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Der Wald der Zukunft
Der Wald der Zukunft wird bunter sein.
Forstdirektor Jürgen Messerschmidt zur Waldwirtschaft in schwierigen Zeiten
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Hitze und Dürre setzen unserem Wald zu. Leichtes Spiel für den Borkenkäfer, der auch im Naturpark Sauerland Rothaargebirge weite Fichtenbestände auf dem Gewissen hat. Was das für das Ökosystem und seine Bewohner bedeutet und wie eine durchdachte Waldwirtschaft die Zukunft unserer Region retten kann, verrät Jürgen Messerschmidt. Er ist Leiter des Regionalforstamtes Kurkölnisches Sauerland, eines von sechs Forstämtern im Naturparkgebiet.
Was ist da los in unseren Wäldern? Ganze Berghänge braun, viele tausend Hektar unfreiwillig abgeholzt und karge Restbestände, wo einst stolze Fichten gen Himmel wuchsen. Schmale Wanderpfade ausgefahren durch schweres Gefährt, das tote Bäume abtransportiert. „Es ist eine Katastrophe, wie wir sie noch nicht erlebt haben. Das übertrifft selbst ‚Kyrill‘ und seine Folgen 2007 bei Weitem“, so Forstdirektor Jürgen Messerschmidt. In seinem Zuständigkeitsgebiet, dem Kreis Olpe, sind schon jetzt mehr als 50 Prozent des Fichtenvolumens verloren, ein Ende nicht in Sicht. Dabei waren Dreiviertel der Waldfläche dort Fichtenwälder. Und die sind zurzeit besonders bedroht. Vom Borkenkäfer, vor allem dem sogenannten Buchdrucker, der es auf dickrindige Fichten abgesehen hat, um seine Eier unter deren Borke abzulegen. Das tieferliegende Problem: der Klimawandel und die daraus folgende Trockenheit. Denn: Gesunde Bäume in einem intakten Umfeld können dem Schädling trotzen, indem sie bei Verletzung der Rinde einen Wundverschluss aus Harz bilden, in dem die Käfer und deren Larven ersticken. „Eine Fichte kann so dem Befall von 100 bis 200 Käfern mühelos standhalten. Fehlt das Wasser, um genug Harz zu bilden, funktioniert dieser Abwehrmechanismus nicht mehr“, erklärt Messerschmidt. Die Schädlinge vermehren sich rasant, Eier, Larven und Käfer überwintern und befallen im Frühjahr weitere Baumbestände. Selbst in höhere Lagen dringen sie vor, wo Messerschmidt und seine Kollegen es bisher nicht für möglich hielten.
Der Wald als Multitalent
Die Folgen sind schon längst spürbar: Der Erholungsort Wald steht dem Menschen nicht mehr bedingungslos zur Verfügung, Bäume bieten keinen Schattenschutz und Markierungen von Wanderwegen werden mit den befallenen oder abgestorbenen Fichten entfernt. Auch seine Leistung als riesiges Ökosystem wird nachhaltig beeinflusst. Können Vertreter mobilerer Tierarten noch umziehen, verlieren
Einige Wälder sind Stürmen zum Opfer gefallen, der bei Weitem größte Teil dem Fichtenborkenkäfer.
3.827 Quadratkilometer: Mehr als 58 % der Fläche vom Naturpark Sauerland Rothaargebirge sind Waldgebiet.

Unsere Ranger Südwestfalen im Naturpark Sauerland Rothaargebirge Schwerpunktaufgabe Wald, Erholung und Tourismus Regionalforstamt Oberes Sauerland Wald und Holz NRW

