Sonderpädagogik in der Schweiz

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Die Arbeitsmarktinklusion von Menschen mit einer Behinderung (Häusermann, 2019) Der Autor startete seine Arbeit mit der Suche nach Begründungen für die Feststellung, dass Menschen mit Behinderungen sich weniger am Arbeitsmarkt beteiligten und mehr Teilzeit arbeiteten als Menschen ohne Behinderungen. Er wies auf die Bedeutung der Arbeit für Menschen mit Behinderungen hin. Arbeit strukturiere den Tag und sie biete Verdienstmöglichkeiten. Bei Menschen mit einer geringen Qualifizierung sei das Risiko der Langzeitarbeitslosigkeit erhöht. Häusermann setzte sich mit dem ersten und dem zweiten, staatlich unterstützten Arbeitsmarkt auseinander. Seiner Meinung nach wird sich die Arbeitswelt so verändern, dass Bildung immer wichtiger wird und physische Arbeit an Bedeutung verliert. Er plädierte dafür, dass Menschen mit Behinderungen im ersten Arbeitsmarkt ausgebildet und beschäftigt werden. Noch zu wenig Lernende einer praktischen Ausbildung (PrA) schafften den Weg in eine EBA. Immerhin arbeiteten fast 30 % der Abgängerinnen und -Abgänger einer PrA im ersten Arbeitsmarkt. Die Gründe für die geringere Beteiligung von Menschen mit Behinderungen am Arbeitsmarkt sah er darin, dass die privaten Betriebe gesetzlich nicht verpflichtet seien, Menschen mit Behinderungen einzustellen. Zudem würden Menschen, die in einer Werkstätte oder in der Psychiatrie gewesen seien, beim Suchen einer Arbeitsstelle stigmatisiert. Die Arbeitgeber haben laut Häusermann das Gefühl, dass Menschen mit Behinderungen der Arbeit nicht gewachsen seien, dass ihr Arbeitsvermögen nicht ausreichend sei und dass sie häufig abwesend seien, wodurch ein hoher Mehraufwand entstehe. Viele Integrationsprogramme fänden im zweiten Arbeitsmarkt statt, also in einem Schonraum. Der Übergang vom Schonklima in das Arbeitsleben sei hart. Die Schlussfolgerung daraus sei, dass wenn immer möglich im ersten Arbeitsmarkt trainiert werden soll. Gemäss Häusermann besteht die Arbeitsmarktfähigkeit nicht nur darin, die Arbeitslosigkeit zu überwinden; vielmehr beinhaltet sie auch, arbeitsfähig zu werden und zu bleiben. Dazu brauche es Lernfähigkeit, Eigeninitiative, Entscheidungs-, Team- und Kommunikationsfähigkeit sowie Verantwortungsbewusstsein, also Eigenschaften, die man am ehesten im ersten Arbeitsmarkt lerne. Mit dem Konzept des Supported Employment – das in der Schweiz häufig über die IV finanziert wird – und der Lebensweltorientierung – einem Konzept mit Prävention, Dezentralisierung und Integration im Fokus, das in Deutschland verbreitet ist – lägen praxistaugliche Konzepte zur Arbeitsmarktintegration vor. Junge Berufsleute mit Beeinträchtigungen beim Einstieg in den Arbeitsmarkt und die Rolle von «Supported Education» (Hofmann & Schaub, 2016) Die Studie von Hofmann und Schaub (2016) ging der Frage nach, welchen Erfolg das Modell Supported Education im Vergleich zur Ausbildung im geschützten Rahmen hat. Bei Supported Education geht es im weitesten Sinn um «Unterstützung von Menschen mit Behinderungen oder anderen benachteiligten Gruppen beim Erlangen und Erhalten von bezahlter Arbeit in Betrieben des allgemeinen Arbeitsmarktes» (Supported Employment Schweiz, 2019a). Supported Education unterstützt vor allem Jugendliche beim Einstieg in den ersten Arbeitsmarkt. Untersucht wurden vier Gruppen: Jugendliche mit kognitiven, sozial-emotionalen Körper- und Sinnesbehinderungen sowie Kombinationen davon. Gut die Hälfte der Jugendlichen (52 %) absolvierte eine EBA, 15 % erwarben ein EFZ, 30 % machten eine PrA-INSOS-Ausbildung oder eine IV-Anlehre und 3 % wurden der Kategorie «Anderes» zugeteilt.

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