BEISPIELHAFT 2013

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BEISPIELHAFT Menschen im Schwarzen Kreuz

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Wer sich näher an die Lebenswelt Gefängnis heranwagt als „Otto Normalverbraucher“, wird schnell entdecken: Die Aufgabe, Menschen zu befähigen, ohne neue Straftaten und in sozialer Verantwortung zu leben, kann nicht allein Aufgabe des Strafvollzugs sein. Nahezu jeder Straftäter wird irgendwann einmal wieder Nachbar, Kollege, Freund. Deshalb dürfen wir nicht aufhören, sie als Teil unserer Gesellschaft zu akzeptieren und ihnen zu helfen. Menschen diesseits und jenseits unserer Gesetze müssen lernen, aufeinander zuzugehen, ihre Angst voreinander zu überwinden und nicht mit dem Finger aufeinander zu zeigen. Im Schwarzen Kreuz begleiten wir Menschen, die „im Namen des Volkes“ zu einer Haftstrafe verurteilt wurden. Wir besuchen sie, hören ihnen zu, fragen nach ihren Sorgen, bestärken sie, trösten, helfen und machen Mut. Nächstenliebe befreit. Im Schwarzen Kreuz gehen wir damit unseren eigenen Weg. Wir sind Christen, die Inhaftierte zum Glauben an Gott einladen, damit sie neue Maßstäbe und Möglichkeiten zur Gestaltung ihres Lebens in der Gemeinschaft finden können. „Lasst uns die Schranken niederbrechen, die wir zwischen Menschen in Freiheit und Unfreiheit, mit Vorstrafen BEISPIELHAFT Schwarzes Kreuz

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und ohne Vorstrafen aufrichten. Das wäre glaubwürdiger Christenstand in der Nachfolge des Herrn.“ Mit dieser Überzeugung legte Johannes Muntau 1925 den Grundstein für das Schwarze Kreuz und seither bauen viele Menschen daran weiter. Inzwischen hat sich im Strafvollzug einiges geändert. Psychologische und pädagogische Konzepte werden in den Haftalltag integriert, ebenso Arbeitsund Ausbildungsmöglichkeiten, Freizeitangebote und sozialtherapeutische Maßnahmen. Bei der Änderung des Strafvollzugsgesetzes 1977 ist die Bedeutung der sogenannten Außenkontakte während der Haftzeit gewürdigt worden und damit auch die Bedeutung Ehrenamtlicher in der Straffälligenhilfe. Nutzen wir doch diese Chance – in unserem eigenen Interesse. Jeder Mensch, der nicht (erneut) straffällig wird, verursacht auch keine weiteren Opfer, keine weitere Angst, keine weiteren Verletzungen. Das spart Geld. Wussten Sie, dass jeder Tag Gefängnis etwa 100 Euro kostet? „Am Anfang war das Wort. In der Tat.“ Diese von Bert Berkensträter formulierte Tatsache aus dem Johannesevangelium finden Sie auf den nächsten Seiten verwirklicht. Sie lernen Menschen aus

Foto: spacejunkie / photocase.com

SCHWARZES KREUZ – WAS HEISST HIER EIGENTLICH „CHRISTLICH“?


WAS IST CHRISTLICHE STRAFFÄLLIGENHILFE? dem Schwarzen Kreuz kennen, die mit ihren ganz eigenen Möglichkeiten, Fähigkeiten und Begabungen im Schwarzen Kreuz Fürsprecher von Inhaftierten sind. Sie stehen stellvertretend für viele andere, die selbst die Erfahrung gemacht haben: Das Leben geht ohne Gott nicht auf. Weder für die vor, noch für die hinter Gittern. Leben kann dann gelingen, wenn die Beziehung zu Gott nicht ausgeklammert wird. Wenn ein Mensch erlebt, dass er bedingungslos geliebt wird und Gott trotz seiner Schuld zu ihm steht, wird Leben in Freiheit und sozialer Verantwortung möglich – im Gefängnis und überall.

