Werkschau Paul Thomas Anderson 2015 Folder

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MASTERS AND MAGNOLIAS

PAUL THOMAS ANDERSON EINE WERKSCHAU BOOGIE NIGHTS • HARD EIGHT / SYDNEY • INHERENT VICE • MAGNOLIA PUNCH-DRUNK LOVE • THE MASTER • THERE WILL BE BLOOD Begleitet von Filmen von Robert Altman, Jacques Tati, Jonathan Demme, François Truffaut u.a.

5. BIS 19. MÄRZ 2015 IM

GARTENBAUKINO www.gartenbaukino.at


SCHINKEN 25. 1. 2015 | 12 UHR

29. ±. 2015 | 12 UHR

ONCE UPON A TIME IN AMERICA

BEN-HUR

Es war einmal in Amerika

Ein Film von William Wyler USA 1959, 213 min, OmU, 35mm Mit Charlton Heston, Jack Hawkins, Haya Harareet

Ein Film von Sergio Leone I/USA 1984, 251 min, OV, 4K digital, Director’s Cut, restauriert Mit Robert De Niro, James Woods, Elizabeth McGovern

26. 4. 2015 | 12 UHR 1. ±. & 8. ±.2015 | 12 UHR Zum 50-jährigen Jubiläum!

THE SOUND OF MUSIC Meine Lieder, meine Träume Ein Film von Robert Wise USA 1965, 172 min, OV, 4K digital Mit Julie Andrews, Christopher Plummer, Eleanor Parker

IT’S A MAD, MAD, MAD, MAD WORLD Eine total, total verrückte Welt Ein Film von Stanley Kramer USA 1963, 159 min, OV, 4K digital Mit Spencer Tracy, Milton Berle, Sid Caesar, Buddy Hackett, Ethel Merman, Mickey Rooney, Peter Falk

EINHEITSPREIS: ¤ 9,– PRO FILM

AN JEDEM LETZTEN SONNTAG IM MONAT – IM KINO VON WELT.

GARTENBAUKINO


ANDERSONLAND Eine der möglichen Übersetzungen des Ausdrucks „Inherent Vice“, zugleich Titel des aktuellen Films von Paul Thomas Anderson, lautet wie folgt: „Die Tendenz von Objekten auf Grund von innerer Instabilität zu verfallen.“ Diese natur- oder gottgegebene Instabilität des Menschen und der daraus resultierende, fast unausweichliche (Ver)Fall (und oft auch Erlösung) scheint für Anderson der Ausgangspunkt für fast alle Figuren innerhalb seiner knappen, aber immens dichten Filmografie zu sein. Paul Thomas Anderson, geboren 1970 im fast schon symbolisch klingenden Studio City, aufgewachsen in einer Showbiz-Familie und dadurch früh mit Möglichkeiten und Mentoren in Berührung gekommen, geprägt und sozialisiert durch Kino sowie – vielleicht noch maßgeblicher – durch die frisch aufkommende Home-Video Revolution. PTA, wie er genannt wird oder werden will, beginnt früh Filme zu drehen, sein offensichtliches Talent und seine Hartnäckigkeit führen bald zu beispiellosem Erfolg und mittlerweile völliger Freiheit in der Auswahl und Ausführung seiner Ideen. Fast alle seine Filme spielen in „seinem“ kalifornischen Umfeld, konkret Los Angeles, meist abseits der bekannten, filmisch kanonisierten Orte: Andersonland, dem Land der gescheiterten Träume, der falschen Propheten, der natürlichen Mängel, der big bright shining stars. Zum Anlass seines aktuellen Spielfilms INHERENT VICE zeigen wir erstmalig in Österreich eine Gesamtschau der Spielfilme von Paul Thomas Anderson auf der großen Leinwand. Nach besten Möglichkeiten wurden 35mm Kopien akquiriert – PTA gehört zu einer beharrlichen Gruppe von Analogfilmverfechtern – bei den zwei aktuellsten Filmen wurde auf digitales Material zurückgegriffen. Als Beiprogramm bieten wir im Laufe dieser zwei Wochen einige ausgewählte Filme von Filmemachern, die zur Stilbildung Anderson’s beigetragen haben (könnten). Hierbei ist die Auswahl als bewusst assoziativ und keineswegs akademisch zu verstehen. Auf manches role model wird verzichtet, von anderen kommen weniger „eindeutige“ Werke. Robert Downey, sr. steuert sein 60er Jahre counter-culture Meisterwerk PUTNEY SWOPE bei, dessen (Frei)Geist erst jetzt in PTAs aktuellem Film voll durchdringt. MONDO HOLLYWOOD von Robert Carl Cohen ist maßgeblich für den „Look & Feel“ von INHERENT VICE verantwortlich, wir zeigen ihn als – mögliche – Österreichpremiere in einer neu angefertigten digitalen Restaurierung. Filme von Tati (MON ONCLE) und Truffaut (TIREZ SUR LE PIANISTE) begleiten PTAs verkanntes Meisterwerk PUNCH-DRUNK LOVE; Jonathan Demme zeigt in SOMETHING WILD, was für ein immens präziser, ökonomischer und dennoch freier Filmemacher er war und Thom Andersen bietet seinen unvergleichlichen, fast schon epischen Zugang zum filmischen Los Angeles. LOS ANGELES PLAYS ITSELF, ein absoluter must-see des Essay-Films, in einer neuen digitalen Restaurierung auf der großen Leinwand des Kino von Welt.


