2025 scheune Jahresheft

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Die wilden, verschwitzten Kulturorte verschwinden oder werden umgebaut, vielleicht wegen des Brandschutzes, aber sicher auch aus anderen Gründen als wegen der Sicherheit.

Als in Berlin die Lesebühnenkultur entstand, gab es viele solcher Orte. Es war für mich so einfach, damals auf die Bühnen zu gehen, weil an diesen Orten nicht erwartet wurde, dass alles perfekt ist. Es hat auch mit den Orten zu tun, dass die Lesebühnen so entspannt waren, so locker und neu.

Es hat nicht nur mit den Mieten und den Orten zu tun, dass die Hochzeit der Lesebühnen vorbei ist. Der Poetry Slam ist eigentlich ähnlich, aber hat sich anders entwickelt. Weil es ums Gewinnen geht? Weil die Veranstaltungen mehr hermachen?

Slams füllen große Theaterhäuser, sogar die Elbphilharmonie. Das haben die Lesebühnen nicht gewollt? Die Intimität der Alltagsgeschichten brauchte andere Orte? Ich weiß es nicht.

Ich weiß, dass es alte Lesebühnen immer noch gibt, zum Beispiel Sax Royal, was jahrelang in der scheune stattfand (Herzlichen Glückwunsch zum 20. Jubiläum) und ab 2026 wieder dort stattfinden wird.

Und ich weiß, dass sich auch immer noch neue Lesebühnen gründen, zum Beispiel die Textbomben, die Anfang April in der Schauburg zu sehen waren. Auch ein guter Ort. Beim nächsten Mal dann vielleicht schon in der neuen scheune.*

Kirsten Fuchs (*1977 in Karl-MarxStadt) lebt in Berlin. Sie schreibt für „Das Magazin“ und hat diverse Romane, Kurzgeschichtenbände sowie Theaterstücke veröffentlicht. Fuchs war bei verschiedenen Lesebühnen aktiv und trat in der scheune u. a. zur Nacht der Lesebühnen im Rahmen des Literatur JETZT! Festivals auf, aktuell liest sie bei „Fuchs & Söhne“ und „Des Esels Ohr“. Im Herbst dieses Jahres erscheint ihr neuer Band „Muttermund tut Wahrheit kund”.

* Es wird erst beim übernächsten Mal die scheune, denn am 21.01.2026 liest Kirsten Fuchs „Muttermund tut Wahrheit kund“ in der Schauburg.

„Was in Berlin geht, muss doch auch in Dresden gehen!” So dachte ich 2004 und begab mich an die Gründung einer Lesebühne.
Leif Greinus, Verlag Voland & Quist; initiierte die Lesebühne Sax Royal

Passende Ensemblemitglieder waren schnell gefunden: Michael Bittner, Stefan Seyfarth, Max Rademann und Janusz Kocaj. Nur beim Namen gab es arge Verwirrungen: „Zwingerclub” und „Podium der Flutopfer” waren nur zwei der zum Glück durchgefallenen Vorschläge. Es wurde Sax Royal. Glückwunsch zum 20. Geburtstag!

MUSICMATCH

MusicMatch ist das größte jährlich umgesetzte Projekt der scheune. In der achten Ausgabe machte die Kombination aus Konferenz und Festival für Popularmusik 2024 erneut Station im Zentralwerk. Unter dem Motto „Music for a New Society” wurden aktuelle gesellschaftliche Diskurse auf die Musikszene übertragen und nach progressiven Lösungsansätzen gesucht — inhaltlich in Diskussionsrunden, Workshops und Vorträgen, künstlerisch auf der Bühne.

Die Themen waren vielfältig. Beleuchtet wurden zum Beispiel eventuelle Auswirkungen der (im Mai 2024 noch anstehenden) sächsischen Landtagswahlen auf die Kulturszene. FLINTA* im Booking und Gender Equality auf der Bühne waren Themen eines weiteren Panels. Es ging auch um die Radiolandschaft in Sachsen, Jugendarbeit im Veranstaltungsbereich, Rassismus im Rap und die Neudefinition von Heavy-Music. Workshops, Buch- und Filmvorstellungen sowie NetzwerkMeetings vervollständigten das

Programm beider Veranstaltungstage. Die Abende waren den Konzerten vorbehalten. So spielten unter anderem Isolation Berlin, Audio88, Marie Curry, Lila Sovia und Fucksia. Darüber hinaus gab es ein HeavyMusic-Showcase in der Chemiefabrik, wo unter anderem Lord Spikeheart und Escuela Grind zu hören waren.