Irmtraud Meifert, Referentin für Öffentlichkeitsarbeit

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Prof. Dr. Karl Heinrich Schäfer, Vorsitzender der Evangelischen Konferenz für Straffälligenhilfe

Christliche Straffälligenhilfe setzt sich dafür ein, dass Resozialisierung als soziale Integration, Chancengerechtigkeit und gesellschaftliche Teilhabe erhalten bleibt. + Christliche Straffälligenhilfe muss erkennbar sein durch das Evangelium, da ansonsten ihr Angebot sich nicht vom Angebot anderer freier Träger unterscheidet. Das christliche Menschenbild, christliche Traditionen und ethische Prämissen sind wichtige Grundlagen für den Zusammenhalt unserer Gesellschaft. + Christliche Straffälligenhilfe muss der Gefahr begegnen, innerhalb der Kirche als Spezialorganisation von der gesamtkirchlichen Verantwortung abgeschnitten zu werden. Wo kein diakonisches Handeln gegeben ist, ist Kirche möglicherweise nur ein religiöser Club. Verkündigung und Seelsorge als Kernaufgaben von verfasster Kirche sind ohne diakonisches Handeln Stückwerk und stellen allein m.E. nicht „Kirche“ im umfassenden Sinn dar. Ich danke allen im Schwarzen Kreuz für ihren Einsatz in der tätigen Nächstenliebe und wünsche auch für die Zukunft Gottes Segen und gutes Gelingen.

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NICHT ALLE ÜBER EINEN KAMM SCHEREN… Bei uns im Gesprächskreis sitzt der Durchtrainierte mit Migrationshintergrund, der schon viele Jahre abgesessen hat. Er kämpft für Gerechtigkeit in der JVA. Der Drogenschieber verhält sich ruhig, stellt aber provozierende Fragen. Der Kurde zeigt ein hohes Interesse am Glauben. Er zwingt uns zur Auseinandersetzung mit dem Islam. Der Neue will „nur“ seine Probleme loswerden und hat ständig Geldsorgen… Als „Harmonizer“ ertrage ich es manchmal nur schwer, Spannungen zwischen den Inhaftierten auszuhal-

ten und auch stehen zu lassen. Ich merke immer wieder deutlich, dass meine Lebenswelt eine ganz andere ist. Bei uns Ehrenamtlichen dagegen empfinde ich die unterschiedlichen Hintergründe – evangelisch, katholisch, freikirchlich – als enorm bereichernd. Alles, worüber sich Theologen gern streiten wie Abendmahl oder Taufe ist für uns kein Thema. Wir wollen Gefangenen von Jesus erzählen. Das ist unser gemeinsames Ziel, und da bringt jeder seine persönliche Sichtweise ein.

Uwe Engelmann, Sonderschullehrer, ehrenamtlich im Schwarzen Kreuz seit 2007

Die Ausländer, die Behinderten, die Sportler, die Ehrenamtlichen, die Politiker… Jeden Menschen gibt es trotzdem nur ein einziges Mal - auch im Gefängnis! Jeder Inhaftierte hat einen Namen, eine eigene Biografie, eigene Sorgen und Wünsche, eine eigene, unverwechselbare Persönlichkeit. Man muss sie nur entdecken wollen…

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Foto: istockphoto.com / spxchrome / bubingin

WUSSTEN SIE...?


Inka Carla Vargas, Kosmetikerin und Hausfrau, ehrenamtlich im Schwarzen Kreuz seit Januar 2013

ERSTE SCHRITTE IM SCHWARZEN KREUZ. Auf das Schwarze Kreuz habe ich tatsächlich gewartet! Eigentlich wollte ich zu Weihnachten zwar „nur“ ein Päckchen für einen Inhaftierten packen, aber dafür gab es schon genügend nette Menschen. So spendete ich den entsprechenden Betrag. Die Informationen vom Schwarzen Kreuz haben mich dann überzeugt, ehrenamtlich mitzuarbeiten und Mitglied zu werden. Aus meinem Bekanntenkreis weiß ich, wie schnell man straffällig werden kann. Heute habe ich einen Briefkontakt mit einem Inhaftierten – eine große Bereicherung für mich! Meine Fragen kann ich mit den MitarbeiterInnen aus der Geschäftsstelle besprechen, das gibt mir gerade am Anfang eine große Sicherheit.