HARD EIGHT / SYDNEY Paul Thomas Anderson, USA 1996, 102 min, OmspU, ±5mm Mit Philip Baker Hall, John C. Reilly, Gwyneth Paltrow, Samuel L. Jackson, Philip Seymour Hoffman Der junge Paul Thomas hatte ein Faible für das Glücksspiel; Gewinne daraus finanzierten wesentlich seinen Kurzfilm COFFEE & CIGARETTES. Dieser lief erfolgreich in Sundance, ein Angebot folgte, auf Basis von Elementen daraus sein Langfilmdebüt zu entwickeln. Taktisch klug bewegte sich Anderson dabei in einem Genrerahmen und in einem Themenfeld, von dem er viel verstand – dem Glücksspiel: Ein erfahrener Gambler (Philip Baker Hall, dem HARD EIGHT auf den Leib geschrieben wurde) führt einen eher simplen Amateur (John C. Reilly) in die Regeln der Branche ein – und agiert auch dann als Troubleshooter, als dieser sich auf eine unberechenbare Freundschaft mit einem „Security“-Mann (Samuel L. Jackson) und eine Liaison mit einer Kellnerin (Gwyneth Paltrow) einlässt. Die wenig glanzvolle Spielerstadt Reno in Nevada steuerte die markante Statisten und die winterlich harsche Atmosphäre bei. Zu einer Hommage an ein kaltschnäuziges Milieu wird, was lange im Stadium eines Charakterdramas verweilt, um dann bei gegebenen Umständen in Action mit einer finalen großen Wendung umzuschlagen. Anderson pokerte übrigens auch bei der Fertigstellung des ursprünglich SYDNEY betitelten Films, bestand auf einen Director’s Cut für die Veröffentlichung und organisierte mit seinen Darstellern die beträchtlichen Zusatzkosten – eine Hartnäckigkeit, die sich auszahlte, ihm branchenintern viel Respekt einbrachte. Do 5. ±., 18 Uhr • Sa 14 .±., 17 Uhr • Do 19 .±., 21 Uhr

