bei uns daheim

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bei uns daheim

Islam In Baden-W端rttemBerg Ein Magazin der Zeitenspiegel-Reportageschule G端nter Dahl Eine Beilage der Zeitungen


editorial

dr. Ulrich Bausch

dr. Olaf Hahn

Meist ist Aufregung mit im Spiel, wenn Medien über Muslime

Schlachterei besucht, in der nach islamischem Recht ge-

in Deutschland berichten. Da wird eine evangelische Vikarin

schlachtet wird und dennoch alle Tierschutzbestimmungen

entlassen, weil sie einen Muslim zum Ehemann hat; da wird

eingehalten werden. Und sie haben Baden-Württembergs

eine muslimische Lehrerin entlassen weil sie ein Kopftuch

kleinste Moschee auf der Schwäbischen Alb entdeckt – aus-

trägt; da wird der Bau jeder neuen Moschee als Störung des

gerechnet in einem ehemaligen, umgebauten Schweinestall.

Normalbetriebs notiert. Übrigens hatten die meisten jungen Muslime, denen die Dieses Medienbild steht allerdings im Kontrast zur Wirklich-

Reporter begegneten, ein recht entspanntes Verhältnis

keit in unserem Land, in dem Christen, Muslime, Juden und

zum Islam – und unterschieden sich damit kaum von ihren

Nicht-Gläubige doch fast überall und immer friedlich und

christlichen Altersgenossen. Es gibt, so das Fazit der jungen

mit Respekt voreinander zusammenleben. Und dennoch: die

Journalisten, eine spannende Welt in unserer Nachbarschaft

Lebenswelt vieler Muslime bleibt den meisten Nicht-Muslimen

zu entdecken – jenseits der Aufgeregtheit.

vielfach fremd. Daher haben junge Reporter, allesamt Absolventen der Reutlinger Journalistenschule, Baden-Württemberg von Freiburg bis Ulm durchstreift, um nach Alltagsgeschichten von muslimischen Mitbürgern zu suchen.

Dr. Ulrich Bausch Zeitenspiegel-Reportageschule Günter Dahl

Gefunden haben sie zum Beispiel die junge Modemacherin

an der Volkshochschule Reutlingen

Yasemin Yesil in Karlsruhe, die auf einer Modeschule ihr Handwerk lernte und jetzt trendy fashion für Musliminnen

Dr. Olaf Hahn

macht – bald in ihrer eigenen Firma. Sie haben eine Lamm-

Robert Bosch Stiftung


Foto: Julia Grudda

Liebe Leserinnen und Leser, das Angebot an klassischen und neuen Medien war noch nie

Daher begrüße ich es sehr, dass sich Absolventen der

so groß wie heute. Diese wachsende Vielfalt hat viele posi­

„Zeiten spiegel­Reportageschule Günter Dahl“ in Reutlin­

tive Seiten. Jedoch bringt der immer schärfere Wettbewerb

gen der Aufgabe gestellt haben, die real existierende und

um das knappe Gut der Aufmerksamkeit ein gravierendes

alltägliche Vielfalt hinter dem Sammelbegriff des „Islam in

Problem mit sich: Das Spektakuläre und Extreme verdrängt

Baden­Württemberg“ darzustellen. Hier kommen jene zu

viel zu oft das Alltägliche und Gewöhnliche.

Wort und Bild, die Klischees widerlegen: die junge Mode­ designerin, die selbstbewusst ihren Weg geht, der schwä­

Minderheiten generell, und gerade auch Muslime, sind da­

bisch­muslimische Banker oder die alte Dame, die mit

von in unserem Land besonders betroffen. Der kleine Anteil

dem Dorf­Imam Kaffee trinkt. Der Robert Bosch Stiftung

an Menschen mit gravierenden Integrationsproblemen, ex­

ist es zu verdanken, dass diese Berichterstattung abseits

tremeren Einstellungen und traditioneller Kleidung domi­

der manchmal übersteigerten Schlagzeilenwettbewerbe

niert oft die Berichterstattung. Die große Mehrzahl der Mus­

möglich geworden ist. Sie setzt durch ihr Engagement ein

lime, die ihren Weg in unsere Gesellschaft längst gefunden

wichtiges Zeichen.

hat und Religion ganz unterschiedlich oder auch gar nicht lebt, findet sich in diesen Darstellungen nicht wieder. Der

Hannah Arendt hat uns erinnert: „Nicht der Mensch be­

Nobelpreisträger Amartya Sen hat diese Blickverengung

wohnt diesen Planeten, sondern Menschen. Die Mehrzahl

der Öffentlichkeit als „Identitätsfalle“ erkannt. Er hat davor

ist das Gesetz der Erde.“ Indem diese Vielfalt eine Stimme

gewarnt, dass über solche Vereinfachungen Menschen­

erhält, wird dieser Reichtum unserer Gesellschaft sichtbar.

gruppen gegeneinander abgeschottet und die Freiheiten

Daher danke ich allen Beteiligten dieses Projektes und allen

der Einzelnen eingeschränkt würden. Im Alltag äußert sich

Leserinnen und Lesern, die dem Ergebnis ihre Aufmerksam­

dies in Klischees – etwa, wenn Muslime erklären müssen,

keit schenken.

warum sie nicht fünfmal täglich beten oder versichern sollen, dass sie sich ihren Ehepartner durchaus selbst

Winfried Kretschmann

aussuchen dürfen.

Ministerpräsident des Landes Baden­Württemberg

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Inhaltsverzeichnis

Editorial und Grußwort Seite 1 Was junge Muslime über Religion denken Seite 4 Im Bilde Seite 6 Allahs Bank Der Islam verbietet Zinsen. Für die Kuveyt Türk Bank ist das nicht nur ein frommer Wunsch

Auf Respekt kommt es an Der Unternehmer Turgay Güngormus kam als Einwandererkind nach Deutschland

Die Moschee im Dorf lassen In Oberstetten liegen Kirche und Moschee in Rufweite. Geschichte einer Annäherung

Von Elefanten und türkischen Gärten Die Kulturgeschichte zwischen Württemberg, Baden und dem Orient

Imam made in Tübingen Deutsche Hochschulen bilden muslimische Geistliche aus. Über ein Fach mit Vorbildcharakter

„Wir sollten Andersgläubige als Bereicherung begreifen“ Interview mit Integrationsministerin Bilkay Öney

Der Teufel & die Töchter Gewalt gegen Frauen hat nichts mit Religion, aber viel mit Tradition zu tun

Glaube, Liebe, Hochzeit Besuch bei einem christlich-muslimischen Ehepaar

„Wir glauben an den einen Gott“

Seite 12 Seite 16 Seite 18 Seite 21 Seite 23 Seite 26 Seite 28 Seite 32

Über Gemeinsamkeiten zwischen Christen und Muslimen

Seite 34

Der Islam in Zahlen

Seite 36

Locker 30 Kopftücher Die Modemacherin Yasemin Yesil entwirft Kleider für junge Musliminnen

2

Seite 38


Allahs Bank

S 12

Imam made in Tübingen

S 23

Locker 30 Kopftücher

Verboten verboten verboten Die deutsche Friedhofsordnung und islamische Beerdigungsriten passen nicht immer zusammen

Gelernte Toleranz Was lernen junge Muslime in einer Koranschule?

Ausnahme nur für Profis Fußballspieler, die sich an die Fastenregeln halten, sind eindeutig im Nachteil

Auf Messers Schneide Wie in einem Schlachthof religiöse Regeln und deutsches Tierschutzgesetz beachtet werden

Die friedliche Tour In Nürtingen vermitteln Bürgermentoren in Konfliktfällen zwischen Besuchern und Nachbarn einer Moschee

Die Entscheidung Zwei Konvertiten erzählen, warum sie die Religion gewechselt haben

S 38

Seite 42 Seite 44 Seite 46 Seite 48 Seite 51 Seite 54

Islam in aller Kürze Seite 56 Impressum Seite 57 Foto s Titel: Rainer Kwiotek, Antonia Zennaro, Eric Va zzoler, Chris toph Püschner, Tho mas Kienzle, B enny Ulmer F o to s Inh al t s ve r zeichnis (v.l.n.r.): Eric Va zzoler, Thomas Kienzle

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Was junge Muslime über Religion

Amin Mahgoub, 25, arbeitet als Zahnarzt in Pforzheim

Ayten Bulut, 29, studiert Jura in Heidelberg Kurz vor dem Abitur entschied ich mich, das Kopftuch zu tragen. Meine Mutter fragte: „Möchtest du nicht noch

Demet Bozkurt, 19, macht Abitur in Stuttgart

Der Islam ist für mich von zentraler

ein Jahr warten?“ Sie hatte Angst,

Bedeutung. Mit seinen Geboten und

dass sich das auf meine Noten auswir­

Verboten ist er der Leitfaden für mein

ken könnte. Meine Freundinnen waren

Jeder lebt seinen Glauben doch so,

Leben und alles, was mich nach dem

ein wenig überrascht, haben sich aber

wie er es in der Familie gelernt hat. Das

Tod erwartet. Als frommer Mensch

schnell daran gewöhnt.

schaut man sich ab. Wir Aleviten ge­

muss ich in manchen Bereichen zurück­

Ich habe mich schon immer als Deut­

hen zum Beispiel nicht in die Moschee,

stecken, aber das tue ich gern, denn im

sche und als Muslimin gefühlt. Das ist

um zu beten, sondern in ein Cemhaus,

Jenseits erwartet mich die Belohnung.

für mich kein Widerspruch, ich bin ja

ein Gemeindehaus. Im Grunde kann

Eigentlich ist es total banal, die Gebo­

auch Tochter, Ehefrau, Studentin und

ich mich Gott aber überall nahe fühlen.

te und Verbote einzuhalten. Wenn ich

vieles mehr zugleich. Kein Mensch hat

Eigentlich spüre ich kaum, dass ich in

unterwegs bin, fahre ich eben auf den

nur eine einzige Identität. Dennoch: In

diesem Land einer Minderheit ange­

Autobahnparkplatz und bete dort. Und

zwei Kulturen zuhause zu sein, heißt

höre. Ich gehe mit Freundinnen und

in anderen Städten suche ich die nächs­

mitunter auch, in keiner richtig zuhause

Freunden weg, ins Kino oder in die

te Moschee übers Handy im Internet.

zu sein. Alkohol und Beziehungen etwa

Stadt und trinke auch mal ein Glas

Früher war mir nicht klar, warum ich auf

waren nie ein Thema für mich – anders

oder zwei, das ist eine Sache zwischen

dieses oder jenes verzichten, dieses

als für viele Jugendliche um mich her­

mir und Gott. Okay, würde ich mit

oder jenes tun sollte. Aber seitdem ich

um. Wenn ich in der Türkei bin, vermisse

deutschen Freunden in ein Restaurant

mich mit dem Islam beschäftige, wird

ich wiederum die Ordnung und Verläss­

gehen und alle bestellen Schweine­

mein Glaube immer fester. Je mehr

lichkeit, die ich aus Deutschland kenne.

schnitzel, wäre ich halt die Ausnahme.

Wissen ich sammle, desto stabiler

Als gläubige Muslimin muss ich Kom­

Dann esse ich eben Pizza, na und?

wird das Fundament. Gott zu preisen

promisse eingehen. Mit meinem Kopf­

Alle paar Wochen gehe ich mal in

gibt mir innere Ruhe.

tuch kann ich zum Beispiel nicht als

unsere Gemeinde, wenn ein Fest ist

Viele Menschen rennen dem Glück

Staatsanwältin arbeiten. Also werde

zum Beispiel. Oft brauchen sie dann

hinterher. Sie kaufen etwas, um glück­

ich Rechtsanwältin. Umgekehrt ist es in

jemanden der mit anpackt. Später

lich zu sein und merken dann: das ist

islamisch geprägten Ländern nicht üb­

wird gekocht, gegessen und Musik

es doch nicht. Was nicht heißen soll,

lich, Männern zur Begrüßung die Hand

gemacht, das gefällt mir. Im Aleviti­

dass man auf alles Weltliche verzich­

zu geben. Ich mache es aber trotzdem,

schen Fastenmonat Muharrem faste

ten sollte. Wer den Koran verstanden

einfach weil es hier in Deutschland eine

ich tagsüber. Das gehört für mich ein­

hat, ob arm oder reich, ist glücklich.

höfliche Geste ist.

fach dazu.

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denken Kübra Kücük, 22, studiert Kultur- und Medienbildung in Ludwigsburg Ich verstehe nicht, warum ein Kopf­ tuch so viele Menschen irritiert. Es hat doch eine lange Tradition, auch in Europa. Doch die Medien haben es für „fremd“ erklärt und den Menschen

Foto s: Thomas Kienzle, Chris toph Püschner

Özgün Göcer, 17, ist Schüler in Stuttgart

die Entscheidung abgenommen selbst über seine Fremd­ oder Vertrautheit zu reflektieren. Einerseits fühle ich mich

Yassin Günther, 18, macht eine Ausbildung zum Industriemechaniker in Pforzheim

zuhause in Deutschland, schließlich

Seit ich meinen Glauben ausübe, gibt

Ich muss gestehen: Das letzte Mal

bin ich hier aufgewachsen. Aber es

er mir Zuversicht und Hoffnung, innere

habe ich kurz vor einer Prüfung gebe­

gibt immer wieder Menschen, die mich

Ruhe und Frieden. Das hat mir bei der

tet. Dabei ist mein Vater ein religiöser

ansehen als wollten sie sagen: Du

Ausbildungssuche geholfen. Ich bin

Mensch und so etwas wie ein Geistli­

gehörst hier nicht her!

sehr selbstbewusst in die Vorstellungs­

cher in der Alevitischen Gemeinde.

Eine zeitlang habe ich sogar eine Mütze

gespräche gegangen. Früher hatte ich

Wenn ich die Gemeinde besuche, dann

getragen und gemerkt, dass die Men­

Ängste, habe mir Gedanken gemacht,

eher um Freunde zu treffen. Aber im

schen mir dann offener begegnen. Oder

ob das alles stimmen kann. Aber ich

Grunde ist es für uns Aleviten bereits

ich habe mir zum Kopftuch ein Kreuz um

weiß inzwischen, dass ich auf Allah ver­

eine Form von „Gebet“, sich auszutau­

den Hals gehängt, um Nachfragen zu

trauen sollte, und dass er mir hilft.

schen, gemeinsam Zeit zu verbringen.

provozieren. Die Leute sollten erfahren,

Mir ist klar geworden, dass die Wis­

In meinem Freundeskreis sind Jun­

warum ich das Kopftuch trage und mich

senschaft den Koran bestätigt. Über

gen und Mädchen aus vielen Ländern

nicht nach meinem Äußeren beurteilen.

den Ursprung des Universums haben

– Deutsche, Türken, Italiener, Araber,

In der Türkei ist es auch nicht überall

die Wissenschaftler ja die Urknallthe­

mein bester Freund ist Grieche. Am

einfach. In einigen Gegenden ist das

orie. Genauso gibt es im Koran einen

Wochenende spielen wir Poker oder

Kopftuch normal, aber in Izmir etwa fal­

Vers, der besagt, dass Himmel und

gehen auf ein Bier in die Stadt. Ich ach­

le ich noch viel mehr auf als hier. Und

Erde eins waren und sich dann teilten.

te allerdings darauf, dass ich nicht zu­

als ich ein Praktikum beim Fernsehen

Das bestätigte meinen Glauben. Im

viel trinke, weil ich nicht die Kontrolle

gemacht habe und mich über die Ar­

Koran ist alles so detailliert erklärt,

verlieren möchte. Es gibt eine Regel im

beitsbedingungen beklagte, meinten die

das kann sich niemand vor 1.400 Jahren

Alevitentum, sie lautet übersetzt qua­

Kollegen schmunzelnd: „Die Deutsche

ausgedacht haben.

si: „Achte auf deine Lende, deine Hän­

probt wieder den Aufstand.“

Ich bin solo und noch nicht verheira­

de und deine Zunge!“ Im Kern geht es

Dieses ständige Reflektieren über Wer­

tet, deshalb enthalte ich mich. Das ist

darum, seinen Mitmenschen und sich

tesysteme ist ein Teil meines Lebens –

in Ordnung. Ich komme damit klar. Ich

selbst nicht zu schaden. Also bestel­

und hilft mir schon jetzt bei meiner Ar­

finde es auch viel schöner, jungfräulich

le ich nach dem dritten Bier nur noch

beit in der Kultur­ und Medienbildung.

in die Ehe zu gehen. Die Ehe läuft dann

Cola. Bin ich deshalb schon religiös?

Man könnte sagen: Ich habe es zu mei­

viel besser und das Familienleben wird

Vielleicht.

nem Beruf gemacht.

dadurch geschützt.

