AWO Saarland - Durchblick

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Soziales Bewusstsein zeigen

Täglich für die Awo unterwegs

FSJ macht happy

25 Jahre UN-Kinderrechte

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Kochen, lernen lustig sein

Ausgabe 26 – Juli 2014

Die Arbeiterwohlfahrt an der Saar – ein Blick in die Geschichte Nach dem Ersten Weltkrieg gibt es in Deutschland vielfach unbeschreibliches Elend. Obdach- und Arbeitslosigkeit, Krankheiten und Alter und völlige Aussichtslosigkeit prägen den Alltag der meisten Menschen. Die Reichstagsabgeordnete Marie Juchacz gründet am 13. Dezember 1919 den Hauptausschuss der Arbeiterwohlfahrt als Arbeitsgemeinschaft der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands. Bis 1927 verdreifacht sich die Anzahl der AWO-Ortsgruppen im Saargebiet. Sie sind Orte der Selbsthilfe der Arbeiterschaft und kümmern sich um Kindererholungen, Schulspeisungen und Sammlungen für bedürftige Familien. Die Weltwirtschaftskrise ab 1929 verschärft das Elend der Menschen. AWO-Suppenküchen helfen Ihnen, über die Runden zu kommen.

Gründung der AWO im Saargebiet und Verbot 1935 durch das NS-Regime Angela Braun-Stratmann ist vom 17. Juli 1924 bis zum 15. Januar 1935 erste Vorsitzende der Arbeiterwohlfahrt Saarland. In der ersten Geschäftsstelle in der Saarbrücker Brauerstraße werden Ortsausschüsse gegründet, Volksspeisungen organisiert und Nähstuben eingerichtet. Finanziert werden die Hilfsaktionen durch Mittel aus der Wohlfahrtslotterie. Mit dem ansteigenden Elend vieler Menschen wächst auch die Anzahl der Ortsausschüsse und Hilfsprojekte. Innerhalb kürzes-

Liebe Leserin, lieber Leser,

Links: Eine der Nähstuben, wie sie nach Gründung der AWO im Saargebiet nach 1924 entstanden. Rechts: Fahrbaree Mittagstisch in den 70ern.

ter Zeit werden über 6000 Menschen im Saarland Mitglied der Arbeiterwohlfahrt. Die Geschäftsstelle in der Brauerstraße genügt schon bald den Anforderungen an die Selbsthilfeorganisation nicht mehr. 1930 zieht die Arbeiterwohlfahrt in die Hohenzollernstraße 45 um, wo noch heute der Sitz der AWO im Saarland ist. Das dem Völkerbund unterstehende Saargebiet bleibt bis 1935 von der Tyrannei des NS-Regimes verschont. Viele Menschen, darunter auch die Gründerin der Arbeiterwohlfahrt, Marie Juchacz, finden im Saarland Zuflucht. Sie gründet in der Saarbrücker Bahnhofstraße (heute in Höhe der Hausnummer 80) eine Fremdenpension, in der Emigranten Zuflucht erhalten.

Rückgliederung an das Deutsche Reich und Verbot der Arbeiterwohlfahrt Am 13. Januar 1935 wird das Saargebiet nach einer Volksabstimmung an das „Deutsche Reich“ zurückgegliedert. Die Arbeiterwohlfahrt wird von den Nazis aufgelöst und verboten. Die Hilfsangebote, die viele Menschen brauchen, kommen zum Erliegen. Viele Funktionäre der Arbeiterwohlfahrt flüchten in andere Länder um einer Verhaftung und der Tyrannei zu entgehen und ihr Leben zu retten oder halfen Mitgliedern, einen Weg ins Exil zu finden. Darunter auch Johanna Kirchner, nach der heute ein AWO-Seniorenzentrum in Saarbrücken-Malstatt benannt ist. Auch Angela Braun-Strat-

mann und Max Braun, ihr Ehemann, emigrieren nach Paris. Max Braun stirbt im März 1945 in England.

Wiederaufbau nach 1945 und Aufbau des modernen Wohlfahrtsverbandes Das Land liegt nach dem Zweiten Weltkrieg in Trümmern. Viele der Ortsvereine der Arbeiterwohlfahrt gründen sich nach der Rückkehr der Vorsitzenden, Angela Braun-Stratmann, neu und lindern das Leid, das über die Menschen ergeht. Die Geschäftsstelle in der Hohenzollernstraße übersteht den Krieg trotz schwerer Schäden. Nach der Instandsetzung durch viele freiwillige Helfer entstehen Ortsberatungsstellen und Fürsorgeprogramme

im Bereich der Alten-, Behinderten- und Jugendhilfe. Die AWO leistet einen wesentlichen Beitrag zum Wiederaufbau. In den darauffolgenden Jahrzehnten verdichtet sich das Netz an Hilfsangeboten für Menschen. Einrichtungen und Programme entstehen, die eine Teilhabe aller Menschen an unserer Gesellschaft zum Ziel haben – auch jener Menschen, die nicht am Wirtschaftswunder teilhaben können. Heute ist die AWO Saarland ein demokratischer, unparteiischer und konfessionsloser Verband, der mit über 13 000 Mitgliedern im Saarland Hilfe zur Selbsthilfe bietet. Hier wird Solidarität gelebt. Über 5000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind in über 300 Einrichtungen und Projekten tätig.