BOOGIE NIGHTS Paul Thomas Anderson, USA 1997, 155 min, OV, ±5mm Mit Mark Wahlberg, Burt Reynolds, Julianne Moore, William H. Macy, Philip Seymour Hoffman, John C. Reilly, Luis Guzmán, Philip Baker Hall Auch Andersons zweitem Spielfilm ging ein kürzeres Werk voraus: Gerade 18-jährig hatte er auf Video THE DIRK DIGGLER STORY gedreht, eine halbstündige satirische Pseudo-Doku über Aufstieg und Niedergang eines Porno-Darstellers mit Rockstar-Habitus und Drogenneigungen, angelehnt an den gefallenen Branchenstar John Holmes, der damals, 1988, an Aids verstorben war. Den Spielfilm BOOGIE NIGHTS erweiterte er neun Jahre später zu einem Gruppenporträt über die fragile Goldgräberstimmung der Zeit nach der Liberalisierung, mit dem Jahr 1980 und dem Umstieg auf die prosaischere Videoproduktion als Wendepunkt. Anderson hatte viel Milieukenntnis, wuchs er doch im San Fernando Valley in unmittelbarer Nachbarschaft der Bungalows, Swimming Pools und Hinterzimmerfirmen auf, die „The Golden Age of Porn“ bestimmten. Wohl auch aus Ambivalenz heraus verzichtete er auf einen realistischen Erzählansatz und entschied sich für eine postmodern kabarettistische Nummernrevue mit melancholischen Passagen – bei großer Sorgfalt bei der Kamera und dem Verflechten von Erzähllinien. Mit dem Tonfall eines lebensbejahenden Anti-Puritanismus traf Anderson den Zeitgeist der Clinton-Jahre und landete einen kommerziellen Volltreffer: Mark Wahlberg, Julianne Moore und Heather Graham wurden zu Kinostars, auch Don Cheadle, John C. Reilly und William H. Macy erhielten Glanzparts, und Burt Reynolds schaffte ein unerwartetes Comeback. Sa 7. ±., 20.15 Uhr • Di 10. ±., 18 Uhr • Sa 14. ±., 19 Uhr


MAGNOLIA Paul Thomas Anderson, USA 1999, 188 min, OV, ±5mm Mit Julianne Moore, Jason Robards, Philip Seymour Hoffman, Tom Cruise, Philip Baker Hall, William H. Macy, Alfred Molina, John C. Reilly Auf Basis seines kommerziellen Erfolgs mit der Freiheit einer unbehinderten Projektentwicklung ausgestattet, tat Anderson etwas Gewagtes: Er trat mit einer bewunderten Regielegende gleichsam in Konkurrenz, mit Robert Altman und seinem wenige Jahre zuvor gefeierten SHORT CUTS – auch MAGNOLIA ist ein Multi-Personen- und Episoden-Drama, das durch den Schauplatz Los Angeles vage zusammengehalten wird. Gekonnt reüssiert Anderson mit Nuancenverschiebung: Spezifisch das Lebensgefühl des vorstädtischen San Fernando Valleys interessiert ihn, der Geist des Sich-Erfindens ohne Rücksichtnahme auf die Vergangenheit, eine Sphäre der Medienbranche. Protagonist ist daher etwa ein TV-Produzent (Jason Robards), ein entfremdeter Vater eines HochglanzMotivationstrainers (Tom Cruise), und Schauplatz für Wünsche wie Konflikte ist eine Quiz-Show, in der ein TV-Veteran (Philip Baker Hall) die Vermarktung von Showbiz-Kindern moderiert. Ihnen gegenüber religiös Motivierte, die vermitteln, ein Polizist (John C. Reilly), ein Krankenpfleger (Philip Seymour Hoffman) – erzählerisch ergibt sich eine reizvolle Spanne zwischen dem egoistischen Kult der Oberflächen und biblischen Motiven wie dem in Etappen angekündigten, finalen Froschregen. So 8. ±., 15.±0 Uhr • So 15. ±., 19.±0 Uhr