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Sehnaz Korkmaz arbeitet beim „Interkulturellen Pflegedienst Can“, sie besucht täglich bis zu 15 Patienten. 6


Kenan Can

Kulturpflege Viel kann Sehnaz Korkmaz heute nicht für ihre Klientin tun. Deren Diagnose lautet: Multiple Sklerose im Endstadium. Und obwohl der Koran Kranke von bestimmten religiösen Pflichten ausnimmt, besteht die 60­jährige Türkin darauf zu fasten. Es ist Ramadan – wichtiger als jeder medizinische Ratschlag ist ihr, dass Sehnaz Korkmaz ihr einige Suren aus dem Koran vorliest. Sehnaz Korkmaz, 23, arbeitet beim „Interkulturellen Pflege­ dienst Can“ in Stuttgart. Das von Kenan Can gegründete Unternehmen ist auf die Pflege und Betreuung von Mi­ granten spezialisiert. Darunter sind viele Türken, aber auch Albaner, Iraner, Inder oder Afghanen. Gerade Musli­ me schätzen die Dienste von Cans Mitarbeitern, die selbst meist Migranten sind, verschiedene Sprachen sprechen und sich in der Kultur ihrer Klienten auskennen. „Es fängt schon damit an, dass man die Schuhe auszieht, bevor man eine Wohnung betritt“, sagt Kenan Can. Oder, dass man weiß, wie die rituelle Gebets waschung funktioniert. Als Kenan Can nach seiner Ausbildung zum Kranken­ und Alten pfleger und einer Weiterbildung zum Pflegemanager einen ambulanten Dienst für Migranten aufmachen woll­ te, rieten ihm seine Dozenten ab. Statistiken zufolge nahm kaum ein Ausländer Pflegedienste in Anspruch. „Das hat einen einfachen Grund“, weiß Can heute. „Es gab kein vergleichbares Angebot.“ Der Erfolg gibt ihm Recht: Zwei Jahre nach der Gründung beschäftigt Kenan Can 50 Mitar­ beiter, demnächst macht er eine Zweigstelle in Heilbronn

Foto: B enny Ulmer

auf, zum Ende des Jahres ist die Eröffnung eines Altenheims geplant. Als Sehnaz Korkmaz ihre Stelle antrat, erinnerten Freunde sie daran, dass es im Islam tabu sei, fremde Männer zu berühren. „Aber in Notlagen ist es erlaubt“, entgegnete sie. „Und wenn ein Mensch niemanden hat, der ihn pflegt, dann ist das eine Notlage.“

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Freitagsgebet in der Yavuz­Sultan­Selim­ Moschee in Mannheim. Das größte muslimische Gotteshaus Baden­Württembergs bietet Platz für bis zu 2.500 Gläubige. 8


Mesut Palanci

Grenzgänger Das Freitagsgebet ist Mesut Palanci, 43, ebenso vertraut wie die Sitzungen des CDU­Ortsverbandes Karlsruhe­Ost­ stadt. Palanci ist Muslim – und Christdemokrat. Wie geht das zusammen? „Ich kann mich mit den Werten der CDU identifizieren“, sagt Palanci. Familie, Umweltschutz, Frömmigkeit: In dieser Kom­ bination finde er das in keiner anderen Partei. Doch es gibt auch Stoff für Diskussionen: Doppelte Staatsbürgerschaft, Kopftuchdebatte, Integrationsfragebogen und zuletzt Thilo Sarrazin. Der ist zwar in der SPD, erntete aber auch im Orts­ verband von Mesut Palanci viel Applaus. „Es müssen ja nicht immer alle einer Meinung sein“, sagt der und lächelt milde. Er hat sich daran gewöhnt, auch mal quer zu schlagen. Schließlich findet sich in seiner Moschee auch kein zweiter Vater, der seine Kinder auf eine Waldorfschule schickt. Mesut Palanci wurde 1969 in Mardin in der Türkei nahe der syrischen Grenze geboren, in einer Stadt, in der Christen ebenso zu Hause sind wie Muslime. Als er zwei Jahre alt Foto s: Rainer Kwiotek (links), Antonia Zennaro (rechts)

war, zog die Familie nach Deutschland. Grundschule, Haupt­ schule, Realschule, Technisches Gymnasium, Studium der Elektrotechnik. Heute ist er Programmierer bei einer Tele­ fonfirma. Palanci arbeitete sich geduldig nach oben in der neuen Heimat, die immer ein wenig Fremde blieb. „Mein Le­ ben hätte leicht anders verlaufen können“, sagt er in klarstem Hochdeutsch – aber eben nicht in Karlsruher Mundart. Aus den ersten Kontakten mit CDU­Mitgliedern, die Palanci 1998 im Anschluss an ein Stadtteiltreffen knüpfte, haben sich zum Teil gute Freundschaften entwickelt. Seither steht auf dem Stammtisch zwischen lauter Biergläsern eben auch eine Apfelschorle. Klar habe es Leute gegeben, die ihn raushaben wollten aus der CDU. Palanci denkt nicht dran: „Dann hätten die ja gewonnen!“

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Alltag im Karlsruher Kinderspielhaus: Das Kopftuch stรถrt die Kleinen nicht. 10


Stoff für Konflikte

Ein ganz normaler Vormittag bei den „Burgzwergen“ in Karlsruhe­Grünwinkel. Dass ihre Erzieherinnen Rabia Oku­ mus, 27, und Ayten Yazici, 29, Kopftuch tragen, stört die Krippenkinder nicht – anders als den Gesetzgeber. Seit 2006 verbietet das Kindertagesbetreuungsgesetz für Baden­ Württemberg „religiöse Bekundungen“ von Kindergarten­ personal. Privaten Einrichtungen steht es zwar frei, Erzie­ herinnen mit Kopftuch einzustellen, doch kaum jemand tut es. Manchmal stehen eigene Vorurteile im Weg, meist die Angst vor Elternprotesten. „Ich kenne viele türkischstämmige Erzieherinnen, die zu Hause sitzen“, sagt Ayten Yazici. Und das, obwohl sie we­ gen ihrer Zweisprachigkeit eigentlich gefragt sind. Rabia Okumus musste gar fünf Jahre warten, bis sie ihr Aner­ kennungsjahr absolvieren konnte, das auf die dreijährige Fachschulausbildung folgt. Es fand sich schlicht niemand, der sie einstellte. „Einmal hat man mir sogar mehr Lohn als üblich angeboten, wenn ich ohne Kopftuch zur Arbeit komme“, erzählt sie. Schließlich bekam sie ihre Chance im Karlsruher Halima­Kindergarten. Die Einrichtung wurde 1999 von Muslimen gegründet, betreut aber auch Kinder von Deutschen. Auch Ayten Yazicis Karriere begann im Halima­Kindergar­ ten, im Anschluss bekam sie eine Stelle im Kinderspielhaus in Karlsruhe­Grünwinkel, dessen pädagogische Leiterin sie heute ist. Mittlerweile arbeitet hier auch Rabia Okumus, an­

Foto: Tho mas Kienzle

derthalb Stunden Arbeitsweg zum Trotz. „Religion bleibt draußen“, stellt Geschäftsführer Holger Roolf klar. Was seine Mitarbeiterinnen auf dem Kopf tragen, ist ihm jedoch egal. Den Eltern nach anfänglichem Zögern auch. Nur die „Burgzwerge“ sehen es kritischer: Rabias graues Kopftuch finden sie ein bisschen langweilig. „Aber das pinke“, sagen sie, „steht dir richtig gut!“

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ALLAHS BANK Kein Dispo, keine Umfinanzierung, keine Konsumkredite: Woran andere Banken verdienen, ist für die Kuveyt Türk Bank tabu. Sie arbeitet nach islamischen Regeln, was Sicherheit in turbulenten Zeiten verspricht. Das entdecken jetzt auch deutsche Kunden

„Diejenigen, die Zins nehmen, werden nicht anders dastehen als wie einer, der vom Satan erfasst und geschlagen ist.“ (Koran, Sure 2, Vers 275)

E

rtugrul Erden, 37, aus Mannheim möchte ein gottgefälliges Leben führen. „Doch ich kann ja nicht einfach zur Commerzbank gehen und sagen: Ich will keine Zinsen mehr!“ Zinsen zu nehmen ist laut Koran verboten. Jetzt hat in Mannheim eine neue Bank eröffnet, für die genau das selbstverständlich ist: die Kuveyt Türk Beteiligungsbank, die erste islamische Bank Deutschlands. Die Filiale in einem Altbau am Ende der Einkaufsstraße liegt nur wenige hundert Meter entfernt vom türkischen

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Viertel, zwischen Apotheke und „Eriks Holland-Blumenladen“. Der helle Geschäftsraum ist menschenleer: links vier unbesetzte Schalter, auf einem Bildschirm darüber läuft türkisches Fernsehen. Auf den Tischen: Kugelschreiber, Tassen, Bonbons mit dem Logo der Bank, eine goldene Palme auf grünem Grund, ein Hinweis auf den Haupteigentümer der Bank: das Emirat Kuwait. Geschäftsführer Ugurlu Soylu, 42, ist ein gemütlicher Mann mit sanfter Stimme, Vollbart und roter Krawatte. Das Ausbleiben der Kunden erklärt er so: „Wir haben noch keine Vollbanklizenz. Das kann noch ein oder zwei Jahre dauern.“ Bisher dürfe er Kunden nur an die Mutterbank in der Türkei vermitteln. Noch brüten die deutschen Behörden offenbar über den Besonderheiten der muslimischen Finanzwelt.


Gesch채ftsf체hrer Ugurlu Soylu vor der Kuveyt T체rk Bank in Mannheim.

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„Hinter jedem Geldfluss muss ein reales Gut stehen“, erklärt Soylu das Prinzip islamischen Bankwesens. Der Handel mit Geld an sich ist verboten – und damit jede Art von Zinsen. „Wir verleihen grundsätzlich kein Geld.“ Bei der Kuveyt Türk gibt es keinen Dispo, keine Umfinanzierungen und keine Konsumkredite. Soylu erklärt das Geschäftsmodell an einem Beispiel: Kauft man einem Fischer alle am Tag gefangenen Fische ab, ist das ein normales Geschäft – allerdings nur, wenn sie schon gefangen wurden. Schwimmen sie noch im Meer und man vereinbart vorab, den Fang des Tages zu kaufen, ist das ein zu unsicheres Geschäft: Der Fischer könnte nichts fangen oder viel mehr als erwartet. Die Lösung: Man beteiligt sich am Unternehmen des Fischers, zahlt den Preis für die Arbeit der Besatzung, Benzin und Verschleiß – und hat am Ende des Tages de facto trotzdem den gesamten Fang. Oder eben gar nichts, falls die Netze leer bleiben oder das Schiff sinkt. So gibt es auf Sparkonten bei der Kuveyt Türk zwar keine festen Zinsen, aber am Ende des Jahres steht ein Ertrag: der Anteil am Erfolg der Unternehmen, in die die Bank investiert. Das Risiko wird zwischen Anleger und Bank geteilt – machen die Unternehmen Verlust, verliert auch das Sparkonto. „Theoretisch“, sagt Soylu, „real kommt das nie vor.“ Noch geschickter umgangen werden die Verbote der Scharia, wenn ein Kunde Geld braucht, zum Beispiel um ein Haus zu kaufen. Allah hat zwar die Zinsleihe verboten – aber das Kaufgeschäft erlaubt. Also kauft die Bank das Haus – und verkauft es sogleich an den Kunden weiter. Der Betrag wird in Raten abbezahlt, die Höhe des Aufschlags, den die Bank erhebt, unterscheidet sich dabei kaum von den Zinsen westlicher Immobilienkredite. Ähnlich funktionieren die Kreditkarten: Hier wird der Kunde kurzfristig zum Vertreter der Bank, kauft in ihrem Namen zum Beispiel eine Armbanduhr – und verkauft sie im selben Moment an sich selbst weiter. Wie wettbewerbsfähig die islamischen Banken sind, zeigte eine Studie des Internationalen Währungsfonds (IWF) zur Entwicklung islamischer Banken in der Finanzkrise: Während konventionelle Banken im Jahr 2008 durchschnittlich über 30 Prozent Verlust machten, waren es bei den islamischen Banken weniger als zehn Prozent. Größere Einbrüche 14

kamen erst im Jahr danach, als die Finanzkrise die Realwirtschaft traf. Doch keine einzige islamische Bank musste Konkurs anmelden, keine musste verstaatlicht werden. Insgesamt, so das Fazit der Studie, waren islamische Banken in der Krise stabiler. Auch die aktuelle Euro-Krise werden sie wohl deutlich besser überstehen: Die Staatsanleihen, die den Geldinstituten derzeit zu schaffen machen, sind Zinsgeschäfte, an denen sich islamische Banken nicht beteiligen. Wie hoch die Nachfrage nach einer solchen Bank in Deutschland tatsächlich ist, hat die Unternehmensberatung Booz & Company untersucht. Rund 15 Prozent der in Deutschland lebenden Muslime, so ihr Ergebnis, würden ihr Geld bei einer islamischen Bank anlegen. Andere Experten halten diese Zahlen für utopisch, schließlich sei die Nachfrage nach islamischen Produkten bei konventionellen Banken verschwindend gering. Zudem liege der Marktanteil in der Türkei, aus der die meisten deutschen Muslime stammen, gerade einmal bei sechs bis sieben Prozent. Die Skepsis scheint berechtigt. Doch ebenso die Hoffnung. „Die entscheidende Frage ist, ob auch wir Nicht-Muslime eine faire, ethische Bank wollen“, sagt Dirk Müller-Tronnier, Bankenexperte von der Wirtschaftsprüfungsfirma Ernst & Young. „Plausible, nachvollziehbare Produkte sind auch etwas für Sie und mich.“ Sogar für Menschen wie Philipp Strunz, einen 22-jährigen Gastronomen aus Mannheim, scheint die muslimische Banker-Version vielversprechend. Strunz war zufällig auf die neue Filiale mit der goldenen Palme in der Mannheimer Innenstadt gestoßen. Was ihn am meisten überzeugt hatte, als er die Filiale als Neukunde verließ, waren allerdings weder die religiösen Prinzipien noch der ethische Grundgedanke. Während ihn andere Banken mit Telefonschleifen, Schlangestehen und mürrischem Personal verschreckten, habe er hier die typisch orientalische Gastfreundschaft gespürt. „Hier kommt man rein und wird sofort freundlich beraten.“ Nun wartet er auf die Vollbanklizenz, um auch mit seinem Girokonto zur Kuveyt Türk umzuziehen. Wenn die Geschäfte so laufen, wie Geschäftsführer Soylu es sich vorstellt, könnte es allerdings sein, dass Philipp Strunz auch hier bald Schlange stehen muss. Autor: Julius Schophoff Fotograf: Eric Vazzoler


Kundengespräch in der Kuveyt Türk Bank. Gerade in der Krise setzen Kunden auf Stabilität.

Hochspekulative Termingeschäfte, bei denen Banker

Schweinefleisch, egal wie profitabel, sind für isla­

auf Kurse wetten, gelten gleich dreimal als Teufels­

mische Banken deshalb in der Regel tabu. 1975 hat in

werk. Das wäre Glücksspiel – und das ist im Islam

Dubai die erste islamische Bank eröffnet, seither

verboten. Der Handel mit Aktien an sich ist erlaubt.

wächst die Branche zweistellig. Heute gibt es welt­

Doch es wird nur in Unternehmen investiert, die aus

weit über 500 Banken, ihre Bilanzsumme lag 2010 bei

islamischer Sicht moralisch einwandfrei sind: Waf­

über einer Billion Dollar; das Potential wird auf das

fen, Drogen, Alkohol, Pornografie oder Handel mit

Vierfache geschätzt.

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Auf Respekt kommt es an Turgay Güngormus ist den langen Weg vom Einwandererkind zum schwäbischen Unternehmer gegangen. Die Kulturen und Religionen sollten sich mehr für einander interessieren, findet er. Dann falle es leichter, sich gegenseitig zu akzeptieren

A

m Wochenende kommt Turgay Güngormus dem Himmel manchmal ein wenig näher. Dann steigt er in eine Cessna und dreht er ein paar Runden über dem Remstal. „Da obe kann ich abschalde“, sagt er mit schwäbischem Zungenschlag. Aber es geht auch etwas bodenständiger, etwa wenn der 50-Jährige eine Spritztour in seinem himmelblauen VW Bulli, Baujahr 65, unternimmt. Rechts Weinberge, links Weinberge, das macht durstig, und wenn der Oldtimer wieder in der Garage steht, gießt der Fahrer sich schon mal ein Glas Lemberger ein. Durchatmen. Die Woche wird anstrengend genug.

