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Ein: Blicke

Ausgabe Nr. 30 Juli 2010

Der Rückweg zur Schule Seit zehn Jahren hilft die Lernwerkstatt des SCI:Moers schulmüden Jugendlichen, den Weg zurück in den Lernalltag zu finden. Über 200 Schüler haben das Angebot angenommen. Das ist ein großer Erfolg – aber eigentlich müssten es noch viel mehr sein.

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atrick, Phil-Gerrit und Tobias sind nicht die Typen, die man erwartet, wenn von „schulmüden Jugendlichen“ die Rede ist. Sie machen keineswegs einen antriebslosen oder gar aufsässigen Eindruck. Man kann sich schwer vorstellen, dass die netten Jungs „Problemschüler“ sind. Hier, in der Lernwerkstatt des SCI:Moers, sind sie es ja auch nicht. Es ist aber

so, dass die normale Schule für sie ein schlechter Ort geworden ist, und deswegen sind sie hier. Die Lernwerkstatt des SCI soll sie wieder an die Schule heranführen. Hier wird nicht wie in der Schule im großen Klassenverbund gebüffelt, sondern in kleinen Gruppen in kleinen Häppchen Wissen vermittelt. Und zwar nicht theoretisch, sondern immer in Verbindung mit Beispielen und vor allem praktischer Arbeit. Genau

das ist es auch, was die drei Schüler nennen, wenn man sie nach dem Unterschied fragt: Das handwerkliche Arbeiten gefällt ihnen einfach besser als Mathe-Formeln zu lernen. Es sind immer etwa fünf bis sechs Schüler der sechsten bis achten Klasse, die für einen Zeitraum von je drei Monaten in der Schule pausieren und stattdessen in die Lernwerkstatt kommen. Hier, unter ihresgleichen und den Fittichen von Projektleiterin Sandra Koth und Werkanleiter Nikolaus Rechberg, sollen sie Selbstvertrauen zurückgewinnen, Zuverlässigkeit einüben, im Idealfall auch den Spaß am Lernen entdecken. Welche Erfahrungen haben die Mitarbeiter des SCI:Moers in den vergangenen zehn Jahren gemacht, in denen rund 200 Schüler die Lernwerkstatt durchlaufen haben? „Die Persönlichkeit des Ansprechpartners ist weitaus entscheidender als das jeweilige Thema“, sagt die Sozialpädagogin Sandra Koth, „außerdem müssen die Lehrkräfte sehr flexibel und Theorie und Praxis eng verknüpft sein, wenn man die Jugendlichen für die Themen gewinnen will.“ Schließlich sei natürlich die klei-

ne Gruppe ein großer Vorteil, weil man so viel individueller auf jeden Schüler eingehen könne. Das sei vor allem in all den Fällen wichtig, wo der Zugang zum Kind auch schon für die Eltern blockiert sei. In aller Regel sind es die Schule, das Schulamt oder die Eltern, die einen Schüler für die Lernwerkstatt vorschlagen, weil er den Unterricht schwänzt, ihn stört, immer wieder abhaut oder Lehrer und Mitschüler provoziert. „Schulmüde“ nach der gängigen wissenschaftlichen Diskussion sind heutzutage fast zehn Prozent aller Schüler. Nur ein Bruchteil davon findet den Weg zur Lernwerkstatt in der Moerser Barbaraschule. „Wir glauben, dass die Schulmüdigkeit nicht frühzeitig genug erkannt wird“, sagt Frank Liebert, Fachbereichsleiter Kinder- und Jugendhilfe beim SCI. Außerdem sei das im Kreis Wesel einzigartige und vom Landschaftsverband Rheinland (LVR), dem Fachbereich Jugend der Stadt Moers und dem Landesschulministerium geförderte Konzept auch nach zehn Jahren noch nicht allen Schulen bekannt. „Gemessen an Tausenden von Schülern, denen die Lernwerkstatt gut täte, helfen wir eigentlich noch zu

wenigen“, meint Liebert. Jedes Jahr aufs Neue präsentiert er das Angebot der Lernwerkstatt deshalb wieder in Schulen. Und hofft, dass Jugendlichen wie Patrick, Phil-Gerrit und Tobias geholfen wird, bevor der Weg zurück zur Schule abgeschnitten ist.

Kontakt: Lernwerkstatt SCI:Moers Barbarastraße 12 47443 Moers Tel. 02841/95790 jugendsozialzentrum@sci-moers.de.

Focus

Die Werk-statt-schule

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eit einem Jahr bietet das SCI:Jugendsozialzentrum in der Barbaraschule auch Jugendlichen eine Chance, die in der Schule keine mehr haben: die Werk-statt-schule. Hier können Jugendliche unter intensiver Anleitung von Sozialpädagogen ein Jahr lang auf einen Hauptschulabschluss hinarbeiten. Das Angebot richtet sich an solche Jugendliche, die auf anderen Wegen nicht mehr in Schulklassen integrierbar sind. „Wir machen den Jugendlichen klar, dass dies für sie eine Weggabelung ist“, sagt Projektleiterin Sandra Koth (Foto), „das ist letztlich eine freiwillige Alternative, für die es auch eigene Motivation braucht.“ Jugendliche, die sich dazu aufraffen können und letztlich wieder Spaß am Lernen finden, haben in der Werkstatt-schule wieder eine reelle Chance auf einen Schulabschluss. Wer diesen trotz besten Willens nicht schafft, dem versucht der SCI:Moers andere Chancen zu eröffnen, zum Beispiel mit einem Werkstattjahr.


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