PUNCH-DRUNK LOVE Paul Thomas Anderson, USA 2002, 95 min, OV, ±5mm Mit Adam Sandler, Emily Watson, Philip Seymour Hoffman, Luis Guzmán Um den Erwartungsdruck zu mildern, entschloss sich Anderson nach MAGNOLIA bewusst zu einem kleineren (Genre-)Format, nichtdestotrotz ging er einiges an Risiko ein: Wie leicht hätte die Idee einer romantischen Komödie rund um anger management-Probleme schief gehen können! Die Geschichte eines kleinen WC-Bedarfs-Unternehmers im kalifornischen GewerbeIrgendwo, der so auf „nette“ Service-Mentalität gedrillt ist, dass er allerlei Zumutungen hilflos gegenübersteht und dafür im Stillen dann ausrastet – das hätte leicht in Slapstick-Albernheit verenden können. Zumal der Regisseur eigene Familienpsychologie dazupackte: Wie sein Antiheld war er mit einer dominanten Schwesternriege aufgewachsen. Sinn für Timing und Dosierung – Jacques Tatis Minimalismus ist hier als ein Vorbild zu nennen – war ein Faktor für den bei Kritik, Fans und Regiekollegen nachhaltigen Erfolg des Films. Der andere Faktor lag darin, dass der generell eher als Leichtgewicht bekannte Kinokomiker Adam Sandler zur Form seines Lebens auflief, seine eckige Motorik im blauen SynthetikSakko ist eindrücklich bis abgründig, ihm gegenüber Emily Watson ebenfalls treffsicher besetzt. Den tief neurotischen Mikrokosmos ergänzen Bonusmeilen in Puddingsäckchen, ein ungewolltes Telefonsex-Abo, ein Harmonium und ein Showdown im Matratzenladen; der Regiepreis der Filmfestspiele von Cannes 2002 war ungewöhnlich, aber hochverdient. Fr 1±. ±., 20.15 Uhr • Di 17. ±., 19 Uhr


THERE WILL BE BLOOD Paul Thomas Anderson, USA 2007, 158 min, OV, ±5mm Mit Daniel Day-Lewis, Paul Dano, Kevin J. O’Connor, Ciarán Hinds L.A. ist wie kaum eine andere Metropole von der Kraftstoffindustrie geprägt – kaum vorstellbar ist heute, dass es einst ein umfangreiches Straßenbahnnetz gab. Und wüst lief der frühe Ölboom im Südkalifornien ab: Um 1910 wurden dort gut zwei Drittel der weltweiten Förderungen erzielt, zwei Jahrzehnte später waren die Lagerstätten erschöpft. Inspiriert von Upton Sinclairs Roman „Oil!“ entwickelte Anderson ein episches Konzept, recherchierte in lokalen Museen, fand mit Stammkameramann Robert Elswit zu einer Farbpalette, die an das Sepia alter Fotografien erinnert – und an viel Dreck. Das Set entstand in Texas, bröckelnde Minen, hochgehende Bohrtürme und hartgesottene Statisten waren Teil von ihm. Zwei Pole bestimmen den Plot: Auf der einen Seite steht ein rücksichtsloses Unternehmertum, das auch innerfamiliär über Leichen zu gehen bereit ist – Daniel Day Lewis verlieh dem Ölmagnaten Plainview eine kalt monomane Erscheinung. Nicht minder rigoros ist der Gegenpol, ein evangelikaler Fundamentalismus in Person des Predigers Sunday (Paul Dano), der sein Wirken gleichermaßen als großes Machtspiel begreift. Hinter dem biblischen Filmtitel verbirgt sich eine Allegorie über die Konsequenzen, wenn die Aufforderung, sich „die Erde untertan“ zu machen, zu wörtlich genommen wird. Den destruktiven Grundton des Films begleitet stimmig der mutig avantgardistische Soundtrack des Radiohead-Musikers Jonny Greenwood. Sa 7. ±., 17.±0 Uhr • Mo 9. ±., 18 Uhr • Di 17. ±., 20.45 Uhr

