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Verhaltensansprüche und Fressverhalten
Kühe sind soziale, grasende, wiederkauende Tiere. Das Wiederkauen unterscheidet Kühe von anderen Tieren: Dank der Fermentation (Vergärung) im Pansen kann die Kuh Futter von geringem Nährwert in Lebensmittel hoher Qualität umwandeln – Milch und Fleisch.

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Die Anpassung Ihrer Fütterung, Unterbringung und Pflege an die Bedürfnisse und Eigenschaften der Kuh und ihr Verdauungssystem ermöglicht es Ihnen, Leistung, Gesundheit und Wohlbefinden zu optimieren. Dies führt zu Nachhaltigkeit und einem guten Verdienst.
Sozialverhalten und gemeinsames Fressen
Kühe fressen, liegen und laufen zusammen in Gruppen. Stress und Futterneid entstehen, wenn nicht alle Tiere einer Gruppe zur gleichen Zeit fressen können. Ein Tier, das nicht zur gleichen Zeit wie der Rest der Gruppe fressen kann, wird weniger und schneller fressen.
Durch das Fressen sichern Rinder Beziehungen und Dominanz in einer Gruppe. Dies wird gewöhnlich durch kurze, schnelle Signale demonstriert. Dominante Kühe machen klar, dass sie der Boss sind und rangniedere Kühe zeigen, dass sie wissen, wo ihr Platz ist. Genauso läuft dies auch bei den Tränken ab. Es ist essentiell für die Tiere.
Weidende Kühe füllen ihren Pansen mit Gras und legen sich dann an einen trockenen, sicheren Platz zum Wiederkauen. Sie machen alles in Gruppen, und alle Tiere einer Gruppe fressen und liegen zur gleichen Zeit.

Die Pansenflora macht die Speisekarte Pflanzliches Futter enthält viel Zellulose. Tiere können diese nicht verdauen, aber Mikroorganismen wie Bakterien können das. Wiederkäuer haben zwei Mägen, in denen Mikroorganismen das gefressene Futter aufspalten. Dieser Prozess ist die Fermentation, die Mägen werden Pansen und Netzmagen genannt. Die Mikroorganismen heißen in ihrer Gesamtheit Pansenflora.
Genügend Kauen
Ausreichendes Kauen, und insbesondere das Wiederkauen, sind Anzeichen einer gesunden Ration, in der der Strukturgehalt stimmt. Gutes Kauen sorgt für einen gesunden Pansen und ermöglicht eine hohe Pansenaktivität. Enthält das Futter zu wenig Struktur, treten mehr Verhaltensauffälligkeiten bei Kälbern wie gegenseitiges Besaugen von Euter und Nabel und Harntrinken auf, es werden Haarballen im Pansen gebildet. Bei älteren Kühen kann es zu Pansenstörungen, Magengeschwüren, Darmproblemen, Pica (Fressen von Nicht-Futtermitteln) und Durchfall führen.
Eine hochleistende laktierende Kuh kaut durchschnittlich für 14 bis 16 Stunden am Tag wieder. Bei einer Stallration frisst sie 4 bis 6 Stunden und kaut 9 bis 11 Stunden wieder. Bei 100 % Weidegang ist es ungefähr andersherum.
Einleitung: Verhaltensansprüche und Fressverhalten
Kühe brauchen Ruhe und Frieden Rinder behalten sich gegenseitig und die Umgebung im Auge, sie reagieren sofort auf mögliche Bedrohungen, auf das Verhalten von anderen Tieren und ungewöhnliche Situationen. Eine nervöse Kuh frisst schneller. Das bedeutet aber auch, dass sie weniger frisst. Zusätzlich bleibt sie stehen, anstelle sich hinzulegen. In einer entspannten Herde fressen alle Kühe ungezwungen, was in einer nervösen Herde nicht der Fall ist. Ruhe entsteht, wenn den Kühen ein Gefühl von Geborgenheit und Sicherheit gegeben wird. Nervosität kann recht einfach vorgebeugt werden, wenn sich jede Kuh sicher verhalten kann. Nervosität kann durch viele Dinge ausgelöst werden, wie z.B. Konflikte mit anderen Kühen, Angst vor Personen oder Geräten und unerwartete, furchteinflößende Ereignisse. Wenn es unmöglich ist, sich ausreichend lange hinzulegen, entsteht auch eine Menge Nervosität und Stress – dies passiert, wenn es nicht genug Liegeplätze gibt oder diese nicht komfortabel genug sind.
Laufen ist gesund
Kühe haben kein sehr großes Bedürfnis herumzulaufen, für ihre Vitalität ist es aber sehr förderlich. Haben sie genügend Platz zum Herumlaufen, so haben sie auch genügend Platz, um sich aus dem Weg zu gehen. In ihrem natürlichen Lebensraum laufen Kühe täglich 5 bis 15 km, abhängig von der Grasmenge und der Entfernung zum Wasser. In einem Boxenlaufstall läuft eine Kuh, die nicht in Brunst ist, 1,5 bis 2,5 km täglich.

