Anti-Design

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Antidesign

Welche kulturelle und politische Bedeutung hatte das Anti-Design?

Wer waren einflussreiche Akteure und Designer der Anti-Design Bewegung?

Archigram -> Projekte

Archizoom

-> Projekte

Superstudio -> Projekte

Bezug zur aktuellen Zeit

Fazit

Ausblick

Wo entstand das AntiDesign? Das radikale Anti-Design Italiens, auch unter dem Begriff "Disegno Radicale" bekannt, war eine bedeutende Designbewegung, die Ende der 1960er Jahre in Italien entstand und bis in die späten 1970er Jahre hinein wirkte. Die Bewegung hat ihre Wurzeln in den Städten Mailand, Florenz und Turin, die als die drei Zentren des radikalen Anti-Designs galten.(1)

Was genau bedeutet „Anti Design“ in diesem Kontext? Gibt es eine klare Definition oder ist es ein subjektiver Begriff, der von verschiedenen Personen unterschiedlich interpretiert wird? Anti Design ist ein Begriff, der keine einheitliche Definition hat.

Es kann sich auf eine Vielzahl von Designansätzen beziehen, die bewusst und absichtlich gegen die traditionellen Konventionen und ästhetischen Prinzipien des Designs verstoßen.(2)

In Bezug auf die Architektur wird Anti Design oft als die Zeit des radikalen Designs bezeichnet.

(3) Moderne Designer, die zeitlose Eleganz in schlichter Präzision verkörpern, waren davon überzeugt, dass die Form der Funktion folgen sollte. Daher lag ein großer Schwerpunkt auf dem Stil und der Ästhetik einer gelungenen Gestaltung. Die Modernisten strebten danach, Objekte zu schaffen, die funktional, einfach und mit einer reduzierten Farbpalette ausgestat tet waren, um sich dem modernen Lebens stil anzupassen und sowohl praktisch als auch unaufdringlich zu sein. All diese Prinzipien wurden durch die Anti-Design Bewegung auf auf den Kopf gestellt.

(4)

(1) vgl. Erlhoff, Michael/Timothy Marshall: Wörterbuch Design: Begriffliche Perspektiven des Design, Basel, Schweiz: Walter de Gruyter, 05.10.2007. S. 281.

(2) vgl. Levanier, Johnny/Johnny Levanier: Anti-Design: Das Anti-Regelbuch, das digitales Design neu definiert, in: 99de signs, 26.08.2022, https://99designs.de/blog/designgeschichte-stroemungen/anti-design/ (abgerufen am 25.07.2023).

(3) vgl. Martinique, Elena: Anti-Design Movement - Aestheticism of the modern era | Widewalls, 15.06.2016, https://www.widewalls.ch/magazine/anti-design-italian-movement (abgerufen am 28.07.2023).

(4) vgl. Erni, Peter: Die gute Form: eine Aktion des Schweizerischen Werkbundes: Dokumentation und Interpretationen, Baden, Deutschland: Lit Verlag, 01.01.1983. S. 5/6.

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„Designer und Designerinnen, die AntiDesign nutzen, wollen nichts kaputtmachen oder hässliche Designs der Hässlichkeit wegen kreieren, sondern eine Alternative zu geltenden Designstandards bieten.“(5) Durch diese bewusste Abkehr von konventionellen Designprinzipien wird ein Raum geschaffen, in dem alternative Gestaltungsmöglichkeiten erkundet und experimentiert werden können. Es geht dabei darum, neue Perspektiven und Herangehensweisen zu entwickeln, die sich von den dominierenden Designnormen abheben. "Es ist eine Herausforderung für die Gatekeeper des Designs und zwingt sie, ihre eigene Arbeit als Designer oder als Nutzer zu hinterfragen.“(6) Anti Design ist somit ein Ausdruck des Wunsches nach Innovation, Individualität und dem Streben nach einer neuen Designästhetik, die sich bewusst von der MainstreamKultur abgrenzt.

Es bleibt zu hinterfragen, ob Anti-Design-Konzepte und -Objekte den praktischen Bedürfnissen und Anforderungen der Menschen gerecht werden können. Die bewusste Abkehr von konventionellen Designprinzipien könnte dazu führen, dass einige dieser Objekte möglicherweise schwer in den Alltag integrierbar sind. Dabei sollte das Hauptziel von Design eigentlich darin bestehen, die Lebensqualität der Menschen zu verbessern und ihren Bedürfnissen gerecht zu werden.