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WWW.SCHMALLENBERGER-SAUERLAND.DE andere ihren Lebensraum ganz. „Es wird definitiv eine neue Tier-Zusammensetzung auf den geschädigten Flächen geben“, ist sich Messerschmidt sicher. Die sich auf den Kalamitätsflächen entwickelnde Flora zieht eher kleinere Lebewesen an, Schmetterlinge zum Beispiel bevorzugen lichte junge Wälder. Der Wald hat außerdem eine Schutzfunktion: Er verhindert Bodenrutschungen und bindet Wasser, das er langsam ans Grundwasser abführt. Wo weniger Wald steht, kommt es häufiger zu Hochwasser, aber auch zu Minimalwasserständen der umliegenden Gewässer. Wald filtert Staub und Gase aus der Luft und gleicht Temperaturschwankungen aus. Und nicht zuletzt hat er in unserer Region eine große wirtschaftliche Bedeutung: Das Waldsterben ist nicht nur Schicksal zahlreicher Grundeigentümer – allein im Kreis Olpe liegen fast 90 Prozent des Waldes in privater Hand –, eine ganze Industrie benötigt den Rohstoff Holz. Gründe genug, um schnell und bedacht zu handeln. So versuchen Grundeigentümer und Förster hier, im Kampf gegen Kalamitäten geschädigte Bäume und mit ihnen die Schädlinge zügig aus dem Wald zu räumen. Und sie stellen sich die Frage, was mit den enormen Flächen passieren soll, auf denen die Altfichte nun verschwunden ist und wo nicht schon neue Baumgenerationen, etwa Buchen, wachsen. Oder aber eine natürlich angesiedelte Flora wie Birke, Vogelbeere oder Aspe wichtige Waldfunktionen übernehmen kann.
Waldwirtschaft zukunftsorientiert gestalten
„Für die gezielte Aufforstung verfolgen wir zwei Ansätze, die durch das Zentrum für Wald und Holzwirtschaft in Arnsberg wissenschaftlich begleitet werden“, so Messerschmidt. Einerseits


Mehr als 50, viele sogar über 100 Jahre alt: die Fichtenwälder des Sauerlands.



setzen die Forstämter auf den Anbau heimischer Baumarten aus wärmeren Regionen. So wird etwa überlegt, aus Südosteuropa stammende Rotbuchen als Saatgut oder Jungpflanzen zu importieren, wo sie Jahrtausende Zeit hatten, sich genetisch an Trockenheit und Hitze anzupassen. Andererseits versuchen die Förster, bei uns neue Baumarten wie Atlaszeder, Schwarzkiefer oder die Baum-Hasel zu etablieren, wobei jeder Baum spezielle Ansprüche an seine Umgebung hat, an Grundgestein, Nährstoffverhältnisse und Wasserhaushalt im Boden. „Was in 50 Jahren in unseren Wäldern dann wirklich wachsen wird, hängt von vielen Faktoren ab“, gibt der Experte zu bedenken. So beraten Forstwirte wie Messerschmidt die Waldeigentümer ausführlich und geben Empfehlungen, welche Baumarten in welcher Mischung an ihren Standorten sinnvoll sind. Für die Auswahl der Bäume aber sind diese selbst verantwortlich. Entscheidend ist auch das aktuelle Angebot der Forstbaumschulen, denen nicht jedes Jahr ausreichend Saatgut aller Arten zur Verfügung steht. Auch natürliche Entwicklungen beeinflussen, welche Bäume hier langfristig ein neues Zuhause finden werden. Eine Prognose zur Entwicklung unserer Wälder wagt Messerschmidt nicht. „Sicher ist: Es wird weniger Fichten geben. Wenn, dann eher natürlich angesiedelte. Der Wald der Zukunft muss und wird bunter werden.“ Mindestens vier verschiedene Baumarten auf jeder Fläche, damit drei bleiben, sollte eine den zukünftigen Umweltbedingungen nicht standhalten können. Was optimistisch stimmt: Das Landesforstgesetz schreibt vor, Waldfläche bleibt Waldfläche. Und die Ideen, wie diese Flächen klimastabil und zukunftsweisend bepflanzt werden können, sind im gesamten Naturpark-Gebiet vielfältig und durchaus vielversprechend.


