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Schule in den 40ern

Text: Jelena Bosiokovic

1940

Verzweiflung. Letzte Erinnerungen werden gesammelt. Brüder werden als Soldaten eingezogen. Traurigkeit. Ständig laufen die Nachrichten. Briefe werden geschrieben. Wie geht es meinem Kind wohl? Söhne fallen im Krieg. Fliegeralarm! Überforderung. Fehlgeburten.

Die Zeit während des Zweiten Weltkriegs war für alle sehr schwierig. Jeden Tag herrschte Ungewissheit. Ungewissheit, ob der eingezogene Sohn noch lebt. Ungewissheit, ob heute der eigene Wohnort angegriffen wird. Heizmittel waren knapp. Es gab keine Kohlen, keine Briketts. Dadurch war es unmöglich, im Winter zur Schule zu gehen. Die Kinder erhielten «Kohleferien» – das heisst, dass sie zur Schule gingen, um ihre Aufgaben abzuholen und diese dann aber zu Hause erledigen mussten.

Zweimal wöchentlich mussten die Hausaufgaben in der Schule abgegeben werden und dann erhielt man gleich neue Aufgaben. Die meiste Zeit verbrachten die Kinder zu Hause. An manchen Orten fiel der Unterricht wegen Bombenangriffen komplett aus, an anderen fand er mit wenigen Ausnahmen durchgehend statt.

Als der Krieg endete, gab es keine Bücher und alles musste neu aufgebaut werden. Vor allem in Deutschland musste vieles angepasst werden. Die Regierung war ja schliesslich nicht mehr die Gleiche und dementsprechend konnten auch nicht die gleichen Bücher und didaktischen Materialien verwendet werden. Die Nationalsozialisten waren weg und die Demokratie wurde eingeführt.

Am Schulalltag hat sich jedoch nicht viel verändert. Die Schülerinnen und Schüler sassen immer zu zweit an Bänken, die hintereinander standen. Geschrieben wurde mit Tinte und Griffel. Das Schreiben wird an der Schiefertafel im Holzrahmen, an welchem ein Schwamm und ein Lappen hingen, gelernt.

Die eine Seite der Schiefertafel hatte Striche für Buchstaben, Wörter und Sätze und die andere Seite Häuschen für die Zahlen. Hausaufgaben gab es so viele, wie auf der Schiefertafel Platz hatte. Hefte kamen erst später. Es gab natürlich keine Junglehrer, da diese in den Krieg ziehen mussten. Aus diesem Grund sind viele bereits pensionierte Lehrpersonen wieder zurückgekommen.

Die Situation in der Schweiz war nicht ganz so prekär wie in Deutschland. Wir sind uns aber einig, dass der der Fokus im Jahre 1940 und den darauffolgenden ein ganz anderer war wie heute. In der Welt geschah so vieles. Die Menschen waren einfach dankbar, wenn sie problemlos zur Schule kamen respektive einfach den Tag überstanden.

Seit 1940 sind mittlerweile 81 Jahren vergangen, während das Jahr 2040 fast schon vor der Tür steht – naja, «fast schon vor der Tür» … Es sind doch noch 19 Jahre, bis zu den 40er Jahren des 21. Jahrhunderts. Entwicklung geschieht fortlaufend und meistens schleichend, sodass wir von Tag zu Tag gar keine Veränderungen sehen, im Vergleich jedoch sich dann gefühlt alles verändert hat. Wie sehr hat sich Schule seit 1940 verändert? Und… wie wird sie sich noch verändern? Natürlich, kann keiner von uns wissen, wie die Zukunft aussieht – ich meine… Wer von uns hätte diese Krise erwartet? – ich kann euch aber verraten, wie ich die Zukunft der Schule sehe.

2040

Was fällt euch ein, wenn ihr an Schule im Jahr 2040 denkt? Digitalisierung. Individualität. Künstliche Intelligenz. Akzeptanz.

In den nächsten 19 Jahren wird sich bestimmt Einiges in der Gesellschaft und dementsprechend auch in der Schule verändern. Beispielweise könnte sich der LIDA-Ansatz meiner Meinung nach in den Schulen durchsetzen. LIDA steht für lernen, individuell, digital, adaptiv und setzt auf ein Lernangebot, das beim individuellen Vorwissen und Können der Lernenden ansetzt. Eine künstliche Intelligenz bietet den Einzelnen ein auf sie massgeschneidertes Lernprogramm an, welches sich durch den stetig wiederholenden Ablauf von Diagnose, Input, Übung und Evaluation dem jeweiligen Kompetenzstand der Lernenden ideal anpasst.

Das Programm hinter der künstlichen Intelligenz lernt ständig dazu und passt sich an, Es hat unbegrenzt Zeit und bleibt immer geduldig und freundlich. An Schulen mit LIDA-Ansatz arbeiten nur noch wenige Lehrpersonen.

Beängstigend, nicht? Da stellt sich mir die Frage, welche Rolle die Lehrperson im Jahre 2040 überhaupt noch spielen wird. Die künstliche Intelligenz könnte in Zukunft den Kindern fachlich das Gleiche beibringen, wie eine Gymnasiallehrperson, wobei die künstliche Intelligenz keine Fehler machen würde. Wozu braucht es Lehrpersonen in Zukunft also noch? Als Vorbild? Um emotionales Lernen zu ermöglichen? Um Authentizität und Begeisterungsfähigkeit zu vermitteln?

Ob sich dieser Ansatz wirklich durchsetzen wird, steht in den Sternen, aber die Schule wird auf jeden Fall digitaler unterwegs sein. Ich denke, dass es kaum noch Schulbücher und Arbeitsblätter geben wird, sondern eher mit Lernplattformen, digitalen Werkzeugen und audio-visuellen Materialien gearbeitet werden wird. Eigenständiges, interdisziplinäres und überfachliches Lernen sind wichtige Pfeiler dabei.

Die Schule wird für alle ein Ort der Begegnung bleiben, wobei wir entweder in Richtung Homeschooling und Begegnungen mit vielen zeitlichen, räumlichen oder virtuellen Möglichkeiten gehen werden oder bei reellen Gebäuden mit strukturiertem Stundenplan, Schulklassen und direkten Begegnungen zwischen Lehrpersonen und Schülerinnen und Schülern bleiben.

In jedem Fall müsste die Gemeinschaft zum Wohl der Schülerinnen und Schüler erhalten bleiben und die Schule sollte zur Verbesserung der Welt beitragen.

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