Hohenzollern-Kita von HTW und AWO eröffnet

Die Aufgaben und Werte sind geblieben

Reinhard Klimmt

Neunzig Jahre Arbeiterwohlfahrt an der Saar. Angela Braun – unterstützt von ihrem Ehemann Max – war die treibende Kraft bei der Gründung im Februar 1924 und folgerichtig die erste Vorsitzende. 1927 bestanden bereits 104 Ortsgruppen in allen Landesteilen des Saargebiets. Familienfürsorge, Betreuung von Alten, „Invaliden“ und Kindern waren schon damals Schwerpunkte der Arbeit.

Auf Initiative von Marie Juchacz war die Arbeiterwohlfahrt im Dezember 1919 als Arbeitsgemeinschaft der SPD gegründet worden. Heute ist die AWO ein unabhängiger Wohlfahrtsverband auf der Höhe der Zeit. Die Aufgaben sind geblieben, in anderer Gestalt und mit modernen Antworten. Geblieben sind auch die Werte, die weltanschaulichen Fundamente der Arbeit. Am 31. Juli 1914 wurde der Pazifist und Sozialistenführer Jean Jaures ermordet. Von ihm stammt der Satz: „Tradition heißt nicht die Asche bewahren, sondern die Flamme am Brennen zu halten.“

Mit einem bunten interkulturellen Fest ist die Kita Hohenzollern offiziell eröffnet worden. Die Einrichtung in der Hohenzollerstraße in Saarbrücken ist ein Gemeinschaftsprojekt der Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) Saar, der AWO Saarland und der WOGE Saar. Die Kita hat 20 Krippen- und 50 Kindergartenplätze und ist von montags bis freitags von sieben bis 18 Uhr geöffnet. Auch Kinder aus dem Stadtteil Alt-Saarbrücken werden hier betreut. Die Kita Hohenzollern ist die dritte betriebsnahe Kindertageeinrichtung, die von der AWO im Saarland geführt wird. „Bildung, Betreuung und attraktive Öffnungszeiten, die Familie und Beruf miteinander vereinbaren lassen, machen die Besonderheit dieser Kita aus“, sagte der AWOLandesvorsitzende Marcel Du-

Vor 90 Jahren ahnte noch niemand, dass sich die AWO zu dieser vielfältigen und leistungsfähigen Organisation entwickeln würde, wie wir sie heute kennen. Unsere AWO vertritt dabei eine faszinierende und zeitlose Idee. Die Idee von mehr Gerechtigkeit, Toleranz und Solidarität in einem Gemeinwesen, in dem sich jeder Mensch in Verantwortung für sich und die Gesellschaft frei entfalten kann. Menschen brauchen einander. An Orten, an denen soziale Beziehungen geknüpft werden und Leben in der Gemeinschaft außerhalb von Familie und Beruf erfahrbar wird. Die Arbeiterwohlfahrt ist eine offene und lebensnahe Organisation für bürgerschaftliches Engagement frei von religiösen Vorbehalten oder kulturellen Ressentiments. Haupt- und Ehrenamtliche können fachliche Entwicklungen anregen und damit Anwaltsfunktionen für Schwächere übernehmen. Diese Aufgabe ist unsere Verpflichtung, hierfür sind wir in dieser Gesellschaft unentbehrlich.

Die Kinder machten die Einweihungsfeier zu einem bunten und interkulturellen Fest.

bois vor zahlreichen Gästen. Auch Bildungsstaatssekretärin Andrea Becker, Regionalverbandsdirektor Peter Gillo und Bürgermeister Ralf Latz begrüßten die neue Einrichtung. Dass auch Kinder aus dem Stadtteil die Kita besuchen könnten, sei

Wenn wir auf die bewegten 90 Jahre der Arbeiterwohlfahrt an der Saar zurückblicken, so sind das 90 Jahre praktizierte Solidarität, 90 Jahre Einsatz für Frieden und soziale Gerechtigkeit. Die Flamme, die von Marie Juchacz entzündet, von Angela Braun an die Saar gebracht und von vielen Frauen und Männern gehütet wurde, brennt noch heute hell wie am ersten Tag.

Reinhard Klimmt Ministerpräsident des Saarlandes a.D. Der Historiker und ehemalige Ministerpräsident des Saarlandes hält die Festrede beim Festakt zum 90-jährigen Bestehen der AWO Saarland am Samstag, 19. Juli, 11 Uhr, in der Congresshalle Saarbrücken.

Aufgrund der besonderen politischen Situation des Saargebietes kommt es erst im Jahre 1924 zur Gründung der AWO Saar durch Angela Braun. Doch auch hier nimmt in kürzester Zeit die Zahl der Ortsvereine und offiziellen Hilfeeinrichtungen so zu, dass die AWO rasch zu einem nicht mehr wegzudenkenden sozialen Verband wird.

Bei der Schlüsselübergabe (von links): Wolrad Rommel, Ralf Latz, Rita Gindorf-Wagner, Peter Gillo, Martina Riedel, Marcel Dubois und Andrea Becker.

„ein Gewinn für alle“. „Mit der Kita Hohenzollern können wir mehr als eine qualitätsvolle und flexible Betreuungsmöglichkeit für die Kinder unserer Studierenden und unseres Personals hochschulnah anbieten“, sagte Rektor Wolrad Rommel. Der Studienbereich „Pädagogik und Kindheit“ arbeite intensiv mit der Kita-Leitung zusammen. „So entsteht ein Wissenstransfer, von dem beide profitieren“, so Rommel. Rita Gindorf-Wagner, Geschäftsführerin der WOGE Saar, übergab den Schlüssel an Kindergartenleiterin Martina Riedel. „Bund, Land, Regionalverband und Stadt Saarbrücken haben dieses Projekt gemeinsam gefördert. Die Zusammenarbeit funktionierte reibungslos“, lobte Wagner alle Beteiligten. Die WOGE Saar ist Eigentümer des Hauses, das insgesamt 3,6 Mio. Euro umgebaut wurde.

