
BEYOND THE ORDINARY


BEYOND THE ORDINARY
19 - 22 JUNE 2025
MANTHEY EMA #911
KEVIN ESTRE
AYHANCAN GUEVEN
THOMAS PREINING
HOME TOGETHER WITH THE FAMILY FOR THE 24H Nò RBURGRING
Anne Waak
lebt als CultureAutorin (u. a. „GQ“, „Monopol“) in Berlin. Für unsere Coverstory traf sie Filiz Tasdan, die Comedienne der Stunde, in Mitte und sprach mit ihr über die Pointen ihrer Karriere und den Boom ihrer Kunstform in Deutschland.Ab Seite 40
Chris Rathbone arbeitet als sportbegeisterter Illustrator für Kunden wie die NBA oder die Premier League. Für uns gestaltet er die neue MindgameSerie, in der du dieses Mal zwei MotoGPTickets gewinnen kannst. Alle Details ab Seite 88
Daniel Hinz
lebt als Reporter (u. a. „Stern“, „Die Zeit“) in Berlin, wo er für uns an einem Montagabend Comedian Daniel Wolfson über drei Auftritte hinweg begleitete. Seine Eindrücke aus der brodelnden StandupSzene der Stadt ab Seite 58
Zusammen lachen, Gemeinschaft fühlen –selten scheint unser
Bedürfnis nach solchen Erfahrungen größer gewesen zu sein als heute. Nur logisch also, dass Stand-up-Comedy in Deutschland einen beispiellosen Aufschwung erlebt. Wir tauchen in diesem Heft tief in diese neue, aufregende Szene ein. Und fragen: Was ist hier eigentlich so lustig? Ab Seite 40 erfahren wir etwa von Comedienne der Stunde, Filiz Tasdan, wie sie ihre Jokes entwickelt, ab Seite 50 stellen wir sieben Artists vor, die unseren Blick auf Humor verändern, und ab Seite 58 begleiten wir Comedian Daniel Wolfson beim Gig-Hopping durch Berlins Stand-up-Szene. Auf Teneriffa und in Silverstone, England, wiederum erfahren wir ab Seite 70, wie das Rennrad-Team Red Bull-BORA-hansgrohe die Grenzen seines Sports verschieben will. Viel Freude mit der Ausgabe! Die Redaktion
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SMOKEN, GRILLEN, BRATEN, BACKEN, DÖRREN, AUFWÄRMEN, HEISSLUFT-FRITTIEREN: 7-in-1 Outdoor Grill & Smoker mit integriertem ermometer und 7 Kochfunktionen
Frauen-Fußball-Euro 16 Hype-Check Gaming-Koffer
18 Emoji-Interview
Rick Azas
Portfolio
Seine blauen 26 Wunder
Er ist eines der größten Talente der Surf-Fotografie. Hier zeigt Luca Salisbury seine bislang besten Bilder.
Faszinierende
Einblicke: Fotograf
Luca Salisbury zeigt Surfer nah wie nie.
Wie Stand-up-Vorreiterin
Filiz Tasdan aus Berlin kleine Alltagsmomente in große Lacher verwandelt.
Sieben außergewöhnliche Comedians unserer Zeit –und ihre Geschichten.
Grill mich!
Was unser Autor lernte, als er sich von über vier Millionen Menschen roasten ließ.
50
55
Berlin ist arm, 58 aber lustig
Gig-Hopping mit Comedian Daniel Wolfson durch die Club-Szene der Hauptstadt.
Comedian Rasmus Syman analysiert einen Gag von Stand-up-Größe Till Reiners.
Rennrad
68
Revolution 70 auf
Wie das Team Red BullBORA-hansgrohe neue Maßstäbe setzen will.
81 Reise Malediven
86 Musik Eno
88 Mindgame MotoGP
90 Gear Sommer-Sport 92 Events
93 Impressum
94 Snap-Fiction von Leif Randt
98 Letzte Seite
Vehbi Can Yesil
Tour in Sicht: Im Juli startet Champion Primož Roglič mit Red BullBORA-hansgrohe bei der Frankreich-Rundfahrt.
Altyn-Emel-Nationalpark, Kasachstan
Der Altyn-Emel-Nationalpark ist bekannt für seine „singenden Dünen“, deren abrutschender Sand orgelähnliche Töne von sich gibt. Fotograf Alexey Shabanov wählte für seine Luftaufnahme der beiden Mountainbiker Saken Kagarov und Petr Vinokurov jedoch lieber den roten Fels im kasachischen Nationalpark als die Orgel-Dünen. „Ein Motiv an einem Ort einzufangen, den man nur unter extremen Bedingungen erreichen kann, ist der Traum eines jeden Fotografen“, sagt er. Vor allem, wenn der extreme Ort so schön ist.
redbullillume.com
Die Kraft des Wassers, die Balance des Wellenreiters: Beides fängt dieses Bild –aufgenommen von Ed Sloane beim WSL MEO Rip Curl Pro Wettbewerb in Down Under –auf beeindruckende Weise ein. Zu sehen ist Australiens Surf-Pro Jack Robinson, 27, der spätere Gewinner des Contests. Dass derzeit kaum jemand den Tanz mit der Welle besser beherrscht, bewies Robinson auch bei den Olympischen Spielen in Paris, wo er eine Silbermedaille holte.
Jetzt QR-Code scannen und den Wettbewerb auf Red Bull TV erleben.
Instagram: @jackrobinson72
Rhythmus, Action, Akrobatik – dafür stehen die Battles beim Breaking-Wettbewerb Red Bull BC One. Bester Beweis: dieses Bild eines Tänzers in Dublin. Beim nationalen Vorentscheid – genannt Cypher – versucht er die Jury mit einem so lässigen wie komplexen Move zu überzeugen. Wie das Publikum hautnah dabei: Fotograf Simon Lazewski, der im perfekten Moment abdrückt. Als Nächstes sehen sich die Gewinnerinnen und Gewinner der Cyphers beim Weltfinale im November in Tokio wieder. Infos: redbull.com/bcone
Plötzlich im Rampenlicht: Kannten Anfang vergangenen Jahres nur Insider den Namen Emma Navarro, galt die 24-jährige Tennisspielerin aus South Carolina spätestens nach ihrem Einzug ins Halbfinale der US Open als Aufsteigerin des Jahres. Oder anders ausgedrückt: Von Platz 121 der Weltrangliste spielte sie sich in nur sechs Monaten unter die Top Ten. Ans Rampenlicht muss sich Navarro aber erst gewöhnen. Am wohlsten fühlt sie sich (wie hier) auf den Plätzen ihrer Heimatstadt Charleston. Kann man verstehen: Die meisten von ihnen gehören ihrem Vater, einem sportbegeisterten Geschäftsmann. @emma_navarro48
Am 2. Juli startet die FußballEuropameister schaft der Frauen in der Schweiz. Wir drücken unsere Vorfreude in Zahlen aus.
31
Partien werden bei der EM 2025 in der Schweiz ausgetragen. Das Eröffnungsspiel – Island gegen Finnland – findet am 2. Juli in Thun statt, das Finale am 27. Juli in Basel.
191
Spiele wurden in der Qualifikation ausgetragen. Die Slowenin Lara Prašnikar war mit neun Treffern beste Torschützin.
8
Spielstätten stehen bereit. Das kleinste Stadion ist die Arena Thun mit 10.398 Sitzplätzen, das größte der St. Jakobs-Park in Basel mit 38.512 Plätzen.
wurde sie als „beste junge Spielerin“ der WM ausgezeichnet. Jetzt soll Giulia Gwinn mit 26 Jahren die deutsche Auswahl bei der EM als Kapitänin anführen.
87.192
Fans sahen das Finale der EM 2022 zwischen England und Deutschland im Londoner Wembley-Stadion – neuer Rekord für FrauenLänderspiele in Europa!
22
Tore schoss Englands Auswahl auf dem Weg zum Titel bei der Heim-EM 2022 – ein neuer Turnierrekord. Torschützenkönigin Beth Mead wurde zur besten Spielerin gekürt.
156
Prozent mehr Preisgeld als bei der EM 2022 gibt es dieses Jahr zu gewinnen. Insgesamt liegen 41 Millionen Euro im Topf, der Sieg im Finale allein bringt 1,75 Millionen.
1984
fand die erste FußballEuropameisterschaft der Frauen statt. Rekordsieger ist Deutschland mit acht Titeln. Zuletzt gewannen die DFB-Damen 2013.
5
Nationalteams – Schweiz, Norwegen, Polen, England, Wales – werden von Frauen gecoacht, bei den anderen elf Auswahlen sitzen Männer auf der Trainerbank.
NUR FÜR KURZE ZEIT
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Mit dem Gaming-Kofer von Poga kannst du überall sofort losspielen.
Tech-Checker Kirafn übernimmt den Controller.
Das Teil
Hierin kannst du Konsole, Controller und Co nicht nur sicher transportieren –am Ziel angekommen, wird der Koffer auch zur voll tigen Gamingstation samt Features wie eingebautem Full-HD-Monitor, Lautsprechern und Kühlsystem.
Der Hype
Kirafin heißt bürgerlich Jonas Willbold, ist 30 und unterhält seine 1,3 Millionen Follower auf TikTok mit ComedyFormaten. Nebenbei folgt er seiner Faszination für Tech-Produkte und -Trends. Für uns nimmt er aktuelle Hypes unter die Lupe.
Der Check
Wegen des hohen Preises gibt es nur wenige TikTokVideos, aber die gehen zuverlässig viral. Erfolgreichstes Video stammt von Creator Saesiii mit 3 Millionen Aufrufen.
Wenn du unterwegs mit einem ernst zu nehmenden Set-up spielen willst, ist das Teil ein Muss. Es ist hochwertig verarbeitet, schützt die Technik optimal. Kostet aber auch knapp 1000 Euro und ist auf einen Stromanschluss angewiesen. Hier wäre ein Akku top.
MUST-HAVE-FAKTOR
Perfekt für …
… vielreisende Gamer mit dem nötigen Kleingeld –hallo Fußballprofis!
Ungeeignet für …
… Gamer, die ihr geliebtes Heim-Set-up gegen nichts auf der Welt eintauschen.
29. JUNI 2025, 12 UHR MEDIENHAFEN DÜSSELDORF
spielt im neuen „Superman“ die Gefährtin des Titelhelden. Ihre eigene Superkraft?
Sieht die Emmy-prämierte Schauspielerin in ihrer tiefen Neugier auf die Welt. Und tatsächlich: in ihrer Angst.
Text
Mariam Schaghaghi Foto Victoria Stevens/August
Ihre Energie zeigt sich in den Händen. Im Gespräch fattern sie wie Vögel mal hierhin, mal dorthin und verraten, wie viel Power in der US-Schauspielerin steckt. Rachel Brosnahan war nicht nur über fünf Stafeln die preisgekrönte Serienheldin Marvelous Mrs. Maisel, die 34-Jährige hat schon über fünfzig Rollen übernommen. Bereits im College wurde sie für ihren ersten Hollywoodflm angeheuert, sie spielte in Shakespeares „Othello“ mit 007-Star Daniel Craig, gewann Emmys und Golden Globes. Jetzt wird sie ofziell zur Superfrau, bei der selbst der stärkste Mann des ComicUniversums schwach wird.