THE MASTER Paul Thomas Anderson, USA 2012, 144 min, OmU, 4K digital Mit Joaquin Phoenix, Philip Seymour Hoffman, Amy Adams, Ambyr Childers, Jesse Plemons, Laura Dern Für ein weiteres historisches Epos über die USA und die Kräfte, die das Land in seinem Inneren zusammenhalten, ließ sich Anderson von den Lebenserfahrungen seines Vaters und des MAGNOLIA-Altstars Jason Robards inspirieren. Der Zweite Weltkrieg hatte junge Männer aus den Gewissheiten eines meist kleinstädtischen Alltags gerissen, nach ihrer Rückkehr waren sie nur zu gerne bereit, kompakten Heilsversprechungen zu folgen – worauf ältere Zyniker bauen konnten. Joaquin Phoenix stolpert als junger unrunder Navy-Veteran durch Kalifornien. Auftritt Philip Seymour Hoffman als „Meister“ der religionsähnlichen Vereinigung „The Cause“, die sich für ihre Rituale bei Natur- und Grenzwissenschaften bedient – wer will, mag darin Scientology erkennen. Die Geschichte der psychischen Abhängigkeit des Assistenten und Schützlings und seiner von Eklats begleiteten schwierigen Loslösung vom „Master“ sind Grundlage für ein Gigantenduell in Method Acting. Um die Stimmung der frühen 1950er Jahre zu vermitteln, traf Anderson die etwas exzentrische Wahl, auf 65mm-Material zu drehen – jedenfalls ein nachdrückliches Indiz dafür, kinogerecht erzählen zu wollen, auf moralisierende Vereinfachungen zu verzichten. Greenwoods Score und kongeniale Nebendarstellerinnen steuern eine beunruhigende Zeitlosigkeit bei – und dies mit Berechtigung: An Kriegsveteranen und deren Orientierungsproblemen ist auch in der Gegenwart kein Mangel. Do 5. ±., 20 Uhr • Mo 16. ±., 20 Uhr


INHERENT VICE Paul Thomas Anderson, USA 2014, 148 min, OmU, 2K digital Mit Joaquin Phoenix, Josh Brolin, Owen Wilson, Katherine Waterston, Reese Witherspoon, Benicio Del Toro, Martin Short, Joanna Newsom Spätsommerliches Licht liegt über den Holzhäuschen eines strandnahen, noch nicht gentrifizierten Viertels von L.A. Im Rahmen seiner Dramen zur Geschichte Kaliforniens ist Anderson im Jahr 1970 gelandet, da wird es spielerischer, chaotischer. Das hat mit der Romanvorlage von Thomas Pynchon zu tun und damit, dass fast alle Story-Elemente visuell ungemein reizvoll sind. Der Auslöser der Reise, ein wohl unfreiwillig abgetauchter Tycoon mit Biker-Security, träumt noch von Immobilien, während kühle chinesische Marktteilnehmer bereits im Heroin die Renditechancen erkennen. Gangs werden ethnischer, Mittelständler geben sich überbunt oder esoterisch oder sitzen ratlos zwischen den Stühlen. Neo-Präsident Nixon will Säuberung, das FBI greift dafür zu dubiosen Tricks. Und so ergeben sich ungeahnte Allianzen zwischen den lokalen Behörden – Josh Brolin als bulligem Cop, Reese Witherspoon als Staatsanwältin – und Joaquin Phoenix als Detektiv vom Typus Bürgerrechte-Hippie mit Backenbart. Dieser „Doc“ führt uns durch die ineinander verwobenen Fälle, und er bewahrt Durchblick trotz steten Spliff-Konsums. Oder, besser: gerade deswegen. Referenzen an Kino-Klassiker der frühen 1970er gibt es einige, Regisseur Anderson mutiert dabei nicht selbst zum Freak Brother: Sein mit zahlreichen Starauftritten gespickter 150-Minüter ist erzählerisch wohlgeordnet, mit lyrisch-musikalischen Passagen als Highlights. Der aktuelle Film läuft im regulären Programm und wird während der Werkschau (mit wenigen Ausnahmen) täglich einmal gespielt.

SUPERWELT DER NEUE FILM VON KARL MARKOVICS

Mit Ulrike Beimpold, Rainer Wöss, Nikolai Gemel, Angelika Strahser u.a.

AB 20. MÄRZ 2015 IM

GARTENBAUKINO


THE LONG GOODBYE Robert Altman, USA 197±, 112 min, OV, ±5mm Mit Elliott Gould, Nina van Pallandt, Sterling Hayden, Mark Rydell „Schwarze Serie“-Plots, in denen alle einander misstrauen, weil Erpressung und Korruption Teil des Systems sind und nicht so sehr ein verfolgtes Delikt, erblühten in den 1940er Jahren. Wie stimmig sie für das Los Angeles der 1970er sein können, belegt Robert Altmans erst viel später so richtig gewürdigte Umsetzung eines Chandler-Detektiv-Romanes: Elliot Gould legt die Rolle des Philip Marlowe verknautscht und kauzig an, irgendwo zwischen groovy und fatalistisch, die Schauplätze erscheinen pastellig dunstig wie die rätselhafte Intrige hinter dem Fall. Für zahlreiche Interessierte an einer L.A.-Darstellung jenseits von Hochglanz und Hyperaktivismus ein Schlüsselfilm – für Anderson jedenfalls. Mo 9. ±., 21 Uhr • Mo 16. ±., 18 Uhr

