Anne Gerber, Autorin
Jünger und zugleich generationenübergreifender präsentiert sich die Semperoper auch mit der neuen vierten Sparte Semperoper Junge Szene. Für sie komponierte Hans Werner Henze seine neue Oper »Gisela! oder: Die denk- und merkwürdigen Wege des Glücks«, die im November ihre Premiere auf der großen Bühne erfährt. Drei weitere Neuproduktionen der Jungen Szene finden, eng ans Haus gebunden, auf der Probebühne I, einer kleineren Spielstätte direkt nebenan, statt.
mich vorher damit beschäftigen: Welche Mannschaften spielen gegeneinander, wie ist die Aufstellung? Dann habe ich Spaß am Spiel. Und das Gleiche ist es mit der Oper.« Starthilfe gibt hier der bunte theaterpädagogische Fächer, den Weiß und sein Team entfalten. Neben schon etablierten Angeboten stehen zu den Premieren der Spielzeit Workshops für Lehrer und Unter richtsmaterialien zur Verfügung, die in den kommenden Jahren auf das gesamte Repertoire ausgedehnt werden sollen. Als »Luxusvariante« besteht für einzelne Klassen die Möglichkeit, als »Premierenklassen« je eine Neuproduktion von den ersten Konzeptionsgesprächen über die Probenphasen bis zur Premiere hautnah zu begleiten. Wer bisher auf Fragen wie »Muss ich in der Oper einen Anzug tragen?«, »Wie komme ich billig in die nächste Aufführung?« oder »Wer steht da eigentlich auf der Bühne?« keine Antwort bekam, kann sich zukünftig an die ErOperer seiner Schule wenden, theater- und opernbegeisterte Schüler, die praktische Tipps zum Thema geben, ab und an einen gemeinsamen Opernbesuch organisieren und diesen mit Hilfe der Pädagogen vorbereiten. Und für die ganz persönliche Betreuung während einer Aufführung plant die Junge Szene »Patenschaften«. »Wir können uns vorstellen, dass leidenschaftliche Opernbesucher mit einem jungen Menschen in Stücke gehen und über so einen persönlichen Kontakt die Begeister ung für Oper entsteht. Durch den Austausch lässt sich das Stück auch für den Paten ganz anders erleben, als wenn er allein ist oder mit einem Ehepartner, der die letzten beiden Stunden geschlafen hat«, erklärt Weiß augenzwinkernd und denkt darüber nach, mit Hilfe der Patenschaften auch sozial benach teiligten Jugendlichen einen Theaterbesuch zu ermöglichen. Denn im Dialog zwischen Inszenierung und Publikum sieht Weiß die zentrale Aufgabe der Jungen Szene: «Nicht nur, dass man Horden von zukünftigen Opernbesuchern heranzieht, sondern dass sich für jedes Kind, das Musiktheater bewusst erlebt, ein Türchen öffnet in einer Form, die so in der Schule nicht vorkommt, nämlich Fantasie zu entwickeln, kreativ zu sein. Wir reden immer darüber, wie wichtig Kreativität ist für eine Gesellschaft, aber davon merkst du in der Bildungspolitik nichts. Der Musik- und Kunstunterricht wird immer mehr gestrichen, also all das, wo Kreativität und Fantasie im Denken gefragt ist. Doch um aus den gewohnten Bahnen auszubrechen, brauchst du den Gedanken, den noch keiner gedacht hat.«
Manfred Weiß, Regisseur, Autor und Schauspieler, stand von 2002 bis 2006 der Jungen Oper der Staatsoper Stuttgart als Künstlerischer Leiter und Geschäftsführer vor und ist Mitbegründer sowie Künstlerischer Leiter von indieOper, einer Initiative für Kreativitätsförderung von Kindern und Jugendlichen. Als Künstlerischer Leiter der Semperoper Junge Szene ab der Spielzeit 2010 / 11 stehen ihm die Theaterpädagogen Carola Schwab und Jan-Bart De Clercq zur Seite.
Premieren Semperoper Junge Szene
Hans Werner Henze Gisela! oder: Die denk- und merkwürdigen Wege des Glücks 20. November 2010 / Semperoper Henry Purcell Dido and Aeneas 12. Dezember 2010 / Probebühne I César A. Cui Der gestiefelte Kater 6. Februar 2011 / Probebühne I Cinderella Choreografie: Stijn Celis; Musik: Sergej Prokofjew 9. April 2011 / Probebühne I weitere Vorstellungen unter semperoper.de