Seite 24
Rohrdorf-Samerberg ZEITUNG
Mai 2017
AKTUELLES AUS ROHRDORF Aus der Geschichte der Gemeinde Über den Chiemgaubund Nach dem Ersten Weltkrieg gab es in Bayern regionale Unruhen, überwiegend aber in der Hauptstadt. Daraufhin beschloss die Regierung des Freistaates Bayern am 17. Mai 1919 die Organisation von Einwohnerwehren im ganzen Land. Die Einwohnerwehr im Raum Rosenheim-Chiemgau nannte sich später der Chiemgaubund und setzte sich aus 22 Abteilungen zusammen. Die Abteilung Samerberg hatte K. Kreidl als Führer und für den Bereich Inntal I war ein Georg Summerer als Führer gewählt. Zum Bereich Inntal I gehörten vermutlich die Orte Rohrdorf, Neubeuern, Nussdorf und Schloßberg, sie sind in der Orteliste nicht einzeln genannt. Nach einer Tonbandaufnahme aus dem Jahr 1977 mit Christoph Dick (1905-1992) von Sachsenkam, transportierte nach dem Ersten Weltkrieg ein Zug Gewehre und Maschinengewehre Richtung Frasdorf. Ausgeladen hat man einen Teil dieser Waffen in Rohrdorf und Frasdorf, der Rest kam nach Aschau. In Rohrdorf wurden diese Geräte im Pfarrhof und im Brechhaus in Sachsenkam gelagert. Michael Reisner (1875-1947) erzählte seinem Enkel Peter (*1932), dass auch eine Kanone dabei war. Josef Stocker (1889-1949) erwähnt in seinen Aufzeichnungen sogar zwei Geschütze, die, von Spinnen eingewoben, friedlich im Pfarrhofstadel lagerten. Wann man diese Waffen aus den genannten Gebäuden entfernte, hat sich nicht überliefert. Vielleicht erst 1933, da forderte der Vorstand des Ortsvereins die Mitglieder auf, „alle Gewehre bis auf eins, das als Hauswaffe angesehen wird, unverzüglich an den Ortsgruppenleiter Andreas Schauer (1893-1960) abzuliefern. Wer mehr als eine Waffe behält macht sich strafbar.“ In der Kirche zu St. Florian lagerten Waffen versteckt bis nach dem Zweiten Weltkrieg, dafür bestrafte die amerikanische Besatzungsmacht den zu dieser Zeit amtierenden Mesner. Am 27. Juni 1921 kam von der Regierung das offizielle Ende für die Einwohnerwehr. Anscheinend hat sich diese Organisation doch nicht aufgelöst, denn im Gemeindearchiv wird das Protokollheft vom „ChiemgaubundOrtsgruppe Rohrdorf“ aus der Zeit von 1927 bis 1933 aufbewahrt.
führer Georg Bloch aus Thansau notiert auch: „Um ein harmonisches zusammenarbeiten zu gewährleisten wurden als Verbindungleute zwischen den Mitgliedern und der Ortsgruppenleitung vier Gruppenführer ernannt. Für die Gruppe Thansau: Karl Brandl, für Rohrdorf Oberdorf und Sachsenkam: Michael Reisner, für Rohrdorf Unterdorf: Josef Höss (1900-1966) und für die Orte Thalmann, Geiging, Sinning und Apfelkam: Peter Westner (1893-1961). Diese haben die Aufgabe, den kleinen Gruppenkreis, der ihnen unterstellt ist, zu überwachen und evtl. Beschwerden oder Anregungen der Gruppenleitung bekannt zu geben.“ Bei den Übungen verwendete die Gemeinschaft zu dieser Zeit schon Kleinkalibergewehre und „um die uns anvertrauten Kleinkaliber-Gewehre in Ordnung zu halten, wurde Herr Karl Reber (1884- 1954) zum Waffenmeister ernannt.“ In einer Versammlung am 13. Januar 1929 sprach Herr Weber aus Frasdorf und „gab Aufklärung betreffs der Beteiligung am 20. Jan. bei der großen vaterländischen Kundgebung in Rosenheim durch kluge u. kernige Worte.“ Daraufhin erklärten ca. 80 Mann ihre Teilnahme in der Kreisstadt bei der es (lt. Versammlungsbeschluss) Freibier im Gasthaus Löw gibt. 120 Mann und die Rohrdorfer Musikkapelle nahmen an der Veranstaltung teil, so in einem Nachtrag vom neuen Schriftführer Andreas Schöberl (Jg. 1892) der von 1925-1935 in Thansau wohnte. Der Ortsvorsitzende gab auch die polizeiliche Sperrung des Schießstandes bekannt und ergänzte dazu „von einer Erbauung eines KleinkaliberSchießstandes würde vorerst abgesehen.“ Am 22. September 1929 notiert Herr Schöberl: „ zu Punkt vier wurde beschlossen die Abräumung des Kugelfanges und der Schutzblenden bei dem großen Schießstand. Zur Bildung einer Jugendgruppe konnte nicht geschritten werden, weil die Jugendlichen nicht anwesend waren, es ist eine starke Zersplitterung eingetreten, weil eine Gründung einer Stahlhelmgruppe in unserem Ort stattgefunden hat.“ Chiemgauadler, das Abzeichen des Chiemgaubundes
Ausschnitt aus dem Heftumschlag. Heftgröße 16,5 cm x 21 cm
Darin wird in einer 1927 einberufenen Versammlung über die „großen Unkosten, die die Erbauung des Schießstandes (auf Kirchengrund, an der damaligen Flurgrenze SinningRohrdorf, jetzt vom Zementwerk überbaut) verursachte, berichtet und der Ortsgruppenleiter Andreas Schauer (1893-1960) wurde in seinem Amt bestätigt. Der Schrift-
Vier Wochen später kamen Herr Forstmeister, Jäger aus Aschau, und Herr Zimmerer aus Rosenheim als Redner nach Rohrdorf. Herr Zimmerer berichtete über den „Zweck und Ziel des bayerischen Heimatschutzbundes“ und Herr Jäger forderte „die Jugendlichen auf, dem bayerischen Heimatschutz bei zutreten.“ In der bald darauf folgenden Versammlung traten „13 Mitglieder der Jugendgruppe bei“ und die Versammlungsteilnehmer wählten Herrn Joh. Bapt. Warter (1906-1961) zum Jugendleiter. Auch zur Teilnahme an der noch im selben Monat stattfindenden Isengauta-