Hinterbliebenen-Nachsorge - Absturz der Birgenair-Maschine in der Dominikanischen Republik 1996

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C ˘ Nachsorge in einer Schicksalsgemeinschaft

klopfen« mit dem Hinweis: »Es wird schon wieder.« Es wird nämlich nicht! – Aber woher sollen sie es auch wissen? (Edmund Menk)

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Die ersten Treffen der Schicksalsgemeinschaft

2.1 Einladung zur Nachsorge, Mai 1996 Ich hörte vom Absturz der Birgenair-Maschine im Fernsehen und schaltete dann auf den Sender CNN um, wo die Bergung der Toten gezeigt wurde. Tief betroffen von dem Leid, das über die Angehörigen hereingebrochen war, sah ich diese Bilder. Alles, was unser Team mit der Ramsteingruppe (Nachsorgegruppe für Opfer und Hinterbliebenen nach der Flugtagskatastrophe von Ramstein 1988) erlebt hatten, war in meinen Gedanken wieder präsent. Wer wird sich um diese Menschen kümmern? Ich verfolgte in den Medien die Nachrichten. Nach einigen Tagen sah ich dann am Abend eine Sendung mit einer Angehörigen, die den Wunsch äußerte, sich mit den anderen zu treffen, und sich über die mangelnde Hilfe beklagte. Das klang für mich wie eine Aufforderung, eine Gruppe ins Leben zu rufen, um die Erfahrungen, die wir bei der Nachsorge mit den Hinterbliebenen von Ramstein gesammelt hatten, weitergeben zu können. Ich setzte mich an den Computer und begann, einen Brief an die am stärksten betroffene Reisegesellschaft Öger Tours zu schreiben. Nach einem Telefonat mit dem Verantwortlichen dieser Reisegesellschaft wurde mir Unterstützung zugesagt. Nun konnte ich aber die Namen der Betroffenen aus Datenschutzgründen nicht bekommen. Ich wählte einen ungewöhnlichen Weg: Nach einem Telefonat mit dem Staatsanwalt, dass ich diese Nachsorge einrichten würde und solche schon einmal geleistet hätte, wurde mir gestattet, die Namen zu bekommen. Ich versicherte, dass die Namen nicht weitergegeben würden. Damit hatte ich für dieses Vorhaben eine sehr gute Unterstützung erhalten. Mein erster Einladungsbrief wurde verfasst. Ich wollte einen liebevollen und fürsorglichen Brief schreiben, ohne jedoch zu ahnen, dass dieser Brief auf einige Angehörigen wirkte, als wäre ich von einer Sekte beauftragt. Nach mehreren Telefonaten mit den Angehörigen konnte ich diesen Eindruck ausräumen. Ein Ort des Treffens wurde ausgesucht. Immer wieder hieß es, die Nachsorgegruppe könne nicht ins Leben gerufen werden, weil alle Betroffenen zu weit auseinander wohnen würden. Aber genau dieser Grund sollte kein Hindernis für uns sein. 60 Hinterbliebene hatten sich zu diesem ersten Treffen angemeldet. Für das Treffen suchte ich mir noch mehrere Helfer, um eine gute Versorgung zu gewährleisten. Meine Kollegin Dr. Marlis Lohmann, Diplom-Psychologin aus Hamburg, sagte zu, ein Helfer aus Krefeld, Diplom-Psychologe Jürgen Schramm, und der Notfallseelsorger Uwe Schneider aus Blieskastel mit seiner Frau nahmen ebenfalls teil. Ich halte es bis heute für wichtig, in der Nachsorge einen Seelsorger dabei zu haben. Wir wagten den ersten Schritt und fragten aus der Ramstein-Nachsorgegruppe Hinterbliebene, ob sie als Helfer teilnehmen würden. Fünf Hinterbliebene kamen. Der ausgesuchte Ort war das Ausbildungszentrum der Luft-

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