MIT OFFENEN KARTEN SPIELEN? Im Grunde ist jeder Kontakt mit einem Inhaftierten einmalig. Ich habe nun schon insgesamt fünf Menschen in der Haft begleitet. Wichtig ist mir dabei immer, mich auf mein Gegenüber und seine Bedürfnisse einzulassen und Unsicherheiten anzusprechen. Während der eine ganz mit sich und seiner Situation beschäftigt ist, interessiert sich ein anderer vor allem für mich: „Erzähle du, hier ist eh immer alles gleich.“ Es ist eine Herausforderung, den Wunsch nach Anteilnahme aufzunehmen und mich dennoch deutlich abzugrenzen, um z. B. keine Hoffnung auf eine Liebesbeziehung aufkommen zu lassen. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass es hilfreich ist, dieses Thema anzusprechen und klar Farbe zu bekennen, was möglich ist und was nicht. Dazu muss ich mir über meine eigene Motivation im Klaren sein und sie benennen können. So kann ein Vertrauen wachsen, das phasenweise sehr intensive Gespräche ermöglicht.

Susanne Dethlefs, Sozialpädagogin ehrenamtlich im Schwarzen Kreuz seit 2005

WUSSTEN SIE...? Nicht alle Wünsche von Inhaftierten können oder sollten erfüllt werden. Manchmal muss einfach Klartext gesprochen werden. Gerade dann, wenn Schwierigkeiten und Missverständnisse auftreten. Es ist oft schmerzhaft, mit „offenen Karten" zu spielen. Aber nur eine aufrichtige Beziehung gibt Sicherheit und lässt Vertrauen wachsen.

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Hans-Peter Henkel, Kundendienstleiter, ehrenamtlich im Schwarzen Kreuz seit 2012

STUDIENBRIEFE FÜR EHRENAMTLICHE. EINE GUTE GRUNDLAGE. Seit Oktober 2012 bin ich Mitglied im Schwarzen Kreuz. Mit den Studienbriefen erhielt ich bereits am Anfang meiner ehrenamtlichen Mitarbeit notwendige Einblicke in den Justizvollzug. Die Inhalte informieren nicht nur über sachliche Rahmenbedingungen, sondern auch über persönliche Belange. Durch die Fragen aus den Studienbriefen fand ein reger Gedankenaustausch statt: mit meiner Partnerin (ebenfalls ehrenamtlich in der Straffälligenhilfe tätig), Freunden und der Geschäftsstelle des Schwarzen Kreuzes – meines Erachtens eine hervorragende Starthilfe in die ehrenamtliche Mitarbeit. Bereits im November 2012 wurde mir ein Briefkontakt zu einem Inhaftierten vermittelt, der sich seither gut entwickelt hat.

WUSSTEN SIE...?

WASCH MIR DEN PELZ, ABER MACH MICH NICHT NASS?!

Nähe und Distanz – ein Seminar für Inhaftierte und Ehrenamtliche Die Idee einer gemeinsamen Fortbildungsveranstaltung für Ehrenamtliche und Inhaftierte fand nach anfänglichen Zweifeln begeistertes Interesse. Der Mut zur Durchführung hat sich dann auch gelohnt! Am 31. Oktober 2012, einem für uns Sachsen noch heiligen Feiertag, führte der Weg vieler ehrenamtlicher Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus der Straffälligenhilfe in die Justizvollzugsanstalt Waldheim. Für sie und für die teilnehmenden Inhaftierten ergaben sich neue Sichtweisen und Erfahrungen hinsichtlich des Themas „Nähe und Distanz“. Beide Seiten einer Beziehung haben ihren eigenen Reiz und ihre eigene Problematik. Es war spannend, über die Gegensätzlichkeiten sprechen zu können, gemeinsam zu lachen und dabei den Weg in die Zukunft mit den Steinen aus Nähe und Distanz zu befestigen.

Andrea Ast, Sozialarbeiterin in der JVA Waldheim

Ausbildung wird im Schwarzen Kreuz groß geschrieben: Studienbriefe, Seminare, regelmäßiger Austausch und die Praxisbegleitung schaffen eine spezielle fachliche Grundlage für Ehrenamtliche in der Straffälligenhilfe. Der Aspekt des christlichen Glaubens kommt ebenfalls nicht zu kurz. Ehrenamtliche sind Mitglieder im Schwarzen Kreuz – das stärkt die Zugehörigkeit.