Und dieses Jahr? Es ist es sicherlich keine Überraschung, dass wir mit deutlich weniger Geld auskommen müssen. Wir versuchen, das Beste daraus zu machen. MusicMatch 2025 wird am 17. Mai in der Chemiefabrik stattfinden, wo das Motto „Music for a New Society” weiterhin den Rahmen definiert. Der Tag startet mit den Konferenz-Programmpunkten. Dabei stellen wir zum Beispiel die Frage, wie Kulturakteur:innen in Zukunft mit dem Thema Social Media umgehen können und welche Konsequenzen sich daraus ergeben, dass diese

Plattformen zunehmender Kontrolle von Tech-Milliardären ausgeliefert sind. Am Abend wird es wieder Konzerte geben. Dabei liegt der Fokus auf Hip-Hop: Neben AFROB werden JNNRHNDRXX (sprich: Jenner Hendrixx), NANTI und WANNANELLY auf der Bühne stehen.

Damit Festival-Feeling aufkommt, werden wir uns noch die eine oder andere Überraschung ausdenken! (LH)

Auf unserer Website gibt es alle aktuellen Infos.

Am 3. März 2005 wurde der Verein scheune e.V. gegründet, feiert also in diesem Jahr seinen 20. Geburtstag. Das Kulturzentrum im Herzen der Neustadt wurde 2007 privatisiert und wird seitdem durch den scheune e.V. betrieben. „Zweck des Vereins ist der Erhalt und die Entwicklung des Kulturzentrums scheune als Veranstaltungsort vielfältiger kultureller und sozialer Veranstaltungen.”

HOCH SOLL ER L E BEN!

Als ich 20 Jahre alt war, fand ich alles aufregend. Ich hatte nicht viel Geld, dafür aber Visionen, Träume und Energie in unbegrenztem Maße. Alle Türen standen offen, man konnte überall fast alles tun. Und ich tat sehr viel, auch manchmal Dinge, die ich nicht hätte tun sollen. Aber so ist es eben mit 20. Und irgendwie hat alles auch seinen Sinn gehabt. Die vielen Partys und Konzerte in der scheune gehören zum Erinnerungsrucksack ebenso dazu, wie die unzähligen

Abende als Kellner im Scheunecafé. Ich bediente gern, ich interagierte gern, ich mochte das alles! Und was man mag, das versucht man zu unterstützen. Vereinsmitgliedschaft, Beisitzer im Vorstand. Aktuell bin ich ehrenamtlicher Vorstandsvorsitzender in diesem Verein, der mir wichtig ist, weil mir Kultur wichtig ist. Aktives Engagement ist mir seit Jahren vertraut und gehört zu meinem Leben dazu wie Rezeption, Reflexion und Produktion ästhetischer Positionen.

Wenn ich Menschen einladen würde, diesen Geburtstag zu feiern, würde ich sie in einem kunterbunten Containerdorf empfangen, welches liebevoll als „Blechschloss” vor einer Baustelle auf der Alaunstraße steht. Denn das Kulturzentrum wird seit einiger Zeit saniert, weil es sonst in sich zusammengefallen

wäre. Vielen dauert das alles zu lang. Ehrlich, mir auch. Aber endlich ist das Licht am Horizont zu sehen! Gemeinsam mit der Stadt Dresden als Eigentümerin des Kulturzentrums werden wir voraussichtlich im Herbst 2026 wieder öffnen können. Das klingt noch weit weg, ist es aber nicht, denn es muss noch so viel gemacht werden! Im letzten Dezember hatten wir das Richtfest, inzwischen ist der riesige Baukran verschwunden. Es geht wirklich voran!