„Superman und Lois Lane teilen dieselben Werte, sie suchen nach Wahrheit und wollen Gerechtigkeit“, beschreibt Rachel das berühmteste aller Kinopaare. „Aber sie tun es auf völlig entgegengesetzte Weise. Ich fnde, dass beide auf ihre Weise übermenschlich sind. Sie brauchen einander aber, um ihre Menschlichkeit für andere zum Vorschein zu bringen.“ Im Filmspektakel des Sommers spielt David Corenswet den Mann mit dem Cape, den Rachel Brosnahan als Lois Lane immer wieder verblüft – mit ihrer Intelligenz. Sie ist eine ebenbürtige Verbündete, mal Kritikerin, mal Supporterin. Den Antrieb des Superhelden – die bestmögliche Version seiner selbst zu sein – nimmt Rachel ernst. „Das Beste an Comics ist, dass es im Kern immer um die bedeutungsvollsten, wichtigsten Dinge geht: um die Essenz dessen, was es bedeutet, Mensch zu sein.“ Als sie mit 23 ihr Broadway-Debüt gab, hatte die talentierte Miss Brosnahan schon in Kultserien wie „Gossip Girl“ und „Grey’s Anatomy“ mitgespielt. Ihre Rolle als das verzweifelte Callgirl Rachel Posner in
Wuchs in Highland Park in Illinois auf, als Älteste von drei Geschwistern; war in „House of Cards“ so gut, dass ihre Rolle von zwei auf fünf Episoden verlängert wurde; trat 2016 mit Miley Cyrus in der Woody-Allen-Serie „Crisis in Six Scenes“ auf
„House of Cards“ war ihr Durchbruch, bis die frech-forsche Stand-up-Comedian Mrs. Maisel sie endgültig in die erste Reihe Hollywoods katapultierte. Ist Brosnahan die geborene Gewinnerin oder eine Kämpferin? „Auf jeden Fall Kämpferin!“, schießt es aus ihr heraus. „Ich bin jemand, der sich schnell langweilt und die nächste Herausforderung sucht. Das ist eine der größten Freuden an meinem Beruf: immer etwas Neues für eine Rolle zu lernen und Charaktere zu beleben, die man zuerst einmal unerreichbar fndet. Ich liebe es, viel ausprobieren zu dürfen!“
Vollgas im Gebirge
Superaktiv war Rachel schon immer. In der Schulzeit in Milwaukee war ihr Lieblingshobby ausgerechnet: Ringen. „In meiner Familie waren alle irre sportlich, mein Vater war Tennisspieler, meine Schwester Fußballerin und mein Bruder brillant im Hockey“, erzählt sie. „Ich habe viel ausprobiert. Im Basketball war ich eine Null, ich kann nicht rennen, selbst wenn es um mein Leben geht. Aber bei Freunden entdeckte ich, wie viel Spaß Ringen macht. Mir gefel, dass es gleichzeitig ein Einzel- und ein Teamsport und nach Gewichtsklassen getrennt ist.“ Für Brosnahan kann es gar nicht rasant genug zugehen – auch im Gebirge gibt
sie Vollgas. „Ich wuchs mit Skifahren auf, wechselte dann zum Snowboard und bestand mit sechzehn mein InstructorZertifkat. Schließlich wollte ich mit meinen Freunden gratis snowboarden“, erzählt sie lachend. „Wir sind wie Verrückte die Pisten runtergefegt.“
Thrills mag der Hollywoodstar nicht nur beim Sport, sondern auch bei Castings für Top-Rollen oder an Filmsets. Wie kommt sie mit so viel Adrenalin im Alltag klar? „Angst motiviert mich“, bekennt die Schauspielerin und blickt aus dem Fenster des Four Seasons in Beverly Hills. „Sie ist ein starker Antrieb. Ich habe dauernd Angst. Im Amerikanischen heißt es: At some point you need to shit or get of the pot.“ Ein, nun ja, eigenwilliges Bild. Sie erklärt: „Man muss Angst zum eigenen Vorteil nutzen. Ich suche ständig nach Challenges, um ein bisschen mutiger zu sein.“
Neugier auf die Smarten Ein Heldenepos wie „Superman“ ist eine maximale Mutprobe, auch für ein Kraftpaket wie Brosnahan. Oder hat sie vielleicht doch Superkräfte? Rachel lacht. „Wenn das so ist, dann ist meine Superpower eine tiefe Neugier auf die Welt und die condition humaine. Es fühlt sich ein bisschen so an, als sei ich immer in der Schule. Ich lerne von Leuten, die besser und klüger sind als ich. Ich kann mich von ihnen inspirieren lassen und verdiene damit meinen Lebensunterhalt. Das ist doch nicht schlecht.“
Ihre persönlichen Supermänner hat Rachel auch schon gefunden. Zum einen in Ehemann Jason Ralph, mit dem sie in New York lebt. Der 38-Jährige ist auch Schauspieler, ein Theaterfreak mit dem Aussehen eines Surferdudes. Zum anderen in Hugh Evans: „Ich unterstütze den Gründer von Global Citizen als Botschafterin. Mit zwölf Jahren begann er den Kampf gegen Armut, 2008 gründete er seine Charity, die extreme globale Armut beenden will.“ Über 50 Millionen Dollar hat der Australier bisher gesammelt, auch mit Gigs von Lady Gaga oder Rihanna. Rachel bewundert ihn grenzenlos: „Er ist ein Beispiel für einen echten Superhelden, einer, der mehr Anerkennung verdient. Denn das Richtige zu tun, ist supercool.“
Instagram: @rachelbrosnahan
Das Actionspektakel „Superman“ des DC Universe kommt im Juli in die Kinos.
„Ich bin eine Kämpferin. Mein Lieblingssport in der Schule: Ringen!“
liebt das Surfen, obwohl er dabei ein Bein verlor. Und er liebt Haie, obwohl er das Bein an einen Hai verlor. Warum der Fotograf sein Leben dem Schutz der bedrohten Tiere widmet.
Text Jessica Holland Foto OluKai
Mike Coots war gerade mal achtzehn, als ihn beim Bodyboarden in der Nähe seines Hauses auf Kaua‘i, Hawaii, ein Tigerhai angriff. Er überlebte schwer verletzt, verlor aber sein rechtes Bein. Einen Monat nach dem Unfall, kaum dass seine Ärzte grünes Licht gaben, war Coots wieder im Wasser. Bis heute ist der 45-Jährige begeisterter Surfer – mit einer Prothese. Doch das ist nicht einmal der bemerkenswerteste Teil der Geschichte von Mike Coots: Der Fotograf unterhält nämlich eine innige Liebesbeziehung zu den Tieren, die ihn fast getötet hätten. Nach seiner Ausbildung zum Fotografen begann Coots, mit Haien zu tauchen, sie unter Wasser zu fotograferen und sich für ihren Schutz einzusetzen. Vergangenes Jahr veröffentlichte er einen Bildband mit intimen Bildern, „Shark: Portraits“.
the red bulletin: Kannst du beschreiben, wie es war, einen Hai abzuwehren, der einen im Maul festhält?
mike coots: Kennst du den Begriff „Fight or fight“? Das ist die Reaktion deines Körpers auf Stress. Nun stell dir das in seiner extremsten Form vor. Ich versuchte meine Beine mit der Hand aus dem Maul des Hais zu befreien, aber das klappte nicht. Dann schlug ich ihm mit aller Kraft auf den Kopf, und endlich ließ er meine Beine los. Erst als ich zum Strand paddelte, merkte ich, dass ein Bein komplett abgetrennt war. Eine kleine Welle trug mich zurück bis zum Strand. Einer meiner Freunde legte mir mit meiner Bodyboard-Leine einen Druckverband an. Ein anderer warf mich auf den Rücksitz eines Pick-ups, und wir rasten ins Krankenhaus.
Geburtsort Kaua‘i, Hawaii; Lieblingshaie Weiße Haie, aus einem Käfig heraus fotografiert, und Tigerhaie, mit denen er ungeschützt taucht; Fotostyle Porträtobjektiv bei Haifotos, um Nähe zu vermitteln; bereut nichts; würde erneut am Unfalltag surfen gehen
Wie lang dauerte der Heilungsprozess? Ich hätte fast auch meinen anderen Fuß verloren. Ich hatte tiefe Fleischwunden am ganzen Körper, und meine Hand war verstümmelt, weil ich sie ja dem Hai ins Maul gesteckt hatte, um meine Beine zu retten. Als ich am nächsten Morgen im Krankenhaus aufwachte und meine Eltern am Bett saßen, war ich erleichtert. Und einen Monat später war ich wieder im Wasser, nur eben mit einem Bein weniger. Es war eine Challenge, zu lernen, wie man mit einer Prothese Auto und Fahrrad fährt, wie man geht. Aber es war auch spannend, herauszufnden, wie ich in diesem neuen Leben zurechtkomme. Ich kaufte gebrauchte Prothesen bei eBay und versuchte daraus den ultimativen Surffuß zu bauen.
Wie groß war die Überwindung, wieder ins Wasser zu gehen?
Das Schlimmste in dem Monat nach dem Angriff war, nicht ins Wasser und nicht surfen zu können. Statistisch gesehen ist es viel gefährlicher, mit dem Auto zum Strand zu fahren, als in ein Gewässer zu gehen, in dem Haie leben. Selbst wenn etwas passieren sollte, bin ich am liebsten im Wasser. Den ganzen Tag auf der Couch zu sitzen, immer auf Nummer sicher zu gehen, das wäre ja kein richtiges Leben. Wieder ins Wasser einzutauchen, war eines der schönsten Gefühle, die ich je hatte. Es war wie heimkommen.
Warum hast du ausgerechnet Haie zum Motiv deiner Fotografenkarriere gemacht ?
Nach dem Angriff machte ich eine Ausbildung zum Modefotografen. Dann drängte mich ein anderer Überlebender eines Haiangriffs, den Dokumentarflm „Sharkwater“ anzusehen. Der Film haute mich um. Haie sind für Menschen völlig harmlos, verglichen mit der Gefahr, die Menschen für Haie bedeuten: Jedes Jahr werden schätzungsweise 100 Millionen Haie nur wegen ihrer Flossen abgeschlachtet. Gemeinsam mit anderen Haiangriffsüberlebenden wandte ich mich an den Kongress, und wir setzten einen Gesetzesentwurf zur Stärkung des Schutzes von Haien in den USA durch. Heute ist der Besitz von Haifschfossen komplett verboten! Ich sprach auch bei den Vereinten Nationen über Meeresschutzgebiete. Ich wurde zum Haitauchen eingeladen, und seither liebe ich es. Haie sind das beste Fotomotiv der Welt. Sie sind wunderschön.
Wie war das, als du erstmals nach dem Angriff wieder einen Tigerhai trafst? Das werde ich nie vergessen. Es war 2016 am Tiger Beach, einem Tigerhai-TauchHotspot auf den Bahamas. Ich war sehr nervös. Ich begann zu fotograferen, aber nach etwa zehn Minuten legte ich die Kamera weg und genoss den Moment. Es war so eindrucksvoll. Die Haie waren ganz anders, als ich es erwartet hatte. Einige meiner besten Haifotos entstanden an diesem Tag. Die ganze Angst war einfach weg.
Warum war es dir so wichtig, dich deiner Angst zu stellen?
Bei uns auf Hawaii gibt es ein Sprichwort: „If can, can. If can’t, still can.“ – Du kannst alles tun, was du dir vornimmst. Leute sehen meine Prothese und denken: „Er ist behindert. Armer Kerl.“ Jeder hat etwas im Leben, das ihn davon abhalten könnte, seine Träume zu leben. Aber das größte Hindernis ist nicht, was danach aussieht. Das größte Hindernis ist, wie du darüber denkst. Jeder hat eine Fähigkeit, unseren Planeten zu einem besseren Ort zu machen. Die muss man fnden und ausleben.
sharksbymikecoots.com Instagram: @mikecoots
„Meine erste Begegnung mit einem Tigerhai nach dem Unfall? Ich genoss den Moment.“
Mike Coots half dabei mit, den Besitz von Haifischflossen zu verbieten.
löste 6.931 Rubik’s Cubes in 24 Stunden – und meint: Das kannst du auch!
Hier erklärt der englische Weltrekordhalter, was es bedeutet, seiner Leidenschaft bedingungslos zu folgen.
Gesehen hat ihn jeder schon mal, den Rubik’s Cube: ein bunter Würfel, bestehend aus 26 kleineren Würfeln in sechs Farben, die der Spieler durch Drehen von Spalten und Zeilen so bewegen muss, dass die sechs Seiten des großen Würfels jeweils eine Farbe zeigen. Anfänger kostet diese Aufgabe oft mehrere Stunden sowie ordentliche Kopfschmerzen. George Scholey löste 6.931 dieser Rätsel innerhalb von 24 Stunden: Weltrekord! Der 22-jährige Brite löst einen Rubik’s Cube schneller, als du vermutlich gebraucht hast, um diesen Satz zu lesen. Seine Bestzeit liegt bei 3,25 Sekunden (der Weltrekord bei 3,13). Nicht schlecht für jemanden, der seinen ersten Würfel vergleichsweise spät, im Alter von 13 Jahren, löste. Heute, neun Jahre später, hält George drei Weltrekorde und ist mehrfacher britischer Meister.
Der 1974 vom ungarischen Architekturprofessor Ernő Rubik erfundene Rubik’s Cube ist längst ein Stück Popkultur; jede Runde bietet niederschmetternde 43 Trillionen Möglichkeiten, die kleinen Würfel zu verschieben. George war so begeistert, als er mit dreizehn ein Exemplar im Haus seines Onkels fand, dass er bald sechs Stunden pro Tag trainierte. Mit jedem angeschauten YouTube-Tutorial wuchs die Faszination. Er stieg in weitere WürfelPuzzles ein, etwa in Skewb, eine Variante des Rubik’s Cube, in der er nach weniger als einem Jahr britischer Meister wurde.
Heute ist George seiner Faszination näher denn je: Neben Training und Wettkämpfen arbeitet er in der Rubik’s CubeZentrale in Toronto im Marketing. Im Interview erzählt er, warum es nichts Schöneres gibt, als seine Leidenschaft leben zu können – und weshalb er glaubt, dass das für jeden von uns möglich ist.