Welche kulturelle und politische Bedeutung hatte das

Anti-Design?

Die Anti-Design-Bewegung entstand auch als eine kritische Reaktion auf die Konsumkultur und als Kommentar zu den übermäßigen Auswüchsen des italienischen Designs, das sich ständig nach Neuheiten sehnte. Die Anhänger dieser neuen Bewegung, waren unzufrieden damit, dass das Design in der Gesellschaft immer mehr an Bedeutung verlor, während der Kapitalismus immer mehr im Vordergrund stand. Die Bewegung lehnte die formalistischen Werte des modernen Designs in Italien ab und strebte stattdessen danach, die kulturelle und politische Rolle des Designs wiederzubeleben. Da das italienische Design schon immer von philosophischem, politischem und sozialkritischem Bewusstsein sowie kulturellem Bewusstsein geprägt war, befürwortete dieser neue Ansatz einen erfrischenden Blick auf den Designprozess und zugleich ein Bewusstsein für die politischen Bedingungen in der Konsumgesellschaft. Die Anhänger der Anti-DesignBewegung protestierten sowohl gegen den Konsum- und Objektfetischismus als auch gegen die etablierten Prinzipien des Designs. Sie wollten das Design von seiner oberflächlichen Fixierung auf Trends und kommerzielle Interessen befreien und stattdessen die sozialen, kulturellen und politischen Auswirkungen des Designs wieder in den Vordergrund rücken. (7)

Die Problematik, die sich hier zeigt ist: Wie emöglicht es einer Bewegung gegen einen Trend zu reblieren ohne selbst zu einem Trend zu werden?

Abbildung 1: https://designbote.com/ettoresottsass-rebell-und-poet-14-07-24-09-2017/

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(7) vgl. Martinique, Elena: Anti-Design Movement - Aestheticism of the modern era | Widewalls, 15.06.2016, https://www.widewalls.ch/magazine/ anti-design-italian-movement (abgerufen am 28.07.2023).

Wer waren einflussreiche Akteure und Desig ner der Anti-Design Bewegung?

Zu den bedeutendsten Persönlichkeiten der Anti-Design-Bewegung gehörten verschiedene Gruppen und Einzelpersonen aus verschiedenen Ländern, darunter auch Ettore Sottsass. Als italienisch-österreichischer Gestalter brachte er frischen Wind in seine Branche, indem er Übertreibung und Unterfunktion kombinierte. Ein bemerkenswertes Beispiel dafür ist seine Reiseschreibmaschine „Valentine“, die er 1969 für die renommierte Marke Olivetti entwarf. Diese Schreibmaschine schockierte diejenigen, die Büroarbeit bislang nur in den klassischen Farben Schwarz und Grau kannten. „Valentine“ präsentierte sich in leuchtendem Ferrari-Rot und veränderte die Wahrnehmung von Bürogeräten. Zusätzlich zu ihrem auffälligen Design kam sie in einem ebenso auffälligen Ferrari-roten Koffer für den Transport. Ettore Sottsass‘ kühne Gestaltung und sein Spiel mit Farben und Formen führten zu einer neuen Ästhetik und trugen möglicherweise sogar zur Entstehung kreativer Ausdrucksformen bei.(8) Hier schlug das Anti-Design eine große Nachfrage an, denn Die «Valentine» wurde ein begehrtes Design-Objekt. Die Assoziation mit dem Auto und dem verbundenen Luxus wollten sich die Konsument*innen nicht entgehen lassen. «Es war schier unmöglich, den Blick von ihr abzuwenden», sagte David Bowie über «Valentine». Natürlich hatte Bowie selber ein Stück davon in seiner Design-Sammlung. (9)

(8) vgl. Müller, Hans-Joachim: Zum 100. Ge burtstag von Ettore Sottsass, in: DIE WELT, 17.08.2017, https://www.welt.de/kultur/kunst/ article167741125/Ettore-Sottsass-machtScherze-ueber-die-gute-Form.html (abgerufen am 29.07.2023).