Turgay Güngormus wurde 1961 in Samsun in der Türkei geboren. Als er elf Jahre alt war, folgte die Familie dem Vater nach Deutschland, der Arbeit in einem Lederwerk in Backnang gefunden hatte. Turgay sprach kaum ein Wort Deutsch, 16

den Hauptschulabschluss schaffte er mit Ach und Krach, begann eine Lehre zum Elektroinstallateur. Halt gaben ihm die Sportvereine: erst Fußball, dann Taekwondo, später Tennis, Squash, Radfahren. Auf Jahre als Monteur, Vertriebler und Selbstständiger folgte eine Stelle als Geschäftsführer bei der Triumph Adler Gruppe. Seit 2001 lenkt er die Geschicke des Anlagenbauers Keress in Backnang. Ein kleiner Mittelständler, familiär, aufrichtig, „genau mein Ding“, sagt Güngormüs. Als das Unternehmen verkauft werden sollte, griff er zu. Über die Jahre wuchs sein Anteil, heute ist der Geschäftsführer auch Mehrheitsgesellschafter der Firma mit 47 Angestellten und weltweit rund 300 verkauften Anlagen im Jahr. Dass in den vollautomatischen Edelstahlschränken mit Sicherheit auch jede Menge Schweinefleisch geräuchert oder zu Wurst verarbeitet wird, stört den Muslim nicht.


Oben: Rauchanlagen wie diese vertreibt Turgay Güngormus in der ganzen Welt. Links: Produktionshalle beim Anlagenbauer Keress.

„Das Verbot stammt aus in einer Zeit, in der Fleisch schnell verdarb und Krankheiten verursachte“, sagt Güngormus – und fügt hinzu: „Also, das ist meine Meinung, ich würde nie versuchen, jemanden davon zu überzeugen.“ Überhaupt müsse jeder Mensch seinen Glauben leben dürfen, findet Güngormus, der mit einer Katholikin verheiratet ist, die gemeinsamen Töchter sind heute 18 und 24 Jahre alt. „Weder die eine, noch die andere Religion hat bei ihrer Erziehung eine große Rolle gespielt“, sagt er. Werte wie Fleiß und Ehrlichkeit schon eher. „Meine Kinder sollen fürs Leben gewappnet sein, das sehe ich als meine Aufgabe.“ „Trotzdem glaube ich an eine höhere Macht“, sagt Turgay Güngormus. Doch näher als in der Moschee fühlt er sich ihr, wenn er Spenden für Kinder aus bettelarmen Familien in der Türkei sammelt oder sich im Lions Club für Jugendliche

engagiert. „Trotzdem gratuliere ich natürlich zum Opferfest, wenn ich auf Dienstreise in der Türkei bin.“ Respekt anderen gegenüber, darauf kommt es ihm an. Ob der Glaube eines Tages eine größere Rolle für ihn spielen wird? Er weiß es nicht. Bei seiner Mutter hat er gesehen, dass sowas möglich ist. Nach dem Tod des Vaters entdeckte sie, die selten gebetet und nie ein Kopftuch getragen hatte, plötzlich die eigene Frömmigkeit. „Der Glaube gibt ihr Halt“, sagt er. Wer weiß, was ist, wenn er nicht mehr im Sportflugzeug abheben kann.

Autor: Mathias Becker Fotograf: Christoph Püschner

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Die Moschee im Dorf lassen Freitagsgebet in der Moschee im schw채bischen Oberstetten.

Blick vom Friedhof auf die Moschee.

In Oberstetten, einem kleinen Dorf auf der Schw채bischen Alb, haben sich Muslime h채uslich eingerichtet, inklusive einer Moschee. Nicht allen gef채llt das 18


D

er Muezzin erhebt sich aus einer Gruppe von fünfzig knienden Greisen, Männern und Jungen, die Köpfe gen Mekka gewandt. Er schließt die Augen, hält sich ein Ohr zu und beginnt zu singen. Da schlägt eine Kirchenglocke, viermal hell, einmal dunkel. Durch das Fenster der Moschee starrt der Turm der benachbarten Heilig-Kreuz-Kirche. Oberstetten auf der Schwäbischen Alb war einmal streng katholisch. Doch der größte Arbeitgeber der Region, der Fertighaus-Hersteller Schwörer, lockte auch Andersgläubige in das 1.200-SeelenDorf, darunter viele Muslime. Heute stehen die Gotteshäuser hier direkt nebeneinander. In den Händen halten die betenden Männer ihre Tasbih, Ketten mit 99 Perlen, anhand derer sie die Gebete zählen. 33mal Subhana Allah, gepriesen sei Gott, 33mal Alhamdulillah, gelobt sei Gott, 33mal Allahu akbar, Gott ist groß.

Am Vorabend saßen etwa fünfzig Gläubige in der Rosenkranzandacht, überwiegend ältere Frauen. Auf kalten Holzbänken, in dicke Winterjacken vergraben, beteten sie laut in einem zweistimmigen Chor. In den Händen hielten sie ihre Rosenkränze, Kreuzketten mit 59 Perlen, anhand derer sie ihre Gebete zählten. Sechsmal Vater Unser, sechsmal Ehre sei dem Vater, 53mal Ave Maria. Heilige Maria, Mutter Gottes, bitte für uns Sünder jetzt und in der Stunde unseres Todes. Amen. Der Muezzin, der die muslimische Gemeinde von Oberstetten mit seinem Gesang zum Freitagsgebet gerufen hatte, sitzt wenig später in der Teestube der Moschee. Er heißt Yasar Yüce, ist 39 Jahre alt und Ingenieur für Getriebetechnik in Esslingen. Als er mit acht Jahren nach Deutschland kam, verstand er kein Wort Deutsch; in der fünften Klasse sprach

Imam Mustafa Sener im Gebetsraum. Im Hintergrund die katholische Kirche.

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er fließend Schwäbisch. Heute ist er stellvertretender Vorsitzender der Türkisch-Islamischen Gemeinde von Oberstetten. Eine Idealbesetzung. „Wir leben im Schwabenländle“, sagt er, „wir haben die Kultur angenommen.“ Aber nicht die Religion. Als immer mehr Mitarbeiter muslimischen Glaubens bei Schwörer anfingen, suchten sie in der Umgebung nach einem Raum, in dem sie beten konnten. Was sie schließlich vor 20 Jahren fanden, war ausgerechnet ein leerer Schweinestall mit der Adresse „Kirchstraße 6“. Inzwischen gehören Stall und Bauernhaus dem Verein, die bäuerliche Vergangenheit des Gebäudes lässt sich nur noch erahnen. Von außen wirkt das Gotteshaus wie das Zuhause eines Schwaben, der die Kehrwoche sehr ernst nimmt: strahlend-weiße Wände, blitzblanke rote Dachziegel und rundherum eine akkurate Anordnung von Ziersteinen. Gegenüber, auf dem Friedhof, der die kleine Kirche umgibt, steht eine Rentnerin am frisch bepflanzten Grab ihrer Eltern und zündet eine Kerze an. „Wir haben überhaupt keine Probleme mit denen“, sagt sie, „aber ihre Moschee müsste nicht direkt neben unserer Kirche stehen.“ „Der Bau war rechtens“, sagt Gerhard Sauter, 53, zweiter Vorsitzender der katholischen Kirchengemeinde Heilig Kreuz, ein bulliger Landwirt mit Getreidefeldern und einer Schweinemast. Er steht auf dem Vorplatz der Kirche und blickt hinüber zur Moschee. Alle Anwohner hätten damals zugestimmt und unterschrieben, er selbst habe mit seinem Radlader geholfen, die Terrasse frei zu schaufeln. „Unser Verhältnis ist gut“, sagt er heute, „die Integration nicht.“ Die Türken nähmen nicht am Dorfleben teil, nie treffe man sie im Gasthaus „Zum Hirsch“, und beim jährlichen Dorffest habe er schon lange keinen Dönerstand mehr gesehen. Kein einziger Türke sei bei der Feuerwehr, keiner im Musikverein, und auch keiner bei der CDU, deren Vorsitzender er ist. „Die bleiben lieber für sich.“ Ähnliches hatte Yasar Yüce über die Schwaben gesagt. Oft schon habe er die Vorbeigehenden hereingebeten, „aber viele trauen sich nicht“. Doch dann, im Juli 2011, gingen sie alle hinein – zusammen mit Gerhard Sauter, der Pfarrerin des Nachbardorfes und dem Ortsvorsteher. Der islamische Verein hatte, gut zwei Jahre nach Fertigstellung, zur offiziellen Eröffnung der Moschee eingeladen. Fast alle Dorfbewohner sahen die Moschee zum ersten Mal von innen und staunten über die fein gemusterten Fliesen und die funkelnden Kristallkronleuchter an der Decke. 20

„Nobel, wie in einem Schlössle“, erinnert sich eine Dorfbewohnerin. „Man musste sich die Schuhe ausziehen“, sagt eine andere verwundert. „Es gab gutes Essen und Tee“, sagt eine dritte, „ich war ganz überrascht, wie gastfreundlich die waren!“ Der Graben, der sich zwischen den Religionen auftut und der in Oberstetten entlang der Kirchstraße verläuft, schien für einen Tag überwunden. Echte Freundschaften aber entstehen vor allem dort, wo der Glaube keine Rolle spielt: unter den Kindern in der Schule, unter den Kollegen „beim Schwörer“, und im einzigen Verein, bei dem die Türken mitmachen: dem TSV Oberstetten 1922, Kreisliga A. Und dann gibt es da noch eine dieser kleinen Geschichten, die Hoffnung machen, dass die Gemeinsamkeiten am Ende überwiegen. Im Bäckergässle 3, gleich unterhalb der Kirchstraße, liegt der einzige Supermarkt des Dorfes. Die 85-jährige Magdalena Raach, die dort hinter der Theke steht, holte hier schon in den Dreißigern ihre Brötchen, später heiratete sie den Bäckersohn. Der Laden ist gleichzeitig ihr Wohnhaus, ihre Terrasse liegt gleich neben der Terrasse der Moschee. Tagsüber sieht Magdalena Raach dort oft nur einen einzigen stillen Mann sitzen: den Imam. Im Mai hat der 45-Jährige seine Familie in der türkischen Heimat zurückgelassen und wohnt seitdem im Dachgeschoss über der Teestube. „Guten Tag“, sagt er, wenn er die alte Frau auf ihrer Terrasse sieht. Viel mehr Deutsch hat er bisher nicht gelernt. „Grüß Gott“, sagt die alte Frau dann und winkt ihn zu sich herüber. Und so sitzen die beiden beieinander und trinken Kaffee, obwohl keiner die Sprache des anderen versteht. Autor: Julius Schophoff Fotograf: Thomas Kienzle

Nicht nur in großen Städten, auch in kleinen Gemeinden Baden­Württembergs gibt es Ge­ betsräume und Moscheen – nicht selten in unscheinbaren Gebäuden. Das nächste mus­ limische Gotteshaus findet man nach ein paar Klicks auf www.moscheesuche.de


Von ElEfantEn und türkischEn GärtEn Das wechselvolle Aufeinandertreffen von muslimischer Kultur mit Badenern und Württembergern Eine Geschichte, geprägt von Bewunderung, Kriegen, Irrtümern, Vorurteilen, Bereicherungen, Respekt und Toleranz

N

ach Ludwig Uhlands Gedicht „Der wackere Schwabe“ hat wohl das erste Aufeinandertreffen zwischen Schwaben und Muslimen unter dem alten Kaiser Barbarossa auf dessen Kreuzzug ins Heilige Land im Jahre 1189 stattgefunden. Martialisch beschreibt Uhland die Schlacht mit dem Schwert und lässt „zur Rechten wie zur Linken/ einen halben Türken herunter sinken“. Doch schon der Enkel von Barbarossa, der Stauferkaiser Friedrich II., sah im Islam mehr als einen religiösen Feind, er schätzte dessen Errungenschaften in Wissenschaft und Kultur. Nicht zuletzt darum wurde er leicht abfällig als „Sultan von Lucera“ bezeichnet. Einem orientalischen Brauch folgend brachte Friedrich II. bei einem Besuch auf dem Hohenstaufen exotische Tiere mit, darunter auch einen Elefanten. Die Legende sagt, das habe bei den Adligen um den Hohenstaufen einen solchen Eindruck hinterlassen, dass sie das seltsame Tier in ihre Wappen aufnahmen: Wiesensteig, Deggingen, Hohenstadt und Kuchen haben den Elefanten bis heute in ihrem Ortschaftswappen. Nach einer anderen Legende haben diese Gemeinden ihr Wappen

von den Grafen von Helfenstein erhalten, diese wiederum haben ihren Wappen-Elefanten aber ebenfalls aus einem Zusammentreffen mit dem Orient bekommen. Die orientalische Tradition des Zoos breitete sich in den folgenden Jahrhunderten in ganz Europa aus. So verwundert es auch nicht, dass Graf Ulrich V. von Württemberg, der Vielgeliebte, 1451 einen solchen in seiner Landeshauptstadt Stuttgart anlegen ließ. In den folgenden Jahrhunderten bestimmten dagegen kriegerische Auseinandersetzungen das Verhältnis von Europa und dem Orient. Vom 15. bis 17. Jahrhundert kämpften viele badische und württembergische Adlige an der so genannten „Türkenfront“, um den Osmanen den Einmarsch ins Heilige Römische Reich Deutscher Nation zu verwehren. Besonders der „Türkenlouis“, Markgraf Ludwig Wilhelm von Baden-Baden, tat sich als Kriegsherr hervor. Er stand am Ende des 17. Jahrhunderts, als Oberbefehlshaber aller kaiserlichen Truppen, an der Osmanenfront und ist bis zum heutigen Tag im Badischen Landesmuseum Karls21


Ludwig Wilhelm I., der „Türkenlouis“, in der Schlacht bei Slankamen im heutigen Serbien am 19. August 1691. Stahlstich.

ruhe zu bewundern. Aller Feindschaft zum Trotz schätzte er die kulturellen Vorzüge seiner Gegner und prahlte mit seiner Beute. Bald galt es in Adelskreisen als schick, etwas „Türkisches“ zu besitzen. Aber nicht nur türkische Beutekunst war begehrt, auch orientalische Gärten und osmanische Architektur kamen in Mode. Bereits 1776 begann man im Schwetzinger Schlossgarten, einen „Jardin Turc“ (frz.: türkischen Garten) anzulegen. Neben Wasserspielen wurde eine Moschee mit Minaretten errichtet, die „Rote Moschee“, die allerdings nicht den Gläubigen zum Gottesdienst diente, sondern allein der Lustbarkeit des Fürsten, seiner Familie und Gäste. Parallel bahnte sich ein türkisches Genussmittel seinen Weg auf deutsche Tafeln: der Kaffee. Zunächst blieb er allerdings ein Luxusgut. Das erste deutsche Kaffeehaus eröffnete 1694 in Leipzig, und langsam verbreiteten sich die Kaffeeröstereien und Kaffeestuben auch in anderen deutschen Kleinstaaten. Die große Mehrheit trank aber nach wie vor „Muckefuck“, also Malzkaffee, oder löffelte eine dünne Biersuppe zum Frühstück. Zum Getränk für die breite Masse wurde Kaffee erst nach 1945. 22

Der Blick auf die muslimische Kultur blieb über viele Jahrhunderte hinweg von Vorurteilen gekennzeichnet. Dies änderte sich grundlegend, als der württembergische Buchverlag Cotta (heute Klett-Cotta) in den Jahren 1823/24 die orientalische Märchensammlung „Tausendundeine Nacht“ in der ersten deutschen Ausgabe herausbrachte. Zwar hatte es schon zuvor Märchen mit orientalischen Bezügen gegeben, doch mit diesem Band wuchs das Interesse für den Orient, seine Bewohner und deren Religion sprunghaft. Allerdings wurde das Bild orientalischer Kultur durch die Märchensammlung auch bis zur Unkenntlichkeit verklärt. Vom Trend angesteckt, gab der württembergische König Wilhelm I. den Bauauftrag zu einem Badehauskomplex bei den Mineralquellen im Park des Stuttgarter Rosensteinschlosses. 1846 wurde das ganz im maurischen Stil errichtete Gebäude auf den Namen „Wilhelma“ getauft. Heute besuchen mehr als zwei Millionen Gäste jährlich den gleichnamigen Stuttgarter Zoo – die wenigsten wissen von seinen orientalischen Wurzeln. Autor: Matthias Hofmann, Historiker und Orientalist Quelle Abbildung: akg­images


Islamische Theologie wird mit anderen Religionswissenschaften vernetzt: Das Tübinger Institut soll zu einem Musterzentrum werden.