Und weil bekanntlich alles teurer wird und auch bei uns als gemeinnützigem Verein die Spielräume kleiner sind als die Notwendigkeiten, möchte ich alle ermuntern, uns zu unterstützen. Ihr könnt Mitglieder werden bei uns. Ihr könnt KÜNFTIG Patenschaften übernehmen. Oder ihr könnt

Der Verein hat folgende IBAN: DE14 4306 0967 1183 0632 00. Schreibt bitte einfach „Spende Ausstattung” in den sowieVerwendungszweck Name und Adresse eine Spendenbescheinigung.für

!

FEIERN U N D FÖRDERN

JETZT, wo es richtig wichtig ist, an uns spenden. Denn wir werden beim Innenausbau stark ranklotzen müssen, damit es euch gefällt und die Qualität stimmt. Die Stadt wird uns einen verdammt guten Rohbau übergeben. Wir wollen für uns und euch ein relevantes, tolerantes, vibrierendes Haus daraus machen, gern gemeinsam! Wenn ihr also für die Möblierung, das Außengelände, den Saaltresen oder das Mischpult spenden wollt, könnt ihr das gern tun.*

Ich bin mir sicher, dass die neue scheune eine sehr andere scheune sein wird als die, in der ich mich in warmen Erinnerungen drehe. In unserem Selbstverständnis, welches wir während der Umbauzeit in einem spannenden Organisationsentwicklungsprozess gemeinsam formulierten, heißt es dann auch: „Wir verstehen die scheune als vom scheune e. V. kuratierten Kulturort — insbesondere der Musik,

Literatur, Pop- und Subkultur sowie darstellenden Künste, der offen ist für künstlerische, gesellschaftspolitische und individuelle Partizipation. Ein Ort, der Initiativen — unter Beachtung seiner Werte sowie wirtschaftlichen Zwänge — Raum, Fach- und Sozialkompetenz sowie ideelle Unterstützung bietet. Diskurs soll durch unsere Arbeit unter Berücksichtigung individueller Grenzen und Kapazitäten stets gefördert werden...”

Werdet Teil dieser Vision. Wir freuen uns auf euch! (RS)

Ein starkes Programmjahr mit zahlreichen Highlights liegt hinter uns. Alle einzeln zu benennen, würde den Rahmen sprengen, deswegen sollen hier einige maßgebliche Schlaglichter gesetzt werden:

Wie bereits 2023 startete das neue Jahr mit dem kleinsten Festival der Stadt, den DRESDNER BLECHSCHLOSSNÄCHTEN.

Eine Woche lang waren in unserem Containerinterim kulturelle Bonbons nach Gusto des scheune-Teams zu erleben. Ein Highlight stellte dabei der „OUT OF THE BOX“ Plattenkisten Talk dar, der begleitet

von vielen Anekdoten auf spielerische Weise Einblicke in die musikalischen Vorlieben der Beigeordneten für Kultur und Tourismus, Annekatrin Klepsch, und Heiko Wolfram (Booker bei Bernd Aust Kulturmanagement und ehemals Beatpol) gab. Krönender Abschluss war der Versuch, „Zeireeka“, ein Konzeptalbum der Band THE FLAMING

LIPS, mit 4 Plattenspielern synchron live aufzuführen. Ein interessantes Konzept, zu dem im Nachgang oft die Frage gestellt wurde, wann es eine Fortsetzung geben wird. Wir arbeiten daran.

Sanierungsbedingt war die scheune im vergangenen Jahr wieder viel „Außer Haus” unterwegs. Dabei gastierten wir unter anderem viermal im Kulturpalast Dresden. Musste der erste Anlauf, den SCHUND & ASCHE Podcast von Till Reiners und Moritz Neumeier zu präsentieren, im Februar noch kurz vor Showbeginn wegen einer familiären Notlage künstlerseitig abgesagt werden, so eroberten Till und Moritz bei dem Nachholtermin im Juni die Herzen des Publikums im Sturm. Im Oktober legte TILL REINERS am selben Ort mit seinem Soloprogramm „Mein Italien” nach. In Kooperation mit den Städtischen Bibliotheken Dresden durften wir im November eine der raren Lesungen des Känguru-Experten MARC-UWE KLING präsentieren und im Dezember schenkte uns das BETREUTE SINGEN ON ICE besinnliche und beschwingte musikalische Momente. Die optimale Raumakustik machte das Mitsingerlebnis zu einem echten Gänsehautmoment für alle Beteiligten.