Unsere Verpflichtung bleibt aber auch, dass wir das Erbe unserer Gründerinnen bewahren und die AWO in Zukunft ein eigenständiger vitaler, vielfältiger und leistungsfähiger sozialer Verband bleibt. Das fordert von uns das verstärkte Engagement um das Profil und die Schwerpunkte unserer zukünftigen sozialen Arbeit. Ihr Marcel Dubois Landesvorsitzender

IMPRESSUM Herausgeber: AWO Landesverband Saarland e.V. (Öffentlichkeitsarbeit) Verantwortlich: Ines Reimann-Matheis Redaktion: Fred Eric Schmitt, Jürgen Nieser Layout/Prepress: m-content – MediaContentGroup, Saarbrücken Druck: Saarbrücker Zeitung Juli 2014


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Ausgabe 26 – Juli 2014

Menschen zusammenbringen und da sein, wo es brennt Wenn man sie fragt, wie viele Stunden sie in etwa in ihr ehrenamtliches Engagement bei der AWO Saarland investiere, dann winkt Ingrid Klauck lachend ab. „Lieber nicht“, meint sie. Die ehemalige Kaufmännische Angestellte der AWO-Geschäftsstelle in Saarlouis ist seit dem Jahr 2000 Vorsitzende im Ortsverein Siersburg. Seit 2002 ist die agile 71-Jährige im Ruhestand, kann sich also voll ihrem Hobby widmen, das sich AWO nennt. Die Menschen zusammenbringen, ihnen Kontakte untereinander ermöglichen, das ist eines der Hauptanliegen von Ingrid Klauck. Das ist ihr auch in Siersburg gelungen. In der AWO Begeg- Ingrid nungsstätte gegenüber Klauck dem Rathaus trifft man sich oft und gerne. Jeden Donnerstagnachmittag zum Beispiel. Dann gibt’s auch ein gemeinsames Abendessen. Und Samstagvormittags gibt’s Frühstück. Ganz wichtig ist es Ingrid Klauck auch, die Siersburger mit Handicap in die Gemeinschaft einzubeziehen. Die werden zum Geburtstag und zu Weihnachten besucht und erhalten immer ein

kleines Geldgeschenk. Traditionell gibt es das Karfreitags-Kässchmier-Essen und den AWO-Getränkestand bei Festen im Ort. Runde Geburtstage der Mitglieder werden ebenfalls ausgiebig gefeiert. Auch sonst ist man unternehmungslustig. Damit die Reisebusse bei Fahrten und Ausflügen voll werden und weil es mit Vielen mehr Spaß macht als mit Wenigen, tut sich Ingrid Klauck für die Fahrten mit anderen Ortsvereinen aus der Region zusammen. Ihren 170 Mitgliedern habe sie übrigens „Sterbeverbot“ erteilt, lacht sie. Nachdem sie sich durch ihre frühere Tätigkeit in der Geschäftsstelle bei den Ortsvereinen im ganzen Kreis bestens auskennt, übernimmt sie aushilfsweise überall dort die Führung, wo es gerade brennt. So etwa in Hostenbach oder in Schwalbach, wo sie neue Vorsitzende gesucht und gefunden hat.Den Saarwellinger Ortsverein leitet die stellvertretende Kreisvorsitzende derzeit noch kommissarisch. Außerdem arbeitet Ingrid Klauck im Landesvorstand mit. „Es macht einfach viel Spaß“.

Soziales Bewusstsein war ihm in die Wiege gelegt Kurt John (79), lange Vorsitzender und heute Ehrenvorsitzender des Ortsvereins im Ottweiler Stadtteil Steinbach, war schon einige Jahre in der AWO aktiv, bevor er ihr 1975 auch formell beitrat, um ein Vorstandsamt zu übernehmen. „In meiner Familie war es selbstverständlich, Sozialdemokrat und zugleich Mitglied der AWO zu sein“, erzählt der ehemalige Elektromechaniker bei Saarberg stolz. Sein Vater war einer der Mitbegründer der zunächst noch „illegalen“ SPD Anfang der 50er Jahre. Das Aufwachsen unter vier Geschwistern, der kommunalpolitisch aktive ältere Bruder - alles das Kurt hat ihn geprägt. Er wurde John Ortsvorsteher in Steinbach und auch als Knappschaftsältester stand bei ihm die Tür immer offen. Da lag es nahe, dass auch in der ehrenamtlichen Arbeit für die AWO die Hilfe für andere, besonders für sozial schwache Menschen, im Mittelpunkt stand. „Als ich zur AWO kam, waren wir etwa 50. Anfang der 90er Jahre waren wir 190. Heute zählt die

90 Jahre AWO Saarland – Die Ehrenamtlichen tagtäglich gerne für die AWO unterwegs Sie machen Besuche bei alten, kranken oder einsamen Menschen, veranstalten Feste und Basare zu Gunsten Notleidender, begleiten behinderte Menschen auf Behördengängen, organisieren Ferienfreizeiten für Kinder oder lesen in Schulen vor: Die Aufgaben, denen sich die Ehren-

amtlichen der AWO stellen, sind vielfältig. Und auch die Geselligkeit und der Kontakt untereinander kommen nicht zu kurz (siehe Fotos). Die rund 13 000 Mitglieder in den sieben Kreisverbänden und 120 Ortsvereinen der sind in der breiten Bevölkerung tief verwurzelt. Dadurch ist die AWO

