Ken Adam’s ausgehöhlter Vulkan: Das Pantheon der Filmarchitektur

Ken Adam’s ausgehöhlter Vulkan Das Pantheon der Filmarchitektur «If I give you a million dollars can you make it real?»

Eine Hommage und Retrospektive von Roland Hasler

And I said yes. Then my worries started.

(Ken Adam’s Reaktion auf das Angebot des Produzenten)

assistiert durch Marcel Bächtiger

© 2016 Eingereicht an Ken Adam’s 95. Geburtstag.

Wahlfacharbeit Film & Architektur, HS 2015 Professur Annette Gigon / Mike Guyer Departement Architektur, ETH Zürich

Inhalt EinfĂźhrung

Die Erklärung eines Genies.________________________________________________ 5

Vorgeschichte

Wie baut man einen Vulkan?______________________________________________ 14

Der Film

30 Minuten auf Celluloid._________________________________________________ 30

Kontextanalyse

Der Vulkan als Bauwerk seiner Zeit.________________________________________44

Einflussanalyse

Der Vulkan wird referenziert.______________________________________________ 56

Fazit

Das Pantheon der Filmarchitektur._________________________________________ 66

Verzeichnis

Quellen_______________________________________________________________ 76

Einführung Die Erklärung eines Genies.

Fällt bei einer Diskussion der Name «James Bond», werden die unterschiedlichsten Assoziationen hervorgerufen. Dass unter den Architekten bald einmal das Bild eines modernistischen Set-Designs erscheint, darf einer einzelnen Person verdankt werden.

Ken Adam’s Weg zum Film Dass Ken Adam’s Karriere diesen Lauf nahm, muss als Zufall (oder Schicksal) betitelt werden. Geboren als Klaus Hugo Adam in Berlin, musste er mit seiner Familie aufgrund der jüdischen Abstammung in den 1930ern nach England flüchten.1 Ein Gast in der Pension, die seine Mutter von nun an betrieb, war der Kameramann Gabor Pogany, der den jungen Klaus eines Tages mit in das Filmstudio mitnahm, wo er den Filmarchitekten Vincent Korda kennen lernte.2 «Ich war sehr beeindruckt von diesen Kulissen und ich glaube, es war an diesem Tag, dass ich beschloss, für den Film zu arbeiten.»3 Zunächst schrieb er sich jedoch als Abend-Student an der Bartlett School of Architecture ein, wie ihm Korda dies empfohlen hatte.4 Obwohl Adam’s Onkel Architekt war, scheint ihn dies nicht beeinflusst zu haben – ganz ihm Gegensatz zu seiner Berliner Kindheit mit der Bauhaus-Architektur: «Ich glaub schon, dass ich mich noch in Berlin für moderne Architektur interessiert habe. Ich sah das Shell-Haus wachsen und kannte ein wenig die Arbeiten von Mendelsohn und Gropius.»5 Zeitgleich arbeitete er im Architekturbüro C.W. Glover & Partners, wo er auch unter dem Einfluss des MARS-Mitgliedes Quine-Lay stand.6 Diese Bekanntschaft mit dem progressiven Mendelsohn-Jünger war ein willkommener Kontrast zum konservativen Leitbild der Architekturschule.7 Nach dem Zweiten Weltkrieg (mit gefährlichen Einsätzen als Kampfpilot) wollte Ken Adam ins Filmgeschäft einsteigen.8 Geklappt hat der Sprung allerdings erst, als seine Schwester ihm einen Job verhandeln konnte.9 Von nun an (auch da er für die Filmarchi5

tekten Andy Massey und Oliver Messel arbeitete und unter dem Einfluss von Regisseur und Production Designer William Cameron Menzies stand) nahm seine Karriere ihren würdigen Verlauf (auch mit Kurzeinsätzen als Innenarchitekt) und es ist nicht verwunderlich, dass Produzent Albert R. «Cubby» Broccoli nach der gelungenen Zusammenarbeit für The Trials of Oscar Wilde (1960) darauf bestand, Ken Adam das Production Design für seinen nächsten Film anzubieten.10 Es war dies Dr. No (1962), der erste Film der James-Bond-Reihe, und der Beginn einer neuen Schaffensperiode.

Filmbauten für die James-Bond-Filme Mitunter waren es glückliche Begebenheiten, die den Production Designer zur ikonischen Formensprache führen liess. So wurde ihm von den Produzenten sogleich grosse Freiheiten zugestanden, auch, weil niemand eine genaue Idee hatte, wie die Sets aussehen sollten.11 «So hatte ich die Chance, meiner Phantasie freien Lauf zu lassen und eine «larger-than-life»-Atmosphäre mit ironischen Einschüben zu kreieren, als eine Art Reflexion über unser technologisches Zeitalter und auch die Zukunft», so Adam in einem Vortrag.12 Und weiter: «Der unerwartet grosse Erfolgt von Dr. No machte ihn zum Arbeitsmodell für alle künftigen Bondfilme. Ich hatte den Stil gewissermassen erfunden.»13 Es war zudem ein Zusammenspiel sowohl der Romanvorlage (die für Dr. No’s Wohnzimmer bereits einen extravaganten Raum vorsah), Adam’s befreitem Entwerfen dank dem Flo-Master-Stift als auch schlicht seinem Genie (d.h. Sinn für Stil, Zeit und Wirkung).14 Oftmals wird ein Ken-Adam-Design durch seinen Modernismus gekennzeichnet. Es war dies sein Versuch, die Sets als «Bild unserer Zeit» zu gestalten und anstatt eines «Kitchen-Sink-Realism» das Dekor leicht futuristisch wirken zu lassen.15 Besonders bei Dr. No sind dabei Parallelen zur amerikanischen Moderne von Frank Lloyd Wright augenscheinlich, besonders durch Dachschrägen und der Integration von Naturelementen.

Das modernistische Interieur des Kontrahenten zeugt somit von einem Stilbewusstsein des Nemesis und soll auf eine kulturelle Obermacht hinweisen, die das Böse noch mächtiger und bedrohlicher darstellen lässt.

Der Modernismus als Zeichen der Architektur der Macht zog sich über die nächsten Filme hin. Oft kam dabei das runde Oberlicht zum Einsatz, das im Tarantula Room von Dr. No unter Zeitdruck und aus Improvisation heraus entstanden ist.16 Diese Zeichensprache wurde auch in Filmen ausserhalb der Serie angewandt.17 Doch es ist nicht bloss die moderne Zeichensprache, auch nicht die Frank-Lloyd-Wright’sche Verbindung mit 6

#001 Ken Adam’s Skizze für den Tarantula Room aus Dr. No (1962)

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#002  Ken Adam im War Room aus Dr. Strangelove (1964)

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Elementen der Natur, die seine Sets in Erinnerung bleiben lassen. Es war stets eine einprägende Einfachheit einer Idee vorhanden, die jedoch nie plump wirkte. Häufig war die Schlichtheit der Filmkulisse mit einem Überraschungseffekt gekoppelt, da vieles versteckt und mobil war. Verbunden mit einem futuristischen Touch blieben diese Bilder in unsere Erinnerung. Ken Adam gelang es so, uns Neuartiges zu zeigen. «Die Realität nur nachzubilden, fand ich immer schon langweilig, man muss über sie hinausgehen. […] Die Zuschauer wollen entführt werden, die Wirklichkeit vergessen, vor allem in den Zeiten grosser Krisen.»18 Ihm gelang es jedoch, trotz seiner Eigenkreation plausibel zu bleiben. Er hat dabei eine eigene Realität erschaffen.

Die eigene Realität Dass Ken Adam’s Arbeiten von den Kinobesuchern für real gehalten wurden, beweisen etliche Geschichten. Eine hübsche Anekdote erzählt von hunderten Briefen, welche das Studio United Artists nach dem Kinohit Goldfinger (1964) erhielt. Der Film spielt im amerikanischen Fort Knox und Ken Adam’s Set-Design der zentralen Depothallen mit all den aufbewahrten Goldbarren kam (obschon völlig unrealistisch) so glaubwürdig rüber, dass aufgebrachte Bürger reklamierten, weshalb es denn einer britischen Filmcrew erlaubt würde, im Innern jenes Ortes zu drehen, zu dem sogar dem U.S.-Präsidenten Einlass verweigert wird.19 Bereits ein Klassiker ist die Frage Ronald Reagan’s nach seinem Amtsantritt als 40.

Präsident der Vereinigten Staaten 1981. Er wollte nämlich den War-Room sehen, den er doch von Dr. Strangelove or: How I Learned to Stop Worrying and Love the Bomb (1964) kannte.20 Adam gelang es, die Zuschauer von seiner Realität zu überzeugen. Meist gestaltete er seine Designs so glaubwürdig, dass wir uns gar keine Alternativen vorstellen können. Er kreierte so eine neue Wahrnehmung und eine neue Erwartungshaltung, besonders für die Geheimverstecke der Mächtigen. Ken Adam hat so mit seinen Designs die Realität beeinflusst oder gar eine neue geschaffen.

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Ziel der Arbeit Ziel dieser Arbeit ist es dann auch, dieser neuen Realität Tribut zu zollen. Es ist dies eine Retrospektive wie auch eine Hommage an eines der einprägsamsten Sets der Filmgeschichte, das auch 50 Jahre nach ihrer Entstehung noch zu faszinieren vermag.

Vielleicht ist es auch ein Versuch, das Genie zu verstehen. Wie schon Stanley Kubrick versuchte, dem Meister beim Zeichnen zuzusehen und jede Technik als Zeichen der Entwurfsweise zu interpretieren, starte auch ich einen Versuch, Ken Adam zu «erklären».

Zwar gibt es schon mehr Bücher über ihn als über manchen Architekten, und auch ich werde beim Versuch scheitern, ein Gesamtbild abzugeben. Doch wo meine Vorgänger sein Schaffen hauptsächlich mit seinen eigenen Illustrationen repräsentierten, werde ich den Kontext der Entstehung im damaligen Zeitgeist und den vorherrschenden Architekturströmungen stärker gewichten.

Ich werde mich bewusst nur auf ein Werk beschränken. Dass es sich dabei um den ausgehöhlten Vulkan aus You Only Live Twice (1967) handelt, ist kein Zufall. Denn diese Arbeit widmet sich dem Set, von dem selbst Ken Adam sagte: «I no longer considered this to be treated like a film set – this was architecture.»21 Ich stelle die These auf, dass das beschriebene Set die Stellung in der Filmarchitektur besitzt, die das Pantheon in der Architekturgeschichte einnimmt. Zuerst werde ich erklären, wie es überhaupt zu dieser Filmset-Idee kam und was die Grundlagen der Geschichte waren. Nachdem ich anhand der Handlung des Filmes die typischen Elemente aufgezeigt habe, wage ich mich an eine stilistische Einordnung. Zuletzt soll schliesslich noch gezeigt werden, welche Auswirkungen diese eine Filmkulisse ausübte und wie spürbar der Einfluss auch heute noch ist.