Imam made in Tübingen Die Universität Tübingen ist die erste Hochschule in Deutschland, die konfessionsgebundene Islamische Studien in den Lehrplan aufnimmt. Ein Besuch im Zentrum für Islamische Theologie 23


E

s gibt Tage, da kommt sich der Direktor vor wie der Hausmeister. An diesem Novembermorgen zum Beispiel: Omar Hamdan, 49, Leiter des neu gegründeten Zentrums für Islamische Theologie der Universität Tübingen, beantwortet in seinem Büro Journalistenfragen, als ein Handwerker hereinplatzt: „Mir habe’ die Schränk’ unten hingestellt, isch des recht?“, fragt der Mann, der im Erdgeschoss gerade neue Schließfächer für die Studierenden aufgebaut hat. „Wunderbar“, sagt Hamdan, bedankt sich und sucht den Faden des Gesprächs wieder zu finden. Kaum ist der Blaumann weg, klingelt Hamdans Handy: die Universitätsverwaltung. Der Professor drückt auf lautlos. Würde er das nicht hin und wieder tun, käme er zu gar nichts mehr. Der Koranwissenschaftler Hamdan hat einen Arbeitsmarathon hinter sich: Bevor das Institut im vergangenen Oktober in eine alte Stadtvilla einzog, musste er Internetanschlüsse organisieren, Möbel und Computer bestellen, Anträge und Stundenpläne schreiben, die Wandfarbe auswählen. Bis heute schiebt Hamdan oft 16-Stunden-Schichten. Und dann noch der Presserummel.

Professor Omar Hamdan ist Spezialist für alte Koranschriften.

24

Zumindest der Schritt von Berlin nach Tübingen dürfte dem Deutsch-Palästinenser keine Probleme bereitet haben. Er lebte hier schon in den neunziger Jahren, promovierte in vergleichender Religionswissenschaft. Zuletzt forschte er an der Freien Universität Berlin über die Verbindungen zwischen Islam, Christentum und Judentum im Mittelalter. Sein neuer Job sorgt für mehr Aufmerksamkeit: Als erste deutsche Universität bietet Tübingen seit dem Wintersemester 2011/12 konfessionsgebundene Islamstudien an, das heißt: Es lehren und studieren hier ausnahmslos Muslime. Bisher konnte man in Tübingen, wie an vielen anderen Universitäten, die sozialund kulturwissenschaftlich geprägten Islamwissenschaften studieren. Doch in den neuen Islamstudien spielen theologische Fragen die Hauptrolle. Nach acht Semestern, eines davon im Ausland, können die Absolventen als Imame, als muslimische Geistliche, arbeiten. Ein Novum in der deutschen Hochschullandschaft. Bislang werden Imame, die das Freitagsgebet in der Moschee leiten und als Mediatoren, Seelsorger sowie Lehrer tätig


sind, stets aus dem Ausland eingeflogen. Wenn sie nach ein paar Jahren ein wenig Deutsch sprechen, ist ihr Einsatz meist vorbei und sie kehren zurück in ihre Heimat. Der Dialog mit der Welt außerhalb der Gemeinden scheiterte daher oft schon an der Sprachbarriere. Woher sie kommen, wer sie sind, was sie predigen und für welche Werte sie stehen – die Imame selbst konnten es Nicht-Muslimen bislang nicht vermitteln. Die Absolventen des Tübinger Bachelorstudiengangs könnten diese Kommunikationslücke schließen – als Imame, Seelsorger, Sozial- oder Öffentlichkeitsarbeiter. Die meisten von ihnen hoffen aber, an ihrem Institut künftig auf Lehramt studieren zu können, um in deutschen Schulen islamischen Religionsunterricht zu erteilen. Was bisher nur an rund 20 Schulen in Baden-Württemberg geleistet wird, könnte eines Tages Normalität sein. 2.000 Imame und Religionslehrer würden künftig in Deutschland gebraucht, verkündete Bildungsministerin Annette Schavan, als im Herbst 2010 die Entscheidung für die Studiengänge und ihre Standorte fiel. In diesem Jahr sollen drei weitere Zentren an den Doppelstandorten Osnabrück/Münster, Erlangen/ Nürnberg und Frankfurt/Gießen eröffnet werden. Für Professuren und Mitarbeiterstellen steuert der Bund in den kommenden fünf Jahren insgesamt fast 20 Millionen Euro bei. In Tübingen haben sich 36 Studierende eingeschrieben, 13 Männer und 23 Frauen. Eine von ihnen ist Serap Aydin. Die 24-Jährige steht in der Bibliothek im Erdgeschoss der Villa zwischen Kistenstapeln und sortiert bunte Buchbände in die Regale. Fast 3.000 Bücher aus seinem privaten Fundus hat Professor Hamdan dem Zentrum gespendet. „Anfangs kamen wir uns schon ein wenig verloren vor“, erzählt Aydin, deren Eltern aus der Türkei stammen. Doch mittlerweile fühle sie sich richtig wohl. Bevor sie ihr Religionsstudium begann, hatte sie Islamwissenschaften studiert. „Da wurde im Seminar schon mal die Frage gestellt, ob Mohammed überhaupt gelebt habe“, sagt sie kopfschüttelnd. Neben der Bibliothek, in einem der frisch geweißten Seminarräume, sitzt Mona Baydaoui, 22, Jeans, Strickjacke, schwarzes Kopftuch, und sagt, sie könne sich Gemeindearbeit gut vorstellen. „Oder eine akademische Karriere.“ Nach dem Abitur hat die gebürtige Stuttgarterin zwei Semester Sozialwissenschaften studiert. „Aber das hat mich schnell gelangweilt“, sagt sie. Privat beschäftigte sich die Tochter eines Libanesen und einer Deutschen schon länger mit dem Islam. Der neue Studiengang kam ihr gerade recht. „Mit dem Zentrum öffnen

Angehende Religionslehrerinnen beim Studium des Koran.

wir Muslime uns der deutschen . . .“, sagt Baydaoui – und hält inne. „Naja, eigentlich bin ich ja selbst ein Teil der deutschen Gesellschaft“, schiebt sie lächelnd ein. „Das Ziel wäre, wenn beide sich öffnen würden“, sagt sie. „Die Muslime und die deutsche Gesellschaft.“ Der Rektor der Tübinger Universität, Professor Bernd Engler, hat sich für das neue Studienfach stark gemacht, „nachdem der Impuls von der Evangelischen und der Katholischen Theologischen Fakultät ausgegangen ist“, sagt er. Doch er weiß, dass der Erfolg des Studiengangs von etwas anderem abhängt: „Wir sind auf die Akzeptanz der Gemeinden in Deutschland angewiesen.“ Früh holte Engler die Vertreter islamischer Verbände und Moscheen ins Boot. Ein Beirat begleitet den Studiengang, um Streitigkeiten unter den unterschiedlichen muslimischen Verbänden zu vermeiden. „Mit einer breiteren Kenntnis des Islam“, so hofft Rektor Engler, „erreichen wir ein besseres Verständnis, und mit einem besseren Verständnis eine größere Offenheit.“ Im Laufe des Jahres sollen zwei weitere Professuren sowie zwei Juniorprofessuren in Tübingen entstehen. Bis 2015 soll der neue Studiengang zu einer „Islamischen Fakultät“ ausgebaut werden – in einem eigenen Neubau direkt neben den christlichen Fakultäten. „Ich will ein Musterzentrum für Deutschland, Europa und die arabische Welt formen“, sagt Professor Hamdan. Er träumt von einer gemeinsamen Bibliothek mit den Fakultäten der evangelischen und der katholischen Theologie. „Das“, so Hamdan, „wäre beispielhaft.“ Autor: Johan Kornder Fotograf: Thomas Kienzle

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„Wir sollten

Andersgläubige als Bereicherung begreifen“

Integration heißt nicht, seine Herkunft abzulegen. Der Schlüssel zum Zusammenleben der Kulturen und Religionen sind Bildung und Arbeit: Ein Gespräch mit Integrationsministerin Bilkay Öney Bei Ihrer Vereidigung zur baden­württembergischen

schaffen, Sprach­ und Bildungsdefizite abzubauen, die Er­

Inte grationsministerin haben Sie auf den Zusatz verzichtet:

werbstätigkeit unter Migranten zu steigern, die Akademiker­

„So wahr mir Gott helfe.“ Warum?

quote zu erhöhen, dann haben wir viel erreicht. Aber zu

Bilkay Öney: Wie Sie wissen, stamme ich aus der Türkei und

einer gelungen Integration gehört auch ein aktiver Beitrag

bin Muslimin. Ich bin durchaus ein gläubiger Mensch, aber ich

der Migranten: Sie müssen die Angebote, beispielsweise im

wollte mir die Diskussion ersparen, die dann mit Sicherheit

Bildungsbereich, auch annehmen.

entstanden wäre: Welchen Gott meint sie denn nun? Es gibt eben unterschiedliche Zugänge zu ein und demselben Gott.

Baden­Württemberg hat schon vor Jahren bundesweit Schlagzeilen gemacht, als das Kopftuch in öffentlichen

Wenn man von Integration spricht, meint man ja meist

Einrichtungen verboten wurde. Wie stehen Sie dazu?

Menschen mit muslimischem Hintergrund. Bedeutet

Öney: Ich war und bin der Auffassung, dass das Kopftuch

das Thema Integration für Türken etwas anderes als

im öffentlichen Dienst nichts verloren hat. Ich kann aber

beispielsweise für Italiener?

die Frage verstehen: Wollen wir den Musliminnen, die aus

Öney: Integration ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe.

religiösen Gründen und mit Überzeugung ein Kopftuch tra­

Die Migranten sollen, können und dürfen sich integrieren.

gen, den Weg in die Emanzipation und in die Arbeitswelt

Politik muss dafür sorgen, dass ihnen dabei keine Steine in

verschließen, oder wollen wir ihnen den Weg ebnen?

den Weg gelegt werden. Selbstverständlich spielen kultu­ relle Unterschiede dabei eine große Rolle, und die sind nun

Wo sehen Sie für die nächsten Jahre die größten Heraus­

mal größer zwischen Türken und Deutschen als zwischen

forderungen bei der Integration muslimischer Migranten?

Italienern und Deutschen.

Öney: Ganz klar im Bildungsbereich, um Migrantenkindern die gleichen Ausgangschancen für das Berufsleben zu

Fast so groß wie zwischen Badenern und Württembergern?

ermöglichen. Leider ist die Zahl der Arbeitslosen mit aus­

Öney (lacht): Auch ich als Berlinerin musste mich erst ein­

ländischem Hintergrund auch in Baden­Württemberg noch

mal in Baden­Württemberg integrieren. Aber im Ernst:

viel zu hoch. Das liegt vor allem am schlechten Ausbildungs­

Die Migranten in Baden­Württemberg sind in der komfor­

niveau mancher Migranten. Dazu kommen dann noch

tablen Lage, dass es anders als in Berlin Vollbeschäftigung

Sprachdefizite, Probleme mit der Religion und die Distanz

gibt. Arbeit ist der Schlüssel zur Integration. Wenn wir es

vieler Migranten zur Mehrheitsgesellschaft.

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Spielt die Religion beim Thema Integration

In der öffentlichen Wahrnehmung wird der Islam meist

eine wichtige Rolle?

mit Terror, Unterdrückung der Frauen und mittelalter lichen

Öney: Wir leben, Gott sei Dank, in einem Land mit Religions­

Rechtsvorstellungen in Verbindung gebracht.

freiheit. Jeder darf an das glauben, was er möchte. Trotz­

Öney: Es existiert leider oftmals ein Zerrbild vom Islam.

dem muss man immer wieder an die Toleranz appellieren,

Dadurch werden Vorurteile verstärkt und Klischees weiter­

Andersgläubige als Bereicherung und nicht als Bedrohung

verbreitet. Ich wünsche mir, dass man mehr über die positi­

zu begreifen. Ein Beispiel ist die kultursensible Pflege: Ich

ven Aspekte muslimischen Lebens bei uns erfährt. Je besser

trete dafür ein, dass die alternde erste Einwanderergenera­

man sich kennt, desto weniger Vorurteile wird es geben.

tion etwa in Altersheimen ein Nahrungsangebot erhält, das mit islamischen Essensvorschriften übereinstimmt. Auf diese Anregung bekomme ich Beschwerdebriefe aus

Bilkay Öney kam 1970 in der Türkei zur Welt, wuchs in West­

der Mehrheitsgesellschaf t. Die Absender fragen, warum

berlin auf, studierte Betriebswirtschaft und arbeitete unter

Mi granten eine Extrawurst brauchen.

anderem als Bankangestellte und Fernsehredakteurin. 2006 zog sie für die Grünen in das Berliner Abgeordnetenhaus

Sind es nicht gerade streng religiöse Muslime, die sich

ein und wechselte 2009 zur SPD. Öney arbeitet mit Berlins

einer Integration am ehesten verweigern?

Regierendem Bürgermeister Klaus Wowereit in der Steu­

Öney: Integration heißt doch nicht, seine Herkunft, seine

erungsgruppe Integration beim SPD­Bundesvorstand. Im

Tradition oder gar seine Religion zu vergessen oder abzu­

Mai 2011 wechselte sie von Berlin nach Stuttgart und wurde

legen. Ich stehe im Dialog mit muslimischen Gemeinden

Ministerin für Integration im Kabinett von Ministerpräsident

in Baden­Württemberg und sehe, wie viele von ihnen her­

Winfried Kretschmann.

vorragend integriert sind. Mit religiösen Menschen arbeite ich gut und gerne zusammen. Ich stehe auch nicht für eine

Interview: Philipp Maußhardt

radikale Position.

Fotograf: Uli Reinhardt

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dEr tEufEl & diE töchtEr Zwangsheirat und Gewalt gegen muslimische Frauen gibt es auch hierzulande. Doch ist es wirklich die Religion, die Männer dazu treibt, ihre Töchter oder Schwestern zu misshandeln? 28


S

amira* kann nicht schwimmen. Am Schwimmunterricht durfte sie nicht teilnehmen, nackte Haut, sagte der Vater, präsentiert man nur dem Ehemann. Samira war auch nie auf einer Klassenfahrt. Wenn ihre deutschen Freundinnen ins Kino gingen oder Fußball spielten, saß sie zu Hause vor dem Fernseher. Ihre Eltern, eingewandert aus Pakistan, beteten fünfmal täglich. Wenn sie sonntags gemeinsam in die Moschee gingen, hatte die Tochter ein Kopftuch zu tragen und lange, weite Kleider über den Hosen. Als Samira 17 ist, soll sie nach Pakistan fliegen, um dort verheiratet zu werden. Fatma*, 17, gläubige Muslima, trägt kein Kopftuch, dafür einen schwarzen Jogginganzug. Sie spielt Handball. Mit ihrer Mannschaft war sie schon in Österreich und in der Schweiz. Wenn ihr Team gewonnen hat, dann trinkt Fatma mit den anderen ein Glas Sekt. „Meine Tochter entscheidet selbst, was für sie richtig ist“, sagt die Mutter. Fatmas Familie kommt aus einem türkischen Dorf, der Vater arbeitet als Monteur bei einer großen Firma. Fatma möchte Polizistin werden oder Chemie studieren. Ihr Traum ist es, ein Jahr als Au-pair in den USA zu verbringen. Während Samiras Geschichte alle Vorurteile über unterdrückte Frauen im Islam zu bestätigen scheint, ist Fatma behütet, aber unbeschwert aufgewachsen. Die Geschichten der beiden zeigen, wie schwierig es ist, pauschal die Frage nach der gesellschaftlichen Stellung der Frau im Islam zu beantworten. Im Koran gibt es viele Passagen, die sich auf die Rolle der Frau beziehen: Sie wird hauptsächlich im Kontext der Familie beschrieben, als Mutter, Ehefrau und Tochter. Einige Stellen verheißen den Frauen nichts Gutes: „Die Männer stehen über ihnen“, beginnt ein Vers. Auch gibt es eine Vielzahl von frauenfeindlichen Hadithen, also überlieferten Geschichten aus dem Leben des Propheten Mohammed, die als moralischer Leitfaden für Muslime gelten. „Ich hinterlasse dem Mann keine schädlicheren Unruhestifter als die Frauen“, heißt es etwa in einem der Hadithe. Andererseits existieren Überlieferungen, die den Mann ermahnen, seine Frau gut zu behandeln: „Der ist der beste unter euch, der am besten zu seiner Frau ist“, steht im Koran. Außerdem heißt es, sowohl Männer als auch Frauen sollen „nach Wissen streben“. Ein Aufruf, sich zu bilden – an beide Geschlechter.

