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Jon Flurin Buchli, Trompete

«MIT DER FREUDE AN DER MUSIK HAT JA ALLES ANGEFANGEN»

VON LEA VATERLAUS Nachdem Jon Flurin Buchli bereits in der Saison 2020/21 als Praktikant zum Sinfonieorchester Basel gekommen war, gewann der Trompeter im vergangenen Dezember das Probespiel für die Stelle als zweiter Trompeter. Der 21-jährige Musiker ist das mit Abstand jüngste Orchestermitglied des Sinfonieorchesters Basel und schliesst derzeit noch sein Masterstudium in ‹Solo Performance› an der Musikhochschule Luzern ab. Ein Alltag zwischen Studium und Beruf – von Basel über Luzern bis ins Graubünden.

LV Jon Flurin Buchli, Du steckst noch mitten im Studium, hast aber bereits die feste Position als zweiter Trompeter beim Sinfonieorchester Basel inne. Wie kam es dazu? JFB Während meines Bachelorstudiums nahm ich 2019 bereits am Probespiel zur Praktikumsstelle beim Sinfonieorchester Basel teil, womit ich erst einmal nicht erfolgreich war. Beim zweiten Versuch, knapp anderthalb Jahre später, bekam ich dann aber den Praktikumsplatz für die Saison 2020/21. Als letzten Dezember die Stelle der zweiten Trompete ausgeschrieben wurde, dachte ich mir: Das ist die Chance! Und es hat geklappt!

«Es ist schon so, dass ich gewisse Kompromisse zwischen der Hochschule und dem Orchester eingehen muss.»

LV Du studierst in Luzern bei Immanuel

Richter, der als Solo-Trompeter des

Sinfonieorchesters Basel auch neben

Dir im Orchester sitzt. Wie vereint ihr Studium und Beruf? JFB Als ich das Probespiel zum zweiten Trompeter gewann, führten Immanuel und

VORGESTELLT ich ein gutes Gespräch darüber, ob ich das Studium überhaupt weiterführen kann oder möchte. Wir merkten aber schnell, dass es für uns kein Problem darstellt, das Berufliche mit dem Studieren zu verbinden –wir verstehen uns auch persönlich sehr gut. Es ist aber schon so, dass ich gewisse Kompromisse zwischen der Hochschule und dem Orchester eingehen muss. So verzichte ich jetzt auf einige Kurse in Luzern, darf dann aber für den Abschluss in einem Jahr mein Pensum in Basel etwas reduzieren, um allen Pflichtveranstaltungen meines Masterstudiums nachzukommen.

LV Du kommst aus der Gemeinde Domat/

Ems in Graubünden. Was gefällt Dir an der Stadt Basel? JFB Auch wenn ich nicht beim Sinfonieorchester Basel spielen würde, wäre Basel eine Stadt, in der ich gerne leben würde! Es gibt hier viel Sonne, den schönen Rhein, und ausserdem kommt meine Freundin von hier. Ich liebe es, die Basler Altstadt oder das Rheinufer zu Fuss zu erkunden. Vor meinem ersten Probespiel in Basel spazierte ich vom Probezentrum am Picassoplatz aus den Rhein entlang, um meine Nervosität etwas zu bändigen. Ein Jahreshighlight ist für mich natürlich auch die Basler Herbstmesse.

LV Das Sinfonieorchester Basel spielt zum einen im neuen Musiksaal des

Stadtcasinos Basel, zum anderen im

Theater Basel. Was bedeuten Dir Bühne und Orchestergraben? JFB Das Stadtcasino Basel hat einen wunderschönen Musiksaal. Das erste Mal, dass ich auf dieser Bühne spielen durfte, war allerdings nicht mit dem Sinfonieorchester Basel, sondern mit dem Schweizerischen Jugendsinfonieorchester. Wir spielten damals mit viel Abstand und in kleiner Besetzung – die Distanzen auf der Bühne erschienen mir riesig! Inzwischen habe ich aber gelernt, meine Einsätze zu antizipieren und so mit dem grossen Abstand, beispielsweise zu den ersten Geigen, zurechtzukommen. Im Theater musste ich mich daran gewöhnen, dass es vor den Opern- und Ballettaufführungen üblicherweise keine Vorproben gibt. Ich finde es eine ziemliche Herausforderung, ohne Vorbereitungszeit gleich ab der ersten Minute spielbereit zu sein. Spätestens nach dem Einlass und

JON FLURIN BUCHLI

22 wenn es im Saal der Grossen Bühne langsam dunkel und still wird, stellt sich die Konzentration aber von alleine ein.