Geboren in Northampton (Midlands); Alter 22; Status sportlichster Rubik’s Cube Champ; Weltrekorde: 3 (meiste gelöste Würfel in 24 Stunden, beim Marathon, beim Skaten)
the red bulletin: George, würdest du dich als Genie bezeichnen?
george scholey: Auf keinen Fall. Ich glaube wirklich, dass jeder das schafen kann, was ich schafe. Ich habe etwas gefunden, was ich leidenschaftlich gern mache, so viel wie möglich geübt und mich immer weiter verbessert.
Wie ging es denn los?
Mit dreizehn habe ich mich für Zauberei interessiert; als ich dann den Würfel im Haus meines Onkels gefunden habe, habe ich ihn in meine Zauberer-Auftritte eingebaut. Zunächst lernte ich mit YouTubeVideos, wie man ihn löst. Das erste Mal brauchte ich vier Tage, weil ich mich bewusst entschieden habe, kleine Schritte zu machen, anstatt alles auf einmal lösen zu wollen. Jeden Tag übte ich dieselbe Teilstrategie. Wenn ich nicht für die Schule lernte, aß oder schlief, habe ich trainiert. Beim ersten Wettbewerb fünf Monate später brauchte ich noch 17 Sekunden. Meine Mutter hat mich sehr unterstützt. Sie sagte: „Das ist genau deins. Übe so viel, wie du willst – aber nur solange du deine Hausaufgaben machst!“
Welche Tricks gibt es?
Die Farbe, die der Würfel in der Mitte hat, gibt die Farbe der jeweiligen Seite vor. Du löst in Schichten, nicht in Seiten. Du musst fünf oder sechs Algorithmen kennen, also festgelegte Abfolgen, wie man
den Würfel löst. Ich persönlich nutze einen Algorithmus, mit dem ich zwei bis zehn Segmente auf einmal lösen kann. Anfänger benötigen pro Durchgang etwa 200 Züge, ich etwa 60.
Wie sieht dein Training aus?
Man unterscheidet zwischen passivem Üben, da löst du immer wieder neue Ausgangssituationen. Damit schafst du eine gute Grundlage und lernst, bereits bekannte Algorithmen anzuwenden. Beim aktiven Üben entdeckst und lernst du neue Algorithmen. Für viele ist das eine lästige Pficht, mir hat es immer am meisten Spaß gemacht.
Letztes Jahr hast du beim Marathon in London deine beiden Leidenschaften Laufen und Rubik’s Cube kombiniert. Erzähl!
Das war noch schwieriger als die 24Stunden-Challenge – vor allem in Sachen Logistik. Ich habe 600 Würfel an Freunde geschickt und sie gebeten, die Kombinationen zu verschieben. Während des Laufs wurde mir alle zwei Minuten vom Streckenrand aus ein versiegelter Beutel gereicht, in dem sich jeweils 50 Würfel befanden, die insgesamt 10 Kilo wogen. Ich selbst trug zwei Rucksäcke, einen für die neuen Würfel und einen für die gelösten. Das war ein Spaß!
Was hast du durch den Rubik’s Cube fürs Leben gelernt?
Zuallererst, wie wichtig es ist, Teil einer Gemeinschaft zu sein, sprich: dass du dich mit einer Gruppe verbunden fühlst. Dann natürlich, dass man richtig feißig sein muss und dass es ganz schön aufregend sein kann, Neues auszuprobieren. Wenn ich Leute unterrichte, sage ich ihnen als Erstes, dass der wichtigste Teil beim Lösen eines Rubik’s Cube darin besteht, den Würfel wieder kaputt zu machen, nachdem du ihn gelöst hast, und dann wieder neu zu beginnen – aber in kleinen Schritten. Niemand macht das am Anfang gern, aber jeder weiß, dass es nicht anders geht, wenn man besser werden will. Der Rubik’s Cube lehrt dich, diesen Prozess um seiner selbst willen zu genießen – unabhängig davon, ob du erfolgreich bist oder nicht.
Instagram: @george.scholey
„Der wichtigste Teil beim Lösen eines Rubik’s Cube? Immer wieder neu zu beginnen.“
Ausnahmetalente gibt es im Sport einige – genauso wie in der Sportfotografie. Der Australier Luca Salisbury ist so eins, wie seine Surfbilder beweisen. Sein Rezept: Talent plus Mut plus Freundschaft.
Auf der Lauer
„Maxime Rayer ist vielleicht mein bester Freund“, sagt Fotograf Luca über den Surfer im Bild. An diesem Tag waren nur sie beide im Wasser – oder besser: über Wasser: Dieser Spot in Sydney gilt als „sharky“. Weiße Haie ziehen hier ihre Jungen groß. Salisbury kennt zwar keine Fotografen, die gebissen wurden, aber kürzlich fiel ein Bullenhai eine Schwimmerin an, in der Nähe von Lucas Heimatstrand.
In diesem Bild stecken fünf Geschichten: 1) Die tolle Farbe am Cape Solander in Sydney kam von Überschwemmungen an Land. 2) Das Bild landete unter den Top 5 des Red Bull Illume Fotowettbewerbs. 3) In der Session knipste Luca das Cover des „Surfing World Magazine“. 4) Vom Honorar tätowierten sich Luca und Surfer Kipp Caddy die Heftnummer „SW 4175“ auf den Arm. 5) Beim An-Land-Klettern verletzte sich Luca am Knie und musste operiert werden. „Das war’s wert“, sagt er heute.
Luca Salisbury will uns „die rohe Kraft des Ozeans“ zeigen. Dafür muss er mit der Kamera dahin, wo das Meer am wildesten faucht und die Wellen einen am härtesten prügeln. Wie Surfer kämpfen Fotografen um die beste Position im Wasser. Luca kann das Meer und seine Strömungen lesen, weiß, wo die Welle bricht, was der Surfer
Die blaue Wand Schon beim Schlafen im Auto hörte Luca nachts das Donnern dieser Monsterwelle am Depot Beach an der Südküste. Ein normaler Surfer würde sich denken: Bloß weg, bevor sie bricht und man übers Riff gezogen wird. Nicht so Luca: Er stürzte sich ins Wasser, doch die Strömung zog ihn in die Impact Zone – in allerletzter Sekunde rettete ihn ein Jetski. „Das lehrt dich Bescheidenheit“, sagt er.
vorhat. Darum ist er so oft zur richtigen Zeit am richtigen Ort. „Es fasziniert mich, in immer größere Wellen zu pushen, zu testen, was ich schaffen kann“, sagt er.
Smiley by nature
„Du willst niemanden fotografieren, der keinen Style hat“, sagt Luca. Bei Jarvis Earle, 21, hier am Cronulla Beach bei Sydney, besteht diese Gefahr nicht. Er ist „einer der besten Surfer weltweit in seinem Alter“ – und außerdem, das muss man im Original lassen: „the smiliest kid on earth“. Schönes Kompliment von Luca, seinem Schulfreund.
Achtung, Tiefflieger
Entwarnung für alle, die glauben, dass Luca gleich das Brett ins Gesicht schlägt: „Ich war weiter weg, als es das Bild suggeriert“, sagt der Fotograf.
Der Tag an der Südküste war unspektakulär, normale Wellen.
Doch dann macht der Surfer Kurt Lovegrove diesen Air, und Luca erwischt den 90-GradWinkel von Board und Wasser.
„Kurt loves the pic“, so Luca. Was Wunder.
Danke, Dad!
Luca war mit seinen Eltern auf einem Roadtrip. Sie packten am Angourie Point gerade ihre Sachen, als Luca sah, wie der legendäre Surfer Wade Goodall samt Surfboard Richtung Wasser rannte. „Warte kurz, Dad“, sagte Luca. Aus „kurz“ wurde eine Stunde und dieser Schnappschuss. „Von Land aus kann jeder mit seinem iPhone einen Surfer fotografieren“, sagt Luca. „Nur halt nicht so gut“, sagen wir.
Schnell-Checker
Wenn die Sonne untergeht, steigen viele Fotografen aus dem Wasser, das Licht fehlt. Was Luca macht? Er reduziert das Auslösetempo und macht die Linse weiter auf, „dann werden die Bilder so schön grobkörnig“. Luca liebt das leicht Verschwommene in diesem Foto: „Nichtsurfer bemerken es wahrscheinlich nicht, aber dieser Surfer zischte in Sydney regelrecht an mir vorbei.“
Der Fotograf
Im Ozean profitiert
Luca Salisbury von seiner eigenen Erfahrung als Surfer, in seiner Freizeit reitet er mit seinem Board auch mal Big Waves.
@lucasalisburyphoto
Hä? Hat man den falschen Australier angerufen? Der junge Mann im Videochat sagt, er sei kein professioneller Fotograf: „Ich bin Tischler, im zweiten Ausbildungsjahr.“ Verwählt? Aber der Mann sieht doch aus wie Luca Salisbury: blonde Haare, die geröteten Augen eines Mannes, der jeden Tag nach der Arbeit surft, und der SonnyboyVibe eines Jungen, der Wellen reitet, seit er laufen kann. Doch, doch, die Nummer stimmt – Luca ist nur extrem bescheiden. Aufgewachsen in Cronulla bei Sydney, bekommt er mit acht Jahren eine GoPro, filmt Schulfreunde, später gibt’s eine gebrauchte Canon. Bald fotografiert er für örtliche Surfbrands, denn Luca hat Talent und ist furchtlos – in Slabs, also Wellen, die über flachen, scharfen Riffs brechen, genauso wie in Hai Gewässern. Mit siebzehn schießt er das Cover des berühmtesten SurfMagazins Australiens – zack, Lebenstraum erfüllt. Heute ist er zwanzig und ja, auch Tischler, aber come on, jedes Bild schreit: ProfiFotograf.
Heilende Kräfte
Egal wie verrückt und beängstigend die Welt da draußen wirkt, egal welchen Ärger du in der Familie, in der Beziehung oder im Job hast – „Salzwasser macht einfach glücklich“, meint Luca. Im Bild: Surfer-Sonnyboy Jarvis Earle in Cronulla – und diese „warme, entspannte, zufriedene, bubbelige Stimmung nach dem Surfen auf dem Weg zum Parkplatz“.
Ab ins Museum
„Wenn man eine perfekte Welle malen sollte, würde sie genau so aussehen“, schwärmt Luca von seinem Foto. Und wenn man dann auch noch so eine Tube erwischt wie hier Kirk Flintoff an der Südküste, dann passt wirklich alles. Luca fotografierte den Surfer von einem Jetski aus, die Welle lief ewig, sich zu positionieren war schwierig.
Am Ende verschluckte die Welle übrigens den Surfer. Aber da war das Bild schon im Kasten.
… vor Lachen. Warum Filiz Tasdan die lustigste Comedienne dieser Tage ist.
Und wie sie auf den Stand-up-Boom in Deutschland blickt. Ein Treffen mit ganz eigenen Pointen.
Zeiten: Filiz’ Auftritte sind meist ausverkauft, viele Menschen kennen sie aus dem YouTube-Format „Falsch, aber lustig“
Die
Frau mit den kinnlangen braunen Locken steht auf der Bühne des voll besetzten Raumes und schildert, wie ihre Mutter ihr als Vierjährige die Haare abrasierte, damit sie dicker und kräftiger nachwachsen. „Damals als Kind habe ich gedacht: ‚Ach so, deswegen werden bei uns die Jungs beschnitten. Dicker, kräftiger Penis.‘“ Das Publikum bricht in Gelächter
aus, manche wischen sich die Tränen aus den Augen.
Der Beschneidungs-Gag ist ein Bit – das ist Comedy-Slang für einen thematisch zusammenhängenden Abschnitt eines Auftritts – in Filiz Tasdans Soloprogramm. Tasdan, 1982 geboren und aufgewachsen in der Nähe von Hamburg, ist als Comedienne rasend erfolgreich. Für ihre Fähigkeit, die Leute mit ihren auf den Punkt gebrachten Alltagsbeobachtungen zum Lachen zu bringen, wird sie von ihren Kollegen bewundert. In der Szene gilt sie aktuell als Maß aller Dinge. Mit wem also
besser über den aktuellen Comedy-Boom in Deutschland sprechen als mit ihr?
Filiz Tasdan ist Teil einer ganzen Bewegung. Deutsche Stand-up-Comedy ist keine neue Erfndung, aber nie zuvor war das Angebot an Liveshows, TikTok-Kanälen und Podcasts so groß und vielfältig wie im Jahr 2025. Allein in Berlin, dem Ausgangspunkt des Trends, der längst das ganze Land erfasst hat, hat man jederzeit die Wahl unter 55 Comedy-Clubs. Laut einer Befragung des Instituts für Demoskopie Allensbach zur Mediennutzung sahen sich 2024 rund 9,73 Millionen Personen in der deutschsprachigen Bevölkerung ab 14 Jahren sehr gern Satire oder Comedy im Fernsehen an.
