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Wir sind dann mal raus
Mit dem Zelt unterwegs im Naturpark
Einfach mal aussteigen, nach der großen Tour gar nicht erst wieder ins Auto müssen, da bleiben, wo’s am schönsten ist: im Wald, wenn die Sonne schon untergeht, die Wildtiere sich langsam aus ihren Verstecken heraustrauen und ihr Revier zurückerobern, das ist an diesem Wochenende unser Plan.
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Am Waldrand eine Holzplattform, daneben ein kleines Holzhäuschen mit Komposttoilette. Sonst nichts. Was für ein Luxus!
Info

Naturpark-Trekking: Pilot-Projekt mit Ausbauplänen
Sechs abgeschiedene Naturlagerplätze um Hallenberg bieten die Möglichkeit, mit ein bis zwei Zelten legal in der Natur zu campieren und so die regionale Kultur- und Naturlandschaft hautnah zu erleben. Alle Plätze sind zu Fuß erreichbar und liegen am Rundwanderweg „Hallenberger Wanderrausch“ als verbindendes Element, zwei Plätze sind gut vom Sauerland-Höhenflug zu erreichen. Gebucht werden können sie online für 15 Euro pro Nacht von April bis Oktober. Von November bis März soll die Winterruhe der heimischen Wildtiere nicht gestört werden. Mit der Buchung erhält man die GPS-Koordinaten, eine Wegbeschreibung und eine Zahlenschlosskombination für die Komposttoilette. Als Pilotprojekt gestartet, soll die Idee nun auch an anderen Orten im Naturpark Sauerland Rothaargebirge realisiert werden. Dazu braucht es nicht nur starke Partner wie in diesem Fall die Stadt Hallenberg, sondern eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit allen Landnutzern, etwa der Landwirtschaft, dem ehrenamtlichen Naturschutz und den Jagdausübungsberechtigten. Mit skeptischem Blick hievt meine beste Wanderfreundin ihren 17 Kilo schweren Rucksack aus dem Kofferraum, vor uns der Hallenberger Wanderrausch. Drei Tage, zwei Nächte, 52 Kilometer – nur wir zwei, ein Zelt und die ganz große Wildnis da draußen. Unsere Hotels: die neuen NaturparkTrekking-Plätze, Übernachtung bei klarem Sternenhimmel.
Was bleibt zu Hause – was muss unbedingt mit?
Allein das Packen ist ein Abenteuer. Zelt und Schlafsack, Wechselkleidung für die kalten Abendstunden, Geschirr, Proviant und 5 Liter Wasser pro Person. Während der nächsten Tage kehren wir der Zivilisation den Rücken. Alles, was wir in dieser Zeit brauchen, tragen wir auf unserem Rücken. Jedes Teil, das in meinem Rucksack verschwindet, drehe ich dreimal um. Braucht man das wirklich: Ladekabel, Schokolade, Deo-Spray? Vom Hallenberger Marktplatz trotten wir mit unseren Kilos auf dem Rücken anfangs noch unrund Richtung Nuhnewiesen, Naturschutzgebiet und Heimat seltener Vogelarten. Wir passieren das Dörfchen Braunshausen, genießen tolle Ausblicke und eine zauberhafte kleine Wacholderheide. Und dann endlich, nach unserer ersten eher kurzen Tagesetappe, ist er da: der Trekking-Platz Hinterm Kreuz, den wir für diese Nacht gebucht haben.
Was passiert im Wald, wenn die Sonne untergeht?
Neugierig erkunden wir unser Outdoor-Domizil. Ohne das Gepäck fühlen wir uns federleicht, fast frei wie ein Vogel. Am Waldrand eine Holzplattform, 3,5 mal 4,5 Meter groß mit integrierter Tisch-Bank-Ecke, daneben ein kleines Holzhäuschen mit Komposttoilette und ein historisches Wegekreuz. Sonst nichts. Was für ein Luxus!
Angekommen genießen wir erst mal die Ruhe und das Nichtstun. Und kümmern uns dann ums Wesentliche: Auf der Plattform bauen wir das Zelt auf, befestigen Schnüre an den vorhandenen Zurrösen. Ich rolle Isomatten und Schlafsäcke aus. Meine Freundin zaubert derweil ihren mitgebrachten Nudel-Salat auf die Teller. So gut wie unter dem grünem Blätterdach hat’s mir selten geschmeckt. Mit einbrechender Dämmerung kommt der Wald um uns langsam zur Ruhe, seine Bewohner erwachen zum Leben. Aus der Ferne grüßt ein Uhu, während wir darüber philosophieren, was die Wildschweine von diesem TourismusAngebot wohl halten. Wir geloben, morgen ruhig und sauber von dannen zu ziehen, und verkriechen uns in unsere Höhle, als der Tag sich klamm und heimlich dem Ende neigt.
Wer mit der Natur aufsteht, hat mehr vom Tag.
Von der Morgenluft geweckt starten wir ungewöhnlich früh und frisch in den zweiten Tag. Das Zelt ist schnell zusammengebaut und selbst der Instant-Eiskaffee schmeckt in der Aufbruchstimmung. Eine Katzenwäsche mit Mineralwasser, ein Apfel im Müsli, damit der Rucksack leichter wird, und schon geht’s los. Heute liegt ein ordentlicher Marsch vor uns. Bereits mit den ersten Schritten sind wir im Tritt, stresstechnisch voll runtergefahren. Alltagstrubel, was ist das? Nach ausgiebiger Mittagspause bei Hesborn und einem Nachmittag im Naturschutzgebiet Liesetal erreichen wir den Trekkingplatz Breite Schneise. Ganz in der Nähe ein kleiner Bach, an dem wir unsere Wasservorräte auffüllen und uns nach der schweißtreibenden Tour eine einigermaßen ordentliche Wäsche gönnen. Am nächsten Morgen: Meine Freundin liegt noch in den Federn, als ich leise den Reißverschluss des Zeltes aufziehe. Ich blinzle in die ersten Sonnenstrahlen, die den Tau auf unserem Zelt trocknen. Mein Blick fällt auf die Talwiesen, wo ich eine Hirschfamilie beim Äsen beobachte. So viel Ruhe, so viel Glück. Was macht da schon ein bisschen Muskelkater und „Rücken“, eine Blase am Fuß und der strenge Duft nach drei Tagen ohne Dusche. Noch während wir an diesem letzten Tag auf den Rothaarkamm kraxeln und ein wahnsinniges Panorama von der Ziegenhelle genießen, schwöre ich mir: Dies ist erst der Beginn einer wunderbaren Trekking-Freundschaft.
Text: Carina Middel
Weitere Infos und Buchung: www.naturparksauerland-rothaargebirge.de/Trekking

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