Apropos: DAS BETREUTE SINGEN ist seit 2017 ein Dauerbrenner im scheuneProgramm. Seit über sieben Jahren arbeiten wir nun schon gemeinsam mit den renommierten Dresdner Musikern Reentko Dirks und Demian Kappenstein an diesem partizipativen Mitsing-Konzertangebot für alle.

Wir bewältigten gemeinsam die Corona-Wirren und etablierten die Veranstaltung mit großem Zuspruch als allmonatliches Highlight in der Schauburg. 2024 wuchsen wir abermals mit unseren Aufgaben: Neben der bereits oben erwähnten Ausgabe im Kulturpalast fand mit der SiNG! MITSINGREVUE das sommerliche Gastspiel vor fast 3000 Gäst:innen auf der großen Bühne der Filmnächte am Elbufer statt.

Mit viel Freude konnten wir 2024 wieder einige langjährige Weggefährt:innen in Dresden veranstalten. Bands wie THE BUSTERS oder MILLIARDEN arbeiten seit vielen Jahren mit uns zusammen und trotz der sanierungsbedingten Unwägbarkeiten war es uns vergönnt, kontinuierlich mit ihnen zu wachsen. Beide Bands füllten jeweils den Saal des Beatpol. Nach langer Bühnenpause

meldeten sich unter dem scheune-Banner TIERE STREICHELN MENSCHEN mit einer Actionlesung nebst Screening ihres Kurzfilms „Tram“ in der Schauburg zurück. Auch unsere anhaltende Zusammenarbeit mit dem Label Audiolith! konnte einmal mehr intensiviert werden. Neben Deutschlands Diskursrapper Nummer Eins: PÖBEL MC, der mit einem starken neuen Album (#1 der deutschen Hip-Hop Charts) und High-Energy-Show in gewohnter Manier die ausverkaufte Tante Ju zum Beben brachte, standen mit HINTERLANDGANG und AKNE KID JOE zwei der jüngeren und aufstrebenden Audiolith!Acts von uns präsentiert auf den Bühnen von GrooveStation und Chemiefabrik.

Im Mai machten wir mit dem MUSICMATCH FESTIVAL Station im Zentralwerk. Der Fokus lag wieder auf der Verbindung zwischen Musik und Politik, die Panels des Konferenzteils waren international besetzt. Eine Facette des Programms widmete sich dem Sektor „Heavy Music“, der sonst eher wenig Beachtung

im Rahmen derartiger Events findet. Vor einem Showcase mit LORD SPIKEHEART aus Uganda und HEALTHYLIVING aus Schottland diskutierten gestandene Player der Szene mit den Künstler:innen über neue Denkweisen in der Heavy Music, was für Aufsehen und überregionales Feedback sorgte. Das Konzertprogramm des Festivals war qualitativ hochwertig und mit Augenmerk auf Diversität kuratiert.

Unterstützt durch den Musikfonds konnten wir 2024 die Jazzophil Konzertreihe für

experimentelle Jazzmusik im Blechschloss umsetzen. Dabei zeigte sich, dass es durchaus herausfordernd sein kann, musikalische Pfade abseits des Mainstreams zu begehen. Das Konzert mit dem Duo THE VOID OF EXPANSION, bestehend aus dem belgischen Gitarristen Dirk Serries und dem schwedischen Drummer Tomas Järmyr (exMOTORPSYCHO), gab der Reihe mit einem eindrucksvollen Wall of Sound-Moment einen krönenden Abschluss.

Unter dem Label Dicktator Soundz präsentiere ich als Booker der scheune ausgewählte internationale Acts, deren künstlerische Relevanz meiner Meinung nach eine Präsenz auf hiesigen Bühnen fordert, auch wenn die lokale Medienlandschaft dies zu oft nicht oder zu spät erkennt. In diesem Rahmen fanden im zurückliegenden Jahr einige herausragende künstlerische Momente ihren Weg vor das Dresdner Publikum. Mit A PLACE TO BURY STRANGERS und SLIM CESSNAS AUTO CLUB gastierten zwei der – zumindest in den Augen der internationalen Musikpresse – weltweit besten Livebands in der Chemiefabrik.