Filiz Tasdans Karriere steht sinnbildlich für diesen Aufschwung: von null auf Star in ein paar Jahren. Bis 2019 hatte sie noch nie auf irgendeiner Bühne gestanden, sondern arbeitete als Werbetexterin. Wobei sie sagt, dass der Job von Anfang an ein Kompromiss gewesen sei. Sie sitzt auf einem Sofa im Podcast-Studio der Agentur Stand Up 44, gegründet von Felix Lobrecht. Der vielleicht bekannteste deutschsprachige Comedian ist ein Freund und ihr größter Förderer. Ihm, sagt Tasdan mit ihrer dunklen Stimme, verdanke sie viel. Derzeit tourt sie mit ihrer Show „Super Plus“ durch Deutschland und Österreich. Bis zu 700 Menschen am Abend wollen sie sehen; einige Termine sind schon etliche Monate zuvor ausverkauft.
Sie habe, erzählt Tasdan, sich als „Hardcore-Fan“ schon früh alles angeschaut, was es gab: Stand-up, aber auch
Kreative Auszeit: Für das Shooting verbrachte Filiz einen Abend in den interaktiven Räumen des Social-MediaMuseums The Upside Down in Berlin.
Fuß in der Tür: Wer es in der Comedy-Szene nach oben schaffen will, muss vor allem Erfahrung auf der Bühne sammeln –auch Filiz tourte von Anfang an unermüdlich.
Sketche und Filme. Als Teenie sah sie in den 1990ern „RTL Samstag Nacht“, eine Late-Night-Show, in der Comedians nach dem Vorbild von NBCs „Saturday Night Live“ wöchentlich Sketche präsentierten. Später verschlang sie aus dem Netz geladene Specials von US-Stars wie Dave Chappelle, Sarah Silverman und Louis C. K. Aber eine eigene Comedy-Karriere erschien Tasdan unerreichbar. Wobei es ihr als Frau mit Migrationshintergrund gar nicht an Vorbildern mangelte. Seit den Nullerjahren war ausgerechnet das oft geschmähte Privatfernsehen eine Bastion insbesondere türkischstämmiger Comedians wie Kaya Yanar, Bülent Ceylan und Jilet Ayşe – auch wenn Klischees hier eher zementiert als unterlaufen wurden. „Aber ich konnte mir einfach nicht vorstellen, dass man damit Geld verdienen kann.“
Irgendwann aber erfuhr Tasdan von der Existenz von Comedy-Workshops und belegte prompt einen – allerdings auf Englisch. „Ich dachte: Wenn, dann so. Die wissen schließlich, wie es geht.“ Schon während des Kurses merkte sie, dass sie im Vergleich zu den anderen Teilnehmern gar nicht so schlecht war; die WorkshopLeiterin bestärkte sie in diesem Gefühl. Mit Sprache und Punchlines kannte sie sich nach zwanzig Jahren Werbetexten schließlich aus. Sie schrieb ihre ersten fünf Minuten Programm auf Englisch und stellte sich auf die Bühne eines Open-MicClubs. Schnell wechselte sie ins Deutsche – seither geht es unaufhaltsam nach oben.
Die Gründe dafür, dass sich Comedy zu dem Riesentrend entwickeln konnte, der es heute ist, sind vielfältig. Da wäre zunächst, natürlich: das Internet. In den Zehnerjahren zog es umfassend in die deutschen Haushalte und auf die neu erfundenen Smartphones ein. Mit zunehmender Bandbreite kamen die StreamingAnbieter, allen voran Netfix, das seither
ungezählte Comedy-Specials produziert hat – hierzulande etwa Enissa Amanis „Ehrenwort“ (2018) und Felix Lobrechts „Hype“ (2020). Parallel dazu setzten sich Podcasts als sowohl günstig zu produzierendes als auch unkompliziert nebenbei zu konsumierendes Medium durch. Heute steht das Genre Comedy mit 26 Prozent auf Platz drei der beliebtesten PodcastThemen der deutschsprachigen Hörerschaft, gleich nach Fitness und Gesundheit sowie Politik. Parallel wurden YouTube,
Etwas auf der Bühne spielen, statt zu erzählen – etwa mit Mimik oder Gestik.
Inhaltlich abgeschlossener, etwa ein bis drei Minuten langer Joke zu einem Thema innerhalb eines Sets.
Einen wirklich, wirklich misslungenen Auftritt hinlegen.
Überraschender Bezug (innerhalb eines Bits) auf einen früheren Joke im Set.
Spontaner Austausch mit dem Publikum.
Zuschauer, die durch Zwischenrufe stören.
Wenn ein Auftritt wirklich, wirklich gelungen ist. Alternativen: abreißen, zerstören, mördern …
Überraschende Pointe des Jokes, die den Lacher erzeugt.
Entspricht einem Auftritt –egal ob sieben Minuten oder neunzig.
Enthält innerhalb eines Bits alle Informationen, die für das Verständnis der Punchline nötig sind.
(auch Tagline)
Ein weiterer Lacher nach der Punchline, für den kein neues Set-up nötig ist.
Meisterin der Punchlines: Bis vor einigen Jahren arbeitete Filiz als Werbetexterin. Heute wird sie in der Szene für ihre präzisen Pointen gefeiert.
TikTok und Instagram zu den digitalen Versionen von Open Mics. Tasdan ist Teil des von Moritz Neumeier moderierten YouTube-Formats „Falsch, aber lustig“. Abseits der neuen Vervielfältigung der Verbreitungswege hat Stand-up-Comedy im Gegensatz zu, sagen wir, einem Kinoflm einen entscheidenden Vorteil: Sie ist außerordentlich günstig zu produzieren. Comedians sind Ich-AGs und Einzelkämpfer. Sie brauchen eine Bühne und ein Mikro, fertig ist die Show.
Dazu kommt der Live-Aspekt: In Zeiten, in denen viele Menschen acht Stunden am Tag vorm Bildschirm sitzen und die restliche Zeit auf anderen, kleineren Bildschirmen herumwischen, sind Erlebnisse, bei denen man auf andere Menschen trift, gefragter denn je. Das gilt für Konzerte, deren Ticketpreise in den vergangenen fünfzehn Jahren signifkante Steigerungen erfahren haben, genauso wie für vergleichsweise günstige Comedy-Shows. Ein Ticket für einen Auftritt von Filiz Tasdan kostet weniger als 40 Euro. Die Durststrecke der Pandemie hat das Bedürfnis danach, einen Abend gemeinsam mit Hunderten anderen lachend zu verbringen, nur angefeuert. „Das ist eine neue coole Abendbeschäftigung“, so Tasdan. „Etwas, das man wie Bar, Restaurant oder Kino mit Freunden macht.“ Mittlerweile gibt es für jeden Humor die passende Show. Benötigtes Vorwissen: keines.
Und wenn es stimmt, dass die Zeiten für organisiertes Lachen umso besser sind, je düsterer die weltpolitische Lage ist, könnten die Dinge für die Comedy seit der ersten Amtszeit von Donald Trump im Verbund mit der sich verschärfenden Klimakrise, Covid, dem Krieg in der Ukraine, dem in Nahost und dem im Sudan nicht besser stehen. Um es mit dem Motto des Berliner Clubs „Mad Monkey Room“ zu sagen: „Einen Abend abschalten, alle Sorgen vergessen und einfach lachen.“
Doch wie funktioniert Stand-up eigentlich? Filiz Tasdan sagt, Mechaniken gebe es viele. „Aber die Leute lachen meistens über irgendwas, was sie so ähnlich schon mal gedacht haben. Ich versuche also, mein Publikum zu lesen. Ich schaue mir meine Zielgruppe an und frage mich: Was ist deren Problem, und was ist das Witzige daran?“ Als Frau über vierzig spricht sie oft über das Altern, über Frauenkörper (der Name ihres aktuellen Programms, „Super Plus“, bezieht sich auf die Saugkraft von Tampons), über Beziehungen, die Eigenheiten von Männern und Frauen, aber auch gern über den öfentlichen Personennahverkehr. Es sei zweitrangig, wie viele andere sich schon an einem Komplex abgearbeitet haben. „Es geht darum, einen anderen Blickwinkel zu fnden.“
Gern spickt sie ihre Ausführungen mit einem „Alder“, auch vor Kraftwörtern wie „Titte“ fürchtet sie sich nicht.
Das Beobachten der eigenen Zielgruppe und das Schreiben guter Gags sei jedoch nur das eine. Das andere sei die Performance, seien die Skills – „Fragen wie: Wer bin ich?, Welche Stimmung und Energie transportiere ich?, Bin ich wütend, sarkastisch, frech?, Wie bewege ich mich auf der Bühne?“, so Tasdan. Tempo, Pausen, der Tonfall des Vortrags zählten genauso wie die Begleitumstände: das richtige Licht, der Sound einer Venue, die Größe und Beschafenheit des Raumes, die nicht zu weiche und nicht harte Bestuhlung –alles trägt zum Gelingen einer Show bei, oder eben zu ihrem Scheitern.
Mit Schaudern erinnert sie sich an einen Auftritt vor 600 Mitarbeitern eines Konzerns. 98 Prozent von ihnen waren Männer, was der Firmenchef ihr aber bis einen Tag vorher vergaß mitzuteilen. Vielleicht kein ideales Umfeld für TamponWitze. „Nicht nur, dass sie nicht gelacht haben“, erzählt Tasdan, „das war die absolute AntiHaltung. Ich habe auf die Uhr gekuckt und meinen Auftritt wie ein Roboter durchgezogen. Als ich von der Bühne kam, stand da schon meine Agentin mit gepackten Kofern und fragte: ‚Wollen wir los?‘ Der Veranstalter hat mich zum Abschied fest umarmt, es habe ihm wirklich sehr leidgetan. Im Auto habe ich dann geheult.“ Merke: Wenn Menschen nicht hundertprozentig freiwillig vor dir sitzen, hast du möglicherweise einen schwierigen Abend vor dir. Firmenfeiern meidet Tasdan seither.
Lässt sich Bühnenpräsenz lernen? „Nein“, sagt sie. „Aber ein guter Comedian checkt, wie die Stimmung im Raum ist, und schaft es, darauf einzugehen. Wenn man merkt, die hassen mich gerade, muss ich versuchen, daraus einen Witz zu machen.“ Etwas, was ihr auf der Firmenfeier ofenbar nicht gelang. „Man muss der Boss im Raum sein und die Menschen lesen können, und das erfordert Empathie.“
Erlebe Filiz Tasdan live auf ihrer „Super Plus“Tour! Termine und Tickets: shop.filiztasdan.de
„Ein guter Comedian checkt, wie die Stimmung im Raum ist, und geht darauf ein. Wenn man merkt, die hassen mich gerade, muss man versuchen, daraus einen Witz zu machen.“
Was gar nicht funktioniere, sei Coolness. Um lustig zu sein, müsse man sich lächerlich oder sogar verletzlich machen. Die letzten Minuten ihres Soloprogramms widmet Filiz Tasdan daher ihrer eigenen Verletzlichkeit: Sie ist bipolar, was sie nicht immer und nicht rund um die Uhr einsatzfähig macht. Einen aufklärerischen Ansatz habe sie dabei nicht; sie wolle auch nicht für das Thema psychische Gesundheit sensibilisieren. „Für mich ist die Krankheit einfach ein Thema, in dem viele Jokes stecken.“
Wie sieht sie das: Haben wir Peak German Comedy erreicht? „Auf keinen Fall“, sagt Filiz Tasdan. Sie sieht die Branche noch am Anfang einer langen Entwicklung – genau wie sich selbst. „Ich will mein Potenzial ausschöpfen und schauen, wie gut ich noch werden kann. Inhaltlich bin ich noch keinesfalls da, wo ich hinwill.“
Instagram: @filiz_tasdan
Ihr Zug: Filiz Tasdan gewinnt kleinen Momenten des Alltags große Lacher ab.
trifft mit seinen Jokes den Nerv der Gen Z. Mit Hood Comedy hat der 28-Jährige seine eigene Szene gegründet.
Wie es losging
Eigentlich wollte Bruno – geboren in Kenia, mit vier samt Familie nach Frankfurt ausgewandert – zum Film. Sein im Studium erworbenes Wissen (und sein gesamtes Geld) steckte er in aufwendig produzierte Sketche, die auf YouTube durch die Decke gingen. Als er in Frankfurt keine Veranstalter findet, die ihn auftreten lassen, gründet er mit Kumpel und Comedian Halid Rizvanovic eine Plattform: Hood Comedy.