„Was in den religiösen Schriften steht, wissen die meisten gar nicht so genau“, sagt Aisha Kartal von der Hilfsorganisation „Rosa“ der Evangelischen Gesellschaft in Stuttgart, die sich um Frauen und Mädchen in Schwierigkeiten kümmert. „Aber im Alltag wird der Islam herangezogen, um alles Mögliche zu begründen.“ Ein unverheiratetes Mädchen darf ihr Elternhaus nicht verlassen. Nur schlechte Mädchen sprechen mit Männern. Mit solchen Sätzen ist Samira aufgewachsen. Sie selbst ist in der Schule gern mit Jungs zusammen und mag es, im Mittelpunkt zu stehen. Doch sobald der Unterricht aus ist, geht Samira nach Hause, wo sie den Rest des Tages verbringt. Ihr Vater, studierter Physiker, arbeitet in einem Fast-FoodRestaurant. Die Mutter, eigentlich Künstlerin, kümmert sich nun um den Haushalt. Die Eltern haben fast nur pakistanische Freunde, in Deutschland fühlen sie sich fremd. „In so einer Situation gewinnt die Tradition für viele Migranten an Bedeutung“, sagt Aisha Kartal, „die Familienehre wird dann zum Lebensmittelpunkt, der ihnen Halt gibt.“ Diese Ehre gilt es zu verteidigen, in einer Gesellschaft, in der man vieles nicht versteht und sich wenig willkommen fühlt. „Wenn ich zu spät von der Schule heimkam, hat meine Mutter mich schon mal geschlagen“, erzählt Samira, „ich lebte isoliert.“ Nur einmal in der Woche darf sie Zeit im nahe gelegenen Jugendzentrum verbringen, immer donnerstags, denn da ist „Girls Day“. Mit 15 entdeckt Samira das Internet für sich. Ein Jahr später lernt sie in einem Fan-Forum der US-Fernsehserie „Charmed“, in der es um die Abenteuer von drei jungen Hexen geht, ein Mädchen kennen. Die beiden chatten, schicken sich Fotos, schreiben sich lange Mails, telefonieren. Samira bleibt nachts wach, um mit ihrer Freundin zu sprechen. Die Familie darf nichts mitbekommen. „Ich hatte mich verliebt“, sagt sie. Eines Tages entdeckt die Mutter eine SMS auf Samiras Handy. „Ich liebe dich, mein Schatz“, steht da, unterschrieben mit dem Namen Tanja. Die Mutter stellt die Tochter zur Rede. „Der Teufel ist in dir“, schreit sie. Nicht nur, dass die Tochter eine heimliche Liebschaft pflegt, schlimmer noch: Es ist die Liebe zwischen zwei Frauen, eine unmögliche Liebe, die es nicht geben darf. „Du ruinierst die Ehre deiner Familie“, wirft sie Samira vor, „du stürzt uns alle ins Unglück.“ 29



„Meine Eltern glauben, sie hätten bei meiner Erziehung versagt.“ Damals beginnen ihre Eltern, in Pakistan nach einem Ehemann für Samira zu suchen und erkundigen sich, wieviel Strafe sie bezahlen müssten, wenn sie ihre Tochter von der Schule nehmen würden, denn die ist damals erst 17 und noch schulpflichtig. Schließlich buchen sie einen Urlaub in Pakistan. „Wenn du dich nicht änderst, wirst du in der Hölle schmoren“, droht der Vater. Die Tochter müsse in die Heimat, um auf den rechten Weg zurückzukommen.

Weil ihr und den anderen Mädchen, die Rosa betreut, Gewalt durch ihre eigenen Verwandten droht, leben sie anonym in Wohngemeinschaften, deren Adressen niemand wissen darf. Samira macht eine Therapie. In den letzten drei Jahren war sie oft traurig und hat sich immer wieder gefragt, ob sie die richtige Entscheidung getroffen hat. Doch sie hat auch begonnen, ihr Leben in Freiheit zu genießen. Sie will ihr Abitur nachholen und Psychologie studieren.

„Religion wird benutzt, um psychische oder physische Gewalt auszuüben“, sagt Aisha Kartal. In Wahrheit entspringen Glaubenssätze wie „Die Frau hat dem Mann zu gehorchen“ einer patriarchalen Tradition, die von Generation zu Generation weitergegeben wird. Die Männer sind es gewohnt, immer Recht zu haben und über die Frauen zu bestimmen.

Achtzig Prozent der Frauen, die bei Rosa Hilfe suchen, kommen aus muslimischen Familien. Doch die Sozialarbeiter sprechen bewusst von „Gewalt im Namen der Ehre“ und nicht von „Gewalt im Namen des Islam“, so Aisha Kartal.

Dass eine Kindheit in einem muslimischen Elternhaus auch ganz anders verlaufen kann, zeigt die Geschichte von Fatma. Sie kann einige Verse aus dem Koran auswendig und betet vor dem Einschlafen. „Fünfmal am Tag würde ich nicht schaffen“, sagt sie. Früher hat sie sich geärgert, wenn ihre deutschen Freundinnen abends länger raus durften als sie selbst. „Heute weiß ich, dass meine Eltern sich einfach Sorgen gemacht haben.“ Mit ihrer älteren Schwester zusammen geht Fatma in Bars oder auf den Cannstatter Wasen. Sie hatte schon mal einen Freund, den traf sie allerdings heimlich. Als ihre Eltern davon erfuhren, blieb der große Ärger aus. In einem Punkt ist sie streng mit sich selbst: „Ich möchte bis zu meiner Hochzeit Jungfrau bleiben.“ Fatma kann sich gut vorstellen, einen deutschen Mann zu heiraten und glaubt, dass auch ihre Eltern nichts dagegen hätten. „Nur beschneiden müsste man ihn, darauf würden meine Eltern bestehen.“ Fatmas Familie hat einen Weg gefunden, ihren Glauben mit den Regeln einer modernen, freien Gesellschaft zu verbinden. Traditionen sind ihnen wichtig, aber sie müssen auch zu ihrem Leben in Deutschland passen.

In den Wohngemeinschaften feiern sie gemeinsam Feste wie Id al-Fitr, das Zuckerfest am Ende des Fastenmonats Ramadan oder Id al-Adha, das Opferfest. Sie kochen dann zusammen, essen Süßigkeiten, trinken Chai und beschenken sich. Samira trägt noch immer zwei silberne, mit Sprüchen ihrer religiösen Gemeinde gravierte Ringe. Jedes Mal, bevor sie etwas isst, flüstert sie „bismillah“, dankt Gott für die Mahlzeit. Sie habe verstanden, dass Religion immer auch eine Frage der Interpretation sei, dass man Bücher wie die Bibel oder den Koran im Kontext ihrer Zeit sehen müsse. „Menschen haben sie aufgeschrieben und übersetzt, damit sind sie fehlbar.“ Auch eine Religion müsse sich weiterentwickeln. Ihren Glauben an Gott aber hat Samira nicht verloren. Sie sagt: „Er nimmt mich so an, wie ich bin.“

*Fatma und Samira heißen in Wirklichkeit anders. Ihre Namen wurden von der Redaktion geändert.

Autorin: Nicola Abé

Samira ist heute 20, eine junge Frau, die ihr langes, schwarzes Haar zeigt und dazu Jeans und ein buntes T-Shirt trägt. Mit 17 hat sie geschafft, was wenige Mädchen in ihrer Situation schaffen: Sie hat ihre Familie verlassen und bei der Organisation Rosa in Stuttgart Zuflucht gefunden. 31


GLAUBE, LIEBE, HOCHZEIT Eine Ehe von Muslimen und Christen hat nur Vorteile, sagen deren Kinder. Man feiert doppelt so viele Feste

W

enn er groß ist, das hat Malik seinem Freund aus der ersten Klasse versprochen, nimmt er ihn einmal mit in die Türkei. Ins schönste Land der Welt. Meer, Berge – und bei Urgroßmutter auf dem Dorf laufen die Hühner sogar über die Straße, ohne überfahren zu werden. Malik ist sieben Jahre alt und spricht genauso wie seine drei Jahre ältere Schwester Melissa fließend Türkisch und Deutsch. Mama ist Muslima, Papa kommt aus einer schwäbisch-katholischen Familie. Als sich Emel Aydin und Markus Sigloch vor 15 Jahren auf einer Party kennen lernten, fragten sie weder den Iman noch einen Pfarrer, ob ihre Liebe den Regeln entspricht. „Meine Mutter war am Anfang etwas skeptisch, heute nennt sie Markus ‚Ogul‘, ihren Sohn“, sagt Emel Aydin. „Traditionell und doch weltoffen“, nennt sie ihr Elternhaus, in dem sie aufwuchs, nachdem sie die ersten acht Jahre bei

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der Großmuter in der Türkei verbracht hatte. Aus Respekt vor seinen christlichen Nachbarn habe ihr Vater sein Tabakgeschäft, das er auf den Fildern betrieb, an Weihnachten immer besonders schön dekoriert. Für Markus Sigloch, von Beruf Außendienstmitarbeiter einer großen Getränkefirma, öffnete sich mit der Heirat eine völlig neue Welt. Auf seiner eigenen Hochzeit in der Türkei traf er auf Menschen, „die so tolerant waren, wie man es sich kaum vorstellen kann“. Niemals habe man ihn darauf angesprochen, auch zum Islam überzutreten. „Ich war früher nicht besonders christlich geprägt“, sagt er, „aber heute mache ich mir viele Gedanken über Religion. Es ist doch eigentlich ein und derselbe Gott.“ Familie Aydin-Sigloch wohnt in einem schmucken Reihenhaus in Filderstadt bei Stuttgart. Bringt die Mutter die


Foto: Rainer Kwiotek

Markus Sigloch und Emel Aydin beim abendlichen Tavla in ihrem Wohnzimmer.

Kinder zu Bett, liest sie ihnen Geschichten von Mohammed vor. Bringt der Vater sie ins Bett, spricht er ein christliches Gebet. „Für unsere Kinder ist das kein Widerspruch“, sagt Emel Aydin, „sie kennen ja nichts anderes und Gott ist für sie weder katholisch noch evangelisch noch muslimisch, sondern einfach nur ihr Beschützer.“ Nach den Regeln des Islam sind Kinder aus gemischten Ehen automatisch Muslime. Es bedarf dafür keiner Taufe oder eines anderen Ritus. Die Heirat muslimischer Männer mit

einer Christin gilt im Islam allerdings als unproblematisch, da die Frau in Religionsfragen ihrem Ehemann zu folgen hat. Komplizierter ist der umgekehrte Fall. Hier streiten islamische Gelehrte bis heute über die Zulässigkeit, auch wenn im Koran dazu keine Silbe steht. Würde man Malik oder seine Schwester Melissa fragen, hat die christlich-muslimische Ehe ihrer Eltern nur Vorteile: In ihrer Familie feiern sie alle Feste, das Zuckerfest zum Ende des Ramadan ebenso wie Weihnachten.

Die Zahl gemischt­konfessioneller Ehen ist in Baden­

Muslims mit einer Christin oder Jüdin eher unprob­

Württemberg in den vergangenen Jahren stetig an­

lematisch. Umgekehrt, wenn also eine Muslima einen

gestiegen. Allein 2010 registrierte das Statistische

Christen oder Juden heiraten will, sehen vor allem

Landesamt 448 Eheschließungen, in denen ein Partner

konservative Imame einen Hinderungsgrund. Auch

muslimisch, der andere evangelisch oder katholisch

die evangelische Kirche in Baden­Württemberg steht

war. Darunter ist die Zahl der muslimischen Männer

interkonfessionellen Ehen kritisch gegenüber. Im ver­

fast dreimal so hoch wie derjenige muslimischer Frau­

gangenen Herbst wurde eine Vikarin entlassen, nach­

en. Denn aus muslimischer Sicht ist die Heirat eines

dem sie einen Muslim geheiratet hatte.

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Die Yavuz-Sultan-Selim-Moschee ist die größte Moschee in Baden-Württemberg. Als sie gebaut werden sollte, gab es Widerstände – aus denen sich ein Dialog entwickelte, der bis heute hält

Ilka Sobottke, Pfarrerin.

Von der Stirnseite des Raumes fällt ein wenig Licht auf

„Wir glauben an den einen Gott“

die Gesichter der etwa zwanzig Männer und Frauen, die im Halbdunkel sitzen. Ein Beamer projiziert Bilder aus dem Libanon auf die Wand: Kirchen, schroffe Berglandschaften, Moscheen, Geschäfte auf einem Basar. Als nach einer guten Stunde das Licht angeht, sieht man Frauen in schwarzem Ordensgewand neben schnauzbärtigen Männern: Im Turm­ saal der Mannheimer Citykirche tagt die Christlich­Islami­ sche Gesellschaft Mannheim (CIG). Einige ihrer Mitglieder waren im Libanon und berichten jetzt den Daheimgeblie­ benen. „Einmal hörten wir den Muezzin einer Moschee und das Glockenläuten einer Kirche gleichzeitig“, erzählt eine Mitreisende in schönstem Kurpfälzer Dialekt. Ilka Sobottke, 45, ist Pfarrerin der Citykirche und Vorsit­ zende der CIG. „Mannheim hat eine ganz eigene Tradition der Offenheit gegenüber anderen Religionen“, sagt sie. Was wohl daran liegt, dass man sich hier früh an den An­

Die Yavuz­Sultan­Selim­Moschee.

blick Fremder gewöhnt hat. Seit den 1950er Jahren packen Gastarbeiter – unter ihnen viele Türken – in Industrie und Dienstleistung mit an. Zum Beten gingen sie jahrelang

Keine fünfzig Meter entfernt liegt die katholische Liebfrauen­

in Hinterhofmoscheen. Erst 1989 kaufte die „Türkisch­

kirche. Die Mitglieder der Gemeinde waren „not amused.“

Islamische Gemeinde zu Mannheim“ ein 1.200 Quadratmeter

Sie sträubten sich gegen eine Moschee so dicht an der

großes Grundstück im Stadtteil Jungbusch. Hier entstand

Kirche. Erst als sich Oberbürgermeister und Kirchenobere

die Yavuz­Sultan­Selim­Mochee – lange Zeit die größte

einschalteten, legten sich die Wogen: aus Ablehnung wurde

Moschee Deutschlands.

eine gute Nachbarschaft. Die CIG war geboren.

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Rituelle Waschung im Vorraum der Moschee.

Was haben sich Muslime und Christen zu sagen?

Einzelnen und Gott. Das Wort steht im Mittelpunkt, und Hie­

Ilka Sobottke: Wir sitzen doch in einem Boot, weil wir als

rarchien gibt es auch kaum. Wenn es dagegen um die Vereh­

Religionsgemeinschaften verantwortlich gemacht werden

rung von Heiligen geht, oder das Gebet für die Verstorbenen,

für den Unfrieden in der Welt.

sind sich Islam und Katholizismus näher.

Über was wird gestritten?

Hat die Radikalisierung in Teilen

Sobottke: Bei den Begriffen Frieden und Gerechtigkeit gibt

des Islams dem Dialog geschadet?

es kaum Unterschiede. Im Detail gibt es natürlich immer

Sobottke: Nicht erst seit 2001 kommen immer wieder Men­

wieder Diskussionen. Aber Christen und Muslime haben

schen zu uns, die kritische Fragen stellen. Fragen stellen darf

mehr Gemeinsamkeiten als Trennendes. So wollen wir beide

jeder. Nur wer alle Muslime dafür verantwortlich machen will,

als Gläubige in der Gesellschaft gehört werden und sie mit­

was al­Qaida macht, der hat bei uns nichts zu suchen.

gestalten. Auch unsere Probleme ähneln sich: Muslimische Jugendliche kommen so wenig in die Moschee wie unsere

Können Christen und Muslime gemeinsam beten?

Jugendlichen in die Kirche.

Sobottke: Wir glauben an den einen Gott. Wir beten ge­ meinsam und nennen es Friedensgebet.

Was haben Sie in den Jahren des Dialogs von den Muslimen gelernt? Sobottke: Ich war überrascht, wie protestantisch der Islam

Autor: Thomas Krause

ist. Auch im Koran gibt es keine Mittlerfigur zwischen dem

Fotograf: Rainer Kwiotek

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Der Islam In Zahlen Rund

45%

Millionen

der

Muslime sind deutsche

Staatsangehörige.*

Rund

4 Rund

70%

der

Musliminnen im Alter ab 16 Jahren

tragen nie ein Kopftuch.*

Muslime leben in Deutschland. Die Angehörigen der drittgrößten Glaubensgemeinschaft nach Katholiken und Protestanten stammen aus mindestens 49 Ländern.*

Mehr als die Hälfte der Muslime ist Mitglied in einem deutschen Verein. *

36


98%

der Muslime in Deutschland leben in den alten Bundesländern und Berlin.*

650.000 Muslime leben in Baden-Württemberg

**

Ein Drittel der Muslime betet täglich, Knapp

70%

20%

beten nie.

begehen religiöse Feste und Feiertage.