Die vorliegende Arbeit soll so eine Monographie dieses eindrücklichen Bauwerkes bilden. Dem Leser soll es als Grundlage dienen, auf das Schaffen des Production Designers Ken Adam eigene Schlüsse zu ziehen.

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#003 Architektur für das Spektakel: Ken Adam’s ausgehöhlter Vulkan.

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Verweise 1 Adam 2000, p.128 2 Berger 1994, p.34 3 Smoltczyk 2002, p.56 4 Adam 2000, p.128 und Frayling 2005, p.16 5 Adam 2000, p.126 und Smoltczyk 2002, p.48f 6 Frayling 2005, p.17 7 Harries 2007, p.241 8 Smoltczyk 2002, p.59ff 9 Harries 2007, p.241 10 Kissling-Koch, p.14 und Berger 1994, p.38 11 Bechtler 2009, p.29 und Frayling in Cinema Retro Mai 2005, p.13 12 Adam 2000, p.134 13 Adam 2000, p.134 14 Fleming 1958, p.202 und Smoltczyk 2002, p.83 15 Berger 1995, p.26 16 Frayling 2005, p.99 17 Critton 2010 18 http://www.spiegel.de/kultur/kino/james-bondset-designer-kinemathek-berlin-stellt-kenadam-aus-a-1007165.html (24.01.2016) 19 Frayling 2005, p.139f 20 Frayling 2005, p.111 21 Obrist 2007, p.VII

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Bilder #001 Ken Adam Archiv #002 SK Film Archives LLC #003 ZUMA Press, Inc

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Vorgeschichte Wie baut man einen Vulkan?

Locationsuche in Japan Nach den gigantischen Erfolgen von Goldfinger und Thunderball war die Messlatte für einen neuen Film extrem hoch. Die «Bond-Mania» war in vollem Gange. In den Mitt60er-Jahren erschienen hunderte Spionage-Filme, viele mit einem ähnlichen Konzept wie die James-Bond-Filme.1 Mit einer fremden Verfilmung von Casino Royale drohte sogar direkte Konkurrenz. Dem mussten die Produzenten mit noch mehr Spektakel die Stirn bieten. Weshalb die Geschichte von You Only Live Twice dafür ausgesucht wurde, ist nicht genau überliefert.2 Macher und Autoren waren sich sogar einig, dass sich der Plot nicht für einen Film eignen würde.3 Wahrscheinlich gab der Schauplatz von Japan den Ausschlag, da jenes fernöstliche Land in Technologie und Mode «en vogue» war – nicht auch zuletzt durch die modernen Architekturströmungen, die mit dem Metabolismus einen Aufschwung erlebte (siehe Kapitel Kontextanalyse).

Im Februar 1966 zogen die Filmemacher nach Japan, um nach Drehorten zu suchen.

Die Truppe (bestehend aus den Produzenten Cubby Broccoli und Harry Saltzman, Regisseur Lewis Gilbert, Kameramann Freddie Young, Autor Harold Bloom, Titel-Designer Maurice Binder und Production Designer Ken Adam) wurde schnell fündig für die Locations in Tokyo und Kyoto.4 Doch die von Fleming beschriebene Burg an der Meeresküste liess sich nicht finden. Ken Adam erinnert sich: «So we decided that we chartered two helicopters. We covered literally two thirds of Japan in about three weeks. Flying seven miles every day.»5 Japanische Burgen wurden aufgrund der stetig lauernden Taifungefahr allerdings nie in der Nähe der Meeresküste gebaut.6 Obschon Ian Fleming zweimal in Japan war und die meisten seiner beschrieben Settings sehr akkurat wiedergab, scheint er sich hier komplett auf seine Fantasie verlassen zu haben.7 14

#001  Ken Adam auf Locationsuche 15

#002  Besprechung des Filmteams (v.l.n.r): Kameramann Freddie Young, Cubby Broccoli, DokumentarFilmer Alan Whicker (stehend), Harry Saltzman, Regisseur Lewis Gilbert und Ken Adam.

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Die Idee des Geheimversteckes Somit war es eigentlich nur förderlich, dass zu diesem Zeitpunkt noch gar kein Drehbuch vorhanden war und man sich deshalb nicht auf ein Szenario festlegen musste.

Jegliche Ideen waren willkommen und wurden schlussendlich durch den neuen Drehbuchautor Roald Dahl in das Skript integriert. Gesucht wurde lediglich ein Schauplatz für den Showdown zwischen Bond und seinem Widersacher – Ernst Stavro Blofeld. Im Roman von 1964 bewohnte dieser eine Burg an der japanischen Meeresküste. Zur Burg gehörte auch ein «Garten des Todes», der mit einer tödlichen Flora und Fauna ausgestattet war. Bereits in der Vorlage wird angedeutet, dass sich die Lokalität in einem vulkanischen Gebiet befindet.8 So war es dann auch inspirierend, als Ken Adam zusammen mit Lewis Gilbert im Helikopter über die südliche Insel Kyushu flog und dort eine Vulkanlandschaft vorfand.

Die fünf aktiven Vulkane der Kirishimayama-Gruppe mit ihren zahlreichen Kratern erinnerten Adam an eine Mondlandschaft.9 Der zweithöchste Gipfel – der Shinmoedake – war besonders prägnant, war sein Kraterboden doch mit einem See gefüllt. «I thought, wouldn’t it be interesting if Blofeld lived underneath a crater lake. I started thinking, how am I going to build that? But it stimulated me and I started sketching. Cubby looked at the sketches and asked how much it was going to cost and I had no idea.»10 Doch Cubby wäre nicht der erfolgreiche Produzent, hätte er in dieser Idee nicht das Potential gesehen, dem Film einen Clou zu verpassen.11 Also offerierte er zum Bau des Sets eine Million Dollar, was das projektierte Budget von Dr. No übertraf und über einen Zehntel des Gesamtbudgets des aktuellen Filmes ausmachte.12

Der Entwurf des Vulkans Von der Idee des Sets in Japan bis zum Baubeginn in England vergingen lediglich drei Monate. Es muss sich dabei um eine ziemlich geradlinige Entwurfsarbeit gehandelt haben, sodass auch nur eine einzelne verworfene Idee bekannt ist: In einem frühen Stadium beherbergte das Innere des Vulkans nämlich noch eine Gartenanlage, wie sie in der Romanvorlage der Burg zu Füssen lag. Eine Reduktion dieser Idee findet sich im Piranhabecken.

Die massgebenden Skizzen entstanden dann auf einem Boot in Südfrankreich. Adam’s Frau Letizia erinnert sich: «Ken machte kleine Skizzen, und ich sah, wie er fand, wonach er suchte. Genaugenommen habe ich es gefunden, denn Ken wirft die Zeichnungen 17

hin, und ich hebe sie auf. Diese Skizzen sind klein und einfach, aber sie enthalten schon alles.»13 Durch den Zeitdruck (der Kinostarttermin stand bereits fest und Sean Connery’s Vertrag lief Ende Jahr aus) war es auch gar nicht möglich, viele weitere Varianten zu entwickeln oder sich alternative Drehmöglichkeiten auszudenken.14 «Deswegen haben sie mir ja eine Million Dollar gegeben, um den Set zu bauen. Da bleibt einem nicht viel Zeit, um über Modelle und dieses oder jenes nachzudenken.

Ausserdem entwickelte sich der Set zum zentralen Angelpunkt der Handlung. Als ich die Modelle für die Sets anfertigte, kamen der Drehbuchautor, der Regisseur, der Produzent und legten die Handlung fest…»15 Der Aufgabenbereich des Production Designers überschritt hier also das blosse Entwerfen der Filmsets. Seine Arbeit beeinflusste die Filmhandlung grundlegend, aus ihr entwickelte sich sogar die ganze Geschichte.

#003 Die verworfene Idee mit dem gartenähnlichen Innenleben der Vulkanhalle.

#004 Der Production Designer erklärt ein Modell.

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#005  Die finale Entwurfszeichnung von Ken Adam. Hier war der Helikopterlandeplatz noch nicht mobil.

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#006  Ken Adam ßberwacht die Bauarbeiten des Rocket Complex.

Rechts im Hintergrund ist der Control Room ersichtlich.

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Der Bau in den Pinewood Studios «Die Grösse hat mir nie Angst gemacht, auch der Vulkan nicht, der das grösste je in diesem Land gebaute Filmset war. Es musste gross sein. Und wenn mich die Leute fragen, warum ich nicht ein Modell verwendet habe, sage ich ihnen, dass wir dann nicht […] Stunt-Männer in den Krater hätten abseilen können. Die Leute erinnern sich an diese Szene. Und dann einen echten Helikopter über den künstlichen Kratersee fliegen zu lassen. Es war einfach aufregend etwas Lebensechtes zu bauen.»16 Ken Adam und sein Team fertigten 379 Zeichnungen an und bauten drei Modelle im Masstab 1:192, 1:96 und 1:48.17 Doch noch stand der Production Designer vor dem ungelösten Problem der Realisierung dieses Bauwerkes. Schliesslich war jede Studiohalle zu klein für dieses Vorhaben und die Erfahrung im Bau von ausgehöhlten Vulkanen verständlicherweise inexistent. Auch die um Rat gebotenen Ingenieur-Firmen konnten keine zufriedenstellende Auskunft geben: «Wenn wir das Empire State Building in New York bauen sollen, wissen wir, was das kostet. Aber hier handelt es sich um einen Fiberglas-See von 20 Meter Durchmesser. Und das Ganze 40 Meter hoch, obendrein schief, und der See soll sich auch noch öffnen lassen…»18 Durch den Stress und die Ungewissheit plagten ihn am ganzen Körper Ekzeme, worauf der Dermatologe Valium empfahl.