Wie es läuft
Aus dem Ruder laufende Umzüge mit Freunden, eine Überraschungsparty für Hund Fluppy: In seinen Bits thematisiert Bruno die Zumutungen des Alltags – und trifft damit den Nerv der Gen Z. Im Juni endet seine zweijährige „Ich sag euch ehrlich“-Tour. Das Finale in Offenburg wird als Special aufgenommen. Auf Events von Hood Comedy geben Banarby und Rizvanovic Außenseitern, wie sie es waren, genau die Slots, die sie damals vermissten. Mit Erfolg: Hood Comedy hat sich zu einer der aufregendsten Stand-up-Szenen der Republik entwickelt.
Fact
In seiner Jugend wollte Banarby BasketballProfi werden, spielte für Top-Klubs wie die Frankfurt Skyliners.
Instagram: @banarby1
Vom Discounter in die Arena oder mit einer Lüge zum ersten
Auftritt: Hier kommen sieben der gerade aufregendsten deutschen Comedians – und ihr Weg ins Rampenlicht.
Text Johannes Mitterer
schwindelte sich auf die Bühne und überzeugt dort seither mit seiner Vorliebe für Absurdes. Felix Lobrecht ist Fan.
Wie es losging
Mit einer Lüge: 2022 ging Assane auf eine Open-Mic-Veranstaltung – als Gast. Als der Moderator ihn fragte, ob er ein Programm habe, sagte Assane einfach Ja. Noch am selben Abend stand er auf der Bühne.
Wie es läuft
Zuletzt performte Assane in ausverkauften Hallen und Arenen – als Opener für ComedyGröße Felix Lobrecht. Mit seinem Blick für Absurdes (Wie bezwinge ich das Bafög-Formular? Braucht eine Ausstellung für Zäune einen Zaun zur Abgrenzung?) tourt er gerade auch selbst durch immer größere Clubs.
Fun Fact
Hat eine Zeit lang International Business studiert: „Weil das einfach gut klingt.“
Instagram: @assanebadianee
beweist, dass ein Psychologiestudium in München plus Job in einem Startup reichlich Material für gute Gags ergibt.
Wie es losging
Nix mit Fußball, Töpfern oder Bouldern: Ein Mangel an Hobbys neben dem Studium und ein Job in einem Start-up waren es nach eigener Auskunft, was Ana zu ihrem ersten Auftritt auf einer offenen Bühne in München trieb.
Wie es läuft
Ana macht Witze über das Leben ihrer Generation: über Nächte im Club, Dating, WG-Castings, verkaterte Sitzungen beim Therapeuten. Damit hat sie den Senkrechtstarterpreis des Bayerischen Kabarettpreises gewonnen.
Zuletzt war sie als Außenreporterin für die „heute show“ im Einsatz und mit Kollegin Florentine Osche auf Tour.
Fun Fact
Die Lehrertochter war Klassensprecherin, hielt die Abi-Rede und moderierte den Abi-Ball.
Instagram: @analuciacruzsaco
ging als Berliner Kellner viral, begeistert seither auf TikTok und Instagram mit Parodien –und auf der Bühne mit Anekdoten aus Bayern.
Wie es losging
Musikstudium abgebrochen, Schauspielstudium abgeschlossen – und dann? Erst mal die kleine Bühne: 2019 der erste Stand-up-Gig. Die große Bühne kam 2023, dank Instagram: Mit der Parodie eines Berliner Kellners ging er viral.
Wie es läuft
Vermieter, Hausarzt oder der Ex aus der Schulzeit: Seine Parodien sind Cringe Comedy vom Feinsten und werden auf Instagram und TikTok tausendfach angesehen. Daneben ist er als Stand-up-Comedian auf Tour, erzählt dort von seiner Kindheit in Bayern und seinem Füllerführerschein. Nebenbei verhandelt er ernste Themen wie Männlichkeit und Waffengewalt.
Fun Fact
Fred ist als Schauspieler in Serien wie „Notruf Hafenkante“ oder „SOKO Leipzig“ zu sehen.
Instagram: @fredcostea
startete beim Discounter, steht jetzt kurz vor Auftritten in Arenen. Sein Leben im multikulturellen Berlin ist sein Material.
Wie es losging
Er hätte auch bei Lidl ein Großer werden können: Mit 19 fing er beim Discounter an, um seine Hochzeit zu finanzieren, und arbeitete sich zum Filialleiter hoch. Doch der Ruf der Bühne war stärker. 2014 trat er zum ersten Mal auf, wenig später gewann er erste Preise und Wettbewerbe. Bald moderierte er die „Talentschmiede“ im „Quatsch Comedy Club“ und tourte mit seinem ersten Soloprogramm „Ostmane – Integration gelungen“.
Wie es läuft
Die türkischen Eltern, die Kindheit im multikulturellen Berlin-Wedding, danach die Zeit in Spandau-Staaken, dem sogenannten Osten der Hauptstadt: Aus diesem Dreiklang speisen sich Osan Yarans Pointen. Die Reaktion seiner Mutter auf seine deutsche Freundin, seine Zeit bei Lidl oder nächtliche Ausflüge als Uber-Fahrer in den Wald. Und auch das Publikum kriegt gerne mal einen ab. Auf Instagram erreicht er über 400.000 Follower, bis Ende des Jahres ist er noch auf Tour, demnächst dann wohl in Arenen.
Fun Fact
Bei der RTL-Survival-Sendung „Unbreakable“ verging ihm zeitweise das Lachen. Auch bei „Let’s Dance“ war er am Start.
Instagram: @osan_yaran
ergänzt Deutschlands CultureClash-Comedy um eine vietnamesische Note – mit vielen Anekdoten über seinen Vater.
Wie es losging
In der Küche: Erst stand Tutty als Kind neben seinem Vater im Restaurant am Wok und beobachtete. Seit 2017 steht er auf der Bühne und erzählt davon. Die Parodie seines Vaters samt Akzent zählt zu seinen populärsten Nummern.
Wie es läuft
Auf Tour, im TV, auf TikTok: Tutty Tran zählt zu den größten Comedians des Landes. Dazu hat er einen Bestseller namens „Wenn nicht jetzt, wan tan?“ geschrieben und spielt in Bully Herbigs neuem Film „Das Kanu des Manitu“ mit.
Fun Fact
Tutty Tran heißt bürgerlich Thomas, weil seine Eltern einen deutschen Namen für ihn wollten. Ausgesucht hat ihn die Hebamme, sagt er.
Instagram: @tutty_tran
schockt ihr Publikum in erstaunlich jungem Alter, 22, mit unerwartet darken Punchlines –etwa über ihre letzte Beziehung.
Wie es losging
Startete zugleich ein Pflegepraktikum fürs Medizinstudium und erste Versuche auf Berlins Comedy-Bühnen – mit Witzen über ihre Körpergröße (1,60 m) und mangelndes Talent in Sachen Selbstverteidigung – und merkte: Das macht viel mehr Spaß.
Wie es läuft
In weniger als drei Jahren hat es Florentine unter anderem in den „Quatsch Comedy Club“ und während der Fußball-EM in Felix Lobrechts „Halbzeitshow“ geschafft. Sie war mit Ana Lucía auf Tour, und seit März spricht sie jeden Dienstag mit ihrer Kollegin Rebecca Pap im Podcast „Ey Leute“ über ihren Alltag, die Welt und warum es viele Vorteile hat, unter der Dusche zu essen.
Fun Fact
Sie wollte unbedingt noch als Teenagerin auf die Bühne stehen. Sechs Stunden vor ihrem 20. Geburtstag hat sie es rechtzeitig geschafft.
Instagram: @florentine_osche
Roasting legt gnadenlos unsere Schwächen offen: Wie fühlt sich das an? Und kann es uns im Leben helfen?
Dieses Selfie lud unser Autor ins Forum r/roastme auf Reddit - und bat vier Millionen Menschen um Gags auf seine Kosten.
„Egal was du tust“, sagte meine Mutter immer, „leg dich nie mit dem Internet an.“ Das stimmt natürlich nicht ganz. Eigentlich warnte sie vor Kopfsprüngen in unbekannte Gewässer und Skifahren abseits gesicherter Pisten, vor Rockerbanden, Drogen – und Baden mit Smartphone. Aber ich habe ofenbar eh nicht richtig zugehört, was Vermeidung unnötiger Schmerzen und Gefahren angeht, denn …
Ein Klick. Upload Photo. Es ist getan. Das Selfe zeigt mich mit einem rosa PostitZettel auf der Brust – wie eine Geisel, die beweisen muss, dass sie noch lebt. Auf dem Zettel: das aktuelle Datum und die Aufforderung: „Roast me!“
Mehr als vier Millionen Menschen folgen dem Subreddit r/roastme, um, wie es in der Beschreibung heißt, „andere humorvoll zu verspotten (…). Jeder sollte über sich selbst lachen können – und natürlich auch über andere!“
Ich warte auf Antworten. Oder besser: auf Angrife. Noch fühle ich mich erstaunlich ruhig, aber gleichzeitig schutzlos, fast nackt – unter den Augen von Millionen. Noch. Nichts. Das Netz denkt nach. Roasting ist eines der beliebtesten StandupFormate – im TV, auf Social Media, in ausverkauften Stadien. 2024 kamen 17.000 Menschen ins Kia Forum in Los Angeles, um „The Roast of Tom Brady“ zu sehen: Comedians zerlegten den größten Sportler der USGeschichte ohne Scheu. „Er hat sieben ChampionshipRinge“,
huldigte Nikki Glaser scheinbar Bradys sportlichem Erfolg, „nein, jetzt sind es acht, weil Gisele ihren Ring zurückgegeben hat.“ Beim Celebrity Roast konzentriert man sich auf biografsche Schwachstellen, körperliche Mängel, Charakterdefzite – man hält die Lupe drauf, bis es unter den Scheinwerfern nach verbrannten Haaren riecht. „Roasting ist eine Grenzüberschreitung“, sagt Ben Schmid, ComedyProducer aus Berlin, der vor zehn Jahren mit ein paar Mitstreitern das Format „Roast Battle“ in deutschen ComedyClubs etablierte und später auf Comedy Central brachte.
Im Alltag gehe es oft darum, die Form zu wahren, ungeschriebene Konventionen einzuhalten. Roasting sei genau das Gegenteil – ein „unsafe space“, in dem alles ein legitimes Ziel ist. Oft wird ein Tabu gebrochen oder eine Wahrheit enthüllt. „Es gibt ja diesen alten Spruch: It’s funny because it’s true“, sagt Schmid. „Roasting ist Unterhaltung, Aufklärung – und Kollektivtherapie.“
Der Subreddit r/roastme ist die Möglichkeit, das Format nicht nur aus der Distanz zu erleben, sondern selbst auf die Bühne zu treten – mitten hinein unter den Heizstrahler des InternetMobs. Warum hat das Format so großen Erfolg? Was macht einen guten Roast aus? Und was lernt man unter diesem gnadenlosen Licht über sich selbst?
Warum sind alle so gemein zu mir?
„Wenn die Augen die Fenster zur Seele sind, dann zeigen deine Augen ein leerstehendes Haus.“ –„Ich sehe auf diesem Bild, dass du von deiner Frau getrennt lebst.“ – „Was hast du mit deinen Lippen gemacht? Sieht aus, als hättest du keine Zähne.“ Nach sechs Stunden haben 5000 Menschen mein Foto gesehen und knapp 100 einen Kommentar hinterlassen. Natürlich ist man es gewohnt, im Netz auf extreme Meinungen zu stoßen, aber diese geballte Negativität ist trotzdem ein Schock. Warum sind alle so gemein zu mir, schreit es in mir (ach ja, ich habe sie darum gebeten). Oft geht es um meinen Look und mein Outft, meine vermutete sexuelle Orientierung und die Tatsache, dass ich ofenbar nicht mehr aussehe, als sei ich forever 21. Lässt mich nicht völlig kalt, ist aber auch ein bisschen lahm. Um herauszufnden, was einen guten Roast ausmacht, telefoniere ich mit Hans Thalhammer, Münchner Comedian und Veteran vieler „Roast Battles“. „Es geht nicht darum, jemanden einfach zu beleidigen“, sagt Thalhammer. „Es geht darum, Spaß zu haben – und einen absurden Dreh auf einen realen Fakt zu fnden.“ Einer der besten Roasts, die ich während meiner Recherche gefunden habe: „Donald Trump will Präsident werden und ins Weiße Haus einziehen“, sagte Snoop Dogg bei einem Celebrity Roast. „Warum nicht? Es wäre nicht das erste Mal, dass er eine schwarze Familie aus ihrem Zuhause vertreibt.“ Im Rückblick wirkt dieser Spruch wie eine düstere Prophezeiung unserer absurden Timeline. Ein Grund für den Erfolg des Formats: Es ist wie gemacht fürs SocialMediaZeitalter. „Man sieht ein im besten Fall bekanntes
Hans Thalhammer ist Stand-up-Comedian aus München. Für Infos zu Auftritten und Shows: @hansthalhammer
Ben Schmid ist Comedy-Producer aus Berlin. Wer für eine Hochzeit oder Feier einen maßgeschneiderten Roast bestellen will: ben@writersroom berlin.com
Benjamin Sager ist Psychologe und Personalentwickler aus Zürich. Mit seinem Unternehmen mutanfall.org coacht er Teams und Führungskräfte.