(9) https://www.nzz.ch/feuilleton/ettore-sott sass-und-das-anti-design-die-geburt-des-de signs-aus-dem-geist-der-poesie-ld.1310642 (abgerufen am 29.07.2023).

Abbildung 2: https://owl.museumdigital.de/object/2088a

Ettore sottsass

Abbildung 3: https://www.madeindesign.de/midsearch/result/?suggest=false&q=Ettore+Sottsass

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Projekte

Abbildung 4: https://www.madeindesign.de/midsearch/result/?suggest=false&q=Ettore+Sottsass

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Archigram, die Architekturgruppe, wurde in den 1960er Jahren in Großbritannien gegründet. Die Gruppe wurde 1961 von den sechs Architekten Warren Chalk, Peter Cook, Dennis Crompton, David Greene, Ron Herron und Michael Webb ins Leben gerufen. Der Name Archigram ist eine Kombination der Wörter "Architektur" und „Telegramm". Die Mitglieder von Archigram ließen sich stark von der Pop-Kultur, der Science-Fiction und der Technologie ihrer Zeit beeinflussen. Ihr Ziel war es, traditionelle Vorstellungen von Architektur zu hinterfragen und radikal neue Visionen für die städtische Umgebung zu entwickeln. Statt reale Bauvorhaben umzusetzen, existierten ihre Ideen als visionäre Konzepte und Zeichnungen. (10)

Die Autoren des Magazins Archigram entwickelten ihre eigenen Vorstellungen von der Stadt der Zukunft. Eine ihrer visionären Ideen war die „Plug-in City“, die eine lineare Stadt vorschlug, die in einem erhöhten Netzwerk untergebracht wäre. Dieses Netzwerk sollte in der Nähe von London beginnen und sich in eine Richtung bis nach Liverpool und in die andere Richtung über den Kanal, vorbei an Paris und weiter durch Europa erstrecken. (11)

1961

Abbildung

5: https:// www.archigram.net/ portfolio. html

Die „Plug-in City“ ist eine futuristische Konzeption, bei der modulare Gebäude und Infrastrukturen entlang des Netzwerks platziert und bei Bedarf hinzugefügt oder entfernt werden können. Dieser flexible Ansatz sollte eine dynamische und anpassungsfähige Stadt ermöglichen, die mit den Bedürfnissen und Entwicklungen der Zukunft Schritt halten konnte. Das Konzept der „Plug-in City“ spiegelte die avantgardistische Denkweise von Archigram wider, die sich durch innovative und experimentelle Ansätze in der Architektur und Stadtplanung auszeichnete. (11)

Als die „Plug-In City“ 1964 vorgeschlagen wurde, bot sie einen faszinierenden und innovativen Ansatz für den Urbanismus und stellte die herkömmliche Vorstellung der Rolle der Infrastruktur in der Stadt auf den Kopf. (12)

Abbildung 6: https://www.archigram.net/portfolio.html

(10) vgl. Karin: FACHBEITRAG: Wie baut man Zukunft?, in: moderneREGIONAL, 05.05.2023, https://www.moderne-regional.de/fachbeitrag-archigram-und-co/. (abgerufen am 26.07.2023).

(11) vgl. Šuran, Oleg: The Radical Design Movement - SpeculativeEDU, in: SpeculativeEdu, 21.07.2020b, https://speculativeedu.eu/the-radical-design-movement/ (abgerufen am 29.07.2023).

(12) vgl. Merin, Gili: AD Classics: The Plug-In City / Peter Cook, Archigram, in: ArchDaily, 24.08.2022, https://www.archdaily.com/399329/ad-classics-the-plug-in-city-peter-cook-archigram.

Projekte

Abbildung 7: https://www.archigram.net/portfolio.html

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Abbildung 8: https://www.archigram.net/portfolio.html