Etwa

50%

beachten die Fastenregeln.*

* Quelle: Bundesamt für Migration und Flüchtlinge,

** Quelle: Tätigkeitsbericht des

Muslimisches Leben in Deutschland (im Auftrag der

Integrationsbeauftragten der Landesregierung

Deutschen Islam Konferenz), 2009

Baden-Württemberg, 2008 –2010

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LOCKER KOPFTÜCHER

Yasemin Yesil ist Modedesignerin. Fashion und Frömmigkeit sind für die junge Frau aus Karlsruhe kein Widerspruch

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Sie tragen Lidstriche . . . Yesil: Ja, ab und zu, aber ich schminke mich immer nur de­ zent. Ich finde es nicht in Ordnung, wenn man als Muslima in der Öffentlichkeit übertrieben geschminkt rumläuft. Es kommt auf den Anlass an, im Alltag sollte es nicht verführe­ risch sein. Aber Wimperntusche gehört bei mir einfach dazu. Und was müssen Männer beachten? Yesil: Die Kleidung muss den Bereich vom Bauchnabel bis zu den Knien bedecken. Goldschmuck ist verboten, und sie dürfen keine Seide tragen. Es sei denn, sie vertragen keine anderen Stoffe. Es gibt also Ausnahmen. Yesil: Ja, die Gesundheit geht immer vor! Und beim Sport? Yesil: Unter Frauen kann man auch engere oder kurzärm­ lige Sachen tragen. In der Schule hatten wir zum Beispiel getrennten Sportunterricht, das war also kein Problem. Später habe ich Taekwondo gemacht: Der Anzug bedeckt Yasemin Yesil

und liegt nicht eng an.

im Atelier der Modeschule.

Und beim Schwimmen – tragen Sie dann einen Burkini? Yesil: Der Burkini ist zwar eine Möglichkeit, aber ich würde damit nicht in ein öffentliches Schwimmbad gehen. Es gibt

Sie sind gläubige Muslima und Modedesignerin.

hier in der Nähe einmal in der Woche Schwimmen für musli­

Ist das nicht ein Widerspruch?

mische Frauen, das ist mir lieber.

Yasemin Yesil: Viele denken das vielleicht, aber ich habe ja die Möglichkeit, mit Farben, Silhouetten und Stoffen zu

Wann haben Sie angefangen, sich den

spielen und bestimmte Trends islamisch tragbar zu ma­

islamischen Traditionen gemäß zu kleiden?

chen. Wenn zum Beispiel Indianerlook angesagt ist, kann

Yesil: In der sechsten Klasse.

ich Fransen an ein Maxikleid nähen. Weil es von Ihnen erwartet wurde? Welche Kleidervorschriften gelten denn für eine Frau?

Yesil: Nein, weil ich es selbst so wollte. Ich mache das ja für

Yesil: Der Hijab sollte den ganzen Körper bedecken, ausge­

Gott und sonst niemanden!

nommen Gesicht, Füße und Hände. Er darf weder eng an­ liegen noch durchsichtig sein. Abgesehen davon kommt es

Wieviele Kopftücher besitzen Sie?

auch auf die innere Haltung an, mit der ich mich kleide.

Yesil: Locker 30.

Wie meinen Sie das?

Wie sind Sie auf die Idee gekommen,

Yesil: Man kann mit einem schönen Kleid angeben oder

an eine Modeschule zu gehen?

genau das gleiche Kleid bescheiden tragen, wenn es nicht

Yesil: Ich hatte schon früh eine Nähmaschine, an der ich viel

als protziger Schmuck, sondern einfach als Gebrauchs­

ausprobiert habe. Ich fand es außerdem schade, dass es für

gegenstand gedacht ist.

junge Muslime so wenig an Kleiderauswahl gibt.

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Bedeckend und bescheiden: der Overall. Kleider aus fließenden Stoffen.

Aber an der Modeschule war es doch sicher sehr kompliziert für Sie und die Lehrer, oder? Yesil: Nein, eigentlich nicht, meine Lehrer waren immer sehr verständnisvoll. Für die Modenschauen konnte man zudem zwischen verschiedenen Themen wählen. Als wir für eine Kollektion wadenlange Röcke entwerfen sollten, habe ich eben passende Stiefel dazu eingeplant. Gibt es muslimische Stardesigner, die Sie inspirieren? Yesil: Ich mag die Sachen von Rabia Zargarpur aus Dubai sehr gern. Sie ist vielleicht keine Stardesignerin, aber schon sehr bekannt. Gab es schon mal ein Kleidungsstück, für das Sie Kopftuchregeln und Co. gern einen Tag vergessen hätten? Yesil: Eher nicht. Wenn ich unbedingt etwas tragen möchte,

Yasemin Yesil aus Karlsruhe lernte schon

muss ich eben kombinieren: Zu einer engen Röhrenjeans zum

früh, Kleidung kreativ zu kombinieren: Sie

Beispiel ziehe ich einfach ein längeres Oberteil an. Oder ich

zieht sich gern modisch an, achtet aber

trage solche Sachen zur nächste Henna­Nacht – einer Feier,

als Muslima türkischer Herkunft darauf,

die Freundinnen und weibliche Verwandte der Braut vor der

bedeckt zu sein. Von 2007 bis 2010 mach­

Hochzeit veranstalten. Unter Frauen ist das Kopftuch nicht

te sie an der Modeschule der Balthasar­

zwingend nötig, Ärmel und Röcke dürfen da ruhig mal kürzer

Neumann­Schule in Bruchsal eine Ausbil­

sein.

dung zur staatlich geprüften Designerin (Mode). Jetzt spart die 24­Jährige mit einer

Interview: Dagny Riegel

ehemaligen Mitschülerin auf ein eigenes

Fotograf: Eric Vazzoler

Label mit Internetshop.

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VERBOTEN Die deutsche Friedhofsordnung macht es Muslimen schwer, ihre Toten zu beerdigen

VERBOTEN

M

anchmal bekommt sie Ärger, wenn sie hier so rumläuft. Enge schwarze Hose und ein TShirt, tief ausgeschnitten. Die langen schwarzen Haare hat sie zu einem Pferdeschwanz zurückgebunden. Die dunklen Augen liegen hinter einer großen Sonnenbrille. Hier, das ist das muslimische Gräberfeld des Hauptfriedhofes in Stuttgart-Bad Cannstatt. Und sie, das ist Fatma Gül, deren Vater hier liegt und dessen Grab sie alle zehn Tage besucht. Sie gießt dann die Pflanzen und wischt mit einem feuchten Lappen über den großen weißen Marmorstein. Es ist ein Tag im Frühsommer, und die Sonne scheint schon kräftig aus dem blauen Himmel. Gül erzählt, und sie schwäbelt dabei. „Manchmal werde ich angesprochen, dass ich einen Tschador anziehen soll und dass ich sündige, so wie ich herumlaufe”, sagt sie. Fatmas Familie gehört zu den Aleviten, einer Minderheit im Islam. Die Geschichte ihres Vaters ist die eines typischen Einwanderers aus den 1960er Jahren – aber mit einem ungewöhnlichen Ende: Er kam aus Anatolien nach Deutschland und schuftete auf dem Bau. Dann fand er eine bessere Arbeit bei

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der Bahn und holte seine Familie nach, die Frau und vier Kinder – zwei weitere kamen in Stuttgart zur Welt, auch Fatma. Vor einigen Jahren wurde er krank, und seine Tochter saß oft im Krankenhaus an seinem Bett. Eines Tages sagte er ihr, dass er in seiner Heimat beerdigt werden wolle, lächelte und fügte hinzu: „In Stuttgart.“ Immer mehr Angehörige von eingewanderten Familien sehen das so, und das ist der Moment, in dem Michael Elsas ins Spiel kommt. Elsas ist Aufseher des Hauptfriedhofes, des einzigen Ortes in Stuttgart, wo sich Angehörige nicht-christlicher Religionen bestatten lassen können. Seit 1982 ist das so, bislang wurden rund 440 Muslime hier begraben. Vom Eingang aus gesehen liegen die Muslime ganz hinten rechts, es sieht dort alles ein bisschen anders aus: nur wenige Blumen auf den Gräbern, ein Grabstein hat die Form einer Pyramide, ein anderes Grab schmücken dünne Holzscheiben. „Sieht stellenweise aus wie Kraut und Rüben. Die Angehörigen pflegen die Gräber nicht so intensiv, wie man es hierzulande gewöhnt ist”, sagt Elsas.


VERBOTEN Elsas hat einen schwierigen Job: Er muss die Besonderheiten fremder Beerdigungsrituale mit der Friedhofsordnung in Einklang bringen. Irgendwie gelingt es ihm auch, aber eben nur irgendwie. Laut Friedhofsordnung muss ein Grabstein mindestens 18 Zentimeter dick sein. „Aber die stellen da manchmal Brotscheiben hin”, sagt Elsas. Manchmal kommen Angehörige mit Backsteinen und Fertigzement zu den Gräbern und bauen kleine Mauern um das Grab. Dann weiß Elsas, dass sich die benachbarten Steinmetze wieder bei ihm beschweren werden, denn nur die dürfen das machen. „Es sind halt alles Menschen“, sagt er dann, „und wo Menschen sind, da menschelt’s.“ „Wir müssten eigentlich viel mehr durchsetzen, aber wir haben doch nichts davon, wenn wir hier einen Aufstand machen”, sagt Elsas. Ein Friedhof sei schließlich ein Ort der Trauer, „und jeder Mensch trauert eben anders.“ Bei Kindergräbern verstoßen oft alle gegen die Friedhofsordnung, Christen wie Muslime. Kuscheltiere oder sogar ein Bobbycar – alles eigentlich nicht erlaubt. Eigentlich.

den: mit Respekt. Mehrmals waschen sie den Toten, bevor sie ihn in ein Tuch wickeln: Männer dreimal, Frauen fünfmal. Dann schließen sie den Sarg und halten in der Moschee das Totengebet.

Riad Ghalaini ist Vertreter der arabischen Moschee in Stuttgart und kann viel darüber erzählen, was eine Friedhofsordnung für Probleme aufwirft. „Im Islam soll ein Toter so schnell wie möglich begraben werden”, sagt Ghalaini. Aber hierzulande dauert es schon mal zwei, drei Tage, bis alle Formalitäten erledigt sind und das Grab ausgehoben ist. Ghalaini lebt seit 1956 in Stuttgart, aber wie man hier mit dem Tod umgeht, das irritiert ihn noch immer. Als eine Nachbarin starb, kam niemand aus dem Haus zur Beerdigung, nur er und seine Frau. „Die Deutschen sind sehr menschlich zu den Lebenden, sie kämpfen um jedes Leben. Aber Tote sind für sie wie Gegenstände”, sagt er. Stirbt ein Mitglied seiner Gemeinde, wird die Leiche in die Moschee gebracht und dort im Kühlraum gewaschen. „Die Körper, die aus dem Krankenhaus kommen, sind verpackt wie Gegenstände und noch voll mit Nadeln und Pflastern”, sagt er. Aber man müsse die Toten behandeln wie die Leben-

Fatma Gül sitzt gerne noch eine Weile still neben dem Grab ihres Vaters, wenn sie den Grabstein sauber gewischt und die Blumen gegossen hat. „Eigentlich war Religion bei uns in der Familie nie wichtig. Mein Vater hat immer gesagt, es sei wichtig, dass man einfach ein guter Mensch ist“, sagt sie. „Aber als er gestorben ist, da habe ich doch gemerkt, dass ich die Religion brauche. Durch die Beerdigung mit ihren religiösen Zeremonien ist mir der Abschied leichter gefallen.“ Gül muss los. Sie geht auf hochhackigen Schuhen in Richtung Ausgang, dreht sich dann aber noch einmal um. „Mein Vater hat noch etwas gesagt, es wäre schön, wenn Sie das schreiben würden. Er hat gesagt, die wahre Religion ist doch die Liebe.“

Auf dem Friedhof verlangt es die islamische Tradition, dass Angehörige den Sarg bis zum Grab tragen – verboten. Auch das Hinunterlassen würden die Muslime gern selbst erledigen – verboten. Muslime begraben ihre Toten ohne Sarg, nur in Tücher gewickelt – in Deutschland verboten. Erlaubt ist hingegen die besondere Ausrichtung der Gräber. Die Toten liegen alle auf der rechten Schulter, mit Blick nach Mekka. „Einmal hatte ich einen Streit mit dem islamischen Geistlichen, wie der Tote liegen sollte”, erzählt Elsas. „Ich sagte, er gehört so herum, er sagte, nein, anders herum. Als das Grab zur Hälfte mit Erde gefüllt war, fiel ihm auf, dass ich Recht hatte. Er war untröstlich. Ich antwortete ihm ‚Guter Mann, jetzt muss er halt a bissle weiter nach Mekka gucken – einmal um die ganze Erdkugel’.”

Autor: Patrick Hemminger Fotograf: Eric Vazzoler

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Gelernte Toleranz Allein in Stuttgart gibt es ein Dutzend Koranschulen. Hier lernen Jugendliche in ihrer Freizeit die Grundlagen des Islam

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Oben: Dass er sonntags in die Schule muss, stört Hasan nicht: „Hier treffe ich meine Freunde!“ Rechts: Nach vier Jahren können die Schüler den Koran fehlerlos lesen und vortragen. Unten: Im ersten Jahr stehen die 28 Buchstaben des arabischen Alphabets auf dem Lehrplan.

K

eine Kuppel, kein Minarett: Von außen deutet nichts darauf hin, dass in dem ockerfarbenen Gewerbekasten in Stuttgart-Nord eine Moschee zuhause ist. Mit dem Schritt hinein wandelt sich das Bild: Im großen Saal, der als Gebetsraum dient, fällt das Morgenlicht durch schlichte Fenster auf ornamentverzierte Wände. Auf dem weichen, sandfarbenen Teppichboden sitzt ein Dutzend Jugendlicher schweigend im Schneidersitz. Vor jedem von ihnen steht ein kleines Holzbänkchen, darauf liegt der Koran. So lässt sich die heilige Schrift besser lesen, außerdem soll sie nicht den Boden berühren. Auf Arabisch rezitiert der Imam Sure 3, Vers 104: „Und aus euch soll eine Gemeinde werden, die zum Guten einlädt und das gebietet, was Rechtens ist, und das Unrecht verbietet; und diese sind die Erfolgreichen.“ Es ist Sonntagmorgen, Koranunterricht. In dem ausgedienten Industriegebäude ist der Verband Islamischer Kulturzentren zuhause – und mit ihm eine von etwa zehn größeren Koranschulen der Landeshauptstadt. Rund 250 Schülerinnen und Schüler aus Stuttgart und umliegenden Gemeinden lernen hier die heilige Schrift des Islam auf Arabisch lesen und verstehen. Der Unterricht findet nach Geschlechtern getrennt statt, Mädchen werden von Frauen unterrichtet, Jungen von Männern. „Mir macht es nichts aus, sonntags auch noch in die Schule zu gehen“, sagt Hasan, ein 15-jähriger Junge mit feinen Gesichtszügen. Er trägt Jeans, Kapuzenpulli und eine Gebetsmütze auf dem Kopf. „Hier treffe ich meine Freunde!“ Gepaukt wird samstags oder sonntags von zehn bis vierzehn Uhr. Und wer am Wochenende keine Zeit hat, kann den Stoff in den Sommerferien nachholen. Sechs Wochen lang, täglich vier Stunden. Die jüngsten Schüler sind zwischen acht und zehn Jahren alt, sie lernen zunächst die 28 Buchstaben des arabischen Alphabets, später bekommen sie Lehrbücher mit bunten Bildern, unter die sie die richtigen Wörter schreiben. Erst wenn die Schüler Schrift und Sprache in Grundzügen

beherrschen, beginnt das Studium des Korans. Wer, wie Hasan, im vierten und letzten Jahr ist, kann das Buch der Bücher schon selbstständig lesen. Hasan liest auch zu Hause fast jeden Tag im Koran. Am Ende des Schuljahres wird er die Schrift fehlerlos rezitieren können. Und er wird den geschichtlichen Kontext der Suren kennen. Nach dem Abitur will er sich neben dem Studium der Luft- und Raumfahrttechnik zum Imam ausbilden lassen – eine Besonderheit in Deutschland: Bisher kommen Prediger und Koranlehrer überwiegend aus dem Ausland. Sie können das Freitagsgebet leiten und bringen fundiertes Wissen über die heilige Schrift mit. Deutsch sprechen die wenigsten. Mit Hasans Generation könnte sich das ändern. „Es geht uns darum, Werte wie Toleranz, Güte, Mitgefühl und Friedfertigkeit zu vermitteln“, sagt Kazim Per, der Leiter des Zentrums. In Zeiten, in denen viele Muslime mit Terroristen gleichgesetzt werden, kann er das gar nicht oft genug wiederholen. „Je religiöser ein Mensch ist, desto toleranter ist er auch“, sagt Kazim Per. Er sieht die Schule als Brücke zwischen den Kulturen. Im Unterricht wird Türkisch gesprochen – wenn nicht gerade der Koran zitiert wird. Daneben gibt es Nachhilfeangebote in Mathe, Englisch und Deutsch. Der Unterricht ist vorbei an diesem Sonntag, und auf dem Parkplatz vor der Moschee geht es zu wie auf jedem anderen Schulhof in Deutschland: Die Jüngeren kicken oder spielen Fangen. Die Älteren tippen auf ihren Handys herum oder schlendern über die Straße zur Dönerbude. Hasan hat es eilig nach Hause zu kommen, sein Rennrad wartet. Für heute hat er genug gelesen. Jetzt freut er sich darauf, die Hügel rund um seine Heimatstadt zu erklimmen. Autor: Nico­Elliot Kälberer Fotografin: Antonia Zennaro