Ein Mittler zwischen Haupt- und Ehrenamt Als Schnittstelle zwischen Hauptund Ehrenamt sieht sich Josef Wölfl, seit 2004 Vorsitzender des AWO-Kreisverbandes MerzigWadern. Damals hat er als relativ neues AWO-Mitglied die Geschicke des Kreisverbandes mit seinen vielen Ortsvereinen und zahlreichen Mitgliedern in die Hand genommen, und ist seitdem dabei geblieben. Trotz oder gerade wegen des ländlichen Umfeldes, gibt es im Grünen Kreis sehr rührige Ortsvereine. „So haben wir in der Stadt Merzig noch eine funktionierende Sterbekasse“, sagt Wölfl. Die Ortsvereine wirkten auch stark unterstützend in den Einrichtungen der AWO. Beispielsweise in den Seniorenzentren oder in den Josef Nunkircher Einrichtungen Wölfl für behinderte Menschen. In seinem Kreis gibt es sogar Ortsvereine wie den in Honzrath, der in einem Ort mit 1500 Einwohnern 350 Mitglieder auf die Beine bringt. Praktisch jeder Fünfte, ob Baby oder Senior, ist AWOMitglied. Wie geht das? „Wir haben starke Ortsvorsitzende, die die AWO hochhalten“, freut sich Wölfl. Eine gemeinsame Leistung ist beispielsweise die jährli-

che Ferienfreizeit für rund 80 Kinder. „Dafür brauchen wir 30 Helfer und Betreuer“, rechnet Wöfl vor. „Und das jeweils 14 Tage lang“. Die Helfer kommen aus dem gesamten Landkreis, genau wie diejenigen AWO-Ehrenamtlichen, die bei der „Saar-Pedal“ dafür sorgen, dass keiner hungern oder dürsten muss. Beim Kreisverband Merzig gibt es auch eine umfangreiche Beratung rund um die Rente. „Hier konnten wir schon oft vermittelnd eingreifen“, sagt Diplom-Kaufmann Wölfl. Vor allem denjenigen, die nicht so gut gestellt sind, gilt das Augenmerk des Kreisvorsitzenden und seiner Mitstreiter. So kommt es auch, dass der Kreisverband die Merziger Tafel regelmäßig mit vierstelligen Beträgen unterstützt. Das „Essen, Trinken, Schwätzchen halten“ hat Wölfl in den nunmehr 14 Jahren seines Saarländer-Daseins gut verinnerlicht. Beim Jahresabschlussessen im Heinrich-Albertz-Haus schafft er es regelmäßig, 80 Ehrenamtliche um einen Tisch zu versammeln. „Die Ortsvereine leben und stehen mit der Arbeit ihrer Vorstände“, weiß er.

Saarland als Wohlfahrtsorganisation immer an den konkreten sozialen Problemen der Menschen in unserem Land ausgerichtet. Einige der Ehrenamtlichen stellen wir Ihnen heute auf dieser Seite vor – stellvertretend für die Vielen, die tagtäglich gerne für die AWO unterwegs sind.

AWO Steinbach immerhin noch 120 Mitglieder“, berichtet John. Zum Glück habe man wiederholt junge Menschen nachziehen können. Zu einer festen Größe im Gemeinschaftsleben ist der Ortsverein spätestens seit dem Ankauf von „Schleppers Haus“ geworden. Die Begegnungsstätte ist heute praktisch der einzige Ort, an dem sich Senioren regelmäßig treffen und unterhalten können. Die Kinder im Dorf waren seit der Gründung des Ortsvereins immer eine besondere Zielgruppe. „Möglichst viele Kinder aus minderbemittelten Familien in Erholung zu schicken“ zitiert Kassierer Knut Franzisky (53) eines der frühen Ziele. Er ist mit dabei, zum bevorstehenden 50jährigen Jubiläum die Chronik der Steinbacher AWO zu schreiben. Kurt John freut sich, dass auch heute noch viel für die Kinder getan wird, beispielsweise mit dem alljährlichen Kindertheater oder dem Ostereiersuchen mit Quizwanderung rund um das Dorf am Karfreitag.

Wolfgang Gelff, ehemaliger Ar- tenschaften für Kinder von Hütbeitsdirektor bei Halberg-Guss ten-Mitarbeitern ausländischer und Vorsitzender des Ortsvereins Herkunft, Kinderfreizeiten und Brebach-Fechingen seit 2004, einiges mehr. Dann das Geselliweiß noch einiges davon, wie die ge, Zusammenhaltende wie etAWO nach dem Zweiten Welt- wa Ausflugsfahrten, Nähstube krieg wieder startete: „1947/48 oder Backstube. hat sie in einer Baracke auf dem Sehr beliebt sind auch die wöFriedhof in Brebach ihre erste chentlichen Kaffeenachmittage Bleibe gefunden“. mit selbst gebackenen Kuchen. Für den Nachwuchs war fürs „Wir haben sogar einen Männererste gesorgt, auch mit Unter- kochclub“, schmunzelt Gelff und schließt genießerisch die stützung der Gemeinde und der Halberger Hütte Augen. als größtem Arbeitgeber Für andere da sein, wenn am Platz. man gebraucht wird, und Zunächst hatte es in Breuntereinander zusammenhalten - das ist es, was bach und Fechingen noch zwei selbständige Ortsverfür Wolfgang Gelff heute eine gegeben. Die wurdie AWO ausmacht. Das den bald zusammengekann auch ein kleiner, legt. 1963 wurde eine Wolfgang rühriger Ortsverein wie der in Brebach-Fechinneue Schule gebaut. In der Gelff gen, wenn alle mit anpaalten Schule richteten sich die AWO und das Rote Kreuz ein. cken. Der Kindergarten zog ebenfalls Und welchen Wert hätte die hierher. Heute ist die 2013 kom- Nähe zu Frankreich, wenn man plett renovierte Begegnungs- sie nicht nutzte? Seit dem Jahr stätte Dreh- und Angelpunkt des 2009 treiben Gelff und seine Mitstreiter(innen) das Projekt „GeOrtsvereins. Gelff, Mitglied in der AWO seit nerationensolidarität“ voran, 1976, zeigt eine breite Palette an bei dem grenzüberschreitende Aktivitäten auf. Da ist zuerst das Kita-Besuche gefördert werden, sich Kümmern: Soziale Unter- „damit wir uns noch besser verstützung für Familien oder Pa- stehen“.

