Der Kindernotfall - Versorgung nach dem ABCDE-Schema

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2 ˘ Ablauf des pädiatrischen Notfalleinsatzes

2.2 Die fünf Möglichkeiten der Informationsgewinnung 2.2.1  Ersteindruck

Beim Ersteindruck wird in kurzer Zeit die vitale Gefährdung des Kindes abgeschätzt: Maßnahmen werden nicht ergriffen. In der Praxis zeigt sich, dass der Ersteindruck in leicht unterschiedlicher Form von jedem professionellen Helfer erhoben wird. Wichtiger als die Einhaltung eines starren Ablaufs sind hier die Erfahrung des Helfers und der Einsatz der »fünf Sinne«. Bei einer internistischen Genese gilt es im Rahmen des Ersteindrucks abzuwägen, ob eine schnelle Intervention die Situation verbessern kann. Als Beispiel sei hier die Entfernung eines Allergens bei einer Anaphylaxie oder das Verbringen des Kindes an einen Ort mit feucht-kalter Umgebungsluft beim Pseudokrupp genannt. Die Abschätzung der Vitalgefährdung des Kindes kann auf unterschiedliche Weise erfolgen. Neben der Inspektion des Hautkolorits und des Muskeltonus gilt es, insbesondere die Reaktionsfähigkeit des Kindes auf veränderte Umweltbedingungen zu bewerten. Denn schreit das Kind angesichts des Erscheinens des Rettungsdienstes, so mag dies zwar den Stress für alle Beteiligten erhöhen; hinsichtlich der Einschätzung der Vitalgefährdung handelt es sich aber um ein positives Zeichen. Bei einem Trauma werden die zugrunde liegende Kinematik und die Energie abgeschätzt, die auf den Körper des Patienten einwirkte. Bei Verkehrsunfällen sind hier Zeichen einer hohen zugrunde liegenden Geschwindigkeit als negative Faktoren zu werten. Dies gilt auch für Höhenstürze oder für Gewalteinwirkungen, die mehrere Teile des kindlichen Körpers betreffen. Sichere Zeichen dafür, dass eine einwirkende Energie zu gering war, um schwere Schäden bei einem kindlichen Patienten hervorzurufen, gibt es hingegen nicht. Schließlich kann nahezu jedes Trauma unter ungünstigen Rahmenbedingungen großen Schaden anrichten. Ist eines oder sind mehrere der oben aufgeführten Kriterien negativ, so muss davon ausgegangen werden, dass eine kritische Situation mit Störung der Vitalfunktionen vorliegt. Eine Behandlung dieser lebensbedrohlichen Störungen erfolgt im nachfolgenden

Tab. 1 ˘ Kriterien im Rahmen des Ersteindrucks Haut:

–  blasse, graue oder zyanotische Gesichtsfarbe, Kaltschweißigkeit +  rosige, beim Schreien auch tiefrote Gesichtsfarbe

motorische Reaktion:

–  fehlende Reaktion, vegetativ gesteuerte Reaktion (z.B. Krämpfe), Apathie, Teilnahmslosigkeit, fehlender oder aufgehobener Muskeltonus (»Floppy Child«) +  willkürlich gesteuerte Reaktion (z. B. weg von den Helfern), Angst, Freude, Fixieren der anwesenden Personen

verbale Reaktion:

–  stilles oder wimmerndes Kind

Atmung:

–  angestrengt, deutlich zu schnell oder zu langsam, Einziehungszeichen, Nasenflügeln, Apnoe

+  artikuliert redendes oder schreiendes Kind

+  deutliche Thoraxexkursion, normofrequent, ohne Anstrengung

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