Anatomie und Verdauungssystem, Überblick
Enddarm
• absorbiert Wasser, um Flüssigkeitsverlust zu verringern
After und Vagina
• Durchschnittlich
70 Liter Harn und Kot pro Tag mit 8-9 % Trockenmasse

Blinddarm, Dickdarm
• Darmflora fermentiert die verbliebenen Fasern und Nährstoffe
• Absorbieren flüchtige Fettsäuren und Wasser
Wasser und Speichel
Ungefähr 300 bis 400 Liter Wasser durchlaufen bei einer hochleistendenen HF-Kuh jeden Tag den Pansen. Das Futter enthält ungefähr 50 Liter Wasser. Eine Milchkuh nimmt 4-5 Liter Trinkwasser pro gefressenem Kilogramm Trockenmasse auf Das summiert sich auf 80 bis 120 Liter Wasser pro Tag bei einer Umgebungstemperatur unter 22-25 °C. Das Tier produziert 200 bis 250 Liter Speichel am Tag. Dieser Speichel: • feuchtet das Futter an und trägt zur Pansenfüllung bei
• beugt ein zu starkes Absinken des Pansen-pH vor • bringt Stickstoff (Harnstoff) zur Eiweißbildung in Umlauf, sowie Phosphor und Natrium Eine große Menge des Wassers aus dem Futterbrei wird im Blättermagen und Dickdarm wieder absorbiert. Kühe verlieren Wasser über ihre Milch, Harn und Kot sowie über die Atmung.
Bauchspeicheldrüse, Gallenblase, Dünndarm
• erhöhen pH-Wert
• fügen Verdauungsenzyme hinzu
• Dünndarm absorbiert Nährstoffe
Labmagen
• Fügt Magensäure und Enzyme hinzu
• Verdaut Pansenflora und andere Nährstoffe
• Absorbiert Nährstoffe
Die Hälfte ihres Speichels produziert die Kuh beim Kauen, die andere Hälfte wird kontinuierlich gebildet. Wenn eine Kuh nicht schlucken kann oder die Speiseröhre blockiert ist, beginnt der Speichel sofort aus dem Maul zu tropfen.
Öffnung des Blättermagens
• hemmt den Abfluss der Schwimmschicht und lässt verdautes
Futter durch
Der Pansen
• Zieht sich zusammen, um den Inhalt zu durchmischen
• Die Pansenflora spaltet das Futter für eigenen Energiebedarf und Wachstum auf, produziert flüchtige Fettsäuren
• Die Pansenwand absorbiert flüchtige Fettsäuren und Mineralstoffe. Flüchtige Fettsäuren decken 50-70 % des Energiebedarfs der Kuh. Panseninhalt: 180-200 Liter
Schlund, Speiseröhre
• Leiten das Futter in den Pansen
• Würgen das Futter zum Wiederk auen hoch. Futteraufnahme pro Tag: 15-23 kg Trockenmasse = 30-90 kg
Frischgewicht
Maul, Zunge, Zähne
• Zerkleinern und quetschen das Futter
Blättermagen
• Absorbier t eine große Menge an Wasser, flüchtigen Fettsäuren und bestimmten Mineralstoffen
• Pumpt den Futterbrei weiter
Nase, Augen, Zunge, Maul
• Wählen Futter aus und nehmen es auf
Netzmagen
• Würgt das Futter zum Wiederkauen hoch
• Pumpt den Panseninhalt herum und zum Blättermagen
Pansenflora und freie Fettsäuren als Nahrungsquelle Somit ernährt sich eine Kuh von der Pansenflora, den Rückständen aus der Fermentation und den Nährstoffen, die den Pansen und die Pansenflora durchlaufen. Flüchtige Fettsäuren bleiben bei der Fermentation von Kohlenhydraten (Zucker, Stärke, Zellulose) übrig. Die gesamte Produktion von flüchtigen Fettsäuren einer Milchkuh deckt 50-70 % ihres Energiebedarfs. Sie bekommt den Rest aus der Stärke im Dünndarm und aus Fett und Eiweiß. Der Futterbrei wird erneut im Blind- und Dickdarm fermentiert. Die dort produzierten flüchtigen Fettsäuren liefern 10-15 % ihres Energiebedarfs.
• Fügen Speichel hinzu (200-250 Liter/Tag)
Futteraufnahme:
• Beim Weidegang: 1 kg Trockenmasse pro Stunde