«Ich hatte vor allem Angst vor dem totalen Absturz. Ich wusste: Gebe ich die Million Dollar aus und es funktioniert, bin ich ein Held. Funktioniert es nicht, bekomme ich nie wieder einen Auftrag.»18 Daneben plagten ihn Selbstzweifel, ob er diesmal nicht zu weit gegangen sei.19 Im Rückblick musste er zugestehen, dass er zu dieser Zeit wohl etwas verrückt gewesen sei.20 Schlussendlich konnte er sich aber auf sein vertrautes Team verlassen, insbesondere Construction Manager Ronnie Udell, der das Team der Delta-Doric Construction Company leitete.21 So war es schliesslich möglich, vom 11. Mai bis zum 1. November 1966 das Vulkan-Set auf dem Gelände der Pinewood Studios hochzuziehen.22 Eigentlich wurden dabei zwei Sets gebaut: Das Innere des Vulkans (der Rocket Complex) inkorporierte dabei auch den Control Room der Raketenbasis, der wirklich in der Felswand hing. Blofeld’s anliegende Wohnung (genannt Apartment) wiederum wurde in einer regulären Studiohalle (der Stage E) vollendet. Wahrscheinlich waren das Gefängnis im Berginnern sowie der Höhlenausgang ebenfalls separate Sets. (siehe Kapitel Der Film) Die Breite der Vulkanhalle wurden zwischenzeitlich auf Wunsch des Regisseurs nochmals verlängert, damit auch eine Totale des Raumes aufgenommen werden konnte.23 Um das zentrale Element des Sets – die runde Öffnung des Kratersees – besser sichtbar 21

zu machen, wurde diese zudem leicht zur Kamera hingeneigt.24 Dies war insbesondere kein leichtes Unterfangen, da sich dieses 20 Meter breite Tor ja öffnen lassen sollte und Dreharbeiten auch dort oben – in 40 Metern Höhe! – stattfinden sollten. Zu alledem wurde ein Stück des Vulkankraters gebaut, um den schnitttechnischen Übergang vom Realschauplatz zum Set perfekt zu machen und der Ansicht von unten einen perspektivischen Hintergrund zu geben.25 Somit wuchs auf dem Backlot der Pinewood-Studios ein Monstrum mit einem 135-Meter-Durchmesser, dessen Aussenansicht so hässlich war, dass sich Anleger beschwerten und das Set nach dem Dreh unverzüglich wieder abgerissen werden musste.26 Die Konstruktion bestand aus 700 Tonnen Baustahl, dazu kamen 200 Tonnen Gips, 200 Meilen Stahlrohre und 300’000 Quadratmeter Leinwand.27 250 Handwerker arbeiteten jeden Tag der Woche in 12-Stunden-Schichten.31 «All die Arbeiter im Studio, die normalerweise gerne maulen oder zu streiken drohten, kamen sogar sonntags und brachten ihre Frauen und Kinder mit, damit sie das Dekor bestaunen konnten. Alle waren voller Begeisterung. Es wurde sehr demokratisch diskutiert, jeder konnte sagen, was er dachte, vom Requisiteur bis zum Beleuchter.»29 Selbst Ken und Letizia Adam kamen eines Abends mit zwei Flaschen Spiritus vorbei und gesellten sich zu den Arbeitern auf das Gerüst.30 Ganz reibungslos gingen die Bauarbeiten allerdings nicht über die Bühne. Ein Monteur stürzte – obschon meist gesichert – vom Gerüst.31 Beim Bau des mobilen Hubschrauberlandeplatzes wiederum hatte sich eine Verankerung gelöst, womit dieser plötzlich umkippte.32 Dass der Helikopter von Aussen in das Set hineinfliegen musste, hatte auch für bange Momente gesorgt. Da dies noch nie gemacht wurde, wusste niemand, mit was für physikalischen Begebenheiten wie Auf- oder Abwinden zu rechnen ist. Schliesslich hatte ein Helikopter bei den Dreharbeiten in Japan die grössten Mühen, aus dem realen Vulkankrater wieder herauszufliegen.33 Und schlussendlich stand die ganze Karriere Adam‘s auf dem Spiel, als zum ersten Mal der Öffnungsmechanismus des Daches getestet wurde. «When we first opened it there was a huge explosion. We had used 700 tons of structural steel and we thought the whole thing would collapse. What had happened was that someone had left a pulley on the rails and when the wheels of the lake went over the pulley it caused the cracking or explosion sound.»34 Zu allerletzt musste das Set dann auch noch beleuchtet werden. Kameramann Freddie Young meisterte diese Aufgabe, indem er alle verfügbaren Lampen der Pinewood Studios beschlagnahmte und das Set von der Kameraseite aus beschien.35 Die Baukosten haben die ursprünglichen 1 Million Dollar nun jedoch überschritten.36 Eine genaue Kostenangabe wurde allerdings nie veröffentlicht.37 22

#007-#012  Der Bau des Sets auf dem Backlot der Pinewood Studios.

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#013  Cast und Crew stellte sich am 28. Oktober 1966 zum Tag der offenen Tßr vor eine internationale Presselandschaft. In der Mitte Ken Adam.

Die Abdeckung des Schiebedaches war zu diesem Zeitpunkt noch nicht fertig gestellt.

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Die achtwöchigen Dreharbeiten Am 28. Oktober 1966 wurde das gigantische Set mit einem Pressetermin eingeweiht.

Das Schauspiel-Ensemble posierte in dem bekanntesten aller geheimen Verstecke genauso wie die Produzenten und der Production Designer.

Auch Stuntman Vic Armstrong war begeistert: «When I walked onto the set of the volcano in You Only Live Twice, I was absolutely dumbfounded. Outside, it was just a stack of scaffolding and then you walked in and you discovered this unbelievable set.»38 Armstrong, der hier seinen Ersteinsatz in der Bond-Serie leistete und später als Stunt Coordinator bis zu Die Another Day arbeitete, war einer der 40 Ninjas, die sich im Schlusskampf vom Dach abseilten. Einer seiner Kameraden schätzte dabei das Bremsmanöver falsch ein und brach sich beim Aufprall beide Knöchel.42 Ansonsten sorgte besonders der Darsteller-Wechsel von Blofeld für Aufsehen. Die überhastete Besetzung von Jan Werich kurz vor Drehbeginn überzeugte Regisseur Lewis Gilbert nie und deshalb war nach dessen Erkrankung nach fünf Drehtagen niemand unglücklich, die Position des Erzfeindes mit Donald Pleasance neu zu besetzen.40 Insgesamt dauerten die Dreharbeiten im Vulkan-Set fast acht Wochen, vom 31. Oktober bis 23. Dezember 1966.41 Eigentlich wären nur deren vier vorgesehen gewesen.

Ein Grund für diese Verzögerung war unter anderem die Neubesetzung von Blofeld.

So mussten die letzten drei Wochen alle Nahaufnahmen mit Pleasance nachgedreht werden.42

#014 Der Blick zurück in das Set zur Zeit der Dreharbeiten.

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Schlussfolgerung Wie nie zuvor in der JamesBond-Serie (und auch nie danach) wurde die Geschichte des Filmes um eine zentrale SetIdee herum geschrieben. Die Rolle des Production Designers war dabei immens und seine Arbeit – speziell bei solch einem neuartigen Bauwerk – eine Herausforderung.

Diese Stahlkonstruktion war somit auch nicht bloss ein Film-Set, es wurde durch diese komplexe Raumbildung gar zur Architektur. Schliesslich besass der Vulkan nicht mehr die für eine Filmkulisse typische Eigenschaft, einen Raum bloss vorzutäuschen. Tatsächlich waren alle baulichen Elemente vorhanden und die Trickkiste der Filmkunst kam bloss auf dem Schneidetisch (etwa der Zusammenschnitt zu den Japan-Szenen) zur Anwendung.

Der Vulkan besass zwar nicht die Langlebigkeit eines Hauses, diese Eigenschaft weist aber z.B. ein Ausstellungspavillon auch nicht auf. Und auch das Vortäuschen eines Materials ist aus der Architekturgeschichte bestens bekannt.

#015 Sean Connery bestaunt zusammen mit seinen weiblichen Schauspielkolleginnen das imposante Set 26

#016-#017 Gesellschaftsreporter Jack Stark im Gespräch mit Mie Hama und Sean Connery.

#018 Auch der Production Designer posiert für die Kameras, hier im Kontrollraum.

#019 Donald Pleasance als Ernst Stavro Blofeld auf der Treppe zur Monorail-Bahn 27

Verweise 1 Cork 2002, p.93 2 Es war lediglich bekannt, dass On Her Majesty‘s Secret Service noch nicht gedreht wurde, da dessen Plot jenem von Thunderball zu sehr glich. (Graham 1965) 3 Cork 2002, p.100 4 Simmonds 2015, p.66 5 Inside You Only Live Twice 6 Rubin 1981, p.82 7 Lycett 1995, p.411f 8 Fleming 1964, p.238 9 Mulder 2008, p.77 und Inside You Only Live Twice 10 Bouzereau 2006, p.69 11 Dana Broccoli: «Cubby always looked for a hook. What he called a hook for the storyline.

When he saw the top of this volcano: That was his hook. And he thought everything is going to now start out of this.»5 12 https://hmssweblog.wordpress.com/2016/01/23/ financial-behind-the-scenes-of-dr-no-part-i/ (23.01.2016) und Duncan 2012, p.166 13 Seesslen 1994, p.18 14 Duncan 2012, p.161 15 Berger 1995, p.38 16 Bechtler 2009, p.108 17 The Milwaukee Journal, p.2 18 Berger 1995, p.36 19 Delson 1982, p.39 20 Film 99 21 Harries 2007, p.241 und Simmonds 2015, p.67 22 The Milwaukee Journal, p.2 23 Berger 1994, p.58 28

24 Frayling 2005, p.162 25 Die Einstellung entstand in Kombination mit einem Matte Painting. und Frayling 2005, p.162 26 Berger 1995, p.35 27 Sylvester 1999, p.80 und Smoltczyk 2002, p.139 28 Smoltczyk 2002, p.139 29 spiegel.de 30 Frayling 2005, p.163 31 ebenda 32 Berger 1995, p.36 33 Frayling 2005, p.161 34 Scott 2004, p.009 35 Bouzereau 2006, p.69 36 http://www.spiegel.de/kultur/kino/james-bondset-designer-kinemathek-berlin-stellt-kenadam-aus-a-1007165.html (24.01.2016) 37 Kissling-Koch 2012 berichtet von 4 Mio $, gibt als Quelle aber Tesche an, dessen Werk 1995 in D-Mark rechnete. (Tesche 1995, p.48) 38 Bouzereau 2006, p.68 39 Inside You Only Live Twice 40 Duncan 2012, p.161 41 Duncan 2012, p.162 42 ebenda

Bilder #001, #005, #006 Ken Adam Archiv #002, #004, #007, #008, #012 Inside You Only Live Twice #003 Duncan 2012, p.162 #009 BFI National Archive #010, #011 On Location with Ken Adam #013, #019 Archiv Autor #014 Tournage du film de James Bond „On ne vit que deux fois“ #015 Hulton Archive #016, #017 Archiv Jack Stark #018 Archiv Lee Pfeiffer

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Der Film 30 Minuten auf Celluloid.