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Schrei(b)en befreit!

Wunsch ist es gewesen, jemandem schreiben zu dürfen über alles, was mir auf der Seele liegt, um im Gefängnis nicht alleine zu sein, über meine Gefühle zu schreiben, wie es ist, abgeschrieben zu sein im Gefängnis von der Welt draußen, Familie, Freunden, Bekannten… Inhaftierter

MEIN

K. ist echt super. Habe ihr gleich am Anfang geschrieben, warum ich im Knast sitze. Ich kann sie alles fragen, ob christliche Dinge oder von mir privat….Mein Glaube an Gott war früher nicht so stark wie jetzt. Auch ihm kann ich mich anvertrauen. Und wenn man ganz gut aufpassen tut, dann bekommt man auch eine Antwort von ihm…

FRAU

Inhaftierter

ist mein zweiter inhaftierter Briefpartner. Er ist sehr nett, nicht fordernd, selbsteinsichtig, was seine Situation betrifft, und wirklich auf dem Weg, Gott als Helfer an seiner Seite zuzulassen.

DIRK

Ehrenamtliche

hatte gehofft, dass meine Briefpartnerin mir öfter als alle 2 Monate schreibt…

ICH

Inhaftierter

Briefwechsel mit Frau F. ist von meiner Seite aus recht zufriedenstellend. Wir schreiben uns regelmäßig. Frau F. berichtet einiges aus ihrem Leben und etwas allgemein über ihre Straftat. Sie sagt, dass, dass sie meinen Glauben an Jesus respektiert, fragt aber nicht weiter nach.

DER

hat mir seit 2006 nicht nur geschrieben, sondern auch jedes Vierteljahr in der JVA besucht. Jetzt bin ich im offenen Vollzug und wir können uns draußen treffen, Kaffee trinken gehen und durch die Geschäfte bummeln…

FRAU S.

Inhaftierte

Anfang an habe ich meinen Briefkontakt zu Herrn J. als besonders eingeordnet. Ich hatte einen Menschen mit einem niedrigen Bildungsstatus erwartet, mit dem sich ein Schriftverkehr als schwierig erweisen würde. Aber ich habe einen Brief von einem gebildeten Menschen erhalten, der vor der Straftat in einer verantwortlichen beruflichen Position war.

VON

Ehrenamtliche

Foto: fult / photocase.de

Ehrenamtliche

WUSSTEN SIE...?

Für viele Inhaftierte ist der Briefkontakt die einzige Möglichkeit, den Kontakt zur Welt „draußen“ aufrecht zu erhalten. Aber was ist, wenn niemand da ist, der schreibt? Wenn Familie, Freunde und Bekannte den Kontakt abgebrochen haben? Wir vermitteln Briefkontakte zwischen Inhaftierten und Ehrenamtlichen – Schreiben befreit.

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ALL YOU NEED IS LOVE!? NÄCHSTENLIEBE BEFREIT. Heidrun Kruse, Sozialfachwirtin, ehrenamtlich im Schwarzen Kreuz seit 2011 Ich freue mich jedes Mal wieder auf unseren biblischen Gesprächskreis in der JVA. Die Bediensteten begegnen uns ausgesprochen wohlwollend. Kaffee, Kekse, kleine Geburtstagsgeschenke… wir dürfen alles mit hineinnehmen. „Na, feiern Sie heute?“ heißt es dann höchstens mal bei der Kontrolle. Wir legen Wert auf Verbindlichkeit und regelmäßige Teilnahme. Die Inhaftierten achten untereinander selbst darauf und sind mit Leib und Seele dabei. Sie schätzen es, dass wir Ehrenamtliche uns intensiv mit ihnen beschäftigen, in der Gruppe und unter vier Augen. „Kann ich mal mit dir beten? Ich habe das Gefühl, meine Frau geht auf Abstand zu mir“, heißt es da zum Beispiel. Vertrauensvoll, offen, ehrlich – so empfinde ich die Beziehungen zu den inhaftierten Männern.