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Archigram

Archizoom

Im Jahr 1966 wurde die funktionalismuskritische Architek tur- und Designgruppe Archizoom Associati in Florenz von den vier Architekturabsolventen der Università degli Studi di Firenze: Andrea Branzi, Gilberto Corretti, Paolo Deganello und Massimo Morozzi, gegründet. Auch sie waren Initia toren und führende Vertreter der Anti-Design-Bewegung. (13) Archizoom bevorzugte die authentische Welt in ihrer ganzen Komplexität und Widersprüchlichkeit und strebte danach, Situationen zu fördern, in denen der Benutzer aktiv in seiner Umgebung agieren konnte. Für sie bedeutete Ar chitektur nicht nur das Bauen von Häusern, sondern auch Selbstausdruck, Kommunikation, Diskussion und die freie Schaffung eines eigenen kulturellen Raums, basierend auf dem Recht jedes Einzelnen, seine Umgebung mitzugestalten. Um den konsumistischen Werten entgegenzuwirken und auf die kulturelle Krise der westlichen Gesellschaften sowie die allgemeine Verarmung der Kreativität aufmerksam zu machen, entschied sich die Gruppe für Spott und Satire. (14)

(13) vgl. Vitra Design Museum: Collection: in: Vitra Design Museum, o. D., http://collectiononline.design-museum.de/#/de/person/5424?_k=amk7qt (abgerufen am 30.07.2023).

(14) vgl. Frac Centre: o. D., https:// www.frac-centre.fr/_en/artand-architecture-collection/rub/ rubauthors-316.html?authID=11 (abgerufen am 30.07.2023).

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1966
Abbildung 9: https://architectuul.com/architect/ archizoom-associati

Abbildung 10: http://www.medienkunstnetz.de/werke/no-stop-city/

Die No-Stop City ist ein Projekt, das durch Zeichnungen dokumentiert ist. Die Zeichnungen zeigen ein unendlich expandierendes Raster, das durch Teillinien unterteilt ist, die symbolisch für Wände stehen und nur durch natürliche Merkmale wie Berge unterbrochen werden. Die Fotos zeigen einen endlosen und funktionslosen Raum, in dem Menschen als Camper leben. Die Räume sind mit Felsen und Ästen gefüllt, kleine Stücke der Natur, die in die künstliche Welt gebracht werden. Es sind Zelte, Geräte und Motorräder zu sehen, die darauf hindeuten, dass die Grundbedürfnisse erfüllt sind. Andere Zeichnungen zeigen endlose Reihen von Schlafzimmern, die vielleicht das Traumbett oder den Safari-Stuhl enthalten. (15)

Non-Stop City ist eine scharfe Kritik an der Ideologie der modernen Architektur, die bis zu ihren absurden Grenzen getrieben wurde. Die wahre Revolution in der radikalen Architektur besteht laut Branzi in der Revolution des Kitsch: Dem massenhaften Konsum von Kultur, der Pop Art und der Nutzung einer industriell-kommerziellen Sprache. Die Idee hinter Non Stop City ist es, die industrielle Komponente der modernen Architektur auf die Spitze zu treiben und sie dadurch radikal zu gestalten. (16)

Das kontinuierlich wachsende Raster zeigt sich aber auch heute in der realen Welt. In der heutigen Zeit gibt es überall Wohnblocks, die ein identisches Erscheinungsbild aufweisen und sich wie eine Serie über mehrere Häuser durchziehen. Somit ist Non-Stop City nicht mehr nur eine bloße Zeichnung, sondern hat sich zur Realität entwickelt.

Abbildung 11: https:// socks-studio. com/2011/04/19/ archizoom-associati-no-stop-cityinternal-landscapes-1970/

(15) vgl. No Stop City | Architectuul: in: Architectuul, o. D., https://architectuul. com/architecture/nostop-city (abgerufen am 30.07.2023).

(16)vgl. Medien Kunst Netz: Medien Kunst Netz | Archizoom: No Stop City, o. D., http:// www.medienkunstnetz.de/werke/nostop-city/ (abgerufen am 30.07.2023).

Abbildung 12: https:// socks-studio. com/2011/04/19/ archizoom-associati-no-stop-cityinternal-landscapes-1970/

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Archizoom

Abbildung 13: https://www.pamono.de/designers/archizoom

14

Projekte

Abbildung 14: https://www.pamono.de/designers/archizoom

superstu -

Superstudio war eine avantgardistische Architektur- und Designgruppe, die 1966 in Florenz, Italien, von Adolfo Natalini und Cristiano Toraldo di Francia gegründet wurde. Weitere Mitglieder waren Roberto und Alessandro Magris, Piero Frassinelli und Alessandro Poli. Ihre kreative Arbeit bestand vor allem aus Fotocollagen, Filmen und Ausstellungen, in denen sie einen radikalen, utopischen Ansatz verwendeten, um das modernistische Denken in Design und Architektur

