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21.10.2014

14:59 Uhr

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Patrick Lutz (35) hat den schönsten Job der Welt: Er macht Kinder glücklich. Sein Familienunternehmen betreibt mittlerweile sechs Spielkisten-Filialen. Mit uns sprach der Arboldswiler über unsinniges Spielzeug, Goldtaler und Spider-Man. Interview und Fotos: Dominique Zahnd

Was war das schönste Weihnachtsgeschenk, das Sie je bekommen haben? Mein Vater nahm mich mit in die Spielkiste und dort durfte ich mir aussuchen, was immer ich wollte. Ich entschied mich für Walkie-Talkies. Das zeigt deutlich: Das beste Geschenk muss nicht immer das teuerste sein. Warum hat es Sie in die Spielzeugbranche verschlagen? Ich habe Baumaschinenmechaniker gelernt. In unser Familienunternehmen bin ich erst 2007 eingestiegen. Mich reizt es, Unternehmer zu sein. Mutter, Vater, Schwester, Frau – sie alle sind im Betrieb beschäftigt. Die Mitarbeiter sind unsere erweiterte Familie. Ich weiss, dass meine Ideen nichts wert sind, wenn mir keiner hilft, sie umzusetzen. Darum bin ich stolz, so ein tolles Team um mich herum zu haben.

«Wie wir die Waren präsentieren, ist einzigartig.» Ihr Werbeslogan lautet «Das Einkaufen ist bei uns ein Erlebnis». Warum? Wir legen viel Wert auf eine geschmackvolle Einrichtung. Die Atmosphäre soll einladend wirken. Schmale Gänge gibt es bei uns nicht – es ist alles auf Mütter inklusive Kinderwagen ausgerichtet. Unser Personal ist top, dementsprechend gut ist die Beratung. Und wie die Waren präsentiert werden, ist ebenfalls einzigartig.

Stimmt der Eindruck, dass Spielsachen in Amerika und Asien immer viel bunter ausschauen als bei uns? Das haben Sie gut beobachtet. Bereits bei den Plüschtieren sind hierzulande Unterschiede erkennbar. Unsere sind realitätsnah gestaltet, doch im Tessin und im Welschland geht das Ganze eher in Richtung Pastellfarben. Klar, der Schweizer mag auch buntes Spielzeug. Aber in Asien sind die Farben alle so knallig, dass einem die Augen beim Anschauen wehtun. Es gibt Institute, die vor versteckten Gefahren im Kinderspielzeug warnen. Es geht dabei um krebserregende Farbstoffe oder Schwermetalle, die sich neurotoxisch auswirken können. Wie sieht eine effektive Kontrolle von Spielzeugen aus? Bei uns durchläuft jeder Artikel eine Qualitätssicherung. Wir sind angewiesen auf die Seriosität unserer Partner. Wir arbeiten eng mit dem Kantons-Chemiker Baselland zusammen. Er nimmt regelmässig Proben – das bedeutet, dass unsere Spielsachen zeitweise besser überprüft sind als so manche Lebensmittel. Die Vorschriften sind streng und das ist auch gut so. Und wenn bei einem Artikel doch mal etwas nicht in Ordnung wäre, könnte man jedes Exemplar innerhalb von 10 Minuten aus allen Läden zurückrufen. In den USA wird der Markt anlässlich jedes neuen Kinofilms mit den dazu passenden Action-

Was macht Ihnen am meisten Spass an Ihrem Job? Die Mitarbeiter sind verantwortlich für das Hier und Jetzt, ich für die Zukunft. Ich plane gerne, ich will die Firma weiterbringen.

«Das beste Geschenk muss nicht immer das teuerste sein.» Welches neue Projekt ist spruchreif? Im Februar beziehen wir in Tenniken ein neues Warenlager. Damit vergrössern wir unsere Kapazität um das Vierfache. Die Fläche beträgt 1600 m2. Logistik, Verwaltung, Buchhaltung und unser Lager – dort ! ist unser Herz untergebracht.