Gesicht, hört eine Pointe und bekommt eine extreme Reaktion“, sagt Hans Thalhammer. „Das alles ist extrem schnell, extrem clippable und extrem interaktiv.“ Denn alle wollen mitmachen. Wenn der Papst zehn Stunden nach dem Besuch des US-Vizepräsidenten stirbt, fndet auf X und TikTok ein kollektiver Roast statt: Wer landet den besten Burn auf JD Vance?
Alles begann wie immer in NYC
Das Roasting begann im New Yorker „Friars Club“, einem exklusiven Trefpunkt für ShowbizLeute. Vor mehr als 100 Jahren wurden dort bei Banketten Ehrengäste öfentlich malträtiert –Humphrey Bogart, Maurice Chevalier und andere Größen des alten Hollywoods. Das Motto des Friars Clubs: We only roast the ones we love – und es lebt bis heute fort.
Vom Friars Club aus verbreitete sich das Roasting weiter. In den 1970er-Jahren machte die „Dean Martin Show“ das Format „Man of the Week Celebrity Roast“ populär – etwa mit Muhammad Ali, Lucille Ball und Ronald Reagan. Das Publikum liebte es, wenn Stars für einen Moment vom Sockel geholt und zum Gespött der Menge gemacht wurden. Die Umkehr der Machtverhältnisse war zwar nur von kurzer Dauer – aber ein starkes Signal. Der Roast wurde vom Insider-Joke zum Kompliment: ein Zeichen für Relevanz und Macht.
Früher musste man ein Star sein, um Ziel eines Roasts zu werden. Heute hat das Roasting die Alltagskultur durchdrungen. Interaktive InsultComedy-Formate gibt es nicht nur auf Reddit, sondern auch auf Instagram und TikTok. Auch auf Hochzeiten und Weihnachtsfeiern wird mittlerweile gern geroastet – Comedy-Producer Ben Schmid aus Berlin und seine Crew bieten sogar professionelle Roasts als Service an. Sie interviewen die Trauzeugen wie ein Pfarrer – nur mit einem anderen Ziel: Karambolage statt Hommage.
Viele Roasts sind auf den ersten Blick hart und unter der Gürtellinie. Trotzdem zeigen erstaunlich viele Studien die positiven Seiten von „prosozialem Necken“. Wenn man einen Witz über jemanden macht, heißt das: Ich sehe dich. Du bist mir nicht egal. Die Jokes und Disses, die enge Freunde routinemäßig austauschen – wie kleine Aufmerksamkeiten –, haben eine Botschaft: Wir sind auf Augenhöhe. Prosoziales Hänseln wirkt als eine Form sozialer Kontrolle, erklärt Peter
Wenn wir über uns selbst lachen, zeigen wir: Wir sind nicht perfekt. Niemand ist es. Niemand muss es sein.
Gray, Psychologieprofessor am Boston College: Es dämpft das Ego, fördert Bescheidenheit – beides ist langfristig gut für den Zusammenhalt der Gruppe. Auch Roast-Battle-Pionier Ben Schmid sagt: „Reibung erzeugt Wärme. Ein guter Roast braucht unbedingt Liebe.“ Und er glaubt, dass es ihm gutgetan hat, oft verbal vermöbelt zu werden. Er erinnert sich an einen Roast über seine (fehlenden) Haare und an einen amerikanischen Comedian, der lästerte: „Ben denkt, er spricht mit seiner Frau fießend Englisch. Er scheint seine eigene Stimme nicht zu hören.“ Ben Schmid freut sich auch Jahre später über den Burn. Roasting ist ein Spiel – und zwar eines, auf das sich alle Beteiligten bewusst einlassen. Es fndet auf einem klar abgesteckten Spielfeld statt. Wer sein Foto auf r/roastme hochlädt, tut das freiwillig – mit der Absicht, auf harte, aber kreative Weise fletiert und geschreddert zu werden. In den Community-Guidelines steht: „Es gibt eine klare und eindeutige Grenze zwischen Humor und Missbrauch.“ Und wer sich nicht an die Spielregeln hält, wird sanktioniert. „Wenn der Kommentar nicht erkennbar darauf abzielt, das Publikum zum Lachen zu bringen, sondern stattdessen darauf, jemanden einzuschüchtern oder zu bedrohen, wird er gelöscht.“ Das bedeutet: Der Witz steht im Zentrum – nicht die Demütigung.
Aus dem Leiden lernen
„Du siehst aus wie ein depressiver Don Draper –nur ohne sein Talent.“ – „Dieses Bild sagt mehr als zwei Worte: Midlife Crisis!“ – „Angezogen wie ein Pantomime-Künstler. Und trotzdem wünscht sich jeder, dass du endlich die Klappe hältst.“
Uf. Wirkungstrefer. Wie hält man das gut aus? „Man braucht einen guten Selbstwert und eine funktionierende Selbstregulierung“, sagt der Psychologe Benjamin Sager, der an der Universität Zürich zum Thema Humor geforscht und die Humor-Beratung Mutanfall gegründet hat. In Workshops setzt er Humor gezielt als Methode ein, um Resilienz und Kreativität in Unternehmen zu fördern.
Selbstwert. Selbstregulierung. Klingt einfach – ist aber ein Lebensprojekt. Jahrzehnte, gute Ratschläge der Mutter und ein bisschen biografsches Glück helfen. Benjamin Sager lacht. „Eine dritte Möglichkeit ist das Reframing.“ Dass man Roasts nicht als persönliche Angrife wahrnimmt, sondern als kreative Gedankenarbeit anerkennt. Einer der Reddit-Roaster kritisiert zum Beispiel meinen geliebten Ringelpullover und meint: „Du warst vor 20 Jahren das einzige Mal im Ausland und sprichst immer noch mit französischem Akzent. Hast du dich in Claude umgetauft?“ Und irgendwie hat er recht. Ich fnde es absurd, in anderen Ländern Urlaub zu machen als in Frankreich, und ich habe nichts gefunden, was mir besser steht als bretonische Fischermode. Mit diesem neuen Blick öfnet sich etwas in mir: Ich sehe die Sprüche nicht mehr als Beleidigungen, sondern frage mich: Was haben die Roaster gesehen? Ofenbar: schmale Lippen, etwas leicht
Verklemmtes. In der Masse der schlechten Witze blitzt manchmal ein Stück Wahrheit auf. Ich wollte ehrliches Feedback. Eine neue Erfahrung. Trotzdem habe ich mir eine Rüstung angezogen – wollte auf angespannte Art und Weise „voll entspannt“ wirken. Und das Netz hat diese Schwäche sofort gespürt und den Widerspruch aufgedeckt. In der Bosheit der vielen steckt auch Weisheit.
Wenn wir über uns selbst lachen, zeigen wir: Wir sind nicht perfekt. Niemand ist es. Niemand muss es sein. Und genau das macht uns sympathischer – egal ob acht-, äh, siebenfacher SuperBowl-Gewinner oder anonymer Reddit-Nutzer.
Roasting als Kreativtechnik
Comedian Hans Thalhammer mag das RoastingGenre so gern, weil er „Freude am Schreibwettbewerb“ hat. Er sagt: „Es geht nicht darum, dem Ziel-Subjekt möglichst wehzutun, sondern darum, die beste Idee zu haben.“ Er zeigt mir ExcelSheets und Fragebögen, mit denen er sich auf Roast Battles im Fernsehen vorbereitet hat. Denn: Bevor man jemanden roastet, muss man ihn genau analysieren und über ihn nachdenken.
Deshalb wird Roasting auch als Kreativtechnik immer populärer. Auf Reddit gibt es zum Beispiel Threads wie „Roast my Landing Page“ oder „Roast my Design“, wo man ein Produkt oder eine Idee einem Extremtest unterziehen kann.
In der Start-up- und Kreativbranche gibt es sogenannte „Project Roasts“: Ein Mitarbeiter stellt sein Projekt oder seine Idee vor – und die explizite Aufgabe des Teams ist es, Fehler, Schwächen und Angrifspunkte zu fnden. „Alle hängen sich voll rein“, sagt Ben Schmid. „Es ist eine große Motivation, einen Lacher zu bekommen.“ So kann man Probleme schneller erkennen – und bessere Lösungen entwickeln. Schmid betont die Nähe zwischen Kreativität und Humor: „Es ist etwas, das einen aus dem Autopilot-Modus holt“, sagt er, „eine Art positiver Planbruch.“ Natürlich müsse das Ganze in einem klar defnierten Rahmen bleiben – und irgendwann auch enden. Denn diesen Modus hält kein Mensch auf Dauer aus.
Er hat recht. Irgendwann ist mal Schluss. Aber ein Roast geht noch. Ein Redditor schrieb über mein Bild:
„Der schlimmste Burn ist, wenn dein ‚Roast me‘‑Foto nach sieben Tagen von 30.000 Menschen ge sehen wurde und noch immer kein einziges Like hat.“
It’s funny because it’s true.
Was ist da eigentlich so lustig? Unterwegs mit Comedian Daniel Wolfson beim GigHopping durch Berlins brodelnde Stand-upSzene. Spoiler: Wir begegnen Urängsten, Wir-Gefühl – und großer Euphorie.
Im roten Bereich: Wolfson stellt sich Extremsituationen –seine Gags können ins Leere gehen oder Glückswellen auslösen.
Club-Ikone: Daniel Wolfson zählt zum harten Kern der Berliner Comedy-Szene und tourt deutschlandweit.
Geschäftlich unterwegs: Von Auftritt zu Auftritt nutzt Wolfson, was die Berliner Mobilität hergibt – hier ein elektrisches Leihrad.
Schreib-Kraft:
Vor seinen
Auftritten notiert
Wolfson seine Gags auf Karteikarten.
21 Grad, Sonne, Spätis im Ausnahmezustand. Überall sitzen die Leute draußen: auf Bierbänken, in Parks, vor den Restaurants, mit Negroni, Spritz und Kippen. Der Sommer ist da, etwas zu früh. Die Berliner wissen schon, wie man das Leben genießt. Nur einem gefällt das gar nicht.
Daniel Wolfson, 34, kommt den Rosenthaler Platz runtergelaufen wie jemand, der mit dem Frühling streitet. Er trägt eine pinke Strickjacke, hat einen Wollmantel dabei, an den Füßen braune Loafer. Sein Outft wirkt wie ein Akt der Rebellion.
„Ganz schlechtes Wetter“, sagt er, während ihm die Sonne ins Gesicht knallt. „Die Leute sitzen draußen. Die wollen Sonne und Bier, keine Bits über True Crime und Gefühle.“ Wolfson ist Comedian, fester Teil der Berliner Stand-up-Szene, in ganz Deutschland auf Tour und immer wieder auch im Fernsehen zu sehen. Heute aber steht ein Heimspiel an.
Jetzt geht er hinein ins Café St. Oberholz und bestellt einen doppelten Espresso. Auf dem Tisch: zwei Notizblöcke, karierte Karteikarten und ein Kuli. Blaue Tinte. Neben ihm ein Typ, der in sein MacBook hackt. Er blickt zu ihm. „Ich brauch das analog“, sagt er.
In 50 Minuten steht er auf der Bühne in der Z-Bar, der erste von drei Auftritten an diesem Abend. Beim
Gig-Hopping testet Wolfson neues Material und bereitet sich auf seine nächste Tour vor. Pro Woche gibt er bis zu zehn Shows. Berlin ist die deutsche ComedyHauptstadt. Es gibt eigene Comedy-Clubs und zahllose kleine Bühnen, große Stars und noch mehr Menschen, die es schafen wollen. So richtig versteht man die Szene nur, wenn man einen Comedian den ganzen Abend begleitet. Warum strömen so viele Menschen in die Clubs? Was braucht man, um im harten Geschäft zu überleben? Was ist hier eigentlich so lustig? Wolfson setzt sich jetzt doch noch mal raus, zieht den Mantel aus. Voller Fokus. Auf den Zetteln stehen scheinbar wirre Stichpunkte – Bali-Döner, Held aus Faulheit, „Ladies“, Gefühlsbillard, Oma, Pilates, TrueCrime-Podcasts – Stichworte für Jokes, die er auf der Bühne miteinander verknüpfen wird. Dann: Let’s go! Er nimmt kein Taxi. Kein Uber. Keine Öfs. Er nimmt ein Lime-Leihrad. Die Berliner Business Class. Eine Stufe über den Economy-Class-Scootern. Er hat jede Mobility-App, die man sich vorstellen kann. Helm hat er keinen. „Berlin hat mich abgehärtet“, sagt er.