• Am Fressgitter: 1,5-2 kg Trockenmasse pro Futteraufnahme von ungefähr einer halben Stunde
Einleitung: Verhaltensansprüche und Fressverhalten
Kapitel 1
Fressen

Idealerweise sollten Kühe 12 identische Portionen über den Tag verteilt fressen. Sie sollten viel kauen und das Futter nicht selektieren. Das ist umso wichtiger, je mehr Milch sie produzieren. Damit die Kühe viele Portionen fressen und in Ruhe kauen können, müssen die Fressplätze leicht erreichbar sein und sie müssen ohne Stress fressen können. Das Futter muss immer schmackhaft sein, die Tatsache, dass sie oft (≥ 2x) gefüttert werden und das Futter nachgeschoben wird, bedeutet, dass sie niemals extrem große Portionen fressen. Neue Futtervorlagen regen die Kühe stets zum Fressen an. Um viel fressen zu können, müssen sie auch eine große Menge Wasser aufnehmen.
Kleine Portionen, viel Kauen
Eine Kuh sollte viele Portionen gleichmäßig über den Tag verteilt fressen. Auf diese Weise ist jede Portion klein, der Pansen bleibt voll und das Absinken des pH-Werts wird minimiert Bei guten Stallkonditionen fressen Milchkühe ungefähr 10-14 Portionen pro Tag Die höchstleistenden Tiere fressen 14 Mal am Tag
Eine Kuh frisst optimal, wenn:
• sie das schmackhafte Futter leicht erreicht
• sie sich nicht beeilen muss
• sie bequem fressen kann
• sie gesund ist, ohne Stress und Schmerzen
• sie Regelmäßigkeit und Routine hat
• sie zur gleichen Zeit wie die anderen Kühe fressen kann
Zusammen fressen, zusammen liegen
Eine Kuh, die nicht mit den anderen zusammen fressen kann wie der Rest der Gruppe, wird schneller fressen und häufig auch weniger Sie wird weniger liegen, was eine zusätzliche Belastung für ihre Klauen bedeutet Sofern immer genügend schmackhaftes Futter in der korrekten Zusammensetzung erreichbar ist, werden die Auswirkungen von zu wenigen Fressplätzen begrenzt. Aber wenn die Futtermenge begrenzt ist oder schwierig zu erreichen ist, oder wenn Kühe selektieren, dann werden sie beginnen, um die Rangordnung zu kämpfen, die schwächeren oder rangniederen Tiere werden leiden. Das resultiert in mehr Problemtieren, dies wiederum bedeutet mehr Arbeit für Sie, höhere Kosten und eine niedrigere Leistung. Dies hat den höchsten Einfluss auf Trockensteher und die Tiere, die am wenigsten leisten.
Mit zurückgelegten Ohren und einer leichten Kopfbewegung schickt die schwarze Kuh der weißen Kuh eine „drohende” Nachricht. Die weiße Kuh droht nicht zurück, sodass sie die dominante Position der schwarzen Kuh bestätigt. Die Bestätigung von sozialen Bindungen und Rangordnung ist ein wichtiger Teil der Futter- und Wasseraufnahme.
Tiere, die nicht zusammen mit der Hauptgruppe fressen, werden dann fressen, wenn die Hauptgruppe liegt. Sie werden schneller fressen, was mehr Pansenazidose und eine schlechtere Futterverwertung bedeutet. Sie fressen auch oft etwas weniger, was zu einem größerem Gewichtsverlust und Ketose führen kann.