Persönlich Die Spielkiste ist das grösste familiengeführte Spielwarengeschäft der Schweiz. Es wurde 1984 von Beat Lutz in Liestal gegründet und verfügt heute neben den Filialen in Basel und Liestal über vier weitere Läden in Luzern, Bern (2) und Schönbühl. Jedes Jahr werden 5000 Artikel ausgemustert und 5000 neue ins Sortiment aufgenommen. Patrick Lutz (35) ist der Geschäftsführer. Er wuchs in Arboldswil auf und wohnt dort nun mit seiner Familie in seinem ehemaligen Elternhaus.

www.regioaktuell.com

Bei welchen Artikeln sagen Sie Nein?

Was ist sinnvolles Spielzeug? Meine zweieinhalbjährige Tochter ist momentan im Rollenspielalter. Sie bekocht mich in ihrer kleinen Spielküche mit Spaghetti oder serviert mir Tee. Das ist sinnvolles Spielen. Stichwort Holzspielzeug: Ein Lastwagen aus Holz ist schön, aber für den Sandkasten wenig geeignet – denn wird er nass, geht er kaputt. Sich einen Plastik-Lastwagen zu kaufen, macht mehr Sinn.

Sie verkaufen auch Goldtaler. Was hat es damit auf sich? Jeder Taler hat einen Gegenwert von 10 Franken. Sie haben dieselbe Funktion wie Gutscheine, sind aber nicht so langweilig. Wir geben die Spikitaler in einem schwarzen Samtsäckchen ab. Und das macht sich dann auch besser, wenn der Götti zum Beispiel seinem Göttibueb ein Talersäcklein auf den Tisch legt, verbunden mit einem gemeinsamen Ausflug in die Spielkiste.

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Wie wird entschieden, welche Artikel in den Verkauf gelangen? Es existiert ein Einkaufsteam, der Chefeinkäufer ist nach wie vor mein Vater. Er besucht Ausstellungen, trifft Lieferanten, lässt sich von Herstellern informieren – und dann beziehen wir ein Muster und entscheiden, ob der Artikel was für uns wäre.

«Unsere Spielsachen sind besser überprüft als Lebensmittel.»

Was halten Sie davon, dass heute bereits Kleinkinder Smartphones geschenkt bekommen? Das finde ich nicht so gut, da wir diese nicht verkaufen. (lacht) Aber Smartphones sind die Zukunft. Meine Tochter schnappt sich mein Natel, schaut sich selbstständig Bilder und Videos an – dabei habe ich ihr das nie beigebracht. Kinder wachsen mit der neusten Technik auf, aber man sollte sie dosiert einsetzen.

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Viele Leute bestellen heute alles online: Vom Essen über DVDs bis hin zum Spielzeug. Wie stark spüren Ihre Filialen das? Kaum. Wer sich in einem Fachgeschäft beraten lässt, weiss, welchen Service er erwarten kann. Und mit Zoll, Verpackung und so weiter gibt es kaum mehr Preisunterschiede.

Der Kunde bestimmt, was gekauft wird. Wir sind keine Missionare. Wir versuchen sinnvolle Spielsachen anzubieten, die das Kind in der Entwicklung unterstützen. Videospiele führen wir zum Beispiel nicht. Auch keine Luftpistolen oder HandgranatenAttrappen.

TITELSTORY

Der Familienunternehmer

figuren überschwemmt. Bei welchen Filmen hat dieses Phänomen auch bei uns funktioniert? Wenn ein neuer «Transformers»- oder «Spider-Man»-Film ins Kino kommt, dann haben auch wir die entsprechenden Artikel im Sortiment. Diese Themen verkaufen sich auch bei uns. Wir bewerben sie aber nicht mit lebensgrossen Figuren, denn das ist nicht unser Kerngeschäft.

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