Da Ken Adam bei der Gestaltung freie Hand hatte, konnte er besonders deutlich seinen «Ken-Adam-Style» einbringen. Dies zeigt sich im Besonderen durch verschiedene eingesetzte architektonische Elemente, die hier vorgestellt werden. Durch die Analyse des Filmes und Erklärung der Handlung wird aufgezeigt, wie die Architektur im Film präsentiert wird und welche Rolle die Kulisse übernehmen muss.

Die Einführung des Unterschlupfs Der Film beginnt damit, dass eine amerikanische Raumkapsel durch ein unbekanntes Raumschiff entführt wird. Sofort werden die Sowjets verdächtigt, obwohl der feindliche Flugkörper in der Nähe von Japan gelandet sein muss. Als nach einer Filmstunde auch eine sowjetische Raumkapsel gekidnappt wird, wird dem Zuschauer die geheime Landebasis vorgestellt. Auf das Raumschiff im Landeanflug folgt die Vulkanlandschaft in der Dunkelheit der Nacht. Das nächste Bild auf dem Grat offenbart den Kratersee als sich öffnendes Hallendach. Herauszoomend verdeutlicht die erste Kameraeinstellung aus dem Innern die volle Grösse des Filmsets.

Stimmen über Lautsprecher dirigieren das geschäftige Treiben der Helfer in weissen, gelben und roten Overalls. Wer nicht in der Ruheposition wacht, der joggt. Fahrzeuge zirkeln sich ihren Weg durch die Halle, eine Monorail umrundet die Anlage.

An den Steinwänden der Halle spürt man den Berg. Gigantische Betonpfeiler stützen das Betondach bis zur kreisrunden Öffnung. In der linken Hallenwand hängt eine Treppe, die den Boden gleich neben einer mobilen Helikopterplattform erreicht. Eine weiss-rote Weltkarte prangt am hinteren Wandstück. Der zentrale Hallenboden ist versenkt. Darin steht das Hauptstück der Anlage: Der Abschussturm, an den sich bald die Rakete schmiegen wird. Die schlichte Kommandozentrale schwebt auf halber Höhe in der rechten Bildhälfte. Eine Chromstahltreppe führt von der Startgrube zu ihr hinauf.

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#001-#008  Von der EntfĂźhrung der russischen Raumkapsel bis zur ersten Totalaufnahme und somit der Aufdeckung des Geheimnisses der versteckten Raketenbasis.

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#009-#016  Von der Landung der Rakete bis zur EinfĂźhrung der Kommandozentrale.

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Elemente: Hierbei haben wir das Hauptset – den Rocket Complex – bereits kennengelernt.

Wir wissen von dessen Lokalität im Vulkan und dem Geheimnis des falschen Kratersees.

Wir ahnen, dass wir das ganze Ausmass der Anlage noch nicht zu Gesicht bekamen, da zu viele Personen und Fahrzeuge aus dem Bild verschwinden. Ebenso erwarten wir mit der Kommandozentrale einen weiteren Raum. Wir bemerken, dass Ken Adam die wichtigen Elemente in einem Set auf der rechten Bildhälfte anordnet.1

Vehikel und Technik in der Basis Auftritt der Rakete, die später im Film Bird One genannt werden wird. Im Sinkflug werden die drei Beinstützen ausgefahren. Langsam gleitet das Vehikel durch den Schlund in die Basis und landet mit viel Rauch. Nach dem Getöse der Triebwerke beherrscht wieder die Stimme aus dem Lautsprecher die Halle. Doch plötzlich wird uns der Mann am Mikrofon gezeigt. Er sitzt in der Kommandozentrale vor einem Schaltpult mit Bildschirmen und einer Unmenge von Knöpfen und Schaltern. Techniker in weissen und roten Gewändern manipulieren auf Befehl die wichtigsten Funktionen. Bloss ein in schwarz gekleideter Arier scheint sich nicht darum zu kümmern. Vor ihm steht in der Mitte des Raumes ein übergrosser schwarzer Ledersessel, wovon der Zuschauer bloss den Rücken zu sehen bekommt. Eine Querseite des Raumes wird durch eine Weltkarte gefüllt, auf der SPECTRE-Basen mit roten Kreisen markiert wurden.

Das Kratertor schliesst sich wieder. In der Halle herrscht wieder Betrieb. Durch die geöffneten Jalousien lässt sich das Geschehen auch direkt aus der Kommandozentrale überblicken. Der schwarze Ledersessel dreht sich leicht, wir erblicken einen beigen Anzug und die weisse Perserkatze: Blofeld!2 Die Spitze des Raumschiffs öffnet sich. Mit einem Kran wird ihre Fracht hinausgehoben und auf eine Plattform des Abschussturmes gestellt. Die russischen Kosmonauten werden aus ihrer Kapsel herausgezogen und zum Lift im Turm gebracht.

Elemente: Nachdem wir bereits zweimal Zeuge der Fang-Funktion des Raumschiffes wurden, sehen wir nun auch ein Landemanöver dieses Gadgets. Neben dem Vehikel liegt der Fokus auf der Technik, die in einem einzigen Raum gebündelt ist. Dieser Raum steht für die Macht und Kontrolle der ganzen Welt, dessen Anspruch durch die omnipräsente Weltkarte unterstützt wird.

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Natur und Moderne nebeneinander Während die Gefangenen in einem Monorail weggeschafft werden, verabschiedet sich die Nr.1 in seine Wohnung. Auch diese scheint in den Fels gesprengt worden zu sein. In die Steinwände wurde ein gemütliches Cheminée gesetzt. Antiquarische Möbel füllen den Raum. Getrennt wird die Wohnung vom Kontrollraum nur durch einen exotischen Teich, den man über eine leicht gewölbte Brücke überquert. Der Arier – Hans – wirft eine Schinkenkeule in den Teich, worauf dieser zu brodeln beginnt: Piranhas! Diese Geste soll die zwei chinesischen Auftraggeber beängstigen, die fortan von SPECTRE erpresst werden.

Da diese noch Bedenkzeit benötigen, ordert Nr. 1 zwei Untertanen zu sich und konfrontiert sie mit ihrem Versagen. Eine Nahaufnahme zeigt uns nach unendlichen Streicheleinheiten der Katze plötzlich seinen Fuss, der an einen Schalter am Boden antastet. Als die Dame das Apartment über die Brücke verlassen will, drückt Blofeld den Schalter und eine Brückenseite lässt wie eine Falltüre das Opfer in den Teich stürzen. Nach getaner Arbeit klappt sich die Brücke wieder hoch.

Elemente: Blofeld’s Apartment steht für die Symbiose von Alt und Neu. Hier trifft auch die Natur in Form des Wasser-Beckens auf die gebaute Moderne und steht als Kontrast zur technologischen Kommandozentrale. Die Natur ist in Form der Steinwände allerdings allgegenwärtig und hat hier in Kombination mit den Möbeln und Bildern einen gemütlichen Charakter. Wir erfahren allerdings auch von der Bedrohlichkeit der Natur und lernen ein neues bewegliches Bauteil – die Falltüre – kennen.

Der Eindringling im Geheimversteck Erst 20 Filmminuten später bekommen wir das Geheimversteck wieder zu Gesicht.

Diesmal ist 007 kurz davor, das Geheimnis zu lüften. Mit seinem Bondgirl beobachtet er die Ankunft eines Helikopters, für den der Kratersee wieder zur Seite geschoben wird.

Doch das Tor wird wieder geschlossen, bevor das Duo den Kraterrand erreicht.

Es wird Nacht, bis Bond und seine Gefährtin den Kratersee erreichen. Als Bond dem falschen See auf die Schliche kommt, öffnet sich dieser wieder, um den Helikopter (dessen Landeplattform ebenfalls mobil ist und sich in die Hallenmitte schiebt) wieder hochsteigen zu lassen. Der britische Geheimagent zieht seine Ninja-Ausrüstung an und wagt sich darauf in das Vulkaninnere.

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#017-#024 Von der Einführung Blofeld’s Apartment inklusive Piranha-Becken bis zur Offenbarung des Plots und der tückischen Architektur mit ihren versteckten Mechanismen.

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#025-#032  Von Bond’s Abstieg in den Krater und in das Vulkaninnere bis zur Entlarvung als falscher Astronaut und der ersten verbalen Konfrontation mit Blofeld.

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Erst jetzt erfahren wir durch eine weitere Totale, dass eine Rampe für die Fahrzeuge vor dem Zuschauer in die Tiefe führt. Auch die Monorail verschwindet irgendwo im Fels und deutet auf einen grösseren Komplex hin.

Die Crew merkt nichts vom Eindringling. Langsam schiebt sich die Helikopterplattform wieder zur Seite und das Dach schliesst sich, als sich der Spion einen Überblick über den Komplex verschafft. Die Astronauten werden in den Bereitschaftsraum gerufen, weshalb sie eine Monorail besteigen. Die Bahn verschwindet durch einen Tunnel und hält erst wieder vor einer Betonwand mit drei alphabetisierten Chromstahltüren. Während ein Countdown über den Lautsprecher einen weiteren Raketenstart ankündigt, schlüpft der Spion in eine Monorail und erreicht so die drei Chromstahltüren. Als er den Tunnel zurücklaufen will, erblickt er eine weitere Türe, die ebenfalls in eine bunkerähnliche Betonwand eingelassen ist. Es ist dies das Gefängnis der amerikanischen und russischen Astronauten. Die Türe wird leicht gesprengt und die Wachleute schnell überwältigt. Das Gefängnis besitzt Betonwände, wovon eine schräg geneigt ist. In dieser schrägen Wand liegen zwei Fenster mit Gitterstäben, die durch Schächte Licht erhalten.

Mit den ausgetauschten Uniformen betreten die Alliierten schliesslich auch den Bereitschaftsraum und schlagen einen Astronauten k.o. Auch dieser Raum wird durch Beton dominiert, bloss am Raumende steht eine opake Glaswand als Kontrast.

Nun als Astronaut gekleidet, wird James Bond per Monorail zur Rakete chauffiert. Auf dem Abschussturm wimmelt es von Handlangern in roten Overalls. Per Überwachungskamera observiert Blofeld den Einstieg und pfeift 007 zurück, weil dieser eine falsche Einstiegsmethode wählte. Der aufgeflogene Astronaut wird in die Kommandozentrale geführt, wo sich Hans vor die Nr.1 im Ledersessel stellt. Im folgenden Dialog stellt sich Ernst Stavro Blofeld vor und zum ersten Mal bekommen wir sein Gesicht präsentiert.

Elemente: Nicht nur das Hallendach schiebt sich zur Seite, auch die Helikopterplattform ist mobil und kann in Position gefahren werden. Als Beförderungsvehikel wird uns die Monorail etwas näher vorgestellt. So nehmen wir die Bahn als hauptsächliche Infrastrukturlinie wahr, an die weitere Räumlichkeiten geknüpft sind.