Erstmals live in der Landeshauptstadt zu erleben war das audiovisuelle Opus des belgischen Duos DOODSESKADER, bevor die Band anschließend auf den europäischen Festivalbühnen für Furore sorgte.

Die südafrikanische Künstlerin LUCY KRUGER ist eine der lauten Stimmen in Sachen Keychange - für mehr Diversität im Musikgeschäft. Mit ihrer Band THE LOST BOYS verzauberte sie den Jazzclub Tonne genauso wie kurz darauf und ebenda die schwedische Pianistin SHIDA SHAHABI. Und mit BUZZ KULL aus Australien, LOVATARAXX aus Lyon, NUOVO TESTAMENTO aus Kalifornien sowie der New Yorker Produzenten-Ikone CURSES, der erstmals mit einem Live-Programm tourte, gab es einige schweißtreibende und stark gefeierte Synthwave-Highlights.

Nachwuchsförderung ist ein wichtiges Anliegen der scheune. Neben der bereits etablierten Hip-Hop Reihe Regiotales entwickelten wir ein weiteres Format namens Unlocked, dessen Ziel es ist, jungen Artists, die noch nie auf einer Bühne standen, ihren ersten Auftritt unter professionellen Bedingungen zu ermöglichen. Nachwuchsförderung bedeutet aber auch, junge Künstler:innen nach ihrem Debüt weiter zu begleiten und zu unterstützen. So konnte die US-Female-Grunge Band SKATING POLLY im Februar erstmals im Blechschloss auftrumpfen, um im Oktober, dann bereits auf der größeren Bühne im Ostpol, nachzulegen.

Auch DONKEY KID erwähnte bei seinem Konzert im Dezember, wie dankbar er für derartigen Support ist. Sein erstes Konzert außerhalb Berlins spielte er bei uns im

Blechschloss. Im Jahr darauf ging es in die GrooveStation und nun war mit der Chemiefabrik eine mehr Publikum fassende Location gesetzt. Wir freuen uns über eine solche beispielhafte Entwicklung und darauf, DONKEY KID bald im großen Saal der neuen scheune präsentieren zu dürfen. Dann heißt es nicht mehr „Außer Haus”, sondern „Endlich wieder zu Hause”. (FRS)

ROW ZERO

Gewalt und Machtmissbrauch in der Musikindustrie

WARUM WIR ES WICHTIG FINDEN, WEITERHIN DARÜBER ZU REDEN

Wir als scheune sind ein Teil des Musikkosmos. Uns ist es gerade deshalb wichtig, einen kritischen Blick auf die Musikindustrie und ihre Strukturen zu werfen und uns dabei auch selbst kritisch zu hinterfragen. Im Sommer 2024 spielte die Band Rammstein vier riesige Open-Air Konzerte in Dresden. Der kaum ein Jahr zurückliegende Skandal um die Band und deren Sänger Till Lindemann, der für einen Moment ein Beben in der Musikbranche ausgelöst hatte, schien bereits in Vergessenheit geraten zu sein. Uns war es in diesem Zusammenhang wichtig, die angestoßene gesellschaftliche Debatte weiterzuführen.

Wir sind der Meinung, dass es in der Musikbranche eine strukturelle Benachteiligung von FLINTA* (1) gibt, die mit Sexismus, Ausgrenzung,

Ignoranz und auch sexueller Gewalt einhergeht. Wir wollen, dass sich daran etwas ändert. Dabei sind Fälle mit großer öffentlicher Aufmerksamkeit, wie bei Rammstein, nur ein Teil des Problems. Wir haben daher die Debatte über Gewalt und Machtmissbrauch in der Musikindustrie bewusst zum Zeitpunkt der Rammstein-Konzerte mit einem Veranstaltungsformat aufgegriffen: Mit den Autor:innen Daniel Drepper und Lena Kampf, die ihr Buch „Row Zero – Gewalt und Machtmissbrauch in der Musikindustrie“ vorstellten, kamen wir im gut gefüllten Saal der Schauburg mit Interessierten ins Gespräch und konnten uns viel Input für unsere eigene Arbeit holen. Dieser Input wird auch in unseren fortlaufenden Awareness-Prozess einfließen. (BZ)

(1) FLINTA* steht für Frauen, Lesben, intergeschlechtliche, nichtbinäre, transgeschlechtliche und agender Personen. Das Sternchen am Ende soll zusätzlich weitere Variationen der Geschlechtervielfalt einbeziehen.