PUTNEY SWOPE Robert Downey, Sr., USA 1969, 84 min, OV, ±5mm Mit Arnold Johnson, Joe Madden, Antonio Fargas, Allen Garfield Robert Downey Sr., der Vater des schillernden BlockbusterStars, ist eine Berühmtheit auf seinem eigenen Feld, jenem des gegenkulturellen Filmemachens, das in den 1960er Jahren erblühte und in vielem bis in die Ära der allseits erwünschten politischen Korrektheit inspirierend nachwirkt. In seiner angemessen albernen Medien- und Werbesatire aus dem Jahr 1969 wird der einzige schwarze Mitarbeiter einer New Yorker Agentur durch einen Zufall zum neuen Chef gewählt. Nicht jedem ist es geheuer, dass der Titelheld die Agentur dann programmatisch auf „Truth and Soul, Inc.“ umtauft. Robert Downey Sr. war für Anderson langjährig Tippgeber und trat auch in kleinen Rollen in BOOGIE NIGHTS und MAGNOLIA auf. Sa 7. ±., 2± Uhr • Fr 1±. ±., 22 Uhr

LOS ANGELES PLAYS ITSELF Thom Andersen, USA 200±/201±, 169 min, OV, 2K digital 2008 kuratierte Thom Andersen die Retrospektive von Viennale und Filmmuseum „Los Angeles: A City in Film“ – wesentliche Grundlage dafür bildete seine 2003 entstandene, mit zahlreichen Filmausschnitten arbeitende Doku darüber, wie seine Heimatstadt im Verlauf der Kinogeschichte dargestellt wurde. Nicht das geschönte offizielle Bild interessierte ihn dabei primär, sondern das Unterdrückte, die Effekte von Marktmechanismen, verschwundene Stadtteile, Subkulturen – so ist der Titel eine Anspielung auf einen Klassiker des Gay Cinema. Andersens Arbeit, lange durch Rechtsstreitigkeiten in seiner Verbreitung behindert, ist nicht bloß filmisch eine Fundgrube, sondern auch ein Musterbeispiel an angewandter Stadtsoziologie. So 8. ±., 19 Uhr • Do 19. ±., 18 Uhr Österreich-Premiere der restaurierten Version!


SHOOT THE PIANO PLAYER TIREZ SUR LE PIANISTE François Truffaut, F 1960, 92 min, OmeU, 2K digital Mit Charles Aznavour, Marie Dubois, Nicole Berger, Michèle Mercier, Albert Rémy Als Kritiker war François Truffaut vehement für die Wertschätzung spezifischer amerikanischer Erzählgattungen eingetreten, in seinem zweiten Langfilm transferierte er dann einen NoirRoman des US-Autors David Goodis nach Paris. Die Story über einen Barpianisten, der sich infolge einer Lebenskrise in die Anonymität zurückgezogen hat, bevor ihn Gangster und eine Kellnerin für eine Weile wieder in Trab bringen, wurde erst nach und nach zu einem Hauptwerk der Nouvelle Vague. Filmfreunde schätzten rasch die Cinemascope-Ästhetik sowie die poetische Einfärbung und die ironischen Schlenker der Erzählung, die ganz getragen wird von der Präsenz des populären Chansonniers Charles Aznavour in der Titelrolle. Di 17. ±., 17 Uhr