Superstudio wurde zu einer der einflussreichsten Gruppen in Florenz und gilt als Synonym für die Radical Design-Bewegung. Ein wiederkehrendes Thema in ihrer Arbeit war die natürliche Umwelt, und sie konzentrierten sich stark auf die Nutzung des Raums und die Idee, dass Architektur ein Antrieb für sozialen Wandel sein könnte. In ihrem Magazin erklärten sie, dass angesichts der fortschreitenden Verarmung der Erde und der Möglichkeit einer immer engeren Bebauung „nur Stehzimmer“ geschaffen werden könnten, eine einzige architektonische Konstruktion, die die optimalen Wohnzonen besetzt und andere Bereiche frei lässt. Diese Vision spiegelt sich in ihrer Anwendung eines Rastersystems auf den städtischen Kontext wider, bei dem jeder Punkt auf dem Raster gleich ist und alle Menschen gleich existieren. Ihr Ziel war es, eine demokratische Erfahrung zu schaffen, was sich möglicherweise am besten in ihrer Arbeit mit dem Titel „The Continuous Monument“ zeigt. (18)

Superstudio eröffneten somit, durch ihre humorvollen Fotocollagen und Designs, die in Ausstellungen und renommierten Magazinen präsentiert wurden, völlig neue Perspektiven darüber, was Architektur und Stadtplanung sein Abbildung

15 : https://www.henx.at/filme/liebe-gruesse-aus-graz-von-superstudio/ 16

superstudio

Abbildung 17: https://www.theguardian.com/artanddesign/2021/ jan/21/building-big-as-world-superstudio-anarchist-architectswho-foresaw-rampant-expansion-saudi-arabia-linear-city

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Projekte

Abbildung 18: https://www.theguardian.com/artanddesign/2021/ jan/21/building-big-as-world-superstudio-anarchist-architectswho-foresaw-rampant-expansion-saudi-arabia-linear-city

Projekte

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zur aktuellen zeit

Das Anti-Design der heutigen Zeit lehnt sich eher an das brutalistische Design an und wird als Revolution gesehen. Das Design ist meistens von unstimmigen Farben geprägt und soll auch hier gegen die Norm sprechen. Es geht nicht darum, absichtlich etwas hässlich zu gestalten, viel mehr geht es darum, eine gewohnte Struktur zu durchbrechen.(21)

Es es zeichnet sich aber zum Beispiel auch dadurch aus, Texturen zu verwenden, die eine abgenutzte Optik haben. Auch die Verwendung der Glitch Art macht bewusst Gebrauch von digitalen Fehlern, Störungen und Bildstörungen, um eine chaotische und verzerrte Ästhetik zu erzeugen. Oft verwendet werden Collagen und Cut-andPaste-Design, um verschiedene Elemente und Bilder zusammenzusetzen. Dies geschieht oft auf eine surreale oder chaotische Weise. Und wie schon genannt, der digitale Brutalismus ist eine Gegenbewegung zu den glatten und eleganten Designstilen. Er zeichnet sich durch rohe, ungeschliffene Elemente, klobige Layouts und eine Betonung der Funktionalität aus.(22)

(21) vgl. Daniel: Die 7 Grafikdesign Trends für 2022, 21.10.2022, https://ekiwi.de/index.php/2964/ die-7-grafikdesign-trends-fuer-2022/#7_Anti-Design (abgerufen am 29.07.2023).

(22) vgl. Anti-Design für Sinnlichkeit und Schönheit • LICHT: 17.10.2017, https://lichtnet.de/ news/2017/10/17/anti-design-fuer-sinnlichkeit-und-schoenheit/ (abgerufen am 29.07.2023).

20 Bezug

(23) vgl. deutschlandfunkkultur.de: AntiFashion - der politische Stoff, in: Deutschlandfunk Kultur, o. D., https:// www.deutschlandfunkkultur.de/anti-fashionder-politische-stoff-100. html (abgerufen am 28.07.2023).