WUSSTEN SIE...? Freundlich sein, mitfühlen, entgegenkommen, sich interessieren, etwas zu sagen haben, hingehen, ja sagen und SCHWARZE INFO manchmal auch nein, gemeinsam Zeit verbringen… Liebe hat viele Gesichter. Nächstenliebe befreit. BEISPIELHAFT Schwarzes Kreuz

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„Habt ihr was für mich?“ ist eine gern gestellte Frage von Frauen in Haft. Sie scheinen von uns oft nur eines zu wollen: Zigaretten und Pakete. Hinter dieser Frage steckt nach meiner Erfahrung aber auch die unausgesprochene Bitte: Ich brauche jemanden, der sich mir zuwendet. Ich brauche dich. Da ist sonst niemand. Die sozialen Kontakte inhaftierter Frauen sind spärlich; zum Beispiel bekommen sie viel seltener Besuch als inhaftierte Männer. Bedienstete der JVA begegnen ihnen oft mit Skepsis und Misstrauen. Nicht immer zu Unrecht; die Frauen unterlaufen häufig Regeln, weil sie sie als Entmündigung wahrnehmen. Sinnvolle Beschäftigungsmöglichkeiten fehlen. Es wäre so gut, wenn sie etwas lernen könnten, in einem Computerkurs vielleicht. Sie müssten gestärkt werden, aufgebaut, ermutigt, damit sie im Leben besser klarkommen können. Als Ehrenamtliche können wir ihnen geben, dass wir sie als individuelle Menschen wahrnehmen und für sie viel Zeit mitbringen.

Christine WesselsSalis, Büroangestellte, ehrenamtlich im Schwarzen Kreuz seit 1999


WIR KOMMEN AUF IDEEN! Detlef Seibert, Verkäufer im Außendienst, ehrenamtlich im Schwarzen Kreuz seit 2012 Kennen Sie Go? Das Spiel hat seit sechs Jahren in der JVA Sehnde seinen festen Platz. Seit etwa einem Jahr ergänze ich die Gruppe mit Schach. Das passt gut, beides sind Jahrtausende alte Brett- und Strategiespiele. Schachspieler haben ein Gespür für Go und umgekehrt. Oft kommt es in der JVA zum Spiele(r)tausch. Auf Wunsch der Inhaftierten (!) spielen wir demnächst jede Woche jeweils zwei Stunden. Doris Sixdorf, Bürokauffrau, Andreas Sixdorf, Journalist, ehrenamtlich im Schwarzen Kreuz seit 2007 Alle zwei Wochen ist mittwochs in der JVA Sehnde „Darts-Time“. Dann treffen wir uns mit fünf bis sieben Inhaftierten und alle sind mit Feuereifer bei der Sache. Jeder hat schon mal gewonnen – und auch verloren! Das Schöne für uns ist: So ganz „nebenbei“ kommen wir miteinander ins Gespräch über die großen und kleinen Dinge des Lebens.

Broder-Detlef Balzer, Musiker, ehrenamtlich im Schwarzen Kreuz seit 2005 Am Anfang unserer Korrespondenz haben mein inhaftierter Briefpartner und ich eine Partie „Dame“ per Brief gespielt. Das Spiel dauerte zwei Jahre!!! Wir hatten viel Spaß dabei. Das war das erste Damespiel meines Lebens, und am Ende habe ich auch verloren… Im Augenblick schicke ich „meinem“ Inhaftierten einen Roman von Jules Verne, immer ein paar Seiten mit jedem Brief (www.projekt-gutenberg.de ist dafür eine gute Adresse). Und dann mal sehen, was uns als nächstes einfällt! Imke Krisa, Sozialpädagogin, ehrenamtlich im Schwarzen Kreuz seit 2011 Seit gut einem Jahr habe ich einen Briefkontakt zu einem jungen, inhaftierten Estländer. Da er kaum Deutsch spricht, schreiben wir uns auf Englisch. Zwischendurch wurde uns das von Bediensteten der JVA verboten, aber dann doch wieder erlaubt. Unser Briefwechsel klappt sehr gut, und wir haben einen erfreulichen Austausch, bei dem ich ihm auch von meinem Glauben an Jesus erzähle.

