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25.01.2011
11:23 Uhr
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MENSCHEN HELFEN
Kunst sponsert Gassenarbeit Eine gute Idee: Künstler lassen sich vom Basler Kulturprojekt «3/Klang» für Veranstaltungen vermitteln, und ein Teil des Honorars fliesst in ein Projekt der Gassenarbeit, derzeit die Wärmestube «Soup & Chill» beim Bahnhof SBB in Basel. Wie das genau funktioniert, berichtet Claudia Adrario de Roche. Sinnvolle Verknüpfung von Kulturellem und Sozialem
ie Idee kam Claudia Adrario de Roche (55), Konzertsängerin und Archäologin, in Belgien, wo sie eine Zeitlang lebte. «In Brüssel gibt es eine Künstleragentur, Nativitas, die sich sozial engagiert. Nach diesem Vorbild wollte ich in Basel ebenfalls einen Pool schaffen, der Künstler verschiedenster Sparten vermittelt und dessen Erlös aus Auftritten sozialen Projekten zufliesst. Das kommt bei den Künstlern gut an – weil sie auftreten wollen – und erfüllt erst noch einen guten Zweck.» Claudia Adrario ist eine hartnäckige Person, eine Überzeugungstäterin, wie sie sagt, die sich mit Herzblut sowohl für «ihre» Künstler als auch für «ihre» Randständigen einsetzt. Kein Wunder, sind beide, 3/Klang und das vor ein paar Jahren entstandene Projekt Soup & Chill, heute florierende «Unternehmen». Beide sind unabhängig, haben eine solide Trägerschaft und befruchten sich gegenseitig. Wir konnten uns bei einem Besuch in den Containern nahe dem Ausgang der Passerelle vom Bahnhof SBB ins Gundeli davon überzeugen: Die Wärmestube wird von der bunten Schar sogenannt Randständiger (täglich rund 60) rege in Anspruch genommen. Gerüstet und gekocht wird abwechselnd von ihnen selbst; die Zutaten liefert die Schweizer Tafel. Vor der Suppenausgabe unter Aufsicht von bezahlten Mitarbeitenden herrscht eine gute Stimmung mit angeregter Diskussion.
Der Reihe nach: 3/Klang funktioniert wie eine normale Künstler-Agentur. Nur anders. Claudia Adrario nimmt von Firmen und Privaten Bestellungen entgegen vom Geburtstagsständchen fürs Grosi bis zum Rahmenprogramm für einen Firmenanlass. «Wir vermitteln nur Profis und achten sehr auf Qualität», sagt Claudia Adrario, selber Sopranistin und als solche ebenfalls vermittelbar. «Wir bieten Künstler vieler Sparten an. Ob als Abendunterhaltung den Feuerschlucker, begleitet von einem Akkordeonisten. Oder den dezenten Liederabend, Kammermusik, Tanzmusik oder Jazz. Ganz gleich, wir finden immer etwas für den Anlass Passendes.» Die Preise sind übrigens Verhandlungssache. Und die Künstler mit bekannten Namen, wie Norbert Schwientek, Angela Buddecke, Susanne Doll oder Colette Greder sind voll dabei. «Aber wir bieten absichtlich auch unbekanntere an.» Gassenarbeit ist wichtig. Dass man für diese Arbeit – neben anderen Angeboten – mehr Geld erwirtschaften sollte, erkannte Claudia Adrario als Präsidentin des Vereins «Schwarzer Peter» vor rund sieben Jahren. Man begann, 3/Klang mit Soup & Chill – früher ein Schwarzer-Peter-Projekt, heute losgelöst – zu verknüpfen. Sie und ihre Mitstreiter wollten die Situation für die aus unterschiedlichsten Gründen Betroffenen entschärfen und ihnen das bieten, was sie – auch – brauchen: in der kalten Jahreszeit
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3/Klang für Soup & Chill So gehts: Die Auftraggeber lassen sich bei 3/Klang beraten und buchen für einen kleinen oder grösseren Anlass eine künstlerische Darbietung – vom Gaukler bis zum Musikensemble. Die Künstler verzichten auf einen Teil ihrer Gage, und die Auftraggeber bezahlen etwas mehr. Diese Differenz kommt Randständigen zugute, die im Winterhalbjahr – provisorisch in Containern beim Meret Oppenheim-Platz – bei Soup & Chill eine Suppe und Gesellschaft bekommen. Interessenten wenden sich bitte an 3/Klang, Postfach, 4005 Basel, Tel. 076 384 10 99 (Claudia Adrario) oder 3klang@bluewin.ch www.kulturprojekt3klang.ch PC-Konto Soup & Chill: 60-685444-7
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von Peter O. Rentsch (Text und Foto)
einen warmen Raum und warmes Essen. Und Zuneigung. Leider keine Unterkunft. «Nach jahrelangem Kampf um den Standort zeichnet sich ab, dass wir eine feste Bleibe für unsere Gäste von täglich 17 bis 21 Uhr finden werden.» Das macht Hoffnung. Claudia Adrario betreibt inzwischen Fundraising auf breitester Front, denn der Ertrag von 3/Klang reicht bei weitem nicht aus für ein Budget von rund einer Viertelmillion Franken, hauptsächlich Personalkosten. «Mittlerweile sind wir gut mit der Politik und den Institutionen vernetzt und werden anerkannt und unterstützt.» Manchmal wird das Publikum im Container-Provisorium, gut versteckt «hinter den 7 Gleisen», gehörig durchmischt. Dann nämlich, wenn dort öffentliche Veranstaltungen stattfinden, wie ab Ende Januar ein Film-Brunch, ein Tanztee zu EvergreenMusik, eine Lesung und eine Lied-Matinée. «Dazu kommen jeweils auch KulturInteressierte und die Fanclubs der Künstler, und es entsteht bei den Darbietungen eine gute Durchmischung mit Gänsehaut-Gefühl. Wir sind stolz darauf, wenn uns der Brückenschlag zwischen zwei Welten geI lingt.»
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