«Klassische Musik ist nicht ‹uncool›, sondern schön.»

LV Wie erlebst Du als Student, der frisch von der Hochschule kommt, den Orchesterbetrieb, in dem mehrere Generationen zusammenkommen? JFB Für mich ist es besonders speziell und spannend, mich nach meiner Rolle als Praktikant nun in meiner neuen Position als zweiter Trompeter zurechtzufinden. Im Moment bin ich tatsächlich mit Abstand der Jüngste im Sinfonieorchester Basel. Im Orchester gibt es Leute, die so alt sind wie meine Eltern oder beinahe wie meine Grosseltern. Gleichzeitig gibt es viele junge Musikerinnen und Musiker im Orchester, die für frischen Wind sorgen und neue Ideen einbringen. Mit vielfältigen Angeboten wie Kinderkonzerten oder Onlineformaten kann man Musikfans schon früh an die klassische Musik heranführen und zeigen, dass diese Musik nicht ‹uncool›, sondern schön ist.

LV Wie bist Du zur klassischen Musik und zu Deinem Instrument gekommen? JFB Meine Eltern erzählen mir jeweils, dass ich schon als Kind viel gesungen hätte und stets Hörspiele mit Musikeinspielungen hörte. An einer Instrumentenschau fiel die Wahl dann auf die Trompete. Im Gymnasium entschied ich mich später für das Schwerpunktfach Musik, weil ich dadurch noch mehr Musikunterricht erhalten konnte. Entscheidend war schliesslich die Probelektion eines Hochschullehrers in Luzern, die ich während meiner Gymnasialzeit erhielt. Die neue Herangehensweise an die Musik, die ich dort kennenlernte, gefiel mir sehr gut, und so entschied ich mich für das Musikstudium.

LV Du pendelst zwischen Deinem Arbeitsort Basel, Deinem Studienort Luzern und Deiner Heimat in Graubünden.

Wie viel Zug fährst Du durchschnittlich?

© Pia Clodi / Peaches & Mint

JFB Ich verbringe viel Zeit im Zug! (lacht) Oft sind es zwei bis drei Stunden pro Tag. Die meisten Wochenenden spiele ich nun aber Abendvorstellungen in der Oper, weshalb es mir nicht reicht, zu meinen Eltern nach Hause zu fahren. Ich balanciere mich irgendwie zwischen den drei Orten ein. Im Zug kann ich zum Glück gut arbeiten und habe Zeit, Mails zu schreiben, Musik zu hören oder die nächsten Noten zu studieren.

LV Verfolgst Du neben der Musik noch weitere Interessen? JFB Ich koche sehr gerne! Oft sehe ich mir in meiner Freizeit Kochsendungen an und versuche dann, die Gerichte nach meinem Belieben abzuändern – je nachdem mehr oder weniger erfolgreich… Die Musik steht in meinem Leben ansonsten aber sehr fest im Zentrum. Vielleicht ist dies jetzt gerade besonders so, weil ich noch im Studium bin, denn ich nutze meine freie Zeit, um zu üben oder Aufgaben in Musiktheorie und Musikgeschichte zu erledigen. Ich beschäftige mich eben auch sehr gerne mit der Musik! Wird mir die Musik dann einmal zu viel, gehe ich joggen, um wieder einen frischen Kopf zu haben. Danach widme ich mich meinem weiteren grossen Interesse, dem Klavierspielen, was ja aber auch schon wieder Musik ist! (lacht)

«Ich möchte einfach weiterhin meiner Freude folgen und das machen, was mich glücklich macht.»

LV Du hast mit 21 Jahren erhalten, was sich die meisten Musikstudierenden wünschen: eine Orchesterstelle.

Was möchtest Du als Musiker noch erreichen? JFB Man weiss nie, wo die Reise hingeht! Im Moment gefällt es mir beim Sinfonieorchester Basel super und ich bin hier sehr zufrieden. Ich möchte einfach weiterhin meiner Freude folgen und das machen, was mich glücklich macht. Es ist mir wichtig, diese Einstellung beizubehalten und nicht aus den Augen zu verlieren, denn mit der Freude an der Musik hat ja alles angefangen!

LV Jon Flurin Buchli, herzlichen Dank für das Gespräch!