Bei ihnen dreht sich alles ums Alte Wasserwerk Für die AWO in Hassel tun sie vieles gemeinsam, daher treten sie auch ganz gerne im Duett auf: Elfriede Holweck (75) und ihre Tochter Gabi Junk. Elfriede Holweck hat 1997 den Vorsitz im Ortsverein übernommen, während ihre Tochter dort schon seit 1991 das Amt der Schriftführerin ausübte und dies auch heute noch tut. Mitglied in der AWO sind beide schon länger: Elfriede Holweck seit 1980, Gabi Junk seit 1984. Freunde und Bekannte haben sie geworben. „Unser Schwerpunkt ist die Altenarbeit“, berichtet Elfriede Holweck. Bei der AWO können sich die Älteren treffen, am Gemeinschaftsleben teilnehmen und Kontakt halten. „Bei uns fühlen sie sich wohl“, ergänzt Gabi Junk und zitiert eine Besucherin: „Bei euch ist es immer so schön. Was würden wir nur machen,

Füreinander da zu sein ist für sie ganz wichtig Viele Menschen setzen Maßstäbe im ehrenamtlichen Engagement. Eine von ihnen ist Waltraud Trauthwein aus Sulzbach. 1943 geboren, ist sie zusammen mit vier Geschwistern aufgewachsen.

Zusammenhalten und sich um andere kümmern

schusses Organisation und Öffentlichkeitsarbeit und arbeitet auch bei der AWO auf Bundesebene mit. Damit nicht genug. Seit 30 Jahren ist Trauthwein Presbyterin der evangelischen Kirchengemeinde, war lange stellvertretende Vorsitzende der SPD Sulzbach-Innenstadt, ist Mitglied im städtischen Seniorenausschuss und Fürsprecherin für die Bewohner im AWO-Seniorenzentrum. Für ihre Tatkraft wurde sie mit dem Bundesverdienstkreuz und der Bürgermedaille ausgezeichnet.

Das und die Zeit nach dem Krieg hat sie maßgeblich geprägt. Sie hat gelernt, wie wichtig es ist, dass einer für den anderen da ist. Nach der Schule hat sie zuerst Apothekenhelferin gelernt, später eine Ausbildung zur Heimerzieherin gemacht. Dann hat sie sechs Jahre lang im Zu ihren LieblingsprojekAWO-Wohnheim in Neuweiler gearbeitet. Nach ten gehören die Beteilider Geburt des vierten gung bei der Sulzbacher Kindes hat sie sich entKinderkarawane und schlossen, ihre Berufstä- Waltraud beim ökumenischen Martinsumzug sowie die tigkeit aufzugeben. Heu- Trauthwein te hat sie schon sechs Enalljährliche Ferienfreikel. zeit für Kinder. Und weil die ArSeit 1965 ist Waltraud Trauth- beit mit und für Migranten imwein AWO-Mitglied, seit 1969 mer wichtiger wird, hilft sie reengagiert sie sich im Ortsverein. gelmäßig mit, interkulturelle Seit 1992 ist sie Vorsitzende des Frauentreffen zu stemmen. Für AWO-Ortsvereins und seit 2000 die älteren Sulzbacher ist Walstellvertretende Vorsitzende traud Trauthwein ebenfalls gerdes Kreisverbandes Regional- ne da, beispielweise mit ihren verband Saarbrücken. Ausflugsfahrten, die für etwas Abwechslung und neue EindrüSie ist Vorsitzende des Fachaus- cke sorgen.

Elfriede Holweck und ihre Tochter Gabi Junk.

wenn wir die AWO nicht hätten“. Und da Liebe bekanntlich durch den Magen geht, ist man auch schnell bei den gemeinsamen Mittagessen, die es drei Mal im Jahr angeboten werden, mit Schweinebraten im Frühjahr, „Gefillden“ zum Tag der Deutschen Einheit am 3. Oktober, und Rindfleisch mit Meerrettich im November. Nicht zu vergessen die

Vorspeise: Echte Rindfleischsuppe mit Markklößchen. Darüber hinaus werden die Feste gefeiert wie sie fallen, mit vierzehntägigen Kaffeenachmittagen und einem Sahnehäubchen obendrauf an Fetten Donnerstag, Ostern, Erntedank oder Nikolaustag. Das alles hat auch viel mit Arbeit zu tun. Und mit dem Glück, im Alten Wasserwerk eine schmucke Begegnungsstätte und tollen Anziehungspunkt zu haben. 1987 hat es der Ortsverband erworben und mit großem Organisationstalent, hilfreichen Spenden und Zuschüssen sowie rund 11 000 Stunden eigener Arbeit zur Begegnungsstätte ausgebaut. Für sein hervorragendes ehrenamtliches Engagement hat der Ortsverein, der heute über 200 Mitglieder zählt, als einer der ersten den Lotte-Lemke-Preis des AWO Bundesverbandes erhalten.