Text: Carina Middel
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Wald-Klima-Lernort Hohe Bracht
Die Vögel zwitschern fröhlich, die Blätter rauschen leise im Wind, der Boden knistert bei jedem Schritt, ansonsten: Stille. Nirgendwo sonst ist die Ursprünglichkeit der Natur so deutlich spürbar wie bei einem Spaziergang durch den Wald. Doch wie lässt sich dieses kostbare Gut angesichts des Klimawandels und der zunehmenden Borkenkäferkalamität erhalten? Einen wertvollen und bis dato einzigartigen Ansatz in der Region liefert der Naturpark Sauerland Rothaargebirge mit dem Umweltbildungs-Projekt „WaldKlima-Lernort Hohe Bracht“. Dieses ist sogar preisgekrönt: Beim Landeswettbewerb „Naturpark.2024.Nordrhein-Westfalen“, ausgeschrieben vom Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz, vergab die Jury dafür den ersten Platz und eine Fördersumme von 140.000 Euro.
Kaum eine Pflanzenart kann auf so viele Lebensjahre zurückblicken wie ein großer, stämmiger Baum. Und nicht nur das ist beeindruckend, auch die Tatsache, dass klimatische und historische Ereignisse der Jahrhunderte scheinbar spurlos an ihm vorübergegangen sind, lassen Menschen jeden Alters staunen. Antonius Klein, Förster vom Fachdienst Umwelt der Unteren Naturschutzbehörde im Kreis Olpe und Ideengeber des Projekts, hat dafür eine Erklärung. Er sagt: „Die Anpassungsfähigkeit der Bäume macht sie resilient gegen Stressfaktoren verschiedener Art, und diese An passungsfähigkeit wird an die nächste Generation vererbt. Und die wiederum hat dann mit hoher Wahrscheinlichkeit dasselbe genetische und epigenetische Potenzial, sich an die Folgen des Klimawandels anzupassen.“ Als Beispiel nennt Antonius Klein die Buche, ein vor Vitalität und Widerstandskraft strotzender Baum, der Teil der lokalen Identität der Menschen in Südwestfalen sei und jährlich millionenfach Sämlinge hervorbringe. Und genau darauf fußt seine An regung, die Nachkommen dieses Baumveteranen an einem touristisch interessanten Ort des Naturparks zu bündeln und dort das Thema Wald in all seinen Facetten erlebbar zu machen. Damit war die Idee des Wald-Klima-Lernorts Hohe Bracht geboren.
Den Wald neu denken
„Für einen Naturpark gehören Mensch und Natur zusammen, und gerade in unserer Region ist der Wald identitätsstiftend“, betont Bernd Fuhrmann, Vorsitzender des Naturparks Sauerland Rothaargebirge e.V. Für ihn impliziert die Veränderung der biologischen Vielfalt die Aktivierung möglichst vieler Menschen, die sich für den Erhalt der Nutz-, Schutz- und Erholungsfunktion des Waldes einsetzen. Dafür sei der Wald-Klima-Lernort Hohe Bracht, der voraussichtlich im Herbst 2024 eröffnet werden soll, der ideale Ausgangsort. „Wir möchten breite Bevölkerungsschichten in unsere Arbeit als nachhaltiger Mitmach-Naturpark einbeziehen und sie für die Aspekte des Naturschutzes und der Heimat sensibilisieren und begeistern“, beschreibt Fuhrmann das Ziel des Projekts. Das Netzwerk des Naturparks verfüge bereits über zahlreiche haupt- und ehrenamtliche Akteure, solle aber mit Menschen aller Altersklassen weiter ausgebaut werden. Denkbar sei beispielsweise, zertifizierte Natur- und Landschaftsführer für die Mitarbeit zu gewinnen. Der Naturpark Sauerland Rothaargebirge wird im Zuge des gewonnenen Landeswettbewerbes noch in diesem Spätsommer einen besonderen Aufruf zur aktiven Teilnahme an die Bevölkerung starten. Ziel ist es, im Naturparkgebiet außergewöhnlich alte Baum-Veteranen zu identifizieren und zu "registrieren". Eine Jury wird sodann diejenigen Bäume auswählen, deren wertvolles Saatgut dann gewonnen und für eine zukünftige Bepflanzung des neuen Wald-KlimaLernortes an der Hohen Bracht vorgesehen ist.
Text: Diana Armatage


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