1 ˘ Grundlagen der Kommunikation
1.1.2 Gestik Beispiel:
1995 reiste der US-Kongressabgeordnete Bill Richardson in den Irak zu Saddam Hussein, um über die Freilassung von zwei Amerikanern zu verhandeln. Beim Hinsetzen kreuzte er seine Beine, so dass Hussein seine Schuhsohlen sehen konnte, woraufhin dieser abrupt den Raum verließ und die Verhandlung abgebrochen war. Die Schuhsohle gilt in manchen arabischen Kulturen als schmutzigster Teil der Bekleidung, und es ist deshalb eine große Beleidigung, sie jemand anderem zu zeigen. Als Geste definiert man eine Handlung, die einem Zusehenden ein optisches Signal übermittelt (Geste = beobachtete Handlung). Viele unserer Gesten haben ihren Ursprung in der Vergangenheit. So kann das lehrerhafte Drohen mit dem Zeigefinger als ein ritualisierter Stockhieb angesehen werden, der Schlag mit der Faust auf den Tisch als Verprügeln des Gegners, und das Achselzucken als das Abschütteln einer Last. Weiterhin ist das Herausstrecken der Zunge ein Zeichen der Abneigung oder des Abscheus und hat seinen Ursprung im Ausspucken ekelhafter Nahrung. Abb. 1 ˘ Nicht eindeutig: »alles Gesten sind kulturell unterschiedlich o.k.« - oder eine Beleidigung und deshalb nicht immer eindeutig. Ein mit Daumen und Zeigefinger geformtes »O« kann heißen: »gut gemacht«, »alles o.k.«, oder es kann eine Beschimpfung sein. Dies wird besonders beim Umgang mit Patienten anderer Kulturen deutlich. (vgl. auch Kapitel 4.4). Die in Abbildung 1 dargestellte Geste kann – abhängig von dem Land, in dem sie gebraucht wird – über folgende Bedeutungen verfügen: ˘ in Nordamerika und Europa: »o.k.«, »gut so«, ˘ in Frankreich, Belgien und Tunesien: »Null«, »wertlos«, ˘ in Japan: »Geld«, ˘ in Deutschland, Sardinien, Malta, Tunesien, Griechenland, Türkei, Russland, dem nahen Osten sowie Teilen Südamerikas: »Arschloch« oder Homosexueller. Auch diese Geste in Abbildung 2 kann auf vielerlei Weisen ausgelegt werden: ˘ in den USA und vielen weiteren Ländern: »prima!«, »hervorragend«, ˘ in Australien und Nigeria: »verpiss dich!«, ˘ in Deutschland: »ein«, ˘ in Japan: »fünf«, ˘ in vielen weiteren Ländern: beim Autostoppen verwendet, aber nicht in Australien und Nigeria (siehe oben).
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