Eine Woche vor Weihnachten feierte die scheune Richtfest. 80 Gäst:innen verfolgten das symbolische Einschlagen des letzten Nagels. Die traditionelle Zeremonie markierte zugleich den Abschluss einer wichtigen Etappe: Der Rohbau des seit Oktober 2022 in Sanierung befindlichen Hauses steht nun; der Dachstuhl ist fertiggestellt.

Über unseren Telegram-Kanal veröffentlichen wir regelmäßig Bilder vom Baugeschehen am Haus.

Jetzt folgen Arbeiten an der Fassade und der Innenausbau. Es geht voran — was es auch muss. Denn in etwas mehr als einem Jahr ist der Einzug in die neue scheune geplant.

Nach einer Phase des Einrichtens sowie ersten Testläufen soll im Herbst 2026 der reguläre Spielbetrieb starten. Sofern nichts Unvorhergesehenes dazwischenkommt. Ein Richtfest ist jedoch auch ein Schutzritual für das Haus, zurückverfolgbar bis ins 14. Jahrhundert. Daher ist eventuelles Unheil nicht mehr zu erwarten. (OH)

Zum Exposé

Wie dürfen wir bitte bewerten, dass die Verkaufsofferte des Blechschlosses so viele Reaktionen auslöst? Ist es ein Kompliment für das Projekt selbst? Oder Vorfreude auf den Wiedereinzug in die scheune? Fakt ist: Das Blechschloss muss Ende des Jahres weichen. Möglichst komplett. Falls euch eine Nachnutzung einfällt, meldet euch gern bei uns.

www.instagram.com/scheunedresden/

Woher reist eigentlich unser Publikum an?

Mit dieser Frage beschäftigen wir uns beispielsweise, wenn wir im Team Möglichkeiten diskutieren, die CO2-Bilanz der scheune zu verbessern.

Aus diesem Grund bitten wir unser Publikum bei manchen Veranstaltungen auch um Angaben zum Anreiseweg. Fast wie an der Kasse im Supermarkt, nur aus ökologischen Gründen. Die scheune hat nämlich den Code of Conduct für eine nachhaltige Clubkultur unterzeichnet. Ein komplexes Thema, in welches das Dokument hinter dem QR-Code einführt.

HERKUNFT VON 13.811 ERFASSBAREN TICKETKÄUFER:INNEN IN 2024

Neustadt und umgebende

Viertel 23,3% international 0,5%

Deutschland

außerhalb Dresdner

Neustadt 76,1%

Doch woher kommt nun unser Publikum? Ein wesentlicher Teil aus der Neustadt und aus Dresden — also zu Fuß, mit dem Rad oder dem ÖPNV. Ein weiterer Teil reist aus dem Umland an und einige Menschen kommen von weiter her. Wir sind nach der Statistik sehr mit der Stadt und besonders dem Stadtteil verbunden sowie für internationale Besucher:innen von Dresden von Interesse, was sich mit unserem Selbstverständnis deckt. Und auch in der CO2-Bilanz wirkt sich das positiv aus. (OH)

ERZÄHL’ MAL!

Romy durfte 2024

Teil des ersten

Mentoringprogramms

für FLINTA+ in der Livekultur sein.

Was ist das?

• bundesweites Austauschformat für FLINTA* Personen, die im Bereich Live-Musik hinter der Bühne tätig sind

• 5 Monate regelmäßiger Austausch zu freier Themenwahl im Tandem (Mentor:in/Mentee)

• Vernetzung der 18 Teilnehmer:innen in Online-Meetings

• 2 Online-Workshops zu den Themen „Mental Health“ und „Image, Corporate & Identity“

• Abschlusstreffen in Hamburg beim Reeperbahnfestival (bei dem wir leider nicht dabei sein konnten)

Was waren eure Themen? Wozu habt ihr euch ausgetauscht?