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Der Angriff und das Ende Über die Überwachungskamera wird der Raketenstart nun von der Kommandozentrale aus geleitet. Der Krater wird geöffnet und die Rakete in die Hallenmitte verschoben. Als die Rakete gestartet und der Zugang geschlossen wurde, erreichen die befreundeten Ninjas den Krater. Nun offenbart der Vulkan ein weiteres tödliches Asset: Maschinengeschütze zwischen den Kratergesteinen dezimieren die Angreifer. Erst als Bond das Kratertor wieder öffnen kann, gelingt der Sturm der Abschussbasis und die finale Konfrontation beginnt.

Als die Kommandozentrale zu fallen droht, flieht Blofeld. Eine Geheimtüre in der Betonwand verschafft Zugang zu einer Höhle, die direkt zur Monorail-Bahn führt, womit er auch entkommt. Sodann suchen Bond und seine Kompagnons einen Zugang zum Kontrollraum, aus dem er gerade erst ausgewiesen wurden. Als die Techniker durch einen Hinterausgang in Blofelds Wohnung fliehen, nutzt Bond diese Treppe in der Felswand, um wieder ins Apartment zu gelangen. Als er dieses durch eine antike Holztüre betritt, steht ihm nur noch der Arier gegenüber, der nach einem kurzen Kampf zu den Piranhas geworfen wird. Endlich beim Schaltpult angelangt, sprengt 007 den Bird One mittels Fernzündung – der Countdown bleibt bei 5 Sekunden (da der 5. Film) stehen.

Ein letztes Mal sehen wir Blofeld, wie er mit seiner Monorail durch eine Tunnelhöhle düst, bei einer Treppe hält und mit einem versteckten Schalter in der Steinwand den ganzen Komplex in die Luft jagen will. Dies kommt einem Vulkanausbruch gleich und die tapferen Ninjas sehen sich zum Rückzug gezwungen. Sie folgen dem Monorail-Geleise vorbei am Bereitschaftsraum und erreichen die Höhle zum offenen Meer.

Elemente: Der Kontrollraum wird seiner Bedeutung mit dem Start der Rakete gerecht.

Auch als der Angriff beginnt, wird die Verteidigung von diesem Raum aus geleitet. Eingenommen werden konnte die Basis schliesslich auch nur, als eine fremde Manipulation von dieser Zentrale aus kam. Hierbei erfahren wir, dass selbst die Kraterwand nicht von versteckten Eingriffen verschont blieb. Ebenso verborgen blieben bis zum Finale zwei Geheimtüren und der Selbstzerstörungsschalter. Die Zerstörung des Raumschiffes wiederum wird durch eine Apparatur im Kontrollraum getätigt.

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#033-#040  Vom Start der Bird One-Rakete bis zur StĂźrmung durch die japanischen Ninjas .

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#041-#048 Von der Flucht Blofeld’s bis zur Zerstörung der Rakete und der Basis.

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Schlussfolgerung Mit einer Screentime von 30 Minuten ist dieser Set-Komplex ein bedeutendes Element im Handlungsstrang. Die zentrale Halle nimmt dabei den grössten Part ein.

Im Verlaufe des Filmes begegnen wir den typischen Elementen einer von Ken Adam designten Produktion: Mit dem Bird One besitzt die Gegenmacht ein Gadget, wie es sonst dem Helden vorbehalten ist;3 Die technoide Anlage unter einem Wasserbecken und somit der Kontrast Wasser/High Tech ist ein Gegensatz, den Ken Adam schon immer faszinierte;4 Der Einsatz der Natur zeigt sich bereits in den Steinwänden der zentralen Halle, wird aber besonders mit dem Piranha-Becken in Blofeld’s Apartment augenscheinlich;5 Überall finden sich bewegliche Bauteile, die teils völlig überraschend ihre Funktion preisgeben.6 Mit dem als Kratersee getarnten Hallentor, in Stellung fahrenden Raketenturm und Helikopterplattform, Fallbrücke, Geheimtüre in der Betonwand und Selbstzerstörungshebel hinter einem beweglichen Stein ist das ganze Spektrum abgedeckt; Klar als ein Ken-Adam-Set lässt sich der ausgehöhlte Vulkan durch das gigantische runde Oberlicht bestimmen («You’ll find a circle in all my designs somewhere»).7 Bereits bei Dr. No im Tarantula Room eingeführt, wurde es in Goldfinger und Thunderball fortgeführt und erhielt hier erstmals eine erzählerische Funktion.

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Verweise 1 Smoltczyk 2002, p.125 2 Die weisse Perserkatze wurde in zwei vorangehenden Filmen bereits als Zeichen für SPECTRE’s Nr.1 eingesetzt.

3 Seesslen in Berger 1994, p.21f 4 Berger 1995, p.42 5 Sesslen in Berger 1994, p.27 6 Bächtiger in Hars-Tschachotin 2014, p.167 7 Frayling 2005, p.110

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Bilder #001 - #048  You Only Live Twice

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Kontextanalyse Der Vulkan als Bauwerk seiner Zeit.

Ken Adam’s geheime Raketenabschussbasis im Vulkaninnern ist zwar ein reines Werk der Fiktion, dem keinerlei Vorbild entgegenstand und die Aufgabe auch deshalb vom Filmarchitekten so geschätzt wurde.1 Doch trotz Adam’s Erfindungsgeist und seiner Deklaration, vom zeitgenössischen Design-Geschehen nicht beeinflusst worden zu sein, weist der Entwurf einige Paralellen mit den Architekturströmungen der 60er-Jahre auf.2 Die folgende Analyse geht über die oft genannten Einflüsse des deutschen Expressionismus und Bauhaus (resp. Gropius, Mendelsohn und Mies van der Rohe) hinaus, und setzt das Werk in den Kontext der Zeit.3 Dies soll die erfinderische Leistung von Adam nicht schmälern, aber aufzeigen, wie nah sein Werk am Puls der Zeit war. Ob es tatsächlich eine Verbindung gab, auch eine unbewusste, sei deshalb dahingestellt und nicht wesentlich.4 Der Entwurf wird so behandelt, als ob wirklich in den vorgetäuschten Materialien gebaut wurde.

Vorreiter in der Filmgeschichte Zu Beginn sollte erwähnt werden, dass es durchaus bereits eine geheime Raketenabschussbasis in einem Berginnern gab. In der britischen TV-Serie und dem 1966er Kinofilm Thunderbirds (eine Marionettenverfilmung) starten gleich mehrere Fluggeräte aus geheimen Toren eines Inselverstecks. Die Abschussrampe von Thunderbird 1 befindet sich gar unter einem Swimmingpool, der sich zur Seite fahren lässt.5 Eine geheime Basis im Innern eines Berges hatten gar die Gegenspieler in der Bond-Kopie Our Man Flint (1966), der mit Kinostart im Januar tatsächlich ein Ideenlieferant gewesen sein könnte.

Die abgeschiedene Raketenbasis in einem Krater nimmt bereits Hergé in Tim und Struppi: Reiseziel Mond (1950) auf.6 Und selbst in der Filmgeschichte war der Vulkankrater als geheime Basis kein Novum, präsentierte sich doch auch Captain Nemo’s Hafen in 20,000 Leagues Under the Sea (1954) auf dem Grunde des Kraters Vulcania.

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#001 Thunderbirds Are GO (1966)

#002 Our Man Flint (1966)

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#003 Étienne-Louis Boullée: Cénotaphe dont la pyramide est ronde (1781-1793)

#004 Der Innenraum mit Kuppel und Opaion (Kuppelauge) im Pantheon in Rom (114-118 n.Chr.) 46

Die Geometrie der Revolutionsarchitektur Das Vulkan-Set fällt bereits durch seine monumentale Grösse auf, die sich durch die bedeutende Rolle im Film rechtfertigt. Die Monumentalität als Programm und ihr Spiel mit den geometrischen Grundformen lässt sich besonders an der Revolutionsarchitektur der französischen Utopisten Ende des 18. Jahrhunderts studieren. Hierzu darf der Vergleich mit Boullée nicht fehlen. Sein nahezu minimaler Cénotaphe mit der im Scheitelpunkt geöffneten Halbkugel innerhalb eines Kegels greift dieselben Grundvolumen auf wie Adam’s ausgehöhlter Vulkan und hätte ein ähnlich monumentales Raumgefühl beschert.

In der Systematik der Kombination der Grundvolumen entfernte Adam dem konischen Kenotaphen lediglich die Spitze, damit ein Vulkankegel entsteht. Die Bildung des Kraters kann durch die Subtraktion der Kegelspitze durch eine Kugel beschrieben werden. Dabei liegt im unteren Teil der Kugel der Kratersee, der beim ausgehöhlten Vulkan gleichzeitig das Schiebedach der Halle darstellt und somit aus der Überschneidung dieser zwei Kugeln besteht. (siehe Grafik auf der Umschlagseite)

Die Ähnlichkeit mit dem Pantheon Boullée’s Totenstädte war wiederum eine Überarbeitung des Pantheon’s in Rom.7 Die berühmteste Rotunde der Architekturgeschichte steht als Abbild des Kosmos und legitimierte Rom’s Weltherrschaft.8 Das als Ideal konzipierte Pantheon diente der Verehrung der Julischen Dynastie, die den Schutz aller Götter benötigte und deshalb zum Himmel hin sich öffnete.9 Die Dimension des Raumes umfasst eine fast perfekte Kugel mit einem Durchmesser von über 43 Metern.10 Das kreisrunde Opaion ist immerhin noch knapp 9 Meter breit und lässt nicht nur die Sonne als Lichtscheibe abbilden, sondern ermöglicht auch den Blick in den Kosmos.11 Mit dem Vulkan-Unterschlupf unterlegt Blofeld seinen Anspruch auf die Weltherrschaft wie nie zuvor. Er huldigt mit diesem ultimativen Raum sich selbst und ist selbst Herr über das Opaion, dessen Verbindung zum Transzendentalen sich wahlweise verdecken lässt. Er lässt also nicht zu, dass ein Lichtstrahl ständig eindringt, sondern benutzt die Öffnung lediglich zur einseitigen Beherrschung des Weltalls. Somit entsteht die Ähnlichkeit der beiden Bauwerke nicht bloss in der Form, sondern findet auch in der Symbolik ihre Analogien. Zumal war der Einfluss des römischen Pantheons immens und steht als Prototyp einer Gattung, wie es der ausgehöhlte Vulkan für das Geheimversteck ist.

