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Theater Baden-Baden Die neue Spielzeit
Der große Saal des Theaters wird jetzt endlich wieder mit Leben, Licht und Publikum gefüllt
VORHANG AUF!
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DIE NEUE SPIELZEIT HAT BEGONNEN – UND DAS THEATER BADEN-BADEN LOCKT JUNG UND ALT MIT VIELEN SPANNENDEN INSZENIERUNGEN.
Endlich. Es ist wieder so weit: Das Theater Baden-Baden öffnet seine Türen für die neue Spielzeit.
Nach coronabedingter Zwangspause und auf Außenveranstaltungen reduzierten Monaten ist es jetzt auch im schönen Theatersaal wieder losgegangen: mit einem Spielplan, der mit zahlreichen Premieren neugierig macht.
Neugierig macht schon das Motto der
Spielzeit: „Berühren“ lautet es – das spricht gerade in Pandemiezeiten fast

Intendantin Nicola May ist nach einer Auszeit jetzt voller Elan zurück jeden besonders an. Intendantin Nicola May, gerade aus einem Sabbatjahr zurückgekehrt, kommentiert: „Das Theater will ja immer berühren, man möchte die Menschen emotional erreichen – ihre Herzen und Köpfe gleichermaßen. Und weil ja in der Corona-Zeit die tatsächliche physische Berührung uns allen gefehlt hat, steckt in diesem Motto auch ein bisschen Utopie.“ Höhepunkte gibt es viele, der erste kommt gleich mit der Premiere von „Verbrechen und Strafe“, als Roman bekannt unter dem Titel „Schuld und Sühne“. Dostojewski, der Baden-Baden zweimal besuchte und dessen 200. Geburtstag im November ansteht, thematisiert hier auch, was man als Einzelner darf und ob die gesellschaftlichen Regeln für alle gelten – nicht nur für Nicola May ein durchaus aktuelles Thema. Als Uraufführung steht „Lieber Arthur“ von Judith Herzberg auf dem Programm: ein Stück über drei Schwestern, die sich nach vielen Jahren wieder treffen – „ein kleines, feines Stück, teilweise auch witziges Stück für drei Schauspielerinnen – was ja durchaus auch etwas Besonderes ist“, sagt Nicola May.
Dunkle Jahre und leise Komik
Eine starke Frau steht bei „Harold und Maude“ im Mittelpunkt: Viele werden den Film von Hal Ashby kennen, in Baden-Baden spielt Rosalinde Renn die Maude in der ungewöhnlichen Liebesgeschichte. Besonders gut gefallen hat den Theatermachern an dem Werk von Colin Higgins, dass hier gerade ein älterer Mensch so eine umwerfende und ansteckende Lebenslust vermittelt. Auch wenn man den Film kennt, gibt es Neues zu entdecken: „Es wird alles ein bisschen anders und neu erzählt – das muss man auf der Bühne auch, denn die hat ganz andere Gesetze“, sagt die Intendantin. Wieder da ist George Taboris „Mutters Courage“, in dem er ein dramatisches Erlebnis im Leben seiner Mutter nachzeichnet und zurück in die dunklen 40er-Jahre des letzten Jahrhunderts führt – durchaus mit leiser Komik.
Gelacht werden darf auch bei der Wiederaufnahme von „Der Vorname“: Die pointenreiche Gesellschaftskomödie führt humorvoll-bissig aufs verbale Glatteis. Zeitlos und (leider) immer aktuell ist Ödön von Horváths „Jugend ohne Gott“, in dem Anpassung und Widerstand thematisiert werden. Für diese Produktion bietet das Theater ein theaterpädagogisches Begleitprogramm für Schulklassen an. Wie überhaupt – schon traditionsgemäß – das Junge Theater einen großen Stellenwert im Programm hat. „Unser Junges Theater steht in den Startlöchern“, meint Nicola May. „Und wir hoffen jetzt stark, dass die Schulen auch kommen dürfen. Die sind ja auch ausgehungert und wollen gerne, aber auf der anderen Seite gibt es viel Stoff nachzuholen.“
Großes Theater auch für Kinder
Viel Interesse findet sicher „SetUpSchool. Die Lernmaschine“, eine Produktion in Zusammenarbeit mit der freien Gruppe machina eX. Dieses „theatrale Game“ versucht, das Digitale ins Analoge zu übertragen. Es soll ein Projekt zum Thema Demokratie werden, mit ähnlichen Mitteln und ähnlicher Sprache wie im digitalen Spiel. Man darf gespannt sein. Konventioneller, aber bestimmt nicht langweiliger ist „Die Konferenz der Tiere“ nach Erich Kästner. Eigentlich eine wunderbare Utopie, in der die Tiere die Menschen zur Vernunft bringen!

Ehrgeizig, eitel, charismatisch: Mattes Herre als Hendrik Höfgen in „Mephisto“
Jetzt schon mal auf Weihnachten freuen: „Die Bremer Stadtmusikanten“ mit Michaela Lenhart
Beim Betrachten des gut gefüllten Spielplans hat man den Eindruck, dass besonders viele Premieren auf dem Programm stehen. Das ist sicher auch der Tatsache geschuldet, dass manche Inszenierungen im Verlauf des letzten Jahres einfach keine Chance bekamen, die Bühne zu erobern – oder, wie beispielsweise „Mephisto“, nur viel zu kurz zu sehen waren. Nun hofft Nicola May, dass in dieser Spielzeit endlich wieder mehr Theaterbegeisterte die Gelegenheit zu einem Besuch im Hause bekommen. May ist gerade aus einem Sabbatjahr zurückgekehrt – eine durchaus ungewöhnliche Entscheidung, die sie und ihre Stellvertreterin, Chefdramaturgin Kekke Schmidt, trotz Corona umsetzten: „Es war sowohl für Kekke Schmidt als auch für mich anders, als wir uns das vorgestellt hatten. Wir hatten das ja verabredet, lange bevor es eine Spur von Corona gab, haben dann gezögert – und es doch gemacht. Kekke Schmidt hat natürlich viel mehr Krisenmanagement machen müssen, als gestaltend tätig zu sein, und ich habe mehr innere Reisen gemacht als äußere. Aber ich würde sagen, es war gut, einmal zur Ruhe zu kommen.“
Vorfreude auf das Publikum

Petersburger Fiebertraum: In „Verbrechen und Strafe“ nach Dostojewski ringen die Menschen mit ihrem Gewissen – spannend und aufwühlend. Mit Jonathan Bruckmeier Jetzt startet sie mit neuem Elan. Und erinnert sich noch an die Zeit nach dem ersten Lockdown, als das Theater (kurz) wieder da war: „Das war sehr bewegend. Als wir die erste Vorstellung gespielt haben und der Vorhang aufging, gab es schon Szenenapplaus, obwohl noch nichts passiert war. Ein sehr berührender Moment! Nun freuen wir uns wahnsinnig darauf, in einen mehr oder weniger normalen Spielbetrieb zu kommen – und auf unsere Zuschauerinnen und Zuschauer. Mit ihnen wollen wir wieder ‚in Berührung‘ kommen, das Theater soll wieder seine Funktion als Ort der Begegnung einnehmen. Wir machen jetzt die Türen auf und hoffen, dass möglichst viele kommen.“ Ganz bestimmt! Das lassen wir uns doch nicht zweimal sagen …