MONDO HOLLYWOOD Robert Carl Cohen, USA 1967, 120 min, OV, 2K digital Mit Margaretta Ramsey, Dale Davis, Theodore Charach Ein „Mondo“ im Titel ist, das wusste jeder Kinogeher der Sixties, ein Garant für eine Clipsammlung der jenseitigeren Art, mit einem Reportageanspruch als bloße Fassade. Die Idee einer „Selbstverwirklichung“ im Los Angeles der Jahre 1966/67 ist hier der Themenrahmen, eine Wettbewerbsmentalität trägt bunte Gewänder: Polit-Aktivisten, Exzentriker mit Geld, Hippies und Öko-Pioniere, (Burlesque-)Künstler oder Nischen-Entrepreneure wie der Surffilm-Produzent Dale Davis oder der österreichische Monokini-Propagierer Rudi Gernreich drängen sich vor, „psychedelische“ Lichter und Töne untermalen „Progressives“, von dem viel im Alltag von heute angekommen ist. Eine Zeitkapsel aus einer Ära, als man aus Kalifornien anderes erwartete als Start-ups. So 8. ±., 22 Uhr • Sa 14. ±., 22 Uhr Österreich-Premiere!

SOMETHING WILD Jonathan Demme, USA 1986, 114 min, OV, ±5mm Mit Jeff Daniels, Melanie Griffith, Ray Liotta, Margaret Colin Jonathan Demme war schon vor dem SCHWEIGEN DER LÄMMER ein großes Vorbild für ambitionierte US-Nachwuchsregisseure, schaffte er es doch, auch unter Industriebedingungen seine Stoffe mit Pop-inspirierter Aufmüpfigkeit anzureichern. Ein Evergreen ist das Road-Movie um einen braven Finanzdienstleister (Jeff Daniels), dessen Dasein durch die quirlig unberechenbare Lulu / Audrey (Melanie Griffith) wilden Schwung erhält: eine turbulente romantische Komödie, die sich im Finale in einen blutigen Thriller-Showdown stürzt. Die Anreicherung mit Musik ist erstaunlich – nicht weniger als 49 Nummern führt der Abspann auf –, schillernde Kollegen wie John Sayles oder John Waters geben sich die Ehre von Gastauftritten. Di 10. ±., 20.45 Uhr • So 15. ±., 17 Uhr


MON ONCLE Jacques Tati, F 1958, 117 min, OmeU, ±5mm Mit Jacques Tati, Adrienne Servantie, Jean-Pierre Zola, Alain Bécourt Die extra für Jacques Tatis pastellbunten Film entworfene Villa Arpel mit ihrer unberechenbaren Springbrunnen-Automatik und ihren drolligen Bullaugenfenstern wurde mittlerweile selbst zu einem Kultobjekt. Und das läuft eigentlich ganz gegen die Intentionen der Komödie, in der sich der französische Meisterpantomime und Regietüftler als prototypischer Altbaubewohner in Szene setzt, der seinem Neffen Tugenden diesseits einer Maschinenmoderne vermitteln möchte. Oder eben nicht: Erst im Umfeld einer rigorosen Taktung erscheinen Tatis Anachronismen als liebenswert. Und es braucht die normgemäß gesetzten Trittplatten des Designer-Gartens der Arpels, damit sein storchenhafter Gang so richtig zur Geltung kommt. Fr 1±. ±. 18 Uhr

MIT DANK AN Regina Schlagnitweit (Österreichisches Filmmuseum), Laura Sabetzer (Constantin Film), Cristina Bernáldez (Filmoteca Española), Melanie Tebb (Hollywood Classics), Elizabeth English (Moondance Film Festival), Robert Carl Cohen, Paul Vickery (Prince Charles Cinema) FÜR DEN INHALT VERANTWORTLICH Norman Shetler, Entuziasm Kinobetriebsgmbh, 1070 Wien FILMAUSWAHL UND EINLEITUNGSTEXT Norman Shetler KOPIENORGANISATION Katja Wiederspahn RECHERCHE Wiktoria Pelzer FILMTEXTE Hans Christian Leitich LEKTORAT Fredi Themel GRAFIK Rainer Dempf, Fiona Fleck ABBILDUNGSNACHWEIS Park Circus, Verleiher DRUCK Remaprint