Auf seine Ideen kann die AWO bauen „Du machst das!“, habe ein guter Freund zu ihm gesagt und ihm 2000 den Vorsitz des verwaisten AWO-Ortsvereins Stadtverband Saarlouis angetragen, erinnert sich Hans Martin. Der freiberufliche Architekt, damals noch nicht einmal Mitglied der AWO, hat nicht lange überlegt, sondern zugesagt. „Mitglied in der AWO war ich allerdings bereits in den 70ern, die Mitgliedschaft ist aber leider bei einem Umzug irgendwie durchs Raster gefallen“, sagt er. Gleich das erste Projekt, das sich Hans Martin vorgenommen hatte, wurde ein voller Erfolg. Die „AWO-Uhus“, alles Senioren im Alter von 70 bis weit über 90, treffen sich regelmäßig in der Senio- Hans renresidenz Saarlouis zu Martin Gesprächen, Bewegungsübungen, Spielen, Gedächtnistraining oder zu gemeinsamen Ausflügen. „Gerade in der Stadt haben vor allem ältere Menschen und besonders die mit nur kleinem Geldbeutel weniger soziale Kontakte“, weiß er. Deshalb lag ihm dieses Angebot am Herzen. Nach den Ferien wird ein weiteres Projekt starten, das Martin er-

funden hat. Das „Reparaturcafé“. „In unserer Gesellschaft landet viel zu viel auf dem Müll“, sagt er. „Das Reparatur-Café soll Anregung geben, nicht alles gleich wegzuwerfen, sondern es erst einmal mit einer Reparatur zu versuchen“. Das könnte, so stellt er sich vor, beim Knöpfe annähen beginnen und übers Flicken von Fahrradschläuchen bis hin zur Reparatur defekter Haushaltsgeräte gehen. Für das AWOReparaturcafé hat Martin ehrenamtlich tätige Experten aus vielen handwerklichen Bereichen und Berufen gefunden, so dass sachverständige Anleitung gewährleistet ist. „Das Tolle daran: Die bringen sogar ihr eigenes Werkzeug mit“, freut er sich. Neben dem Ortsverein Stadtverband Saarlouis leitet der 65-Jährige auch den Kreisverband Saarlouis. Hier sieht er seine Aufgabe vor allem darin, die Ortsvereine zu vernetzen. Das Kochteam des Kreisverbandes, dem Martins Ehefrau vorsteht, sorgt übrigens auch dafür, dass die Drachenbootfahrer beim Dillinger TAM TAM nicht hungern.


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Ausgabe 26 – Juli 2014


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Vielfach Hilfe in der Not geleistet – Fünf Jahre AWO-Saarland-Stiftung Eine positive Bilanz zog der Stiftungsrat der AWO-Saarland-Stiftung nach der Vorstellung des Jahresberichts 2013. So konnte im letzten Jahr dank zahlreicher Spenden wieder in 79 Fällen eine einmalige, individuelle Hilfe für Menschen in Not bewilligt werden; 49 dieser Hilfen davon betrafen Familien mit Kindern. In der Regel werden die Hilfen über eine Einrichtung der AWO beantragt, beispielsweise wenn in betreuten Familien das Geld für Kinderkleidung oder -möbel, Schulausstattung oder Ferienfreizeiten fehlte. Auch Zuschüsse zu medizinischen Hilfsmitteln sowie Fahrt- oder Heizkosten wurden in mehreren Fällen bewilligt und damit Familien vor noch größerer Not bewahrt. Zusätzlich leistete die

Notschlafstelle der AWO in 70 besonders akuten Fällen eine Direkthilfe in Form von Lebensmittelgutscheinen oder kleinen Geldbeträgen, beispielsweise wenn Menschen über das Wochenende oder am Monatsende nichts mehr zu essen hatten. Außerdem förderte die Stiftung 15 Projekte mit dem Ziel der verbesserten Teilhabe, Bildung und Gesundheit von sozial benachteiligten Kindern und Familien. Auch bezogen auf die Entwicklung der Stiftung seit ihrer Gründung im April 2009 konnte der Stiftungsrat eine positive Bilanz ziehen: Mit Hilfen im Gesamtwert von rund 155 000 Euro konnten bislang in 585 Fällen besonders benachteiligte Menschen im Saarland unterstützt und 63 Projekte gefördert werden.

25 Jahre UN-Kinderrechte – die AWO Saarland feiert mit In diesem Jahr feiern die UN-Kinderrechte 25. Geburtstag. Am 20. November 1989 verabschiedeten die Vereinten Nationen das Übereinkommen über die Rechte des Kindes und legten damit erstmals weltweite Standards zum Schutz von Kindern und deren Wertschätzung fest. Dabei geht es nicht nur um den Schutz vor Krieg, Verfolgung und Armut, sondern auch um das

Recht auf Gesundheit, Bildung, Spiel, Beteiligung oder Meinungsfreiheit von Kindern in aller Welt. Im Jubiläumsjahr greifen viele AWO-Einrichtungen und –Gliederungen das Thema gezielt auf und planendazu auch einige besondere Aktivitäten.