Anti-Fashion

Anti-Fashion ist mehr als nur Mode; es ist eine Denkweise. Es hebt sich von traditioneller Mode ab, da es keine festen Geschlechterrollen, keine Saisons und keine Trends gibt. Es ist eine kraftvolle Aussage und bietet die Freiheit, sich selbst auszudrücken und seine Individualität zu betonen, ohne sich den üblichen Modekategorien unterzuordnen. Dieser Ansatz ist keine Neuheit in der Modegeschichte. Bereits Coco Chanel brach in den 1920er-Jahren mit Normen und brachte Frauen erstmals in bequeme Hosen. In den 1990er-Jahren durchbrachen Designer wie Rei Kawakubo, Yohji Yamamoto und Issey Miyake aus Japan die herkömmlichen Modedesigngrenzen, indem sie Asymmetrie, die Dekonstruktion traditioneller Schnitte, Lagen und vor allem die Nichtfarbe Schwarz einsetzten. Antidesign ist jedoch nicht ausschließlich von Farben geprägt. Es auch um Stil, Schnitte und die Darstellung der eigenen Persönlichkeit. Es ist eine alternative Herangehensweise an Mode, die Individualität und Selbstausdruck in den Vordergrund stellt und nicht in die gängigen Modestandards passt. Die Grenze zwischen Mainstream und Gegenbewegung bleibt letztlich unverändert. In einer konformistischen Gesellschaft suchen viele Menschen bewusst nach Möglichkeiten, sich von anderen abzuheben, und Kleidung bietet dafür eine ausgezeichnete Möglichkeit.

Auch diejenigen, die sich dem Anti-Fashion-Stil zuwenden, streben bewusst nach einem Unterschied in ihrer äußeren Erscheinung. Allerdings gehen sie dabei viel offener und experimentierfreudiger vor, auch wenn dies mit einem gewissen Preis verbunden sein kann. (23)

Cindy Sherman

Cindy Sherman gilt als eine der bedeutendsten Künstlerinnen der Gegenwart und ihre Werke erzielen auf dem Kunstmarkt Höchstpreise. Die Fotografin beschäftigt sich in ihren Arbeiten intensiv mit Rollenbildern und Identitäten und stellt sich dabei immer wieder selbst dar. Die Ausstellung in der Stuttgarter Staatsgalerie zeigte ausschließlich die kritische Auseinandersetzung Shermans mit der Modewelt, in enger Zusammenarbeit mit der Künstlerin selbst. Ihre Fotografien zeigen bewusst das Gegenteil von Glamour, Sex-Appeal und Eleganz, die man normalerweise mit der Modewelt sieht. Ihre provokanten Inszenierungen zielen darauf ab, die Verbindung zwischen Kunst und Mode infrage zu stellen. Cindy hat eine ambivalente Beziehung zur Mode, die sich bereits in ihrer Kindheit manifestierte, als sie sich in Kleider aus den 20er-Jahren ihrer Großmutter hüllte und die Kraft der Verkleidung entdeckte, die sich durch ihr gesamtes künstlerisches Schaffen zieht. Ihre Werke zeigen, wie Mode als Ausdrucksmittel genutzt werden kann, um gesellschaftliche Normen und Konventionen zu hinterfragen und alternative Identitäten zu erforschen. In ihrer neuesten Serie „Men“ setzt Cindy Sherman eine Aussage, indem sie sich in Männerrollen versetzt und männliche und weibliche Merkmale miteinander verschmelzen lässt. Mit dieser Serie konfrontiert die Künstlerin uns mit einer Männlichkeit, indem sie traditionelle Vorstellungen von Maskulinität infrage stellt. Die Outfits, die von den Männern getragen werden, spielen bewusst mit dem Konzept der Genderfluidität und Unisex-Produkten, die in der aktuellen Kunstszene eine immer bedeutendere Rolle einnehmen. (24)

(24) vgl. Swr: „Anti Fashion“ der US-Fotografin Cindy Sherman in der Stuttgarter Staatsgalerie, in: swr.online, 04.05.2023, https:// www.swr.de/swr2/ kunst-und-ausstellung/ anti-fashion-cindy-sherman-in-der-stuttgarter-staatsgalerie-100. html (abgerufen am 29.07.2023).