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AUSNAHME NUR FÜR PROFIS In der Fastenzeit haben es muslimische Fußballer schwer Fallou Diagné, SC Freiburg

B

eim Sport, und dort vor allem im Profi-Fußball, ist Deutschland längst interkulturell und interkonfessionell. Ein gutes Beispiel ist die deutsche Nationalelf: Dort spielt der Deutsch-Türke Mesut Özil neben Cacau aus Brasilien; der dunkelhäutige Jerome Boateng neben dem Deutsch-Tunesier Sami Khedira. Wie zum Beweis läuft seit 2008 ein Werbespot im deutschen Fernsehen, der die Eltern der Nationalspieler beim gemütlichen Grillen zeigt – mit Kebab und Kartoffelsalat. Zum Ende, als alle andächtig der Hymne lauschen, kommt die Synchronstimme von Robert Redford aus dem off: „más integración“ – mehr Integration. Der Deutsche Fußball-Bund ist stolz auf sein „Multi-Kulti-Team“, lobt es bei jeder Gelegenheit in den Himmel. „Unser Spiel wäre eintöniger, weniger abwechslungsreich, weniger fantasievoll“, sagte Manager Oliver Bierhoff kürzlich. „Unsere Spieler mit Migrationshintergrund bringen durch ihre Spielweise andere Einflüsse mit ein. Das wirkt bereichernd.“ Auch in vielen Sportvereinen auf Amateurebene spielen heute junge Einwanderer. Sie bringen aber nicht nur die vermeintlich andere Spielweise mit, sondern auch ihren

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kulturellen und religiösen Hintergrund. Dazu gehört, dass sie bei der Feier nach dem Sieg über den VfL Pfullingen II vielleicht kein Bier mittrinken und in keine Bratwurst beißen. Zudem haben in vielen Gemeinden Migranten ihre eigenen Sportvereine gegründet. In Ligen der unteren Klassen spielen Vereine, die „Türkspor“ oder „FC Bosporus“ heißen. Die meisten Spieler haben zwar einen deutschen Pass, sie fühlen sich dennoch in einem Verein wohler, in dem sie Mitspieler mit gleichen ethnischen Wurzeln finden. Was aber machen diese Spieler, wenn sie religiös sind und die Gesetze des Korans einhalten wollen? Vor allem während des Fastenmonats Ramadan geraten manche von ihnen in einen Konflikt: Volle Leistung auf dem Spielfeld erfordert eine ausreichende Ernährung. „Während des Ramadan machen wir nur leichtes Training“, sagt Serkan Diler. Diler ist Trainer von Ermstal Türkspor. Das Vereinsheim des Reutlinger Kreisligisten ist ein weißer Container im Schatten einer Tennishalle. An einem der zwei Holztische sitzt Diler, an der linken Wand hängt eine türkische Flagge, rechts die Pokale und ein Wimpel von Borussia Dortmund.


Khalid Boulahrouz, VfB Stuttgart

Fuat Bayrakat, der stellvertretende Vereinsvorsitzende, trinkt ein Becks, sein Feierabendbier. Nur während des Fastenmonats verzichtet er auf Alkohol. Auch während des Ramadan muss Türkspor antreten. Ein echter Wettbewerbsnachteil. Vor Jahren baten die Vereinsvorsitzenden darum, die Spiele in dieser Zeit abends nach Sonnenuntergang anzusetzen, doch dafür hatte der Staffelleiter nur ein müdes Lächeln übrig. Im Team von Türkspor gibt es zwar nur wenige Strenggläubige, die anderen trinken nach dem Spiel gerne ein Bier. Doch auch ihnen ist der Ramadan heilig. Viele im Team fasten.

Auch im Profibereich gab es lange keine Regelung, wie Muslime sich im Fastenmonat verhalten sollten. Jeder Profi musste entscheiden, wem er sich mehr verpflichtet fühlt: dem Glauben oder dem Geldgeber. „An freien Tagen faste ich, da geht das ohne Probleme“, sagt der Deutsch-Türke Serdar Tasci vom VfB Stuttgart. „Ansonsten ist es natürlich schwer umzusetzen.“ Tascis ehemaliger Mitspieler Sami Khedira sieht das ähnlich, es sei „unmöglich zu fasten, da wir eine extrem hohe körperliche Belastung haben“. Seit 2010 gelten für Profis Ausnahmen. In einer Vereinbarung haben sich der Zentralrat der Muslime in Deutschland mit dem Deutschen Fußball-Bund und der Deutschen Fußball Liga darauf geeinigt, die Bundesliga-Kicker in der Spielzeit von den Fastenregeln zu befreien. Sie können das Fasten nach Saisonende nachholen. Dazu hatte der Zentralrat extra ein theologisches Rechtsurteil bei führenden Autoritäten des Islams eingeholt. Sinngemäß steht darin: Wer mit Sport sein Geld verdient und Höchstleistungen bringen muss, darf das Fasten brechen. Amateurfußballer sind die Ausnahme der Ausnahme. Für sie heißt es entweder mit leerem Magen spielen oder aussetzen.

Autor: Dominik Drutschmann Fotografen: Helge Prang/GES­Sportfoto (Diagné), Besprechung im Türkspor­Vereinsheim: mit leerem Magen

Daniel Ulmer/Pressefoto Ulmer (Boulahrouz),

spielen oder aussetzen?

Christoph Püschner

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Schlachterei in G채rtringen: Nach der Bet채ubung leiden die Tiere 48 nicht.


Auf Messers Schneide Der Koran schreibt vor, dass Schlachtvieh noch leben muss, wenn ihm die Kehle aufgeschnitten wird, damit es vollständig ausblutet. Das Gesetz befiehlt, die Tiere nicht zu quälen. Ein Dilemma – und seine Lösung

Ü

berall noch Schweineblut. Auf dem Fließband, auf den Wannen, auf dem Boden und an den Wänden. Süleyman Karatepe lehnt mit einem Wasserschlauch in der Tür des Schlachtraums und zielt auf rote Flecken. Einen nach dem anderen spült er sie von den Fliesen und vom Metall. Erst als kein Spritzer Blut mehr verrät, dass im Gärtringer Schlachthof vor einer halben Stunde Schweine geschlachtet wurden, legt er den Schlauch weg und wartet vor dem Fließband auf die Lämmer. Jedem Tier wird der muslimische Schlachter mit seinem Messer die Kehle durchschneiden und vorher „bismillah“ ausrufen – „im Namen Gottes“. Das Tier wird noch zucken, „doch das sind reine Reflexe“, erklärt Natalia Quindt, die ständige Tierärztin des Schlachthofs, „nach der Betäubung empfinden die Tiere keine Schmerzen mehr“. Süleyman Karatepe schlachtet nach den Regeln des Korans. Sein Vater hat es ihm in der Türkei beigebracht. Seit 15 Jahren arbeitet er in Deutschland bei Murat Lamm,

einem türkischen Fleischproduzenten im schwäbischen Gärtringen. Die überwiegend türkischen Kunden kaufen dort Halal-Fleisch, was so viel bedeutet wie „erlaubtes Fleisch“. Um halal zu sein, darf das Schlachtvieh keinen Kontakt mit Schweineblut, Alkohol oder Ungläubigen gehabt haben. Schlachter Karatepe muss dazu den Namen Gottes anrufen, das Tier beim Töten nach Mekka wenden und es anschließend vollständig ausbluten lassen. Für Muslime – wie auch für Juden – ist Blut unrein. Ihre Religionen schreiben daher das Schächten von Tieren vor. Nur wenn das Schlachtvieh beim Schnitt durch die Kehle noch lebt, könne garantiert werden, dass sein Herz genügend Blut aus dem Körper pumpe und nichts davon das Fleisch verunreinige. Zum Schächten gehört laut Koran und Thora das betäubungslose Schlachten. Das aber ist vom deutschen Tierschutzgesetz klar verboten: „Ein warmblütiges Tier darf nur geschlachtet werden, wenn es vor Beginn des Blutentzugs betäubt worden ist.“ Die Bundestierärztekammer kommt 49


in einem Gutachten zu dem Schluss, dass „betäubungsloses Schlachten zu erheblichem Leiden und Schmerzen“ führt. Ihr Vorsitzender Ernst Breitling spricht in einem solchen Fall von „klarer Tierquälerei“. Für Muslime und Juden ist das ein Problem. Auf der einen Seite stehen die Gebote ihrer Religion, auf der anderen Seite die Gesetze ihres Landes. Für dieses Dilemma gibt es drei Lösungen: Die einfachste Lösung ist der Import von Halal- bzw. Koscher-Fleisch. Die Einfuhr ist erlaubt, und das Fleisch ist oft billiger als in Deutschland. Der Haken an der Sache: Der Kunde kann unmöglich überprüfen, ob die halal-Kriterien vor Ort eingehalten wurden. Die zweite Lösung beruft sich auf das Grundrecht freier Religionsausübung. In ganz Deutschland gibt es allerdings nur eine Handvoll muslimischer und einen einzigen jüdischen Schlachthof, in dem betäubungslos geschlachtet wird. Die dritte und gängigste Lösung ist ein Kompromiss zwischen den Geboten der Religion und den Gesetzen des Staates. Dazu wird – wie bei Süleyman Karatepe – das Tier mit einem Stromstoß betäubt, bevor es getötet wird. Es lebt noch, sagen die Muslime; es empfindet keine Schmerzen mehr, sagen die Tierschützer. Legal und halal. Vertreter aller schiitischen und der vier großen sunnitischen Rechtsschulen haben zugestimmt. Auf diesen Kompromiss setzt auch Murat Lamm in Gärtringen. Stundenweise mietet der Fleischproduzent den Schlachtraum des benachbarten Schlachthofes an, um dort nach den Regeln des Korans zu schlachten. In der übrigen Zeit arbeiten dort andere Schlachter. Für Außenstehende unterscheidet sich ihre Arbeit nur gering von der Süleyman Karatepes. Auch bei ihnen schreien und treten die Tiere, auch bei ihnen fließt Blut.

Suche nach Kompromissen: zwischen islamischen Regeln und deutschem Tierschutz.

In Baden­Württemberg leben heute schät­ zungsweise 650.000 Muslime. Nicht alle richten sich nach den streng ausgelegten Speisege­ boten des Islam. Die in Deutschland lebenden Sunniten (größte Gruppierung innerhalb des Islam) kaufen zu 90 Prozent Halal­Fleisch; un­

Süleyman Karatepe hat seine 41 Lämmer für heute geschlachtet. Nun übernimmt ein deutscher Kollege den Dienst am Messer. Ein Rind steht bereits in der Einfahrt und wartet mit dampfendem Atem im Nieselregen.

ter Schiiten hingegen sind es 60 Prozent; und unter Aleviten nur 50 Prozent. Schweinefleisch lehnen alle Muslime ab. Der Begriff halal be­ schränkt sich im Übrigen nicht nur auf Fleisch. Jedes Essen muss rein sein, darf also nicht in Kontakt mit Schweineblut oder Alkohol gekom­

Autor: Holger Fröhlich

men sein. Das gilt auch für Kosmetik und All­

Fotograf: Martin Stollberg

tagsgegenstände.

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Die friedliche Tour

„Das mit den Parkplätzen läuft mittlerweile super“: Wilfried Stelzmann und Yasar Keskin (v.l.) sprechen mit einem Anwohner der Mevlana­Moschee.

Eine Moschee mitten in einer beschaulichen Eigenheimsiedlung – monatelang herrschte in Nürtingen ein hitziger Nachbarschaftsstreit. Bis sich ein pensionierter Seemann und ein türkischer Fabrikarbeiter der Sache annahmen

Freitagstermin. Wilfried Stelzmann, 66, holt den Schirm aus dem Kofferraum. Die dunklen Wolken verheißen nichts Gutes. Der Rentner in knitterfreier Hose stützt sich auf den Schirm wie auf einen Gehstock, doch für einen Spaziergang ist er nicht gekommen. Stelzmann ist einer der zwei Männer, die dafür sorgen, dass in einer Siedlung am Stadtrand von Nürtingen Frieden herrscht. Als die Mevlana-Moschee 1997 in das Erdgeschoss der alten Schreinerei an der Tiefenbachstraße einzog, war rundherum Brache. 2003 wurde auf dem Bauland die Siedlung „Drei Linden“ gegründet, mehr und mehr Eigenheime entstanden. Manche der Zugezogenen fühlten sich gestört in ihrer Idylle, klagten über Lärm und fremde Menschen. Zu den Gebeten und Festen kamen nicht nur die achtzig Mitglieder der Gemeinde in die Moschee, sondern auch viele Muslime aus den Nachbarorten. Die Lokalzeitung druckte wütende 51


Foto: ddp image s

In der Schweiz zogen islamfeindliche Parolen: Nein zum Bau von Minaretten.

Leserbriefe, von gegenseitigen Beleidigungen und Drohungen war zu lesen, eine Protest-Website ging online. Bei der Stadt hagelte es Beschwerdebriefe. Vordergründig ging es um Parkverstöße. Kreuz und quer abgestellte Autos blockierten Einfahrten und die Straße zu den nahen Getreidefeldern. Heute, an einem Freitag im Herbst 2011, ist der Weg frei. „Kein Auto“, quittiert Stelzmann stolz. Trotzdem wartet Arbeit. Aus einer Einfahrt läuft eine Frau mit feuerroten Haaren auf ihn zu. „Herr Stelzmann, gut dass ich Sie treffe.“ Eine Mutter, die im Erdgeschoss ihres Heims eine Praxis für Physiotherapie betreibt. „Das mit den Parkplätzen läuft mittlerweile super“, sagt sie, „aber der Lärm, das geht so nicht. Bis halb zwölf stehen die vor der Moschee, zum Abschied wird noch mal gehupt, meine Tochter kann nicht schlafen.“ „Gut, kümmer’ mich“, sagt Stelzmann. Die leicht nasale Aussprache verrät, dass er aus dem hohen Norden stammt: aus Brunsbüttel, wo die Elbe in die Nordsee fließt. Sechzehn Jahre lang ist er zur See gefahren, hat in Asien Schiffsbauten beaufsichtigt, auch in der Arktis ist er gewesen. 1976 der Umzug nach Nürtingen, Angestellter bei den Stadtwerken, 2008 die Rente. „Stelzmann, du kannst nicht jeden Tag Fenster streichen“, habe er sich damals gesagt. Er meldet 52

sich beim Bürgertreff für ein Ehrenamt, wird Turmwächter. Auf dem Turm der Stadtkirche trägt er Anekdoten aus der Historie Nürtingens vor. 2009 fragte ihn der Leiter des Bürgertreffs, ob er Bürgermentor werden wolle; Nachbarschaftsstreitigkeiten schlichten, er könne doch so gut mit Menschen. „Wenn ihr keinen anderen Dummen findet“, antwortete Stelzmann ihm. Nicht lange im Amt, spitzte sich der Streit in der Siedlung zu. Im Frühjahr 2010 lud der damalige Bürgermeister Anwohner und Vertreter der Moschee zum Runden Tisch. Es lief eher unrund. Von „heftigen Auseinandersetzungen“ zeugen die Protokolle. „Ging aus wie das Hornberger Schießen“, sagt Stelzmann; als Bürgermentor war er beim Treffen dabei. Am Runden Tisch saß ein weiterer Mentor, Yasar Keskin. Stelzmann und Keskin beschlossen, „die Sache“ gemeinsam zu regeln. Keskin, 49, hat in seinen Schuppen geladen, um von damals zu erzählen. Beim Betreten aufgeregtes Flattern und Piepen, in den Volieren hausen Kanarienvögel, Grünfinken, Gartenstieglitze, 70 Tiere momentan. „Ich kannte den Vorstand der Moschee nicht wirklich gut“, sagt er durch das Gezwitscher