• Stadtteilarbeit von Clubs

• Netzwerk-/Gremienarbeit

• Behördenkommunikation

• Tools im Alltag

• (gesellschafts-)politische Positionierung von Clubs

• Elternschaft im Clubbetrieb

• Security-Partnerschaften

• Baugenehmigungen :)

• Personalfragen

• kulturpolitische Entwicklungen im Vergleich Bremen-Sachsen

• Mental Health

• Zeitmanagement

Wer war deine Tandem-Partnerin?

Paula Gaertig

• Vorständin im Clubverstärker Bremen e. V.

• Mitinhaberin und Betreiberin des LIFT und der KRISE in Bremen

Was bleibt?

Die schöne Erfahrung, dass ein Mentoring nichts Hierarchisches sein muss, sondern vielmehr ein Austausch auf Augenhöhe.

Für solche Dinge muss ich mir einfach Zeit nehmen.

KRISE, LIFT und vor allem Paula endlich live sehen! Bis dahin treffen wir uns weiterhin regelmäßig online.

Danke Paula! Danke Nelly, Marion und Anna von der Bundesstiftung Livekultur! (RJ)

2024 2024

VORPLATZ

Der Vorplatz ist im doppelten Sinne die Terrasse der scheune. Die Fläche liegt stufenförmig vor dem Haus und dient als Freisitz. Jedoch nicht nur das: In den warmen Monaten wird dieser Bereich durch uns für Veranstaltungen genutzt.

Das Augenmerk liegt dabei auf Angeboten, die möglichst frei von Konsumzwang sind. Finanzielle Förderung aus dem Stadtbezirk macht es möglich, verschiedene Formate umzusetzen, die wiederum die Attraktivität des Viertels stärken sollen. Zwischen Mai und Oktober finden rund 60 Events statt. Das Spektrum reicht von Konzerten über Tangokurse und Salsa-Abende bis zur Kopfhörerdisko. Unser Ziel: aus kulturellen Momenten soziale Interaktionen entstehen zu lassen.

Ein weiterer Bestandteil sind Märkte. Beispielsweise der regelmäßig stattfindende „El Tauscho”.

Die dahinterstehende Idee ist nicht nur nachhaltig, sondern wird auch sehr gut angenommen — Menschen geben auf einem temporären Markt Dinge, die sie nicht mehr benötigen, ab. Andere Menschen nehmen diese mit und nutzen sie weiter. Solche Gelegenheiten machen tatsächlich den positiven Vibe erlebbar, den Neustadt-Mythen gern beschreiben. Mehr derartige Situationen zu schaffen, ist unsere Aufgabe auf dem Vorplatz. Auch im Sommer 2025 wieder. (OH)

Alle Infos und Termine unter:

TRY-ANGLE — EUROPA ZU GAST IN DRESDEN

Gute Laune am Blechschloss: Projektteilnehmer:innen aus ganz Europa

Über das Projekt „Try-Angle”, eine europaweite Vernetzung von Live-Musikspielstätten, hatten wir an dieser Stelle bereits vor zwei Jahren berichtet. Damals wurde das Abschlusstreffen dieses temporären Clubverbundes als „vielleicht hier bei uns in Dresden” vorhergesagt. Das wurde Realität. In den zurückliegenden zwei Jahren trafen sich Vertreter:innen der zwanzig teilnehmenden Clubs in Bilbao, Lyon und Helsinki, um gemeinsam Methoden zu erarbeiten, wie ihre Spielstätten für ein breiteres Publikum zugänglicher werden. Am Rande der MusicMatch-Konferenz lud die scheune gastgebend zum finalen Treffen des Projektes ein. In zwei ganztägigen Workshops wurde an einem Tool namens „Crowdbuilder” gearbeitet, ein Programm als Hilfe bei der Besucherorientierung und der Publikumsentwicklung. Im „Praxisteil”

führten wir die europäischen Gäst:innen durch Blechschloss, GrooveStation, Kashay Salon, Objekt klein a und Sektor Evolution und konnten so die hiesige, vielfältige Clublandschaft sichtbar machen sowie die Möglichkeit bieten, vor Ort internationale Kontakte zu knüpfen. Die scheune hatte sich als einziger deutscher Club im Bewerbungsprozess für das Projekt qualifiziert und bekam dadurch neben internationaler Vernetzung einen tiefen Einblick in Innovationsprozesse auf europäischer Ebene. Die neue scheune ist der ideale Ort, um die erlernten Methoden und Ideen in die Praxis umzusetzen. (BZ)

Der Clubspaziergang ist hier auch als Podcast nachzuhören (in englischer Sprache).