Abbildung 19: https://www.swr.de/swr2/ kunst-und-ausstellung/anti-fashion-cindy-sherman-in-der-stuttgarter-staatsgalerie-100.html

a

Die positive Seite des Anti-Designs liegt in seiner Fähigkeit, neue Richtungen zu erkunden und sich von konventionellen Normen zu befreien.  Dadurch eröffnet es innovative Designperspektiven und fördert die Vorstellungskraft. Anders als beim klassischen Design, das häufig die Realisierbarkeit im Auge behält, bietet es dem Anti-Design zuerst Raum für ungewöhnliche Ideen und Träume. Es besteht jedoch die Gefahr, dass Energie und Ressourcen in nicht umsetzbare Projekte fließen, anstatt in solche, die tatsächlich einen positi- ven Nutzen für die Gesellschaft bringen könnten.

Fazit Ausblick

In Anbetracht der zunehmenden Relevanz von Nachhaltigkeit und Umweltbewusstsein könnte das Konzept des Antidesigns eine verstärkte Fokussierung auf Minimalismus, natürliche Ressourcen und eine Gestaltung, die den Verbrauch von Ressourcen minimiert, erleben. Auch gäbe es die Möglichkeit in Zukunft mit Technologien wie Augmented Reality (AR) und Virtual Reality (VR) zu arbeiten. Hier könnten Designer eine Vielzahl neuer Optionen entdecken, um Antidesign-Konzepte auf interaktive und immersiver Weise zu gestalten.

23

Quellenverzeichnis:

Anti-Design für Sinnlichkeit und Schönheit • LICHT: 17.10.2017, https://lichtnet.de/news/2017/10/17/anti-design-fuer-sinnlichkeit-und-schoenheit/ (abgerufen am 29.07.2023).

Daniel: Die 7 Grafikdesign Trends für 2022, 21.10.2022, https://ekiwi.de/index.php/2964/die-7-grafikdesigntrends-fuer-2022/#7_Anti-Design (abgerufen am 29.07.2023).

deutschlandfunkkultur.de: Anti-Fashion - der politische Stoff, in: Deutschlandfunk Kultur, o. D., https://www. deutschlandfunkkultur.de/anti-fashion-der-politischestoff-100.html (abgerufen am 28.07.2023).

Erlhoff, Michael/Timothy Marshall: Wörterbuch Design: Begriffliche Perspektiven des Design, Basel, Schweiz: Walter de Gruyter, 05.10.2007. S. 281.

Erni, Peter: Die gute Form: eine Aktion des Schweizerischen Werkbundes: Dokumentation und Interpretationen, Baden, Deutschland: Lit Verlag, 01.01.1983. S. 5/6.

Eschbach, A: Die Geburt des Designs aus dem Geist der Poesie | NZZ. Neue Zürcher Zeitung: 15.08.2017, https:// www.nzz.ch/feuilleton/ettore-sottsass-und-das-anti-design-die-geburt-des-designs-aus-dem-geist-der-poesield.1310642 (abgerufen am 26.07.2023).

Frac Centre: o. D., https://www.frac-centre.fr/_en/ art-and-architecture-collection/rub/rubauthors-316. html?authID=11 (abgerufen am 30.07.2023).

Imam, James: Superstudio: the architects who dreamt of a future with no buildings, in: The New York Times, 16.02.2021, https://www.nytimes.com/2021/02/12/ arts/design/superstudio-civa.html (abgerufen am 29.07.2023).

Karin: FACHBEITRAG: Wie baut man Zukunft?, in: moderneREGIONAL, 05.05.2023, https://www.moderne-regional.de/fachbeitrag-archigram-und-co/. (abgerufen am 26.07.2023).

Levanier, Johnny/Johnny Levanier: Anti-Design: Das Anti-Regelbuch, das digitales Design neu definiert, in: 99designs, 26.08.2022, https://99designs.de/blog/ designgeschichte-stroemungen/anti-design/ (abgerufen am 25.07.2023).

Martinique, Elena: Anti-Design Movement - Aestheticism of the modern era | Widewalls, 15.06.2016, https://www. widewalls.ch/magazine/anti-design-italian-movement (abgerufen am 28.07.2023).

Medien Kunst Netz: Medien Kunst Netz | Archizoom: No Stop City, o. D., http://www.medienkunstnetz.de/werke/ no-stop-city/ (abgerufen am 30.07.2023).