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Das Programm der Megastruktur In erster Linie ist die Vulkanbasis eine Megastruktur, die gerade in den 60er propagiert wurde. Dabei fällt auf, dass Maki’s Definition einer Megastruktur (1964) auf den Vulkan angewandt werden kann: «a large frame in which all the functions of a city or parts of a city are housed»12 Der Rahmen wird hierbei durch das Gestein des Berges gebildet, worin sich alle Funktionen der Basis als Stadt verstecken können. Maki setzt dabei den Fokus auf austauschbare Zellen innerhalb dieses Rahmens, wie es etwa auch bei Kenzō Tange’s Boston Harbor Project (1959) vorkommt.13 Entgegen der Idee von Vordenker Reyner Banham sehen die japanischen Vertreter (die Metabolisten – u.a. mit Maki, Kikutake und Tange) die Megastruktur nicht aus modularen Einheiten, sondern hauptsächlich als System mit infrastrukturellen Kernen. Diese Funktion übernimmt bei der Vulkanbasis das Höhlensystem mit der Monorailbahn, die alle weiteren Räume verknüpft.

Obschon bei einem Höhlensystem die Zellen nicht eingehängt und nicht mitsamt Hülle modular gebaut werden (wie es z.B. Banham 1965 mit A Clip-On Architecture oder Archigram mit der Plug-In City (1965) forderte), können sie aber durchaus ersetzt werden.14 Der Vorbereitungsraum der Astronauten unterscheidet sich nicht wesentlich vom Gefängnis; Blofeld’s Apartment könnte genausogut ein Spa-Bereich eines Hotels sein; und in der zentralen Halle hätte auch ein Fussballfeld Platz.15 Der Rahmen des Höhlenystems bietet sodann Unterschlupf für alle möglichen Benutzungen und lässt sich durch weitere Aushöhlungen gar erweitern. Auch dies stimmt mit der Idee der Metabolisten überein.16

Die Faszination der Technik Ein weiterer Aspekt der Metabolisten besteht in der Rolle der Technik, dessen Akzentuierung in der Architektur bereits seit dem Beginn des 20. Jahrhunderts ein stetes Thema darstellt.17 Mit Pop und Kybernetik erlebte die Technologie in den 50er- und 60er-Jahren einen erneuten Aufschwung, was sich z.B. im House of the Future (1956) der Smithsons zeigt. Stets ist die Technik ein Zeichen der Zukunft, um die totale Kontrolle über die Umwelt zu erreichen. Der Kybernetik-Ansatz geht sogar einen Schritt weiter und lässt den Computer Entscheidungen treffen.18 Die Faszination des Technischen ist klar in der Komandozentrale spürbar, deren blosser Zweck die Kontrolle des Geschehens ist. Jegliche Manipulation (des Vulkans oder 48

#005 Kenzō Tange: Boston Harbor Project (1959)

#006 Alison & Peter Smithson: House of the Future (1956) 49

#007  Bruce Goff: Ledbetter House (1948)

#008  Le Corbusier: Appartement de M. Charles de Beistegui (1929) 50

des Weltgeschehens) wird durch gezielte Handgriffe an verschiedensten Apparaturen in diesem Kontrollraum durchgeführt. Die Akteure, die durch dieses Organ gesteuert werden, sind derweil ausserhalb angesiedelt. So steht nicht nur die bewegliche Abschussrampe oder der mobile Helikopterlandeplatz in der Halle, sondern auch die Monorail-Bahn, die seit der Plug-In City zwingend in einer Megastruktur vorhanden sein musste.19

Die Verbindung mit der Natur Als amerikanischer Einfluss in die Setbauten von Ken Adam wird meist Frank Lloyd Wright genannt, der seit Beginn des 20. Jahrhunderts die US-amerikanische Moderne prägte. Hier ist insbesondere die Verbindung von Architektur und Natur zu erwähnen, die bereits bei Dr. No eingeführt wurde.20 Die Transformation von Blofeld’s Todesgarten aus dem Roman zum internen Piranha-Becken scheint aber nicht von Fallingwater (1935) beeinflusst worden zu sein, obschon Wright dort Moderne mit Stein und Wasser verbindet. Der interne Teich zeigt viel stärkere Parallellen mit jüngeren Bauwerken, z. B. John Lautner’s Sheats Goldstein Residence (1963) oder Bruce Goff’s Bavinger House (1955) sowie Ledbetter House (1948).19 In Letzterem findet sich gar eine geschwungene Brücke über einen Indoor-Gartenanlage mit einem Wasserbecken, der den öffentlichen vom privaten Bereich des Hauses trennt.22 Das Element der Falltüre wurde wiederum dem Roman entnommen und kommt im Film gleich in doppelter Ausführung vor.23

Überlagerung von Alt und Neu Der zweite markante Faktor in Blofeld‘s Apartment sind die antiken Möbel, die bereits bei Dr. No’s Wohnung Eingang fanden und der modernen Architektur gegenübergestellt einen «ironischen Touch» vermitteln sollen.24 Es ist erwähnenswert, dass diese Handhabung bereits bei Adolf Loos und Le Corbusier anzutreffen ist und zeitgemäss bei Robert Venturi als Manifest in Complexity and Contradiction in Architecture (1966) verfasst wurde: «Überlagerung ist ein Stilmittel, das einbezieht und nicht aussondert.

Kontrastierende und unversöhnlich erscheinende Elemente werden durch sie verknüpft. […] sie kann so dazu beitragen, das Gewohnte in ungewohntem Licht zu sehen, es von unerwarteten Seiten her neu zu betrachten.»25 51

Der elgante Minimalismus Während die in den Fels eingeschlagenen Stufen an eine Zeichnung von Piranesi erinnern, ist die eleganten Einholmtreppe in Chromstahl wohl von Le Corbusier und Oscar Niemeyer inspiriert, die ihre Vorbilder zudem in der Minimal Art sucht. Genauso minimalistisch mutet sich die Aussenfassade des Kontrollraumes an. Hier kommt der modernistische Einfluss am deutlichsten zu tragen. Wie ein Gebäude von Mendes da Rocha oder Kenzo Tange’s Hiroshima Peace Center (1955) steht der Balken auf Stützen, die der Unité d‘Habitation (1952) von Le Corbusier entnommen sein könnten. Diesem Minimalismus ist es auch zu verdanken, dass seine Sets heute noch elegant wirken.26 Die Linien sind stets klar und sinnvoll, womit die gestalteten Elemente so auch 50 Jahre nach ihrer Entstehung nichts von ihrer Wirkung verloren haben.

Der Brutalismus als Baustil Stilistisch ist der Entwurf des ausgehöhlten Vulkans dem Brutalismus zuzuordnen. Mit seinem rauhen, braunen Sichtbeton näherte Ken Adam sich dem späten Le Corbusier an, der besonders in Asien (Ahmedabad 1954, Chandigarh 1961) mit diesem Material arbeitete.

Ebenso zum Merkmal des Brutalismus zuzurechnen ist die Betonung der Konstruktion. Die aus der Felswand hervorgehobenen Stützlisenen erinnern enfernt an den Torre Velasca (1958) von BBPR. Die Stützen wurden bei Adam jedoch objekthafter ausgebildet und wirken mächtiger, schliesslich haben sie das Betondach mit dem Okkulus zu halten, welches auf der neuen Technik der Tragflächenkonstruktion basierte.27

Schlussfolgerung Ken Adam’s Entwurf lässt sich also durchaus in seiner Entstehungszeit einordnen und darf als Kind der 60er-Jahre gesehen werden. Einige Einflüsse (Minimalismus und Naturbestrebungen) können nicht abgestritten werden, andere (Metabolismus) sind gar durch die Platzierung in Japan plausibel, während dritte (Venturi und der Brutalismus) wohl ganz aus dem Zeitgeist parallel entstanden. Aufgrund der Form und Symbolik darf jedoch gesagt werden, dass der ausgehöhlte Vulkan eine Neuinterpretation des Pantheons darstellt.

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#009 Kenzō Tange: Hiroshima Peace Center (1955)

#010 Le Corbusier: Palace of Assembly, Chandigarh (1963) 53

Verweise 1 NumĂŠro, p.VII 2 Kissling-Koch 2012, p.200f 3 Seesslen 1994, p.22 und Adam 2000, p.124 4 Kissling-Koch 2012, p.196 5 http://thunderbirds.wikia.com/wiki/Tracy_Island (24.01.2016) 6 Platthaus in Hars-Tschachotin 2014, p.102 7 Vogt 1969, p.229 8 Sperling 1999, p.287ff 9 Sperling 1999, p.288 10 Sperling 1999, p.53 11 Sperling 1999, p.121 12 Stalder 2012/12, p.1 13 Stalder 2012/12, p.2 14 van der Ley / Richer 2008, p.14 15 Casino Royale 2011, p.021 16 Stalder 2012/12, p.3 17 Frampton 1980, p.9 18 Stalder 2011/5, p.2 19 van der Ley / Richer 2008, p.14 20 siehe Kissling-Koch 2012, p.113ff 21 Kissling-Koch 2012, p.129f 22 Kissling-Koch 2012, p.120 23 Fleming 1963, p.230 24 Adam 2008, p.53 25 Le Corbusier z.B. beim Dachgarten der Wohnung von Charles de Beistegui und Venturi 1966, p.92 26 Bechtler 2009, p.98/103 27 Kissling-Koch 2012, p.132

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Bilder #001 Thunderbirds Are GO Trading Card Serie2 Nr.40 #002 Our Man Flint #003 Bibliothèque national de France #004 www.monolithic.org #005 gta #006 Canadian Centre for Architecture #007 Bruce Goff in Architecture. Kenchiku Planning Center Co. Ltd, Tokyo 1970 #008 misfitsarchitecture.com #009 Process architecture, nº73, 1987 #010 Bruno Morandi

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Einflussanalyse Der Vulkan wird referenziert.

