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Eisbärsalat: Wenn Sie nur noch Bahnhof verstehen

Bei unscharfem Sehen ist der Griff zur Brille selbstverständlich. Doch wie sieht es da beim Hören aus? Beeinträchtigungen werden oft nicht richtig wahrgenommen oder bagatellisiert. Wie erkennt man schlechtes Hören und wann macht ein Hörgerät Sinn?

Rund 85 Prozent der über 60-Jährigen haben einen Hörverlust, heißt es von Seiten der Fördergemeinschaft Gutes Hören (FGH). Doch auch bei jungen Menschen bis zum 20. Lebensjahr haben 12 Prozent der Teilnehmer einer von der FGH initiierten, bundesweiten Hörtour mit Hörtest leichte bis erhebliche Hörminderungen. Etwa ein Viertel der 21- bis 40-Jährigen hören ebenfalls schon schlechter. In der Gruppe der 41- bis 60-Jährigen haben mit 58 Prozent sogar mehr als die Hälfte der Teilnehmer eine Hörschwäche. In der Altersgruppe über 60 hört nicht einmal ein Sechstel einwandfrei. Zudem gibt es hier enorme Hörunterschiede zwischen Frauen und Männern. Bei Frauen liegt der Anteil der unauffälligen Testergebnisse bei 17, während bei den Männern hier nur noch 11 Prozent gut hörend sind. Hörprobleme sind also nicht zwingend nur ein Symptom des höheren Alters. Bereits in jungen Jahren verursacht besonders eine starke Lärmbelastung in Schule, Freizeit und Beruf bleibende Schäden im Innenohr. Aber auch Vererbung oder Stress können hierbei eine wichtige Rolle spielen. Unbehandelt kann Schwerhörigkeit weitreichende Folgen haben.

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Hörprobleme erkennen

Zu Beginn haben Betroffene häufig den Eindruck, dass beispielsweise der Gesprächspartner zu leise oder undeutlich spricht. Fernseher und Radio werden ein paar Stufen lauter eingestellt, da es so angenehmer ist. Dies können erste Hinweise auf eine angehende Schwerhörigkeit sein. Oft können Betroffene den Gesprächen zwar noch folgen, jedoch werden Hintergrundgeräusche oder das Durcheinandersprechen von mehreren Menschen zum anstrengenden Unterfangen. Hohe Töne wie Vogelgezwitscher, das Klingeln an der Tür oder Ticken der Uhr werden zur Herausforderung. So heißt es von Seiten der Familienmitglieder oder Freunde: „Ich glaube du hörst schlecht, lass das mal beim HNO-Arzt prüfen.“ Bleibt das Hörproblem unbehandelt, kann es weitreichende Folgen haben. Kinder können beispielsweise in der Sprachentwicklung zurückfallen, bei älteren Menschen besteht das Risiko der Vereinsamung. Ebenso steigt das Risiko, an Demenz zu erkranken.

Wann macht ein Hörgerät Sinn?

Beim Hals-Nasen-Ohrenarzt können mittels verschiedener Hörtests Lautstärken-, Frequenz- und Sprachhörfähigkeit überprüft werden. Dazu untersucht der Facharzt auch den Gehörgang und das Trommelfell. Die Therapie ist dann abhängig von der Ursache der Schwerhörigkeit – nicht immer ist gleich ein Hörgerät notwendig. Doch um hier Gewissheit zu bekommen, ist eine entsprechen- de Untersuchung unumgänglich. Scheuen Sie den Weg zum HNO-Arzt trotz Corona-Pandemie nicht. Denn je früher Hörprobleme erkannt werden, desto besser. Hier lässt sich zudem die Ursache der Schwerhörigkeit ermitteln. Liegt beispielsweise eine Mittelohrentzündung vor, muss sie entsprechend behandelt werden. Ist das Innenohr geschädigt, kann ein Hörgerät helfen – selbst wenn die Schwerhörigkeit noch sehr leicht ist. Wer erst spät zu einem Hörgerät greift, bei dem verschlechtert sich das Hörvermögen. Bleiben akustische Reize aus, nimmt zunehmend die Fähigkeit ab, diese auch als Worte zu verstehen. Es findet eine sogenannte Hörentwöhnung statt. Dabei verlernen Betroffene das Feingefühl für Lautstärke. Oft geht dies auch zu Lasten des Sprachverstehens. Wird das Hörgerät erst sehr spät in die Therapie integriert, muss das Gehirn erst wieder neu lernen Töne und Geräusche zu interpretieren. Wichtig ist auch, dass das Gerät optimal auf individuelle Bedürfnisse eingestellt ist, sonst wird es im Alltag nicht regelmäßig getragen.

Tipps fürs passende Hörgerät

Um ein individuell passendes Gerät zu finden, hilft ein Hörgeräteakustiker. Es gibt analoge und digitale Varianten, die sich in ihrer Signalverarbeitung unterscheiden. Digitale Geräte haben den Vorteil, dass der Schall in elektrische Informationen umgewandelt wird und nur relevante Signale weiterleitet: das minimiert Umgebungsgeräusche. Deshalb ist das Angebot digitaler Hörgeräte besonders groß.

Dabei unterscheiden sie sich in zwei Arten: Hinter-dem-Ohr-Hörgeräte (HdO) und In-Ohr-Hörgeräte (IO). Beim HdO liegt das Bauteil aus Mikrofon, Prozessor und Batterie hinter der Ohrmuschel. Ein dünner Plastikschlauch mit Silikonstöpseln verstärkt dann Schallwellen in den Gehörgang. Oder ein ganz feines Kabel überträgt akustische Signale auf einen externen Hörer (RIC), der in Trommelfellnähe sitzt und verstärkte Schallwellen produziert. Bei den IO-Geräten sitzt das komplette Hörgerät im Gehörgang. Dabei sind sie optisch besonders unauffällig und sehr beliebt. Wenn das passende Gerät ausgewählt ist, stimmt es der Akustiker auf die Gewohnheiten des Betroffenen ab. In den folgenden Wochen sollten Träger sich ans System gewöhnen, ihre Erfahrungen aufschreiben und sie zur Feinabstimmung mit dem Hörgeräteakustiker besprechen.

Hörtest per Telefon

Einen Hörtest können Sie auch am Telefon durchführen. Unter der Rufnummer: 09001 217221 (Kosten pro Anruf: 0,99 Euro) ist dies machbar. Der Test ist einfach, anonym und unverbindlich. Er dauert etwa fünf Minuten und damit lässt sich Ihr Hörstatus überprüfen. Der Hörtest per Telefon ist aus dem deutschen Festnetz verfügbar. Anrufe von Mobiltelefonen werden, wegen variabler Gesprächsqualität, nicht angenommen.

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