„FSJ macht happy!“ – AWO-Freiwillige ließen es noch einmal richtig krachen Zuerst brachten sie den Saal in der Kongresshalle zum Beben, dann stürmten sie im „Happy“Dance den Vorplatz der EuropaGalerie: 250 meist junge Teilnehmer am Freiwilligen Sozialen Jahr (FSJ) und Bundesfreiwilligendienst (BFD) bei der AWO im Saarland ließen es bei ihrer Jahresabschlussfeier gehörig krachen. Im überwiegend selbstgemachten Programm ließen sie ihr Freiwilligenjahr unter dem Motto „FSJ macht happy!“ humorvoll Revue passieren. Die Staatssekretärinnen Elke Ferner vom Bundesfamilienministerium und Gaby Schäfer vom saarländischen Sozialministerium als Mitveranstalter überreichten gemeinsam mit AWOLandesgeschäftsführer Karl Fischer die Teilnehmerurkunden. Die Freiwilligendienste seien eine einzige Erfolgsgeschichte und von besonderem Wert für die Gesellschaft, betonten die Politikerinnen in ihren Grußworten mit Blick auf 50 Jahre FSJ in der Bundesrepublik. „Solidarität ist ein tragendes

Zum Abschluss ließen sie es noch einmal richtig krachen: Absolventen beim „Happy“-Dance vor der Europa-Galerie.

Prinzip unserer Gesellschaft, und dem haben Sie sich durch ihr Engagement in besonderer Weise verpflichtet. Dafür gebührt ihnen Dank und Anerkennung“, so Staatsekretärin Ferner. Jungen Leuten gebe der Dienst oft auch Orientierung für den weiteren Lebensweg. Die Aufnahme einer Ausbildung in einem sozialen Beruf sei keine Seltenheit. Ferners Wunsch: Künftig noch mehr Menschen mit Migrationshinter-

grund für die Freiwilligendienste zu gewinnen. Lob auch von Gaby Schäfer. „Sie haben der Allgemeinheit ein Jahr Ihres Lebens geschenkt“. Der Dank gelte auch den Betreuern sowie der AWO für die Organisation und die Bereitstellung der Freiwilligenplätze. „Ich hoffe sehr, das FSJ und BFD als solide Pfeiler sozialer Arbeit in unserer Gesellschaft auch weiterhin gesicherten Bestand haben“, so die Staatssekretärin.

Kochen, lernen, lustig sein Jetzt anmelden für die Kinderferienfreizeit „Zwergenküche“ im AWO-Seniorenzentrum Ottweiler

Sich unterhalten, voneinander lernen, etwas Leckeres zubereiten und gemeinsam essen - das alles gibt es in der Ferienfreizeit „Zwergenküche“, die von Montag, 28. Juli, bis Freitag, 1. August, jeweils von 10 Uhr bis 13 Uhr, im Seniorenzentrum Ottweiler stattfindet. Teilnehmen können Jungen und Mädchen im Alter von acht bis elf Jahren aus Ottweiler und Umgebung, die In-

teresse am Kochen haben, experimentierfreudig sind und gerne Zeit zusammen mit älteren Menschen verbringen. „Bei uns können Kinder erfahren, wie sich aus gesunden Lebensmitteln leckeres Essen herstellen lässt. Unsere Bewohner steuern ihr Wissen und ihre Erfahrungen bei und es werden mit Spaß Rezepte ausprobiert“, erklärt Ehrenamtslotsin Christa

Den Veranstaltungskalender dazu finden Sie unter www.awo-saarland.de

In der Zwergenküche finden sich jung und alt zusammen.

Mossconi das Angebot an Kinder in Ottweiler und Umgebung. Das Essen soll dann gemeinsam an einem schön gedeckten Tisch verzehrt werden. „Hierbei lernen die Kinder auch Hygieneregeln, den Umgang mit Naturprodukten und wie man einen Tisch dekoriert“. Dazu werden unter Anleitung von ehrenamtlichen Kochpatinnen „Teams“ aus jeweils einem Kind und einer Bewohnerin oder einem Bewohner gebildet, Das Projekt wird in der Vor- und Nachbereitung und der Durchführung durch eine sozialpädagogische Fachkraft begleitet. „Wir wollen die Generationen zusammenbringen“, freut sich Mossconi schon auf die gemeinsame Woche, bei der man auch an einzelnen Tagen mitmachen kann. Für die Bewohner soll es eine lebhafte und freudige Erfahrung werden. Gesucht werden auch noch ehrenamtliche Helfer, die die Initiatoren bei diesem Angebot unterstützen. Informationen und Anmeldung: AWO-Seniorenzentrum Ottweiler Maria-Juchacz-Ring 70 66564 Ottweiler Tel. (0 68 24) 9 00 40 (Frau Öxler, Frau Colle, Frau Mossconi, Frau Thul).

Thema Kinderarmut: Kluge Sozialpolitik hat auch einen ökonomischen Wert „Wenn ich das Meer sehen will, kann ich auch ins Schwimmbad gehen.“ Dieser Satz eines Mädchens sei typisch für viele junge Menschen, die in Armut aufwachsen, sagt Petra Spoo-Ludwig vom Jugendamt des Regionalverbands Saarbrücken in ihrem „Zwischenruf“ anlässlich der jüngsten AWO-Fachtagung zur Kinderarmut. Trotziger Verzicht eines Jugendlichen auf etwas, von dem er denkt, dass er es ohnehin nicht erreichen wird? „Es fehlt der Glaube an die Möglichkeit, das eigene Leben aktiv zu gestalten“, so Spoo-Ludwig. Auch das muss sich ändern. Zum wiederholten Mal hatte die AWO die Kinderarmut in den Mittelpunkt einer Fachtagung gestellt, diesmal gemeinsam mit dem Regionalverband Saarbrücken. „Aufwachsen im Wohlergehen bei leeren Kassen, Chancengerechtigkeit gegen Kinderarmut“ hieß das Thema. 170 Fachkräfte aus Verwaltung, Politik und Familienhilfe waren gekom-