WUSSTEN SIE...? Die Möglichkeiten, die sich durch das Internet ergeben, wollen wir nutzen. Seit Juni 2012 sind wir nun auch bei dem sozialen Netzwerk Facebook aktiv. Besuchen Sie uns doch auch einmal unter www.facebook.com/naechstenliebe.befreit

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HILFE HAT VIELE GESICHTER. 1

Ich schick‘ dir einen lieben Gruß 3 Ein Kalender...

In den letzten Jahren haben wir 26.656 Vaterunser-Karten weitergegeben. Inhaftierte konnten die Karten kostenlos bei uns anfordern. Hauptsächlich waren die deutsche und die russische Sprache gewünscht.

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Goldene Botschaften

556 Kartens-Sets „SCHREIBEN IST GOLD“ wurden bei uns bestellt. Sie waren vor allem von Inhaftierten gefragt, die sie ebenfalls kostenlos erhalten haben, weil wir sie durch Spenden finanzieren konnten.

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... als außergewöhnlicher Begleiter in einer JVA – Rückmeldungsblitzlicht von inhaftierten Frauen und Männern der Gottesdienstvorbereitungsgruppe aus der JVA Köln: "Toll sind die Karten, manche Texte – besonders die von anderen Gefangenen, die Farben, dass es für jede Woche ein Kalenderblatt gibt… Der Kalender bringt einen zum Nachdenken, muntert auf, ist ein Lichtblick, bringt Heiterkeit, strukturiert die Zeit, lädt zum Verweilen ein, macht Spaß, die Karten oder Sprüche nach draußen zu schicken, die Zelle sieht gleich anders aus."

Weihnachtsfreude im Gefängnis – Gefangene bedanken sich.

Habe ich Ihre Weihnachtspaket bekommen vielen vielen Dank für Sie. In Paket war so viele Geschenke hat mich so gefreut jemand hat an mich gedacht zum Weihnachtsfest.

W., JVA Untermaßfeld

Ich war zuerst völlig verwundert, warum ausgerechnet ich so etwas bekommen sollte. Ich hätte nicht mal gedacht, dass es überhaupt Menschen gibt, die sich für Gefangene interessieren. Das war wirklich das Schönste, was ich in meiner ganzen Haftzeit hier erlebt habe. X, JVA für Jungtäter Vechta

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SCHWARZES KREUZ. DAS SIND WIR. Geschäftsstelle Schwarzes Kreuz

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Arbeitskreise

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Hauptamtliche in der Geschäftsstelle

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431 Ehrenamtliche 4

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1 Otfried Junk Geschäftsführer

6 Britt Werschke Bürohilfe

2 Irmtraud Meifert Kontaktvermittlung, Weiterbildung, Projekte

7 Claudia Jorascik Reinigungskraft

3 Günter Müller EDV, Projekte, Versand 4 Ute Passarge Assistenz der Geschäftsführung, Öffentlichkeitsarbeit 5 Siglinde Rackete Buchhaltung

bundesweit, aber auch aus Frankreich, Zypern, Portugal…

Vorstand

PROJEKT BRÜCKENBAU 8 Matthias Wachau Projektleiter 9 Ines Lehr Verwaltung

v.l.n.r: Otfried Junk, Martin Käthler, Gisela Walper, Jörg Twiefel (Vorsitzender), Inge Weigelt, Anna Schülein, Helge Bonacker

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BEISPIEL:HAFT Das Schwarze Kreuz wurde 2012 BEISPIEL:HAFT von

1.639 Spendern finanziell unterstützt. 167 davon spendeten zum ersten Mal. 41 Gemeinden förderten unsere Arbeit,

z. B. durch eine Kollekte.

1 Gericht vermittelte uns eine

Bußgeldzuweisung.