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D a m i t k ö n n e n S i e s i c h n o c h g ü n st i g e r e i n e n P l at z u nte r d e n 7 ± 6 S i t ze n i m G a r te n b a u k i n o s i c h e r n ! – e r m ä ß i g te r K i n o e i n t r i t t – ke i n e A u f z a h l u n g b e i F i l m - Ü b e r l ä n g e n – 5 % Ermäßigung auf Bücher, CDs und DVDs aus dem Angebot des phil – e r m ä ß i g t e E i n t r i t t e b e i u n s e re n K u l t u r p a r t n e r n

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• 6 Vo r s t e l l u n g e n z u m P r e i s v o n ¤ ± 6 + 1 B o n u s F e a t u r e ( P l a k a t , F i l m p r o g r a m m , K a f f e e ) • p r o Vo r s t e l l u n g 1 K i n o k a r t e e i n l ö s b a r

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W U K - ¤ 1 a u f e r m ä ß i g t e n P re i s (bei Tanz- und Theaterveranstaltungen) E s s l M u s e u m ¤ 5 st att ¤ 7 b r u t W i e n ¤ 8 st att ¤ 1 4


SPIELPLAN Do 5. ±.

18.00 Uhr HARD EIGHT / SYDNEY 20.00 Uhr THE MASTER

Sa

7. ±.

17.±0 Uhr

THERE WILL BE BLOOD

20.15 Uhr

BOOGIE NIGHTS

2±.00 Uhr PUTNEY SWOPE So

8. ±.

15.±0 Uhr

MAGNOLIA

19.00 Uhr LOS ANGELES PLAYS ITSELF 22.00 Uhr MONDO HOLLYWOOD Mo 9. ±.

18.00 Uhr THERE WILL BE BLOOD 21.00 Uhr THE LONG GOODBYE

Di 10. ±.

18.00 Uhr BOOGIE NIGHTS 20.45 Uhr SOMETHING WILD

Fr 1±. ±.

18.00 Uhr MON ONCLE 20.15 Uhr

PUNCH-DRUNK LOVE

22.00 Uhr PUTNEY SWOPE Sa 14. ±.

17.00 Uhr

HARD EIGHT / SYDNEY

19.00 Uhr BOOGIE NIGHTS 22.00 Uhr MONDO HOLLYWOOD So 15. ±.

Mo 16. ±.

17.00 Uhr

SOMETHING WILD

19.±0 Uhr

MAGNOLIA

18.00 Uhr THE LONG GOODBYE 20.00 Uhr THE MASTER

Di 17. ±.

17.00 Uhr

SHOOT THE PIANO PLAYER TIREZ SUR LE PIANISTE

19.00 Uhr PUNCH-DRUNK LOVE 20.45 Uhr THERE WILL BE BLOOD Do 19. ±.

18.00 Uhr LOS ANGELES PLAYS ITSELF 21.00 Uhr HARD EIGHT / SYDNEY


MASTERS AND MAGNOLIAS

PAUL THOMAS ANDERSON EINE WERKSCHAU BOOGIE NIGHTS • HARD EIGHT / SYDNEY • INHERENT VICE • MAGNOLIA PUNCH-DRUNK LOVE • THE MASTER • THERE WILL BE BLOOD Begleitet von Filmen von Robert Altman, Jacques Tati, Jonathan Demme, François Truffaut u.a.

5. BIS 19. MÄRZ 2015

TICKETS EINTRITTSPREISE Reihe 1–3 Reihe 4–14 Reihe 15–32

ROLLSTUHLPLÄTZE €7 €8 € 8,50

Reihe 21

€7

Tickets täglich ab einer Stunde vor Beginn der ersten Vorstellung erhältlich

Überlängenzuschlag € 1

ERMÄSSIGUNGEN

RESERVIERUNG

für Studenten bis 26, Senioren, Zivildiener, Kinder (bis 12), Ö1 Clubmitglieder, Der Standard-AbonentInnen, ImPulsTanz-Clubmitglieder

T: 01/512 23 54 ab 1 Stunde vor Beginn der ersten Vorstellung Reservierungen via E-Mail: kino@gartenbaukino.at

Keine Ermäßigungen auf Reihe 1–3

Reservierte Karten müssen spätestens eine halbe Stunde vor der jeweiligen Vorstellung abgeholt werden.

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