Hauptsächlich verwendet die Kuh ihre Nase, um herauszufinden, ob das Futter schmackhaft ist –sprich: Sie riecht es.
Bilderrätsel
Was können Sie sehen und was sollten Sie machen?
Fressen einer Mischration
Wenn die Kühe nicht eine Mischung des gesamten Futters fressen, neigen sie dazu, zu schnell verdauliches Futter aufzunehmen. Das kann einen temporären pH-Wert Abfall im Pansen und eine zu schnelle Passage zum Dünndarm bedeuten. Spätere Portionen werden dann oft langsamer verdaut, da sie weniger schnell-verfügbare Energie und Eiweiß für die Pansenflora enthalten. Selektion erzeugt außerdem mehr Unruhe zwischen den Kühen, insbesondere wenn nicht alle Kühe zur gleichen Zeit fressen können.
Häufigeres Füttern, weniger Selektion
Häufigeres Füttern verringert oft das Auftreten von Selektion. Die Futterbestandteile werden schmackhafter bleiben, da die Kuh sie nicht mit Speichel kontaminiert und es tritt weniger Nacherwärmung auf. Kühe können keine großen Mengen an Konzentratfutter heraussuchen, wenn weniger Futter vorhanden ist. Die Zeitdauer, die Kühe zum Fressen zur Verfügung haben, hat keinen Einfluss auf die Selektion von Futter.
Soviel Trockenmasse wie möglich fressen
Ob eine Kuh die maximale Menge an Trockenmasse aufnimmt, wird bestimmt durch:
1. Die Verdaulichkeit der Ration.
Leichtverdauliches Futter verschwindet schneller aus dem Pansen.
2. Das Futtervolumen
Rationen, die sehr nass oder voluminös sind, wie Trockensteher-Rationen, eine Stallration mit weniger als 30 -35 % Trockenmasse oder tropfnasses Gras, wird den Pansen füllen, bevor die Kuh satt ist.

3. Der Geschmack des Futters
Gutschmeckendes Futter wird die Kuh nicht dazu verleiten, mehr zu fressen, aber nicht-gut schmeckendes Futter wird weniger gefressen. Die Versorgung mit frischem Futter verlockt die Kuh zu fressen.

4. Pansenprobleme, Krankheit und Schmerz
Alle Ursachen von Unbehagen, Stress und Furcht verringern die Futteraufnahme.
Diese Kuh steht mit zu weit nach vorne gestellten Hinterbeinen. Außerdem zeigen sie nach außen und es sieht so aus, als würde sie den rechten Hinterfuß nicht belasten. Dies sind Klauensignale, die deutlich auf Sohlenblutungen (Klauenrehe) hindeuten.
Zugrundeliegende Ursachen sind Pansenazidose und starker Gewichtsverlust (verringerte Klauenhornqualität) im Zusammenhang mit unbequemen Liegeboxen und langen Stehzeiten. Behandeln Sie die Kuh und nehmen Sie die Ursachen in Angriff.