Die Kosten des Schwarzen Kreuzes sind BEISPIEL:HAFT: Finanzierung von Projekten in Justizvollzugsanstalten, die Ausbildung Ehrenamtlicher durch Studienbriefe, Seminare und individuelle Beratung, Kosten für Mission und Betreuung wie z. B. unser Kalender, den Inhaftierte jedes Jahr kostenlos bekommen… BEISPIEL:HAFT aber auch Briefmarken, Schreib- und Kopierpapier, Reparaturen, Materialkosten, Pakete für mittellose Inhaftierte, Flyer, Broschüren… und Zeit der Hauptamtlichen BEISPIEL:HAFT zum Zuhören von Sorgen und Fragen, Lesen der Briefe und selbst viele schreiben, Kontakte zwischen Ehrenamtlichen und Inhaftierten vermitteln und begleiten, beraten, telefonieren, besuchen, planen, informieren… In einem Jahr brauchen wir dafür etwa 400 000 Euro, die nur dann aufgebracht werden kön-

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nen, wenn freundliche Menschen ihr Portmonee öffnen, um straffällig gewordenen Menschen (wieder) einen neuen Grund zum Leben zu geben.

BEISPIEL:HAFT durch Menschen wie Sie! nto: Unser Spendenko nschaft Ev. Kreditgenosse 2 Konto-Nr. 60 02 0 BLZ 520 604 10


NACH DER HAFT: IN GUTE(R) GESELLSCHAFT.

Foto: Andreas Mang / photocase.de

Hans-Peter Zimpfer, Pastor in der Christengemeinde Freiburg

Wir freuen uns, wenn ein Haftentlassener zu uns in die Gemeinde kommt. Allerdings stellen wir ein paar „Spielregeln“ auf. Die Gemeindeleiter kennen seinen Hintergrund und seine Geschichte. Es bleibt ihm aber selbst überlassen, ob und wem er in der Gemeinde sonst noch davon erzählt. Die Gemeindeleiter treffen mit ihm klare und verbindliche Absprachen und achten auf riskante Situationen, bei denen sie unter Umständen auch eingreifen. Es kommt zum Glück nicht oft vor, dass jemand erneut Straftaten begeht. Wie wir als Gemeinde auf einen solchen „Rückfall“ reagieren, hängt stark von der Haltung des Täters ab. In schwerwiegenden Fällen erstatten wir Anzeige und erteilen ein Gemeindeverbot. Grundsätzlich möchten wir allen Straftätern die Chance geben, sich von Christus verwandeln zu lassen. Saulus konnte zum Paulus werden, warum nicht auch sie? Und es ist einfach toll zu erleben, wie ein ehemaliger Inhaftierter wieder auf die Füße kommt und Kontakt zu Gott findet.

ICH HAB’S GESCHAFFT. Ja, ich war auch im Gefängnis. Und auch wenn das schon 31 Jahre her ist, kann ich mich noch sehr gut daran erinnern. Besonders daran, wie ich mich in dieser Zeit danach gesehnt habe, wieder frei zu sein. Und wie ich vor der Entlassung gezittert habe, ob ich wohl „danach“ wieder Arbeit finden werde. Arbeit habe ich dann tatsächlich gefunden und auch eine Wohnung. Das Blaue Kreuz hat mir dabei sehr geholfen. Dass ich nach dem Gefängnis einen anderen Kurs eingeschlagen habe, habe ich meiner Frau zu verdanken und auch meinen Freunden, die ich im Schwarzen Kreuz gefunden habe. Da gehöre ich übrigens zu.

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Dieter Borzym Mitglied im Schwarzen Kreuz seit 2005

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WUSSTEN SIE...?

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GEFANGENE HELFEN BEIM FRÜHJAHRSPUTZ. „Kriminalität macht uns Angst. Doch auch die härteste Strafe kann begangenes Unrecht nicht aus der Welt schaffen. Helfen können nur Versöhnung und Gemeinschaft. Dafür müssen alle etwas tun“, appelliert der Verein „Schwarzes Kreuz“ an die Gesellschaft. Die in Celle ansässige „Christliche Straffälligenhilfe“ lässt den Worten mit verschiedenen Aktionen Taten folgen. Beispielsweise am vergangenen Wochenende. Fünf Gefangene aus dem offenen Vollzug der Jugendanstalt Hameln (JA) hatten sich freiwillig gemeldet zum „Außendienst“, um das Naturerlebnisbad Lauenstein herauszuputzen für die am 13. Mai beginnende Badesaison. Quelle: www.DEWEZET.de

