Reprax

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Landwirtschaftliche Einzelunternehmer

toren führt das Bundesgericht folgende Indizien zur Bejahung eines nach kaufmännischer Art geführten Gewerbes der Landwirtschaft auf:29 – Der Betriebsinhaber beschäftigt Personal und erledigt die fachliche Arbeit nicht mehr schwergewichtig selbst, sondern übt die kaufmännische und technische Oberleitung aus. – Der Betrieb weist – u.a. für Maschinen und Geräte – einen erheblichen Kapitalbedarf auf. – Der Verkauf der erzeugten Produkte erfolgt primär gegen Lieferscheine und auf Kredit. – Es bestehen Geschäftsbeziehungen zu einem grösseren Kreis von Lieferanten und Kunden. Obschon der Beschwerdeführer schwergewichtig nur eine Abnehmerin, die ­MIGROS, belieferte, bejahte das Bundesgerecht seine Eintragungspflicht. Aufgrund der Grösse und Bedeutung30 muss der Beschwerdeführer seinen Betrieb nach kaufmännischen Grundsätzen und mit einer straffen Organisation führen. Nur schon die Abrechnung der Löhne des Personals und die Verwaltung der Debitoren erfordern eine ordentliche Buchführung.31

IV.

Persönliche Beurteilung der Praxisänderung

A)

Allgemein

Die Praxisänderung des Bundesgerichts ist überzeugend, weil sie sich vom weitgehend überholten Bild einer Gotthelf-Landwirtschaft verabschiedet. Patry hat bereits Mitte der 70er-Jahre festgehalten, dass grosse Landwirtschaftsbetriebe dem früheren Bild der Landwirtschaft, das der damaligen (bzw. bisherigen) Praxis zugrunde lag, nicht mehr entsprächen.32 Das Ziel des Inhabers eines solchen Landwirtschaftsbetriebs, als selbstständig erwerbende Person ein möglichst gutes Einkommen zu erzielen, unterscheidet sich in keiner Weise von demjenigen des Inhabers eines Coiffeur-, Restaurantoder Elektrikerbetriebs. Die Praxisänderung ist folglich auch im Hinblick auf die rechtsgleiche Anwendung von Art. 36 HRegV sehr zu begrüssen.

B)

Keine Notwendigkeit einer Untergrenze

Das Bundesgericht betont, dass für die Beurteilung, ob ein nach kaufmännischer Art geführtes Gewerbe vorliegt, die «gesamten Umstände des Einzelfalls» berücksichtigt werden müssen.33 Anhand der oben dargestellten «wichtigsten»34 und

29 30 31

BGE 135 III 304 E. 5.4, S. 313 ff. Vgl. oben Ziff. III.A). BGE 135 III 304 E. 5.4, S. 314.

Patry (Anm. 5), § 5 Ziff. 4.a). Vgl. auch Manfred Küng (Anm. 24), Art. 934 N. 54. 33 BGE 135 III 304 E. 5.4, S. 313. 34 BGE 135 III 304 E. 5.4, S. 314. 32

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