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Mit den 40er Jahren durchs 21. Jahrhundert tanzen

Mit den 40er Jahren durchs einundzwanzigste Jahrhundert tanzen

Text: Dorina Kista und Gioia Rodriguez | Illustration: Valentina Botic

Das Jahrzehnt 1940 bis 1950 hat als wohl markantestes Ereignis den Zweiten Weltkrieg mit sich gebracht. Dazu haben wir alle schon viel gehört und gelernt, deshalb fokussieren wir uns in diesem Beitrag auf nur einen Aspekt dieser ereignisreichen Jahre: Das Tanzen und Ausgehen.

Bald schon ist Sommer und das heisst vor allem eines: Grillier- und Festival-Saison! Etwas verhindert durch die leider immer noch aktuelle Pandemie und sicher nicht dasselbe wie auch schon, aber nichtsdestotrotz werden sich die Menschen treffen und zu lauter Musik tanzen. Etwas, was dabei gerne wieder zu hören ist: Elektro-Swing. Aber woher kommt das? Findet man das nur versteckt auf Festivals und kleinen Garten-Partys?

Geschichtlicher Hintergrund

Es stellt sich heraus, dass die Tanzrichtung Swing aus den 1920 Jahren kommt – The Great Gatsby ist uns allen ein Begriff – und zu dieser Zeit in den USA eine sehr beliebte Tanz Art wurde. Die Tanz-Art ist ein Rhythmus und bildete sich 1920 aus den Afro-Rhythmen, der nach Amerika verschleppt und versklavten Yoruba und Bantu Völker und der europäischen Marschmusik. So wie wir die Tanz-Form heute kennen, soll sie in den geräumigen und glitzernden Ballsälen des lebendigen New York Citys entstanden worden sein. Dort spielten grosse Jazz Orchestren, die die Jazzmusik zur orchestralen Swing-Musik weiterentwickelt haben. (Bild 1)

Jitterbug dancers 1938 (Quelle: Wikipedia)

Jitterbug dancers 1938 (Quelle: Wikipedia)

Swing in den 40er Jahren

Im berühmten und glamourösen Hollywood der 1940er wurde die bis heute bekannteste SwingVariante getanzt, der Hollywood-Style-Swing. Nach der Swing-Renaissance, also Ende der 30er Jahre, tanzte vor allem die Filmindustrie so und manchmal wurde es auch Dean-Collins-Style genannt. Dean Collins war ein Tänzer, der in New York aufwuchs und im berüchtigten Savoy-Ballroom in Harlem getanzt hatte. Er wurde 1935 sogar vom New Yorker zum besten Tänzer in New York gekrönt. Ihm wird oft zugeschrieben, diesen Tanz nach Kalifornien gebracht zu haben, wo er in über 40 Hollywood-Filmen mitgetanzt und bei vielen auch mitchoreografiert hatte.

Donald O'Connor (Quelle: Tumbral)

Donald O'Connor (Quelle: Tumbral)

Die verschiedenen Untergruppen

Die Swingtänze haben dadurch, dass sie von allen und überall in der USA getanzt wurden, ganz viele verschiedene Namen. Sie sind Schwungvoll und lassen Raum zur Improvisation, was dazu führt, dass sie bis heute immer weiterentwickelt und erweitert werden. Zur Familie der Swingtänze gehören musikalisch gesehen Slowfox, Quickstep, Lindy Hop, Jitterbug, East Coast Swing, West Coast Swing, Boogie-Woogie, Rock’n’Roll und Jive. In der Tanzwelt werden damit aber eher die «offenen» Paartänze mit Swing- und Boogie-Musik bezeichnet. Vor allem die Medien nannten den Tanz auch Jitterbug, einer der wohl amüsantesten Namen, der einer Erzählung nach davon kommt, dass die weissen Swing-Tänzer aussahen wie «zitternde Käfer» und der Tanz so zum Namen «Jitter-Bug» kam.