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Foto: stm / photocase.de

Straftäter sollen nach der Haft wieder in die Gesellschaft eingegliedert werden. Aber „die Gesellschaft“ ist eine abstrakte Konstruktion, weil sie in dieser Größenordnung für jeden Menschen unüberschaubar bleibt. Leben findet immer in einer konkreten Bezugsgruppe statt, zu der sich jemand zugehörig fühlt. Eine solche Bezugsgruppe war für Inhaftierte meist das soziale Umfeld, das mit dazu beigetragen hat, dass sie straffällig wurden, und in das sie in aller Regel nicht mehr zurück wollen. Resozialisierung kann nach der Haft erfahrbar werden zum Beispiel durch die Aufnahme Straffälliger in Kirchen und Gemeinden. Aber sowohl sie als auch Inhaftierte und Entlassene bringen die notwendigen Voraussetzungen für ein gelingendes Miteinander meistens nicht mit. Die erforderlichen Kompetenzen dafür müssen ihnen vermittelt werden.


WUSSTEN SIE...? Angehörige von Inhaftierten sind mitbestraft; die Kinder leiden besonders. Angehörige schämen sich, ziehen sich zurück und fühlen sich oft mitschuldig. Sie sind gezwungen, sich ein neues eigenständiges Leben aufzubauen. Das wiederum führt zu Spannungen mit dem inhaftierten Partner, der aus dem Gefängnis nicht mitbestimmen kann und sich noch ohnmächtiger fühlt.

WIR SIND AUCH NOCH DA! Mein Mann war früher in Haft, noch bevor ich ihn kannte. Manche Eigenarten, die er dort entwickelt hatte, haben unsere Ehe noch lange belastet. Auf einer Freizeit des Schwarzen Kreuzes traf ich Menschen, die ihn schon aus der Haft kannten, ebenso andere Ehefrauen von Inhaftierten und Haftentlassenen mit ähnlichen Problemen. Sie hatten offene Ohren für mich und konnten oft weiterhelfen. Hier fühlte ich mich in meiner besonderen Situation angenommen und geborgen, und das bis heute. Der Arbeitskreis Freiburg führt jeden Sommer solch eine Wochenendfreizeit durch. Eingeladen sind die Mitglieder, Inhaftierte und Haftentlassene und deren Familien.

Kurz vor Ostern 2012 stand auf einmal die Polizei bei uns vor der Tür. Unser 19jähriger Pflegesohn Frank wurde verhaftet: Er hatte eine Frau getötet! Die Nachricht verbreitete sich wie ein Lauffeuer. Das Entsetzen und die Hilflosigkeit waren allgegenwärtig. Wir haben uns irgendwie mit schuldig gefühlt. Schweigen um uns herum. Der Pastor meldete sich nie. Und bis heute haben wir es nicht fertiggebracht, es allen Verwandten zu sagen. Nur beim Schwarzen Kreuz stießen wir auf offene Ohren. Frank ist krank und selbstmordgefährdet, und wir können ihm nicht helfen, nur für ihn beten.

Ines S.*

Familie R.*

...Inzwischen wurde das Urteil gesprochen. Frank bekommt 9 1/2 Jahre Haft, wie es weiter geht, wissen wir noch nicht.

* Die Namen sind geändert.

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IMPRESSUM Herausgeber: Schwarzes Kreuz Christliche Straffälligenhilfe e. V., Jägerstraße 25 a, 29221 Celle

Abs.: Schwarzes Kreuz e.V., Jägerstraße 25 a, 29221 Celle

Telefon: 05141 94616-0 Telefax: 05141 94616-26 info@schwarzes-kreuz.de www.naechstenliebe-befreit.de Vorsitzender: Jörg Twiefel Geschäftsführer: Otfried Junk Bankverbindung: EKK, BLZ 520 604 10 Konto 60 02 02 IBAN: DE83 5206 0410 0000 6002 02 BIC-/SWIFT-Code: GENODEF1EK1 Redaktion: Irmtraud Meifert und Otfried Junk Gestaltung: KLINKEBIEL GmbH www.klinkebiel.com

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