Das Interesse an diesem Set war – nicht nur aufgrund seiner Grösse – bereits während des Baus und der ersten Präsentation riesig. Zeitungsberichte über den Vulkan erschienen weltweit, selbst in der Schweiz. Für den Blick war Jack Stark einige Tage nach dem offiziellen Pressetermin exklusiv vor Ort. Er fuhr mit der Monorail-Bahn, besichtigte den Kontrollraum und erhielt Gelegenheit, während Drehpausen mit Cast und Crew zu sprechen.1 Seine Kollumne als «Chasseur» begann standesgemäss mit dem Beschrieb des gigantischen Sets, schliesslich wurde der Journalist von Ken Adam in perfektem Deutsch höchstpersönlich durch die Anlage geführt.2

Illustrationen und Merchandising Bald darauf erschienen die ersten Set-Fotos, z.B. auf einer Doppelseite im renommierten Branchenblatt Variety. Auch auf den Filmplakaten (gezeichnet von Frank McCarthy) war der Vulkan allgegenwärtig.3 Zum Kinostart im Juni 1967 erschienen die ersten Merchandising-Artikel, viele davon zierten den ausgehöhlten Vulkan. Das bespielbare Plastik-Set Le Volcan 007 ist eines der seltensten Sammlerstücke der Bond-Welt. Im Jahre 2002 erreichte das Spielzeug aus wärmeverformtem Plastik auf einer Auktion einen stolzen Preis von 1’200 £.4 Etwas liebevoller präsentiert wurde die Raketenbasis als Zeichnungen in Esquire von 1967 oder dem Standardwerk The Secret World of 007 (2000). Als für den Universal-Studios-Park in Florida eine James-Bond-Attraktion geplant wurde, kam man wiederum auf die Idee des ausgehöhlten Vulkans zurück. Das Projekt von 1986 kam aber nicht über die Konzeptphase hinaus.5

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#001 Variety, 04.01.1967, p.146+147

#002 Frank McCarthy: Poster UK Quad (Style A)

#003 MGF Fraignier: Le Volcan 007

#004 Ralph McQuarrie für Goddard Group: 007 James Bond Spectacular (1986)

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#005-#006 GoldenEye: Rogue Agent (2004). Während das Innere originalgetreu übernommen wurde, entbehrt das Äussere jeglicher Logik. (Wohin schieben sich die zwei Dachhälften?)

#007 Drax’ Raketenbasis in Moonraker (1979)

#008 Blofeld’s Kraterversteck in SPECTRE (2015)

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Videospiele Doch nicht nur auf Zeichnungen wurde der Vulkan referenziert. Besonders in Videospielen der neueren Jahre ist die geheime Basis im Innern eines Vulkans eine beliebte Szenerie. Besonders klar wurde das Set in GoldenEye: Rogue Agent reproduziert, da jenes Spiel von Ken Adam selbst mitentworfen wurde: «They [Electronic Arts] were very keen to use that volcano, but it worked in the film because of the focal point of the design was that huge three-stage rocket targeted at space, obviously with the lake on top. I had to lose the rocket this time, and come up with something else, so I created another dome inside the volcano and then had to design what goes on underneath that dome which was the SPECTRE-headquarters.»6

Filme der Serie Der Einfluss ging aber über blosse Abbildungen hinaus. Die – ebenfalls von Ken Adam entworfene – Space-Shuttle-Basis im brasilianischen Dschungel aus Moonraker (1979) ist ein Versuch der 007-Serie, ähnliches zu präsentieren. Dabei erhält sogar der exotische Teich mit unliebsamer Fauna und einem versteckten Beförderungsmechanismus ein Revival. Dieser Basis wird allerdings nicht annähernd soviel Auftrittszeit gewidmet.

Das nächste, was danach einer Hommage gleichkam, war die Wüstenbasis in einem Meteoritenkrater in SPECTRE (2015). Leider entbehrt das Set-Design jeglicher früherer Originalität und ausser dem Auftritt Ernst Stavro Blofeld’s ist keine weitere Gemeinsamkeit auszumachen.

Interessanterweise bezeichnete Daniel Craig die Idee des Krater-Versteckes bereits nach Skyfall (2012): «I want an exploding volcano with a base underneath it»7 Auch er scheint somit anzuerkennen, dass die versteckte Raketenbasis in einem ausgehöhlten Vulkan das wahre Wesen der Bond-Filme darstellt. Bloss scheiterte sein Team bisher an der Vorlage, ähnliches zu reproduzieren, ohne das Vorbild zu kopieren.

Hierbei sei auch eine geschnittene Szene aus The World Is Not Enough (1999) erwähnt, in der Judy Dench als M gegenüber Bond erwähnt, dass die Welt nicht von Verrückten bevölkert sei, die Vulkane aushöhlen. Der exakt gleiche Dialog findet sich auch in Raymond Benson’s Romanfassung, die auf dem Film-Drehbuch basiert.8

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Persiflagen Es waren schliesslich auch Parodien wie Austin Powers, die sich dem ausgehöhlten Vulkan annahmen. In Austin Powers: The Spy Who Shagged Me (1999) verlangt Mike Myers’ Dr. Evil (eine Blofeld-Parodie) nach eben solch einer geheimen Basis, von wo aus er eine Rakete abfeuert. Dass es sich dabei um einen ausgehöhlten Vulkan handelt, wird gleich zweimal betont.

Weitere Spionage-Filme beziehen sich zwar nicht explizit auf das Set der Raketenbasis, ihre Design-Sprache verweist allerdings oft auf Ken Adam’s Stil.9 Auch bei den Simpsons wird zweimal auf dieses Set Bezug genommen. In You Only Move Twice (1998) ist zwar das äussere Erscheinungsbild unbekannt, doch der kuppelartige Innenraum mit sich öffnendem, kreisrunden Dach weist klare Parallelen mit dem Vorbild auf. Als zum Ende die Basis gestürmt wird, dringen die Angreifer gar wie im Film mit Seilen von oben ein und verfolgen die Handlanger auf der Monorail-Bahn. Und in der 19. Staffel (2008) wird eine in einem Berg versteckte Raketenabschussbasis (unterlegt durch James-Bond-Musik) in der Folge Mona Leaves-a referenziert. Hier wurde selbst das Schaltpult übernommen.

Realität Dass eine geheime Raketenabschussbasis in einem Berg nicht nur Fiktion sein muss, beweist die Schweizer Armee. Mit ihren Stützpunkten der Luftabwehrlenkrakete BL-64 wurden teils – wie z.B. im zürcherischen Schmidrüti oder bei Laupersdorf im Solothurner Jura – ganze Hügel besetzt, wobei lediglich die Werfer, der Radarturm und einige unauffällige Zeughäuser aus der Luft sichtbar waren. Der Bau der Anlagen geschah unter höchster Geheimhaltung und sie wurden von 1966-68 in Betrieb genommen. Erst 1999 wurde die Geheimstufe aufgehoben.10 Einen weiteren Beweis der Machbarkeit lieferte Elon Musk mit seiner Firma SpaceX im Dezember 2015. Ihm gelang zum ersten Mal, dass ein Teil einer Rakete wieder unbeschadet auf der Erde landete. Die Landevorrichtung weckt starke Erinnerungen an das Entführer-Raumschiff Bird One. Dass Musk ein bekennender Bond-Fan ist (er besitzt gar mit dem Lotus Esprit ein original Film-Auto) lässt die Spekulation plausibel erscheinen, dass er sich bei Ken Adam inspirieren liess. Eher scherzhaft versprach Musk sich nach den ersten Landeversuchen auch die Anschaffung eines Vulkan-Versteckes: «If this works, I’m treating myself to a volcano lair. It’s time.»11 60

#009-#010 Der Unterschlupf im Innern eines Vulkans aus The Spy Who Shagged Me (1999).

#011 You Only Move Twice (1998)

#012 Mona Leaves-a (2008)

#013 Hier liegt eine Raketenbasis: Laupersdorf

#014 Eine SpaceX-Rakete bei der Landung.

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#015 John Lautner: Bob Hope House (1979)

#016 Renzo Piano: Il Vulcano Buono (2007)

#017 Norman Foster: 30 St Mary Axe (2004)

#018 Albert France-Lanord: Pionen (2008)

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Architektur Es gibt einige Beispiele in der Architektur, wo der Bau eines Vulkanes angegangen wurde. John Lautner war von Beginn weg von Ken Adam’s Arbeiten beeinflusst und lieferte mit dem Bob Hope House (1979) einen weiteren Beweis, indem er ein Haus als Hügel mit zentraler Rundöffnung entwarf.12 Auch Oscar Niemeyer wagte sich an den Vulkan. In Le Havre baute er 1982 das Kulturzentrum Le Volcan. Vom raumbildnerischen Potential hat er allerdings lediglich im kleineren der zwei Kegel Nutzen gezogen.13 Dort liegt über dem «Kraterrand» ein Adam’sches Gitter, nicht unähnlich dem Tarantula Room aus Dr. No. Den grössten Vulkan lieferte Renzo Piano unweit des Vesuvs bei Neapel. Sein Projekt Il Vulcano Buono (2007) beherbert in seinen «Kraterwänden» ein Einkaufszentrum, das sich allerdings sonst nicht von einer ordinärer Shopping Mall unterscheiden kann (ausgenommen dem Fakt, dass die Läden in einem Kreis angeordnet sind und man somit zum endlosen Shoppen verleitet wird). In der zentralen Piazza mit einem Durchmesser von 160m und einer maximalen Höhe von 41m würde das Set von Ken Adam übrigens exakt Platz finden.14 Auf die Rakete weist indessen Sir Norman Foster’s «Gherkin» in London hin. Anstatt der Rakete in der Halle legte er die Halle nun aber in die Rakete: Die Spitze des Turmes ist dem ausgehöhlten Vulkan nicht unähnlich, zumal Foster ein bekennender Ken-AdamFan ist.15 Offen zugestanden wird eine Inspiration durch Ken Adam auch bei Albert France-Lanord Architects.16 Für ihre Server-Datenbank und Büros eines Internet-Providers gestalteten sie eine ehemalige, in den Fels gehauene Atombunker-Anlage um.17 Mit den rohen Felswänden, den modernistischen Architektur-Eingriffen und den Ansätzen von Pflanzengärten könnte es sich beim Rechenzentrum Pionen tatsächlich um einen weiteren Tunnelarm des Vulkanversteckes aus You Only Live Twice handeln.

Schlussfolgerung Einen direkten Einfluss hat das Set von Ken Adam höchstens auf das Merchandising, Persiflagen und Videospiele ausgeübt. Dennoch sind Verknüpfungen mit der Realität und bestehenden Architekturprojekten amüsant, obgleich die Vorbildfunktion selten so auf den Punkt gebracht wird wie beim Rechenzentrum Pionen.

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Verweise 1 Blick 12. 11. 1966, Lieber vom Fussball reden 2 Stark 2006, p.160 3 Dougall 2012, p.20 4 http://www.vectis.co.uk/Page/ViewLot.aspx?LotId=338077&Section=2747&Start=80&Sub=0 (07.01.2016) 5 http://www.thegoddardgroup.com/blog/index.php/ralph-macquarrie-and-james-bond/ (07.01.2016) 6 Frayling 2005, p.281 7 http://www.huffingtonpost.com/2012/11/07/daniel-craig-skyfall_n_2089600.html (07.01.2016) 8 Benson 1999, p.24 9 http://www.thunderchunky.co.uk/articles/ pixar-colour-and-tent-poles-with-lou-romano/ (23.01.2016) 10 Stutz 2003 11 https://twitter.com/elonmusk/status/588144086755999744 (09.01.2016) 12 Yoder in Hars-Tschachotin 2014, p.51 13 http://www2.archi.fr/DOCOMOMO-FR/fiche-havre-volcan-va.htm (11.01.2016) 14 http://www.rpbw.com/project/55/il-vulcano-buono/ (11.01.2016) 15 A Profile of Ken Adam: The Spectre of Modernism 16 http://www.archdaily.com/9257/pionen-%25e2%2580%2593-white-mountain-albert-france-lanord-architects (19.01.2016) 17 http://www.af-la.com (19.01.2016)

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Bilder #001 Archiv Autor (mit herzlichem Dank an Michael Hackl) #002 MGM #003 www.vectis.co.uk #004 Gary Goddard Entertainment #005, #006 GoldenEye: Rogue Agent #007 Moonraker #008 Trailer G SPECTRE #009, #010 The Spy Who Shagged Me #011, #012 The Simpsons #013 Peter Brotschi #014 SpaceX #015 www.fastcodesign.com #016 RPBW #017 Flickr / Purple Cloud #018 Åke E:son Lindman

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Fazit Das Pantheon der Filmarchitektur.

