8. ARLBERG-KANDAHAR RENNEN I N
MURREN.
9./10.
MHRZ 1935
Von Fritz Ringgenberg, Meiringen Flink hebt uns das Bähnlein aus dem engen Talgrunde. Gespickt volle Wagen. Was da nicht alles auf geschwellten Brüsten prangt: Adler und Gemsen, Murmeltiere, Steinböcke, Hasen, goldene, silberne und wer weiß, auch blecherne Skier. Unmöglich, sich noch in dem Wirrwarr auszukennen. Ist übrigens gar nicht nötig. Es geht andern auch so. Ein vielfach Gezeichneter tippt fragend auf mein einsames S. A. C.-Zeichen: Was ist denn das - Also wäre der Schweizer Alpen-Club beim Jungvolk bereits Museumsstück geworden. Immerhin, de Frager errötet leise: Ach ja, natürlich . Aber da ist das Dorf. A.-K. leuchtets von überall her. Flaggen. Vor dem Kurhaus ein riesiger Schneemann, de Petrus nach der Schöpfung noch in einen Extrapelz hüllte. Raucht Eiszigarre. in den Gassen ist's sohon recht lebendig. Man mutmaßt nach allen Seiten hin. Vorab sucht man den Abfahrtssieger ausfindig zu machen, stößt auf Matt, spricht vonAllais, vonvignole. Daneben stochert man emsig in der Wunde herum, die die letzten FIS dem Schweizer Nationalgefühl ganz offensichtlich geschlagen. Wenn's di Sache wert wäre, so könnte man rechtschaffen zornig werden, wie heute die ins Auge stechende, nach Minute und Sekunden gemessene Einzelleistung und nicht der Mann und Mensch gewertet werden. Glücklicherweise überwiegt die Festfreude alle Kritik. Sonst könnte man über all den sportlichen oder besser gesagt unsportlichen Spitzfindigkeiten selber spitzfindig werden. Godi Michel ist natürlich schon nicht mehr im Dorfe zu treffen. Mit zwei extra angefertigten Kanonenschlägen im Rucksack schiebt er sich schon der Gratlehne zu, dieweil Mr. Lunn mit der ihm eigenen Tatkraft bereits di Bahn frei zu machen sucht. Wieder sind die prickelnden Minuten allgemeiner Spannung da. Pumm! drohnts dumpf kriegerisch vom Grat her und eine sich im Gegensatz zur Augenblicksstimrnung recht lässig empor hebende Pulverdampfwolk kündet den Beginn des verbissenen Kampfes. Verbissen ist nicht zu viel gesagt. Aber . . . Da ist schon der Erste: White Peter - standsicher, englische Schule. Zwei Gstaader, Scheidegger und Ludi folgen. Gleim flitzt schneidig vorüber. Doch finden wir ihn nicht auf der Rangliste. Pech. Gleiches ereilt Deandia, der sichtlich müde. Pieren, Adelboden, fährt forsch. Nach Unterbruch erscheint bereits Nummer 12, Langlois, der seinen Vormann schon überholt hat. Moillon stürzt bei der Beton Kurve. Ebenso Müller. Huggler meistert vorzüglich sein Tempo. I n Lews spürt man wieder England. Knapl und schön zieht Hvalsoe seine Schwünge. Nach kurzer Pause fliegt Polens Hoffnung Czech vorüber. Wo bleib Graf Karl? Wo Furrer? Erst später vernimmt man, daß sie das Mißgeschick in Form des verfehlten Kontroll tors schon droben am Grat ereilte. Und - was sich zweiet, tut sich dreien: Auch Elias Julen gesellt sich zi ihnen. Da ist sohon der aktive Schweizer Skimeister. Die ganz große Schau hat begonnen: Steuri Hermann unc Prager folgen, jeder auf seine, nur ihm eigene Art. Harrer tut einen gewaltigen Sturz, während Pfeiffer ingan großer Fahrt durch die tückischen Bodenwellen fliegt. Hoppla: Steuri Willy. Oben hat er sich einen Geländesprung von mehr als einemDutzend Meter geleistet und durchgestanden. II rasantem Schusse fliegt er vorüber. Stoppuhrenmänner tupfen schon begeistert auf ihn. Wie man sah, nich mit Unrecht. Dr. Vetter hat keinen guten Tag. Bei der Beton-Kurve hebt er sich flink aus einem Sturze. Knapp vor dem Ziele tut er noch einen ganz bösen, fahrt aber mühsam, trotz einer Gehirnerschütterung, durch. Sehr scharf sausen Sciilatter und Wehrle vorüber. Sie treffen sioh beide auf gutem Platz im 6. Rang. Jetzt aber ' geraten die Stoppuhrenmänner in erwägende Zweifel : Steuri ? Allais ? Wunderbar, mit welcher Eleganz derFranzose die Schwierigkeiten nimmt. Auch Vignole fährt gut. Doch bringen ihn die Bodenwellen zum Stürze& '> Eng1 beschäftigt zum drittenmal ernstlich die Scharfzeitenmesser. Dann folgt M-arz - in flottem Tempc der junge Lunn. Matt muß aus prächtiger Fahrt in den Schnee, währenddem der als Pechvogel verschrien1 Glatthard die ganze Strecke in schärfstem Tempo durchsteht. Mit dem guten Platze, den er sich damit erobert ermöglicht er sich den Kombinationssieg. Zogg hat weniger Glück. Den Zeitverlust schwerer Stiine weiß er auch mit allem Draufgängertum nicht ganz gut zu machen. Bei Ren6 und Maurice Lafforgue sieht man wiedefranzösische Eleganz, die sioh noch fast erhöht, da der letztere einen Stock einbüßte. Ernst von Allmen fähr gut, kommt aber doch nicht sturzfrei durch. Prächtig fängt Fahrner alle Unebenheiten mit federnden Knien auf Szapary stürzt in den Wellen. Walch fährt auf ganz hohen Touren, wogegen Alonso de Orleans-Bourbonaufgibt. Fopp glänzt mit keckem Geländesprung. I n ungebremstem Tempo fährt Beckert in daa Wellengelände und kommt (schier unglaublich) durch. Mit draufgängerischem Schneid erledigen Schlunegger und Rubi Adolf ihre Fahrten. Pause. - Hier und dort ein flüchtig Picknick in praller Sonne.
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Dann folgen: Die Damen. Wenn ihre Strecke auch um den obersten Gratbitz und das verhängnisvolle Kontrolltor gekürzt, die schwere1 Hindernisse müssen auch sie überwinden. Sie tuns auch. Mit wenig Ausnahmen sind sie der Aufgabe vol gewachsen. Photo: Dr. Walter Amstua