hindurch. Er gehe nur ein paar Mal im Jahr zum Gebet. Keskin hat ein rundes Gesicht und freundliche Augen unter den buschigen Brauen. Dass er leicht verkniffen guckt, liegt am Schlafmangel. Nachtschicht in einer Fabrik für Autoteile. Die Vogelzucht ist sein Hobby, an der Wand kleben Urkunden vom Kanarienzüchterverein, lauter erste Plätze. Seit 32 Jahren lebt er in Deutschland, auf dem Balkon wehen zwei Flaggen, schwarz-rot-gold und rot mit weißem Halbmond. „Ich bin türkischer Schwabe“, sagt er und erzählt von seinen Kindern, der Junge studiert in Australien, die Tochter macht eine Lehre zur Industriekauffrau. „Unsere Jugendlichen können perfekt Deutsch und haben deutsche Pässe, aber Politiker sprechen immer noch von Integration. Der Respekt fehlt“, sagt er, der Ton bleibt freundlich. „Manche kritisieren gern, gehen aber nicht auf die Menschen zu.“ Anders die zwei Mentoren. Gemeinsam klapperten sie 30 Haushalte ab. Drei anstrengende Wochen. Nicht nur das Parkproblem galt es aus dem Weg zu räumen. Manch ein Hausbesitzer fürchtete, sein Grundstück könne an Wert verlieren. „Oft war nach einer Viertelstunde alles geklärt“, erinnert sich Stelzmann. Bei anderen dauerte es länger. „Einer war gegen die islamische Kultur, gehört hier nicht her, hat der gesagt, da kannst du von morgens bis abends reden.“ In den meisten Fällen konnten die beiden Mentoren erfolgreich vermitteln, lange schon wurde kein Beschwerdebrief mehr verfasst. Dennoch dreht Stelzmann seine Runden durch die Siedlung. Vor der Moschee stehen Männer

in Grüppchen zusammen, plaudern auf Türkisch oder Arabisch, rauchen, trinken Kaffee aus Plastikbechern. Dazwischen springen Kinder mit Schulranzen herum, gleich beginnt das Freitagsgebet. Unter dem Vordach sitzt der stellvertretende Leiter der Gemeinde, Irfan Cakal. Stelzmann gibt ihm die Hand. „Herr Cakal“, sagt er, „abgemacht war, dass die Leute bis zweiundzwanzig Uhr draußen sitzen. Eine Nachbarin hat sich beschwert, dass hier noch nach elf Betrieb herrscht.“ „Ist das so? Ich rede mit dem Vorbeter, der soll darauf hinweisen.“ „Wäre gut, die Frau ist ein bisschen verärgert.“ „Isch klar.“ „Sie denken dran“, sagt Stelzmann zum Abschied: „Ich erkundige mich in einer Woche bei der Frau, ob es besser geworden ist.“ Genug für heute, zu Hause wartet das Mittagessen. „Hoppla“, ruft er, als er sein Auto öffnen will. Nicht abgeschlossen. „Passiert mir ständig.“ Aber der Wagen steht noch, und, Blick ins Handschuhfach, der Turmschlüssel ist auch da. Ist eben eine friedliche Gegend. Autor: David Krenz Fotograf: Christoph Püschner

In Hinterhöfen oder Gewerbegebieten angesiedelt,

über ein Minarett gestritten worden. Den Gegnern

blieben die Moscheen in Deutschland – und mit ihnen

war es 60 Zentimeter zu hoch. In der Schweiz wurde

die islamischen Gemeinden – lange unsichtbar. Seit

der Bau von Minaretten per Volksentscheid gar ganz

den 90er Jahren aber machen sich die muslimischen

verboten. Vor dem Referendum hatten die Minarett­

Vereine verstärkt für repräsentative Bauten stark.

Gegner gezielt gegen Muslime polemisiert.

Die Muslime wollen zeigen, dass sie dazugehören,

Es kann auch anders laufen: Als in Hechingen (Zollern­

und müssen doch immer wieder erleben, dass es

albkreis) eine Moschee gebaut wurde, setzte der dor­

Menschen gibt, die das anders sehen: In Hemmingen

tige muslimische Verein auf Transparenz. Anwoh­

(Landkreis Ludwigsburg) kauften Anwohner eine

nerproteste blieben aus, geführte Stadttouren enden

Gaststätte, damit die türkisch­islamische Gemeinde

heute an der Moschee, künftig will man Schulklassen

dort keine Gebetsräume einrichten konnte. In Ulm

Führungen durch das Haus anbieten. Sogar ein hohes

zogen die Anwohner gegen die Baupläne der musli­

Minarett schmückt das Gebäude.

mischen Gemeinde vor Gericht, in Esslingen ist lange

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Die Entscheidung Welcher Religion man angehört, ist meist durch die Geburt bestimmt. Doch es gibt Ausnahmen. Zwei Konvertiten erzählen, warum sie ihren Weg zu Gott selbst gewählt haben

„Jesus ist bei mir“ Golnaz Niavarani*

Ich wurde 1968 in Teheran geboren und muslimisch erzo­ gen. Meine Mutter ist sehr gläubig, wir feierten viele reli­ giöse Feste zuhause. In der Schule musste ich täglich zwei Stunden im Koran lesen. Im Iran wusste ich sehr wenig über das Christentum. Nur einmal habe ich dort eine Grup­ pe getroffen, die viel über Jesus gesprochen hat. Aber von dem, was sie erzählt haben, habe ich nur wenig verstanden.

Verwandte von uns verschleppt. Sie war eine schöne Frau,

2004 bin ich mit meinen beiden Kindern nach Deutschland

Lehrerin und trat für Frauenrechte ein. Vielleicht sitzt sie im

gekommen.

Gefängnis. Vielleicht haben Menschenhändler sie nach Du­

Als alleinerziehende Mutter kannte ich zunächst nieman­

bai gebracht, wo sie arbeiten muss. Wir wissen nicht, wo sie

den. Dann habe ich tolle Menschen kennengelernt, die

ist und ob sie noch lebt. Aber ich weiß: Jesus ist auch bei

waren nett und hilfsbereit. Sie waren Christen, durch sie

ihr. Sollte sie tot sein, sehen wir uns im Himmel wieder.

habe ich zum Glauben gefunden. Anfänglich war ich selber

Oft, wenn ich mit meiner Familie oder mit meinen Freunden

geschockt, dass ich Christin geworden bin, schließlich ist

im Iran telefoniere, sagen viele: „Golnaz, bitte bete für uns!“

das im Islam verboten. Das hat mir auch meine Mutter ge­

Eigentlich müssen sie ja selber glauben und beten. Aber

sagt, als ich ihr am Telefon davon erzählte. Heute akzeptiert

wenn ich dann in der Kirche bin, bete ich doch für sie. Bald

sie es. Ihr ist nur wichtig, dass ich meinen Weg gefunden

bekomme ich meinen deutschen Pass, dann kann ich das

habe. Es war nicht meine Entscheidung, dass ich Christin

erste Mal wieder in den Iran reisen. Ich muss dort über Je­

werde, sondern die von Jesus. 2006 wurde ich in Bonn ge­

sus reden. Auch, wenn es gefährlich sein könnte, weiß ich:

tauft. Ich bin durch den Glauben ein anderer Mensch gewor­

Mir wird nichts passieren, denn Jesus ist bei mir.

den. Wenn ich als Kind etwas ausgefressen hatte, habe ich immer gesagt „Ich war‘s nicht!“ Ich habe viel gelogen.

* Name geändert

Meine Familie im Iran war nicht reich, aber wir hatten al­ les, was wir brauchten. Dann, vor neun Jahren, wurde eine

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Aufgezeichnet von Thomas Krause


gemacht. Ich wollte immer mehr wissen. Am selben Abend habe ich mit den Brüdern gebetet. Es war faszinierend. Jeder kennt doch „Gänsehaut“, etwa wenn man ein beson­ deres Lied hört. Noch nie hatte ich dieses Gefühl so intensiv verspürt wie bei dem Gebet. In der Gemeinschaft habe ich mich gleich wohl gefühlt. Ich habe eine Wärme erlebt, die mir neu war. Der Islam ist eine wunderschöne Religion, er macht mich zu einem glück­ lichen, zufriedenen Menschen. Früher habe ich mich oft gefragt: Wer hat das Universum erschaffen? Woher komme ich? Warum bin ich hier? Der Islam gibt mir Antworten auf diese Fragen. Früher habe ich alles getan, um Dinge zu erreichen, die in der westlichen Welt als erstrebenswert gelten. Seit ich Muslim bin, interessieren mich materielle Reichtümer nicht

„Der Islam gibt mir Antworten“ Dirk Pleil

mehr. Früher haben mich negative Erfahrungen sehr belas­ tet, heute weiß ich: Das ist ein Test, ich muss ihn bestehen. Am jüngsten Tag werde ich dafür belohnt. Wenn ich Freunden von früher erzähle, dass ich den Islam an­ genommen habe, können sie das nicht verstehen. Die haben

Illus tration: Chris tina Grans ow

halt diese Vorurteile. Auch meine Eltern sind überhaupt nicht Bis vor ein paar Jahren habe ich in einer Bar gearbeitet. Dort

glücklich damit. Für sie ist das eine Katastrophe. Sie glau­

habe ich mit einem Muslim über Religion gesprochen. Als er

ben dem, was die Medien erzählen und haben Angst, dass

sagte, der Islam sei die richtige Religion, habe ich zunächst

ich zum Terroristen werde. Ich finde das lächerlich, denn im

widersprochen. Er hat er mir dann Filme auf Youtube gezeigt,

Koran steht sinngemäß: „Wenn du eine Seele tötest, tötest

die mich zum Nachdenken gebracht haben. Schließlich habe

du die ganze Menschheit.“ Wenn ich meinen Eltern das sage,

ich ihn zu einem Vortrag in die Moschee begleitet.

wollen sie es nicht hören. Aber ich werde alleine vor Gott

Auf der Veranstaltung haben die Brüder mich gefragt, ob

stehen und Rechenschaft ablegen, da werden sie mir nicht

mich der Islam interessiert. Sie haben mir ihre Sicht der

helfen können.

Dinge erklärt. Zum Beispiel, dass das Wohl des Bruders wichtiger ist als das eigene. Das hat mich sehr neugierig

Aufgezeichnet von Johan Kornder

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Islam in aller Kürze

verschiebt, weil er durch den islami­ schen Mondkalender festgelegt wird. Wer auf der Haddsch, der Pilgerfahrt nach Mekka ist, schlachtet im Geden­ ken an das Opfer Abrahams ein Tier. Auch daheim wird geschlachtet, das Fleisch kommt Bedürftigen zugute, doch auch der Geber muss davon es­ sen. Das zweithöchste Fest wird zum Ende des Ramadan begangen. 30 Tage lang halten sich Muslime während des Fastenmonats von Sonnenauf­ bis

Die Fünf Säulen des Islam Die „Fünf Säulen des Islam“ sind die grundlegenden religiösen Pflichten

Sonnenuntergang von allen Genüs­ die Mohammed zwischen 610 und 632

sen fern. Erst nach Sonnenuntergang

zuerst in Mekka, dann in Medina emp­

gibt es etwas zu trinken und zu essen.

fangen hat. Der Koran ist in Reimprosa

Am Ende steht das dreitägige Fest des

geschrieben und gilt als das älteste

Fastenbrechens.

arabische Prosawerk.

Sharia

der Muslime: das Glaubensbekenntnis

Glaubensrichtungen im Islam

(Ich bezeuge, dass es keinen Gott gibt

Die Sharia ist das islamische Recht

außer Gott und Muhammad sein Pro­

und ein Verhaltenscode für Muslime

phet ist), das Gebet, die Entrichtung

im Alltag. Seine Hauptquellen sind der

von Almosen, das Fasten während des

Koran und überlieferte Entscheidun­

Nach dem Tod Mohammeds kam es zu

Ramadan sowie die Pilgerfahrt nach

gen des Propheten. Hierzulande wird

Spaltungen unter den Muslimen. Heute

Mekka.

die Sharia oft mit dem in ihr enthalte­

stellen die Sunniten weltweit mit etwa

nen drakonischen Strafen gleichge­

85 Prozent die größte Gruppierung, es

setzt. Sie finden in der Praxis jedoch

folgen die Schiiten mit etwa 10 Prozent

so gut wie keine Anwendung.

und viele kleinere Untergruppen, wie

Der Koran Der Koran ist die heilige Schrift des Islam, die gemäß dem Glauben der Muslime die wörtliche Offenbarung Gottes an den Propheten Mohammed,

Charidschiten oder Aleviten, zu denen sich in Deutschland allerdings 13 Pro­

Islamische Feste

zent der Muslime zählen. Für sie haben die fünf Säulen des Islam keinen hohen Stellenwert, die islamische Rechtsord­ nung spielt für sie keine Rolle, wes­ halb teilweise bestritten wird, dass sie überhaupt Muslime sind. Auch unter

vermittelt durch den Erzengel Gabri­ el, enthält. Er umfasst 114 Suren, also

Das höchste Fest im Islam ist das

den Aleviten selbst gehen die Meinun­

Kapitel, mit insgesamt 6.236 Versen,

Opferfest im Wallfahrtsmonat, der

gen auseinander: Einige sehen sich als

und besteht aus den Offenbarungen,

sich jedes Jahr um ein paar Tage

Muslime, andere nicht.

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Impressum Dieses Magazin wurde von Absolventen der Zeitenspiegel-Reportageschule Günter Dahl an der Volkshochschule Reutlingen gemacht und durch die Robert Bosch Stiftung gefördert. Es liegt folgenden Tageszeitungen bei: Badische Zeitung, Südwestpresse Ulm, Reutlinger Generalanzeiger, die tageszeitung Herausgeber: Dr. Ulrich Bausch, Zeitenspiegel-Reportageschule an der VHS Reutlingen GmbH, Spendhausstr. 6, 72764 Reutlingen, www.reportageschule.de Chefredaktion: Philipp Maußhardt (Päd. Leiter der Zeitenspiegel-Reportageschule) CvD: Mathias Becker / Zeitenspiegel Reportagen Reinhardt & Partner Mitarbeit: Nicola Abé, Mathias Becker, Dominik Drutschmann, Holger Fröhlich, Patrick Hemminger, Matthias Hofmann, Nico-Elliot Kälberer, Johan Kornder, Thomas Krause, David Krenz, Julius Schophoff, Dagny Riegel Wissenschaftliche Beratung: Prof. Dr. Hermann Bausinger, Dr. Michael Blume, Patrick Hemminger Fotografie: Julia Grudda, Thomas Kienzle, Rainer Kwiotek, Christoph Püschner, Uli Reinhardt, Eric Vazzoler, Antonia Zennaro (alle Zeitenspiegel Reportagen Reinhardt & Partner), Martin Stollberg, Benny Ulmer Illustration: Christina Gransow Bildredaktion: Barbara Bylek / Zeitenspiegel Reportagen Reinhardt & Partner Art Director: Patrick Reinhardt Druck: Freiburger Druck GmbH & Co KG Leserzuschriften bitte an: Zeitenspiegel-Reportageschule Günter Dahl, Spendhausstr. 6, 72764 Reutlingen, Email: info@reportageschule.de Schulen können weitere Exemplare über die Zeitenspiegel-Reportageschule bestellen.

zenith – Zeitschrift für den Orient ist das führende deutschsprachige Magazin zum Nahen Osten, dem Maghreb und der islamischen Welt. Die 1999 gegründete, zweimonatlich erscheinende Zeitschrift berichtet kritisch, ausgewogen und kenntnisreich – und begleitet neben der großen Politik auch den Alltag der Menschen. Neben Reportagen, Hintergrundberichten und Interviews bietet zenith starke, preisgekrönte Foto-Reportagen und Illustrationen. Die Schwerpunkt-Dossiers des Magazins beleuchten Themen des Zeitgeschehens auf unkonventionelle Art und Weise. Für Abonnenten von zenith liegt der BusinessReport bei, der kritische Wirtschaftsberichterstattung zum Nahen Osten, Afrika und Zentralasien bietet. Täglich aktuell berichtet zenith auf www.zenithonline.de Die nächste Ausgabe mit dem Schwerpunktthema “Islam in Deutschland” erscheint Anfang März. 57


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Islam In Baden-W端rttemBerg Ein Magazin der Zeitenspiegel-Reportageschule G端nter Dahl Eine Beilage der Zeitungen


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