Wie ein «Happening» muss die Geschichte dieses Film-Sets betrachtet werden:1 Nach einer groben Konzeptidee fand der Bau unter höchstem Interesse statt;2 Während des eigentlichen Prozesses – dem Filmen – kam es u.a. mit dem Darsteller-Wechsel des Blofeld zu einem Resultat, das sich der strikten Planung widersetzte; Und die Lebensdauer des Werkes war derart begrenzt, dass deren bare Existenz angezweifelt werden dürfte, wenn dessen Resultat doch nicht so populär wäre.

Ich betitle Ken Adam’s Arbeit als Meisterwerk und ziehe den Vergleich zum Pantheon.

Dieses Prädikat hat es aus meiner Sicht aus Gründen der Idee, der Umsetzung sowie der kulturellen Relevanz erreicht. Zum Schluss möchte ich nochmals die einzelnen Thematiken zusammenfassen.

Das Set als Handlungsträger Mit dem fünften Film der James-Bond-Serie entfernten sich die Macher zum ersten Mal erheblich von der Buch-Vorlage Ian Fleming’s. Dabei wurde eine neue Geschichte geschrieben, die auf einer originellen Set-Idee basierte. Die Handlung wurde somit erst durch Modelle festgelegt, denen das Drehbuch Folge zu leisten hatte. Von den 116 Minuten Laufzeit handelte der Film auch deren 30 in diesem Komplex an Räumen, was rund einen Viertel ausmacht.

Die Einprägsamkeit des Sets ist auch der generellen Einfachheit zu verdanken: Dem Vulkan als geometrischer Kegel, dessen Spitze mit einer Kugel subtrahiert wurde, wird im Bauch eine weitere Kugel eingeführt. Die Schnittfläche der zwei Kugeln bildet eine Kreis, der den Kratersee darstellt und als Übergang der zwei Welten gilt. Durch diese einfache Systematik ist dem Zuschauer auch stets klar, dass er sich im Innern eines Berges befindet, was für das Verständnis der Filmhandlung nur förderlich ist.

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#001  Sean Connery und Cubby Broccoli am Set. 67

#002  Das Monster auf dem Backlot der Pinewood Studios.

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Architektur, nicht bloss Kulisse Der ausgehöhlte Vulkan sprengte Grenzen. Als grösstes geschlossenes Filmset seiner Zeit angepriesen, war das Beeindruckende aber nicht bloss die Sprengung des Massstabs, sondern auch dessen Originalität und Komplexität.3 Zwar mögen frühere Filmbauten antiker Städte in ihrem Ausmass grösser gewesen sein, doch waren dies reine Aussensets, die nicht dem englischen Wetter standhalten mussten.4 In der Tat war das Film-Set des ausgehöhlten Vulkans gebaute Architektur, die keine filmtechnischen Tricks anwenden musste. Alles funktionierte, vom schliessbaren Hallendach bis zur Monorail-Bahn. Zynischerweise wurde dem Set gerade zum Verhängnis, dass es nun Architektur war. So hatte das Bauwerk nun auch eine Fassade, die jedoch so hässlich war, dass jede Woche bei den Pinewood Studios 200 Beschwerden eingingen.5 Als Ken Adam 10 Jahre später für The Spy Who Loved Me (1977) ein ähnlich grosses Set plante, wollte er selbigen Fehler nicht wiederholen und baute stattdessen gleich eine Studiohalle (die 007 Stage), die nun gross genug war.6 Ein weiteres Argument für die Betitlung des Werkes als Architektur gilt der Umstand, dass der Entwurf gut in seine Schaffenszeit eingeordnet werden kann. Die Gestaltung und Thematik weist einige Parallelen mit zeitgenössischen Architekturströmungen der 60er-Jahre auf. Da Ken Adam an dem aktuellen Diskurs nicht interessiert war, scheint er die Stimmung eher zufällig (z.B. bei seiner Reise durch Japan) aufgenommen zu haben. Dies zeugt von einem exquisiten Gespür für den Zeitgeist. Sein Verständnis von Stil und Wirkung hat zudem dazu beigetragen, dass seine Sets auch heute noch als modern betrachtet werden, obschon der ausgehöhlte Vulkan vornehmlich ein Werk des Brutalismus darstellt.

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Die Nachwirkung des ausgehöhlten Vulkans Die geheime Raketenbasis war nicht nur Dreh- und Angelpunkt der Filmhandlung, sondern auch der Werbekampagne. Auf Postern und Merchandising-Artikeln prangte der Vulkan, der so zur Ikone wurde. Das Set musste als Vorbild für verschiedene Nachahmungen herhalten. Besonders in Videospielen und Persiflagen war der ausgehöhlte Vulkan ein beliebtes Motiv.

Obwohl der Eindruck überwältigend war und das Set in Erinnerung blieb, kann in der bekannten Architekturwelt kein direkter Nachahmer gefunden werden, was höchstwahrscheinlich der eigenwilligen Nutzung zugeordnet werden kann. Dennoch sind Parallelen mit nachfolgenden Projekten, die ebenfalls einen Vulkan als Vorbild nahmen, vorhanden. Eine Beeinflussung hat aber höchstens unbewusst stattgefunden.

Mit dem Rechenzentrum Pionen findet sich dennoch ein existierendes Projekt, welches die Handschrift von Ken Adam’s Geheimbasis trägt und offen zu dessen Inspirationsquelle steht. Ebenso kann in Sir Norman Foster’s Arbeiten eine Verwandtschaft interpretiert werden.

Pantheon der Filmarchitektur Die Parallelen mit dem römischen Pantheon sind nicht nur formaler Natur. Zwar basiert auch der ausgehöhlte Vulkan auf einer Kugelform und wird mit einem runden Opaion abgeschlossen. Doch auch symbolisch nehmen beide Werke die gleichen Themen auf.

So erstaunt es wenig, dass beide Bauten den Anspruch zur Weltherrschaft legitimieren und eine Verbindung zum Obdach (Götter resp. Weltall) gewähren. In diesem Aspekt unterscheiden sich die Werke lediglich durch Blofeld’s Kontrolle der Verbindung: Er als Herrscher über die Basis bestimmt, wann die Abschussrampe unter freiem Himmel steht, und wann das Versteck unsichtbar bleibt. Der Blick von Aussen ins Innere, wie es Bond und die Angreifer gegen Ende des Filmes tun, bricht dann auch dieses Gesetz und ist gleichbedeutend mit dem Untergang der ganzen Basis.

Eine weitere Gemeinsamkeit besteht in der Bedeutung der zwei Bauwerke. Das Pantheon gilt als Prototyp für ein ideales Haus, das vielfach kopiert wurde. Der ausgehöhlte Vulkan wiederum gilt als Ideal eines Geheimversteckes, dessen Idee sich in unseren Köpfe festgesetzt hat und somit als Ursprung so mancher Filmarchitekturen steht. Auch wenn die gebauten Folgen nicht so offensichtlich sind (Man will ja nicht kopieren!), hat sich der ausgehöhlte Vulkan dennoch als Vorbild jedes Unterschlupfs etabliert.

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#003 Ken Adam überwacht den Bau seines komplexesten Film-Sets.

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#004  Ein Genie und sein Meisterwerk.

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Schlusswort Mit diesem Vulkan-Komplex schuf Ken Adam eine Ikone, die unsere Wahrnehmung beeinflusste. Auch Hans Ulrich Obrist schrieb: «It is because of Sir Ken that people believe criminal masterminds operate from the insides of dormant volcanos and travel between their sumptuously decorated headquarters on chrome-plated monorails.»7 Adam hat einen Stil definiert, den wir als «natürlich böse» akzeptiert haben. Auch wenn die Schurken dieser Welt (Bin Laden etc.) sich kaum in einem ähnlichen Setting aufhalten, finden wir uns besser mit der Realität der James-Bond-Filme ab. Die Kulisse für die geheime Raketenbasis macht hierbei keine Ausnahme: Wir können uns keinen besser Ort vorstellen, um den 3. Weltkrieg anzuzetteln, als aus dem Innern eines Vulkans.

Dieses Werk stellt ein Meisterwerk dar, da es im Entwurf an Originalität unübertroffen bleibt und selbst in seiner Ausführung funktionierte. Die Idee des Versteckes ist genial und simpel, die monumentale Architektur elegant und beherrschend. Das Set fungierte als überzeugender Erzähler, der den Charakter der Organisation SPECTRE definierte. Es ist deshalb nur logisch, dass dem Set in diesem Film eine grössere Rolle als manchen Schauspielern zugesprochen wurde.

Für mich persönlich steht dieses Set auch für die Essenz, die einen James-Bond-Film ausmacht. Die Filme zeigen einen Eskapismus, der die Realität zwar berücksichtigt, stets jedoch mit einem Augenzwinkern darauf reagiert. Schlussendlich handelt es sich bloss um Unterhaltung, die aber – wie diese Arbeit zeigen konnte – auch einen Einfluss auf unser Leben ausübt. Der eine irrwitzige Gedanke, Blofeld dieses Geheimversteck zu überreichen, hätte doch auch noch nicht zum Meisterwerk gereicht. Es brauchte Ken Adam’s Design, um weder ins Lächerliche noch ins Langweilige zu fallen, sondern eine Ikone zu schaffen. Dazu brauchte es viel Mut (auch von Seiten der Produzenten) und einen Geniestreich, wie es nur Ken Adam einfallen konnte.

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Verweise 1 Ursprung 2010, p.19ff 2 Inside You Only Live Twice 3 www.facebook.com/JamesBond007 (23.02.2014) 4 www.wallpaperdirect.com (31.03.2015) 5 The Milwaukee Journal, p.2 6 Sylvester 1999, p.102 7 Obrist 2007, p.IV

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Bilder #001, #004 Archiv Autor #002 Rex Features #003 Duncan 2012

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