Comedy im Blechschloss mit Olli Schumann

26. November 2024 / Anton Launer / Kultur, Termine

Neustadt-Geflüster

Am Freitag, dem 29. November, tritt Olli Schumann vor der Scheune im Blechschloss auf. Die Veranstaltung will Comedy und Lite ratur verbinden und trägt den Titel „Wenn ich groß bin“.

Kieztag an der Scheune

27. September 2024 / Johanna Döring / Aktuell

Olli Schumann, Slam-Poetin und Stand-upComedian aus Dresden, verarbeitet in ihrem Programm persönliche Erlebnisse mit einer gehörigen Portion Selbstironie. Ursprünglich

Die Saison beenden die Nachtschlichter mit unst, Musik und Workshops. Am Sonnabend, 28. September findet unter dem Motto „Partyzipate“ die zweite Ausgabe der Kieztage in der Dresdner Neustadt statt. Alle Neustadtbewohner und Gäste sind dazu eingeladen zwischen 13 und 22 Uhr orbeizuschauen.

orplatz mit Blechschloss – Foto:

Olli Schumann – Foto: PR/Robert Elias Wachholz

T H A N K YOU V I E L E N D A N K

DANKE,

an unser Publikum und unsere Familien, Partner:innen, Unterstützer:innen,

Nachbar:innen, Freund:innen, Kolleg:innen, Mitarbeiter:innen, Kritiker:innen sowie die Käufer:innen unseres Supporter-Tickets.

Besonderer Dank an: M4Energy eG, KlubNetzDresden e.V., LiveMusikKommission e.V., Amt für Kultur und Denkmalschutz, Amt für Hochbau und Immobilienverwaltung sowie Stadtbezirksamt Neustadt der Landeshauptstadt Dresden

S G R A Z I E M ERCI B E D A

IRE M A K HISA S P A SIBO

Die scheune bedankt sich für die institutionelle sowie projektbezogene Förderung.

N K T

G A M S A

scheune e. V.

Alaunstraße 36-40

01099 Dresden

Büro:

Turnerweg 6

01097 Dresden

Telefon: 0351-32355640

E-Mail: info@scheune.org

Geschäftsführung:

Romy Jaehnig (gf@scheune.org)

Vorstand scheune e. V.: Ralf Seifert (1. Vorsitzender)

Yvonne Bonfert (2. Vorsitzende)

Ulla Wacker (Kassenwartin)

E-Mail: vorstand@scheune.org

>>> scheunedresden

Koordination der Broschüre: Olaf Hornuf

Beiträge:

Romy Jaehnig (RJ), Lennart Happe (LH), Frank Schöne (FRS), Olaf Hornuf (OH), Ben Zschorn (BZ), Ralf Seifert (RS)

Teamgrafik: Flux Wildly

Layout und Gestaltung: Britta Seifert / brise.design

Fotos:

Daniel Dittus: S. 5

Susann Klauck: S. 6, 7

Tom Berger: S. 16

Robert Eydner: S. 12-16, 27

Dave Mante: S. 15

Robby Klee: S. 8, 9, 14

Levi van Huijgevoort: S. 12

Peter Zuber: S. 18-21

Peter R. Fischer: S. 22

Maja von Glan: S. 23

Louise Verguin: S. 30

Hinweis:

In den Textbeiträgen wird bei geschlechtsspezifischen Wortendungen der Gender:Doppelpunkt genutzt. Dieser soll ausdrücklich alle Personen sprachlich inkludieren und Barrierearmut ermöglichen.

GROSSE BÜHNE ODER KLEINER SAAL?

Crowdfunding-Projekte in der Kategorie Kunst und Kultur

Dank unserer Crowdfunding-Plattform 99 Funken wird niemandem mehr die Show gestohlen. Die kann jetzt nämlich jeder selber rocken. In unserer Kategorie Veranstaltungen sind all jene richtig, die noch ein paar Funken brauchen, um ihr Feuerwerk Wirklichkeit werden zu lassen.

99funken.de/sparkasse/dresden

Eine Initiative der:

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