Swing in Europa

Nach dem zweiten Weltkrieg wurden die Swingtänze nach Europa importiert, später wurde eine Version unter dem Namen Boogie-Woogie sehr bekannt. Beeinflusst wurden diese europäischen Swingtänze durch die etwas andere Musik der europäischen Tanzbands, aber mit dem wichtigen Vorbild des Hollywood-Style-Swing. Abgelöst wurden sie allmählich vom Rock 'n' Roll und der Disco-Kultur, sie erleben aber ständig wieder Revivals.

Kaye Popp (rechts im Bild) und Stanley Carton (Quelle: gettyimages)

Kaye Popp (rechts im Bild) und Stanley Carton (Quelle: gettyimages)

New Music – Old Moves: A little party never killed nobody

The Great Gatsby – der wohl begehrteste Junggeselle und für seine wöchentlichen Swing-Partys bekannte Millionär, ist in unserer heutigen Gesellschaft tief verankert, trotz seiner fiktiven Persönlichkeit. Jetzt fragst du dich sicher, weshalb. Hattest du nicht auch während des Filmschauens das Bedürfnis an einer seiner berüchtigten Partys das Tanzbein zu schwingen und die Nacht durchzuzappeln? Ein Tanzstil und eine Musikrichtung, die in den 40ern ihren Höhepunkt hatten und ein halbes Jahrhundert Zeit brauchten, um wieder einen Aufschwung erfahren zu dürfen. Dabei muss man wissen, dass nicht nur der herkömmliche Swing sein Comeback erleben durfte, sondern elektronisch aufgepeppt und mit ihm der Lindy Hop.

There ain’t no party like a Gatsby party

Nicht zu vergessen, da gibt es noch die berüchtigten Partys wie «Party like Gatsby», um als Swing-Liebhaber im 21.Jahrhundert hautnah die 40er Jahre zu erleben und für eine Nacht eine Zeitreise zu machen. Die «Party like Gatsby» kann man sich als eine der glamourösesten Retro-Partys vorstellen: bunt und pompös, mit Dekorationen aus Farbkombinationen von schwarz oder weiss kombiniert mit Gold, was Reichtum, Eleganz und Dekadenz ausstrahlt. Zur Garderobe der Ladies gehören Flapperkleider, Federboas oder Charleston-Stirnband, währenddessen die Gentlemen im stylischen Smoking, mit Hosenträger und Schiebermütze daherkommen.

Weniger Glamour, mehr Tanz

Für die, die es weniger glamourös und dafür häufiger brauchen, gibt es zum Beispiel in Luzern den Verein zur Förderung des Swingtanzes. Die Standorte der Anlässe sind überall in der Luzerner Altstadt. Das Schöne an diesen Anlässen ist, dass die Organisatorinnen selbst begeisterte Swing- und Bluestänzerinnen sind und diese Begeisterung ihren Mitmenschen weitergeben möchten. Aus diesem Grund sind die Eintritte kostenfrei und daraus entnehme ich das Motto: Tanz so viel du kannst und entfalte dich.

Nicht nur in Luzern gibt es Swingabende, auch Zürich hat da einiges zu bieten: Am Bürkliplatz, im Herzen von Zürich steht ein Pavillon, der genau genommen für Konzerte gedacht ist. Doch läufst du an einem warmen, sommerlichen Abend daran vorbei, hörst du unerwartet bereits von der Quaibrücke leise Swingklänge und Gelächter. Je näher du kommst, desto besser hörst du die Musik und siehst die lachenden, glücklichen und etwas verschwitzten Gesichter. Paarweise tanzen die Swingliebhaber:innen miteinander, ob Mann und Frau, Frau und Frau oder Mann und Mann ist durch und durch gleich, Hauptsache ist, sie haben Spass und ziehen dich in ihr Bann von Glück.

Swing hat sich von der Art nicht verändert, er ist nach wie vor ein ausgesprochen lebendiger Tanz und das wird er auch immer bleiben. Was besonders auffallend ist, ist dass der Tanz sowie das Genre nicht stagniert sind, sie haben sich weiterentwickelt und sich der heutigen Zeit angepasst. Dies spricht für diese Tanzrichtung, denn Improvisation ist ein grosser Teil davon und auch für kreative Tänzer unter uns eine Bereicherung.

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