglichkeit
Abb. 2/3 ˘ Raummanagement an der Einsatzstelle am Beispiel Verkehrsunfall, beachte Absicherung durch Polizei und Schrägparkposition der Einsatzfahrzeuge
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erfolgen (s. Abb. 2/3). Nach dem Eintreffen erfolgt initial die Ersteinschätzung der Situation.
3.2.1
Die Einsatzstelle – erste Schritte
Die »letzten Meter« vor der Ankunft an einer Einsatzstelle sollten besonders aufmerksam zurückgelegt werden. Hierbei lassen sich wichtige Hinweise auf Gefahren (wie Feuer oder Gefahrstoffe), die daher erforderlichen Sicherheitsmaßnahmen (z. B. Abstand, notwendige PSA) und die medizinische Problematik erkennen (s. Kap. 2 Gefahren an der Einsatzstelle). Während die Einsatzstelle kurz analysiert wird, sollen zusätzlich Hinweise auf ... – Patientenanzahl, – einen eventuellen Verletzungsmechanismus (Sturz, Unfallhergang usw.) und – erforderliche technische Hilfe ... erkannt und mit dem Meldebild abgeglichen werden. Hierbei können sich bereits Hinweise auf eine sofortige Nachforderung technischer oder medizinischer Hilfe ergeben. Beim ersten Blick auf die Einsatzstelle bzw. das (Wohn-) Umfeld des Patienten können folgende Hinweise für das weitere Vorgehen wichtig sein: Aus der Einsatzsituation lassen sich die sogenannte Kinematik herleiten, d. h. Fahrzeugverformung, Sturzhöhe bzw. Flugweite, Einklemmungssituation etc., und darüber der Verletzungsmechanismus abschätzen. Diese Erkenntnisse beeinflussen die Prioritätensetzung und folgenden Untersuchungen. Dabei sind ein generalisierter (z. B. Sturz, Verkehrsunfall) oder ein unklarer Verletzungsmechanismus bei Bewusstseinstrübung von einem lokalen Verletzungsmechanismus (z. B. Fingerquetschung) zu unterscheiden und in der Folge die Versorgungsstrategie anzupassen. Medikamentenpackungen in einer Wohnung können auf chronische Erkrankungen, aber auch Intoxikation hinweisen. Flaschen mit Alkoholika oder Spritzbestecke etc. können auf Alkohol- oder Drogengebrauch mit eventueller Intoxikation hinweisen. Pflegeutensilien oder Medizingeräte wie Blutzuckermessgerät, Heimsauerstoff- bzw. Heimbeatmungsgerät oder Rollator können Hinweise auf Vorerkrankungen oder Behinderungen geben. Der Gesamtzustand einer Wohnung kann auch auf weitere Probleme hinweisen, zum Beispiel Parasitenbefall, mangelnde Hygiene und Ernährung. Nachdem die Einsatzstelle und das Umfeld gesichtet, situationsabhängig gesichert und erste Hinweise gesammelt