Die Z-Bar ist ein ehemaliges Kino in Mitte. Open Mic. An diesem Abend wie erwartet nicht total gefüllt. Wolfson steht im Türrahmen, blickt nervös in den Saal. Er ist der erste von acht Comedians, die heute dort auftreten. „Als Erster wird man immer ein bisschen geopfert“, sagt Wolfson. Die Zuhörer müssen erst mal reinkommen ins Lachen. Er geht noch einmal
„Wenn Comedy funktioniert und die Leute an deinen Lippen hängen, ist es ein unbeschreibliches Gefühl.“
Einsamer Gang: Meist kommt Wolfson erst wenige Minuten bevor es losgeht, zu seinen Auftritten. Kurz sammeln, durchatmen, und los geht’s.
Handzeichen: Wolfson begrüßt die Zuschauer vor seinem ersten Auftritt des Abends.
in Schöneberg in der Scheinbar auf. Seine Vorbilder: die großen amerikanischen Stand-up-Comedians. Laut Wolfson: Patrice O’Neal. Mitch Hedberg. Dave Chappelle. 2015 dann das allererste deutsche Open Mic im Lagari, Neukölln, „Bam!“ genannt. Wolfson stürzte sich rein, kämpfte gegen die Urangst. Versuchte Rentner zum Lachen zu bringen, die sich auf Jonglage und Zauberei gefreut hatten.
zur Bar und erzählt: „Comedy ist ein Extremsport, du stellst dich einer Urangst. Aber wenn es funktioniert, die Leute lachen und an deinen Lippen hängen, ist es ein unbeschreibliches Gefühl.“ Im Saal ruft der Moderator: „Leute, rastet aus für den ersten Comedian! Ich freue mich sehr, dass er da ist.“ Wolfson reibt sich die Hände. Atmet einmal tief ein. Und aus. Blick zur Decke. „Rastet bitte aus für Daniel Wolfson!“ Die Zuschauer geben ihr Allerbestes, klatschen, was das Zeug hält. Er legt einen kleinen Sprint zum Mikro hin, wie der Einlauf eines Fußballstars aufs Spielfeld. Wolfson erzählt Jokes über seine eigene Faulheit, wegen der er etwa Neujahrsvorsätze erst im April fasse. Die Leute lachen verhalten. Jetzt nicht nachlassen. Dass Berlin heute eine Stand-up-Metropole ist und jeden Tag viele Shows stattfnden, daran ist Wolfson nicht ganz unbeteiligt. Vor zehn Jahren, als er anfng, gab es kaum Comedy-Clubs in der Stadt, keinen SocialMedia-Hype, keine Comedy-Podcasts. Sein erster Auftritt fand in einem Varieté zwischen Akrobaten und Magiern statt. „Wir waren die Exoten – und nach jedem Auftritt kurz davor aufzuhören.“ Wolfson trat
Er ist in der Mitte des Sets. „Es gibt Dinge, die muss man in einem gewissen Alter machen. Ich habe es einfach immer verpeilt, einen Führerschein zu machen“, sagt er. „Und ich bin jetzt 34, und langsam fühlt es sich falsch an.“ Und weiter: „Es ist okay, nicht Schwimmen zu lernen. Tob dich aus. Auf dem Festland. Aber du kannst jetzt nicht mehr so mit 30 Jahren das Seepferdchen machen. Du kannst kein stolzer Mann sein mit so einem Seepferdchen. Du kannst …“ Eine Frau in der dritten Reihe ruft: „Skifahren!“ Nur ein Wort. Und doch geht etwas kaputt. Der Witz, der Takt, die Show. Wolfson verliert die Balance. „Oh man ey. Das ist keine Mitmachshow, das weißt du schon.“ Er taumelt. Er bombt, sagt man in der Szene. Nicht brutal. Aber sichtbar. Hörbar. Einer in der letzten Reihe steht auf und geht. Autsch! Wolfson erzählt noch was über Männerfreundschaften, Pilates, True-Crime-Podcasts. Er gewinnt die Zuschauer zurück, aber der Flow ist weg.
Dann ist es vorbei. Es gibt Applaus. Versöhnlich.
Draußen: „Irre.“ Und: „Das war unangenehm“, sagt er. „Das sind Auftritte, die man so schnell wie möglich abschütteln muss.“
Er steigt aufs nächste Lime-Bike. Es geht weiter. Immer weiter. „Die Energie darf ich jetzt nicht mitnehmen zur nächsten Show.“
Hier geht man zum Lachen in den Keller. 150 Leute. Schweiß, Stimmen, Sekt. Ein echter Comedy-Tempel.
Leichtes Gepäck: Alles, was Wolfson zum Gig-Hopping braucht (etwa Karteikarten!), passt in eine kleine Umhängetasche.
Das waren die Stationen auf Wolfsons Comedy-Route durch Berlin:
1 Café St. Oberholz Rosenthaler Straße 72A sanktoberholz.coffee
2 Z-Bar Bergstraße 2 zbarberlin.com
3 Downstairs Comedy Club Oranienburger Straße 67 downstairscomedy.shop
4 Magic John’s Pizza Oranienburger Straße 48 magicjohns.com
5 Oblomov Lenaustraße 7 Instagram: @oblomov_berlin
6 Imren Grill Boppstraße 10 imren-grill.de
Seid ihr mit mir down? Im Downstairs Comedy Club tritt Wolfson vor rund 150 Zuschauern auf –Publikum und Künstler stecken sich mit ihren ausgelassenen Vibes an.
Die Stimmung ist aufgekratzt bis euphorisch. Der Vibe ist da. Und Wolfson auch. Er stellt sich seiner Urangst. Und wird belohnt.
Der Downstairs Comedy Club ist seit vergangenem Jahr eine der hippsten Stand-up-Locations der Stadt und gehört Felix Lobrecht, Überfieger der Szene. Lobrecht hat mit Tommi Schmitt den meistgehörten Podcast Deutschlands. Er ist Bestsellerautor und hat ein eigenes Modelabel. Im Club hängen überall Bilder von ihm. Im Downstairs Comedy Club treten Stars auf und Talente, der Club als Plattform. Denn in der Comedy-Szene klopft man nicht nur Witze, man hilft anderen, baut ein Netzwerk auf. Wächst mit anderen. Unten aus dem Keller dröhnt Gelächter. Gleich muss Wolfson auf die Bühne. Ob es diesmal besser läuft?
Er zieht die Zettel aus der Jacke. Neue Setlist, neue Chance. Dann wird er aufgerufen. „Daniel Wolfson. Riesenapplaus!“ 150 Leute sind eine andere Nummer. Die Stimmung ist aufgekratzt bis euphorisch. Der Vibe ist da. Und Wolfson jetzt auch. Er zieht sein Programm durch. Was eben in der Z-Bar noch gescheitert ist, ist hier ein Brüller. Er stellt sich seiner Urangst. Und wird belohnt. Die Leute lachen.
„Ich brauch mehr Frauen in meinem Freundeskreis“, erzählt er an einer Stelle, weil Freundinnen einander zuhören und aufeinander aufpassen würden.
„Männer können sich nicht einfach zum Reden verabreden – wir brauchen immer ein Event oder Ausreden“, erzählt Wolfson. Und weiter: „Deshalb wurden Spiele wie Darts, Billard oder die Sky-Bundesligakonferenz erfunden.“ Und: „Sogar während wir über unsere Gefühle reden, muss jemand gewinnen oder verlieren. Ach, du, deine Frau hat dich verlassen? Noch ’ne schlechte Nachricht: Du hast auch beim Darts verloren. Richtig schlechter Tag für dich, ne?“
Fair point, alle lachen.
Alle. Gemeinsam.
Darum geht es: das Wir, das für einen Moment entsteht. In einer Zeit, in der alles hyperpolitisch, hyperaufgeladen und hyperindividualistisch ist, schaft Stand-up das Gegenteil: einen gemeinsamen Raum. Die Menschen sehnen sich nach Tabubrüchen, nach einem existenziellen Blick auf den Alltag – nicht weil sie zynisch sind, sondern weil sie Orientierung suchen. Vielleicht erklärt das den Boom. Stand-up ist die ehrlichste Form von Unterhaltung, weil sie alles erlaubt – solange es sitzt. Aber Comedy lässt sich nicht so leicht erklären. Man muss es fühlen. Und sie fühlen es hier im Downstairs Comedy Club.
Niemand ruft was rein. Niemand steht auf und geht. Daniel Wolfson ist im Flow. Die Crowd lacht
Keine Jokes auf leeren Magen: Vor seinem dritten Auftritt legt Wolfson eine kurze Pizza-Pause ein.
nicht nur – sie gehört ihm. Für einen Moment. Nach zwölf Minuten ist alles vorbei. Wolfson bedankt sich, winkt. Tosender Applaus.
Pizza jetzt. Zwei Stück Margherita auf Pappkartons. Magic John’s. Oranienburger Straße. Wolfson bestellt, typisch für Berlin, auf Englisch: „Two plain please.“ Mit seinem Zeige- und Mittelfnger macht er ein V-Zeichen.
„Ist das nicht krass?“, fragt Wolfson.
„Das hat richtig Spaß gemacht. Wie auf einer Welle.
Comedy ist sick. Man muss beides aushalten.“
Der erste Stand-up-Comedian, den Wolfson sah, war Johann König im Quatsch Comedy Club auf ProSieben. Fand er cool. Zwei Wochen später hat er ihn dann auf Sat.1 oder so gesehen. „Da dachte ich, es gibt keinen Weihnachtsmann mehr.“ König spielte fast dasselbe Set, machte fast die gleichen Witze. Jetzt sieht Wolfson es natürlich anders: „Mache ich auch so, das macht jeder Comedian so. Auf der Bühne erweckt man die Illusion, als wäre alles spontan.“
Schlusspointe: Wolfson glücklich und gelöst nach seinem letzten Auftritt.
Er beißt ab. Checkt sein Handy. Bestellt ein Uber. Storniert es drei Minuten später. „Acht Minuten Wartezeit. Dafür hab ich keine Geduld.“ 30 Meter weiter steht ein Taxi. Einsteigen. Es riecht nach abgestandenem Rauch. Durch das ofene Fenster weht frischer Wind. 20 Minuten Fahrt Richtung Kreuzberg. Vorbei an Unter den Linden, am Checkpoint Charlie, wo Touristen glauben, das echte Berlin zu erleben – weiter nach Neukölln, wo man es vielleicht wirklich ein bisschen spürt: das Wahre, das Bröckelige, das Unfertige. Die Sonne ist längst untergegangen. Wolfson sagt: „Berlin hat so viele inspirierende Momente – das Raue, die Menschen.“ Vielleicht ist Berlin selbst wie ein guter Joke: hart, direkt, ein bisschen kaputt –aber irgendwie wahr.
Wie ein Extremsportler ist Wolfson froh, überlebt zu haben. Und kann es nicht abwarten, sich ins nächste Abenteuer zu stürzen.
21.55 Uhr, Oblomov
Halbvolle Bar. Laute Gespräche. Im Nebenraum Comedy. Wolfson bestellt ein Wasser. „Ich mag den Laden. Hier hat auch vieles begonnen. Betreiber Vincenzo wollte keine Miete. Er wollte uns. Und dass er den Laden am Montag aufmachen kann.“ Aktuell
Last comedian standing: Vor den letzten Unverwüstlichen legt Wolfson den finalen Gig des Abends hin.
Daniel Wolfson präsentiert jeden Montag seine TestShow „Wir arbeiten dran“ im Berliner Oblomov - gemeinsam mit wechselnden
Comedians der Szene. Parallel spielt er Shows in ganz Deutschland mit seinem Soloprogramm. Termine und Newsletter unter: danielwolfson.de Instagram: @danielwolfson_
tritt er hier jeden Montag mit eigener Show auf. Heute vor ihm: Freddi Gralle, die sagt: „Aus jedem Amokläufer kann man einen Amor machen.“ Alle lachen. Und dann die letzte Show des Abends für Wolfson. Die Atmosphäre ist gelöst, beinahe familiär. Einige der vorher aufgetretenen Comedians gesellen sich ins Publikum, lachen mit. Diesmal improvisiert und variiert Wolfson und erzählt von seinem allerersten Auftritt im Varieté. Als alle Gags erzählt sind, sagt er: „Wisst ihr, was? Es reicht. Danke.“ Applaus. Und Feierabend. So abrupt. So einfach. Er hat sich nicht vom ersten Auftritt verunsichern lassen. Ein bisschen Hornhaut braucht man eben in diesem Business. Oder wie Wolfson sagt: „Ich bin Hornhaut auf zwei Beinen.“
Wenig später sitzen die sechs Comedians des Abends an einem Tisch in der Bar. Wolfson trinkt einen Negroni, Gaston Stabiszewski ein Bier, İlkan Ateş eine Cola. Oder andersherum. Die Erinnerung verschwimmt. Berlin schläft eigentlich nicht. Aber Montagnacht ist fast so etwas wie ein inofzieller Ruhetag.