Merin, Gili: AD Classics: The Plug-In City / Peter Cook, Archigram, in: ArchDaily, 24.08.2022, https://www. archdaily.com/399329/ad-classics-the-plug-in-city-peter-cook-archigram. (abgerufen am 27.07.2023).

Müller, Hans-Joachim: Zum 100. Geburtstag von Ettore Sottsass, in: DIE WELT, 17.08.2017, https://www.welt.de/ kultur/kunst/article167741125/Ettore-Sottsass-machtScherze-ueber-die-gute-Form.html (abgerufen am 29.07.2023).

No Stop City | Architectuul: in: Architectuul, o. D., https:// architectuul.com/architecture/no-stop-city (abgerufen am 30.07.2023).

Sechs Printdesign-Trends für die Marken von heute | Sappi Papers: in: Graphic Papers Europe, 04.04.2022, https://www.sappipapers.com/de/insights/marketingmix/druckdesign-verandert-marken (abgerufen am 26.07.2023).

Šuran, Oleg: The Radical Design Movement - SpeculativeEDU, in: SpeculativeEdu, 21.07.2020b, https://speculativeedu.eu/the-radical-design-movement/ (abgerufen am 29.07.2023).

Swr: „Anti Fashion“ der US-Fotografin Cindy Sherman in der Stuttgarter Staatsgalerie, in: swr.online, 04.05.2023, https://www.swr.de/swr2/kunst-und-ausstellung/anti-fashion-cindy-sherman-in-der-stuttgarterstaatsgalerie-100.html (abgerufen am 29.07.2023).

Superstudio | Architectuul: in: Architectuul, o. D., https:// architectuul.com/architect/superstudio (abgerufen am 30.07.2023).

Vitra Design Museum: Collection: in: Vitra Design Museum, o. D., http://collectiononline.design-museum.de/#/de/ person/5424?_k=amk7qt (abgerufen am 30.07.2023).

a Impressum:

Abbildungsverzeichnis:

Abbildung 1: https://designbote. com/ettore-sottsass-rebell-undpoet-14-07-24-09-2017/

Abbildung 2: https://owl.museumdigital.de/object/2088a

Abbildung 3: https://www.madeindesign.de/midsearch/result/?suggest=false&q=Ettore+Sottsass

Abbildung 4: https://www.madeindesign.de/midsearch/result/?suggest=false&q=Ettore+Sottsass

Abbildung 5: https://www.archigram.net/portfolio.html

Abbildung 6: https://www.archigram.net/portfolio.html

Abbildung 7: https://www.archigram.net/portfolio.html

Abbildung 8: https://architectuul. com/architect/archizoom-associati

Abbildung 9: https://architectuul. com/architect/archizoom-associati

Abbildung 10: http://www.medienkunstnetz.de/werke/no-stop-city/

Abbildung 11: https://socks-studio. com/2011/04/19/archizoom-associati-no-stop-city-internal-landscapes-1970/

Abbildung 12: https://socks-studio. com/2011/04/19/archizoom-associati-no-stop-city-internal-landscapes-1970/

Abbildung 13: https://www.pamono.de/designers/archizoom

Abbildung 14: https://www.pamono.de/designers/archizoom

Abbildung 15 : https://www.henx. at/filme/liebe-gruesse-aus-grazvon-superstudio/

Abbildung 16: https://www.theradicalproject.com/continuous-monument-1969/

Abbildung 17: https://www.theguardian.com/artanddesign/2021/ jan/21/building-big-as-world-superstudio-anarchist-architectswho-foresaw-rampant-expansion-saudi-arabia-linear-city

Abbildung 18: https://www.theguardian.com/artanddesign/2021/ jan/21/building-big-as-world-superstudio-anarchist-architectswho-foresaw-rampant-expansion-saudi-arabia-linear-city

Abbildung 19: https://www.swr.de/ swr2/kunst-und-ausstellung/antifashion-cindy-sherman-in-derstuttgarter-staatsgalerie-100. html

ISBN: 986-2-88-03848595-3

HERAUSGABE DURCH

Duale Hochschule Baden-Württemberg Ravensburg

Studiengang Mediendesign

Marktstraße 13-15

88212 Ravensburg

VERANTWORTLICH

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Anastasia Banzic

REDAKTION - KONZEPT

Sarah Amann

Anastasia Banzic

GESTALTUNG - KONZEPT

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