men um in Anbetracht der wachsenden Kinderarmut zusammen Lösungsmöglichkeiten zu suchen, um betroffenen Kindern trotz Armut reelle Chancen und Möglichkeiten zu bieten. Ja, es gibt sie, die Wege aus der Kinderarmut, sagt Professor Ronald Lutz von der Fachhochschule Erfurt: Indem man die „erschöpften Familien“ aus ihrem prekären Zustand herausholt und ihnen größere Entscheidungs- und Handlungsspielräume gibt. Die Kindheitsforscherin Sabine Andresen, Professorin an der Frankfurter Goethe-Universität und Mitautorin der „World Vision Kinderstudie“, betonte die Notwendigkeit, zukünftig stärker „kindzentriert“ zu intervenieren und zu forschen. Und ja, die Förderung junger in Armut aufwachsender Menschen rechnet sich. Das hat die Ökonomin und Soziologin Professor Uta Meier-Gräwe von der Universität Gießen nachgewiesen. „Es ist wichtig, den ökonomischen Wert

der Sozialpolitik zu bewerten, also die Ausgaben in der Jugendhilfe als Investition zu sehen.“ Laut Meier-Gräwe ergab eine amerikanische Langzeitstudie, dass jeder in ein Kind investierte Dollar im Lebensverlauf einen Rückfluss von 16 Dollar erbringt. Dabei gilt: Je früher Risiken und Benachteiligungen aufgefangen werden, umso besser. In Deutschland kostet eine frühe Intervention im Kindesalter bis zu drei Jahren im Durchschnitt 7200 Euro, im Kindergartenalter sind es bereits 400 000 Euro, bei Schulkindern entstehen Kosten in Höhe von oft mehr als eine Million Euro pro Fall im Lebensverlauf. Deshalb gelte es in der Politik nicht isoliert auf einen einzelnen Etat an einer Stelle zu blicken, sondern einen „Integrierten Sozialplan“ zu entwickeln, der auch den Output der Kinder im späteren Lebensverlauf berücksichtige. Dabei sei dann ein „Return of Investment“ von eins zu 40 keine Seltenheit, so die Ökonomin.

Landesgeschäftsführer Fischer verwies auf lehrreiche Erfahrungen. „Menschen, denen wir helfen, zeigen Dankbarkeit. Ihr Lächeln gibt den Beschäftigten in den sozialen Berufen die Bestätigung, dass wir das Richtige tun“. Für die AWO seien die Freiwilligendienste auch ein wichtiges Instrument, um spätere Mitarbeiter zu finden. Im Jahrgang 2013/2014 haben mehr als 290 Teilnehmer ein FSJ oder BFD bei der AWO Saarland oder in den Einrichtungen der AWO-Bezirksverbände Rheinland und Pfalz absolviert. Sie waren in der stationären Altenpflege, Behindertenhilfe, Kinderund Jugendhilfe, Kitas oder in sozialpsychiatrischen Einrichtungen eingesetzt. Dass Alter kein Hemmnis sein muss, bewies eindrucksvoll Alois Hugo Horn aus Völklingen. Auf die Frage von Moderator Kai Borchers, warum er sich in seinem Alter noch zu ein Freiwilligendienst entschieden habe, meinte Horn nur lächelnd: „Mit 66 Jahren fängt das Leben erst an!“

Vom Trotzalter in die Pubertät – Ein Leben in Übergängen „Erziehung heißt Kinder ins Leben zu begleiten mit Dankbarkeit, Demut und Humor“, schärfte Dr. Jan-Uwe Rogge in der St. Ingberter Stadthalle seinen Zuhörern ein. Etwa 700 Eltern und Erzieher waren gekommen, um sich von dem bekannten Familien- und Kommunikationsberater unterhaltsam und humorvoll ermutigen zu lassen, ihre Kinder mit mehr Gelassenheit und Freude beim Aufwachsen zu begleiten. Nach Ansicht von Rogge sind viele Eltern heute „hyperaktiv pädagogisch“, was Kindern den Raum für eigene Erfahrungen im Leben nimmt und zudem den Eltern viel Stress bereitet. Neben viel kabarettistischem Humor auch nachdenkliche Momente: Der Kommunikationsprofi erzählt Geschichten aus seiner Beratungspraxis, in denen sich viele Eltern wiedererkennen können. Jedes Kind sei einzigartig, so Rogge, und habe ein Recht darauf, auch dann geliebt und akzeptiert zu werden, wenn es einmal nicht im Sinne Eltern laufe. In solchen Phasen bräuchten Kinder die elterliche Zuwendung am meisten. Ob im Trotzalter oder in der Pubertät: Für die Eltern heiße es immer Ruhe zu bewahren und mit dem Kind in Beziehung zu bleiben. Die Veranstaltung wurde von den Familienhilfezentren im Saarpfalzkreis organisiert, einem Kooperationsprojekt des Saarpfalz-Kreises und des Sozialpädagogischen Netzwerks der AWO. Unterstützt wurde der Vortrag vom Bundesfamilienministerium, der Stadt St. Ingbert, dem Caritas-Zentrum Saarpfalz und der Buchhandlung Friedrich.

Mal kabarettistisch, mal sachlich ernst: Dr. Jan-Uwe Rogge hielt viel Lehrreiches für Eltern parat.


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