Die LimeScooter sind leergefahren, die Vorhänge zugezogen. Bei einem Dönerladen in Neukölln versackt Wolfson noch mal. Freddi und İlkan kommen mit. Es gibt einen DönerTeller zur Feier des Tages und einen Ayran. Man redet schnell, teilt Erfahrungen, baut auf den Anekdoten der anderen auf – und scannt die Umgebung. Denn Comedians müssen immer wach sein – draußen sitzen ältere türkische Männer bei Çay, gestylte Clubleute warten auf ein Taxi, andere kommen gerade aus der Schicht. Alles potenzielles Material für die nächste Show. Es ist jetzt kurz vor ein Uhr. Wolfson zieht den Mantel über die Strickjacke. Atmet einmal tief durch. Der ExtremsportAbend ist vorbei. Wie ein Bergsteiger oder BigMountainSkifahrer ist er froh, überlebt zu haben. Und kann es nicht erwarten, sich ins nächste Abenteuer zu stürzen.
Follow the Sunlight. Not limits.
Sympathisch, selbstironisch, bissig: Aufgewachsen im Ruhrgebiet, ist Rasmus Syman heute Teil der Berliner ComedySzene.
Zuletzt trat er im Vorprogramm von Filiz Tasdan auf, sein aktuelles Programm heißt: „Alles Ego“. Instagram: @rasmussyman
Wie genau funktioniert ein guter Joke auf der Bühne? Comedian Rasmus Syman erklärt es am Beispiel einer seiner Lieblingsnummern von Stand-up-Größe Till Reiners*.
Die Prämisse
Eine starke Prämisse ist klar und „relatable“: Viele können sich mit ihr identifizieren. Hier geht es nicht darum, einen Kredit aufzunehmen, es geht darum, sich trotz Volljährigkeit nicht erwachsen zu fühlen. Das bringt Till perfekt auf den Punkt, indem er von „einem Erwachsenen“ spricht. Erwachsene, das sind die anderen, nicht ich mit 36.
AUFNEHMEN
Ich hab neulich einen relativ hohen Kredit aufgenommen und vorher noch mal mit meinem Vater dazu telefoniert. Ich bin jetzt 36 – aber das ist ja eine Lebensentscheidung, bei der man sich denkt: Nee, da sollte noch mal ein Erwachsener drübergucken.
Und mein Vater war supernett und hat gesagt: „Ja, mach das am besten so und so, ich schick dir das alles zu, musst es nur durchlesen.“
Zwei Wochen später ruft er an und sagt: „Du müsstest jetzt unterschreiben –hast es durchgelesen?“ Und es ist so:
Eine starke Haltung kann darüber entscheiden, ob eine Nummer funktioniert oder nicht. Till holt sich einen Lacher nur durch einen Blick. Jeder im Publikum weiß genau, wie seine Haltung ist: Er wird es sich nicht durchlesen.
Indem Haltung und Prämisse so klar etabliert sind, folgt auf „Und es ist so“ bereits ein Lacher. Das Publikum weiß: Jetzt kommt eine Erklärung, die klarmacht, dass Till sich nicht erwachsen verhält.
Till dreht die Situation, indem er zeigt, dass er doch eine gewisse Reife hat. Das ist ein neuer Blickwinkel, verdeutlicht durch eine mehr als absurde Punchline, nämlich die Antwort auf die Frage: „Wie zeige ich mich meinen Eltern von einer besonders schlechten Seite?“
Ich bin offenbar nicht sehr reif – aber jetzt auch nicht so unreif, dass ich vor meinen Eltern so tue, als wär ich reif. Das ist ein wichtiger Entwicklungsschritt. Es gibt ja Leute, die spielen vor ihren Eltern eine Idealversion von sich selber. Die rauchen dann zum Beispiel nicht vor ihren Eltern. Bei mir ist es genau umgekehrt: Ich rauche nur noch vor meinen Eltern.
Damit sie genau wissen: Ihre Rente muss reichen. Ich kümmere mich nicht.
Und ich muss sagen, das hat die richtig flink gemacht. Die sind jetzt in Rente –und haben noch Nebenjobs.
Till führt die absurde Idee weiter: Was ist die Konsequenz daraus für seine Eltern? Er holt sich zwei Lacher mit nur dreizehn Worten.
Erhöhung
Till bleibt seinem Blickwinkel treu und überlegt, was sein „reifes“ Verhalten für seine Eltern bedeuten könnte. Die Lacher entstehen durch die lustige Wortwahl („flink“) und die unrealistische Idee: Meine Eltern haben Nebenjobs in der Rente, weil ich vor ihnen rauche.
Die haben mich da einmal Kette rauchen sehen und gedacht: „Oh, der geht vor uns, auf jeden Fall!“
Also, ich bin ehrlich zu meinen Eltern, und deswegen war ich auch ehrlich zu meinem Vater und hab gesagt: „Papa, ich werd das nicht lesen. Also ich kann da jetzt unterschreiben oder nicht – aber ich werd mir das vorher nicht durchlesen.“ Und dann hat mein Vater gesagt: „ Ja, ich hab’s auch nicht gelesen.“
Er schließt den Winkel, indem er mit der Stimme seiner resignierten Eltern spricht.
Finale Punchline
Mit der letzten Pointe verdeutlicht Till, wie sehr er seinem Vater ähnelt. Der erste Teil der Passage („schönster Satz“ bis „Kreditvertrag“) ist als Set-up wichtig für die Punchline, denn jeder im Publikum denkt: Da kann verdammt viel passieren, wenn man hoch verschuldet ist.
Und dann hat er den schönsten Satz gesagt, den man sagen kann, wenn’s um einen echt hohen Kreditvertrag geht. Er hat gesagt: „ Aber ganz ehrlich, was soll passieren?“
Für bessere Lesbarkeit haben wir das Transkript leicht redigiert.
* Wie Rasmus gebürtig aus dem Ruhrgebiet, ist Till Reiners einer der aktuell erfolgreichsten deutschen Comedians. Gerade tourt er mit seinem Programm „Mein Italien GRANDISSIMO“ durch große Hallen. Instagram: @realreiners
Zurück zum Thema
Till führt sein Publikum zurück zur Geschichte, der Kreditaufnahme. Nun überrascht er es aber mit der Antwort seines Vaters. Das ist eine Art Fullcircle-Moment: Sein Rentnervater ist genauso wenig erwachsen wie er. Oder: Erwachsensein bedeutet nicht, dass man Verträge liest. In den Applaus hinein sagt Till grinsend: „Natürlich nicht.“
Scan den Code und erleb das ganze Bit auf YouTube.
Bereit zum Hochschalten:
Nach vier Gesamtsiegen bei der Vuelta a España und einem beim Giro d’Italia will Primož Roglič jetzt die Tour de France gewinnen.
Ein Champion, ein Talent und ein Tüftler: zu Besuch bei drei Vorreitern, die mit dem Team Red Bull-BORAhansgrohe die Grenzen des Radsports verschieben wollen.
Wenn es „Klick!“ macht: Roglič ist ein in sich gekehrter Fahrer. Sein größter Antrieb, sagt der Champion, sei die Freude am Radrennsport.
An einem Dienstagabend im April, als die Touristengruppen allmählich zurück ans Meer strömen und auf dem Berg wieder Ruhe einkehrt, setzt sich Primož Roglič zum Gespräch in den Aufenthaltsraum des Hotels, das für die nächsten drei Wochen sein Zuhause ist, lächelt freundlich und sagt: „Dann mal los!“ Der Parador de Las Cañadas del Teide auf 2000 Metern ist das einzige Hotel in dieser Gegend, ein altes Gutshaus auf halbem Weg zum Pico del Teide, dem höchsten Vulkan Europas. Wir befnden uns auf Tenerifa, in einer kargen, faszinierenden Mondlandschaft, der Teide ist eines der beliebtesten Ziele der Kanareninsel. Die meisten kommen für ein paar Stunden, einige wenige bleiben über Nacht. Keiner aber hält es so lange aus wie Primož Roglič. Und schon gar nicht so oft.
„Lass mich kurz nachdenken“, sagt er. „Ich glaube, das ist das vierzehnte Mal, dass ich hier bin.“ Er weiß, wie verrückt das klingt, und schaut einen aus großen Augen verschmitzt an. Für ihn ist es nicht verrückt. Er sagt: „Mir gefällt es. Alles ist sehr einfach. Und friedlich. Es gibt einen Vulkan und ein Hotel – sonst nichts.
Tagsüber kommen ein paar Touristinnen und Touristen, aber sobald die Sonne untergeht, bin ich von Stille umgeben. Es ist wunderschön.“
Roglič, 35, Slowene, ist einer der besten Radfahrer der Welt. Und einer der vielseitigsten. Er hat alles gewonnen, was man gewinnen kann, ist Olympiasieger im Zeitfahren, hat bei großen Eintagesrennen triumphiert, hat den Giro d’Italia und viermal die Vuelta a España für sich entschieden, zuletzt 2024, was ihn in Spanien zum Rekordsieger macht. Eine Sache aber fehlt: die Tour de France.
Sie ist die größte der drei dreiwöchigen Landesrundfahrten, das wichtigste Radrennen der Welt. Keine Veranstaltung hat mehr Publikum, nirgendwo sonst werden mehr Sponsoringgespräche geführt, kein Rennen ist entscheidender für die Zukunft eines Fahrers. 2020 wurde Roglič Zweiter, aber in den darauffolgenden Jahren verletzte er sich dreimal bei Stürzen und nahm einmal nicht teil.
Diesen Sommer – von 5. bis 27. Juli – unternimmt er als Leader des Teams Red Bull-BORA-hansgrohe einen neuen Versuch. 21 Etappen, 3320 Kilometer, von Lille an die Atlantikküste, dann über die Pyrenäen, die Provence und die Alpen bis auf die legendären Champs-Élysées in Paris. 21 Tage des Leidens, bei Hitze und Regen, bei Wind und Kälte. Die Tour ist brutal, aber sie ist sein Ziel.
Im April auf dem Teide ist sie aber noch weit weg. Und doch ganz nah. Alles, was Roglič hier macht, macht er mit Blick auf die Tour. „Ofziell beginnt die Vorbereitung auf die Tour Anfang des Jahres, wenn man sich dafür entscheidet, im Juli in Frankreich am Start zu stehen“, sagt Roglič. „Aber eigentlich beginnt sie an dem Tag, an dem du zum ersten Mal auf ein Rad steigst.“
sich die
Ab auf die Matte: Vor jeder Ausfahrt steht für Roglič (vorne) und seine Mitstreiter eine Einheit mit individuellen Übungen zur Aktivierung an.
Roglič ist ein Familienmensch, vermisst oft seine Frau Lora Klinc und die Söhne Lev und Aleks – und doch käme es ihm nie in den Sinn, den Aufenthalt auf Tenerifa auch nur um einen halben Tag zu verkürzen. Der Grund, warum er hier ist, ist so alt wie der moderne Ausdauersport selbst: das Wissen, dass sich in großer Höhe die Leistungsfähigkeit verbessern lässt. Denn bei niedrigerem Sauerstofpartialdruck muss sich der Körper anpassen – er produziert mehr rote Blutkörperchen, nutzt den Sauerstof in den Muskeln efzienter und optimiert Atmung sowie Herzfrequenz. Doch es gibt noch einen zweiten Grund, warum Roglič die Höhe sucht: das, was sie außer der Sauerstofarmut auch noch mit sich bringt – Abgeschiedenheit, Fokus, Rückzug. Das also, was viele Ausdauersportler am Höhentraining verfuchen. Roglič aber liebt es. Die zwei dreiwöchigen Höhentrainingslager, die er pro Jahr absolviert, sind seine Art, sich zu besinnen – auf seine Arbeit, seine Ziele, seine Stärken. Auf dem Teide wird er nicht nur körperlich topft. Er wird es auch im Kopf.
Das bedeutet nicht, dass seine Aufenthalte in der Höhe keine Opfer forderten – im Gegenteil. Opferbereitschaft ist sogar der erste Begrif, der ihm im Gespräch einfällt, als er gebeten wird, seine Vorbereitung auf die Tour de France in drei Worte zu fassen. „Nicht nur ich erbringe Opfer“, sagt er, „auch meine Familie tut das.“
Das zweite Wort: Gleichgewicht. Ein typischer RogličBegrif, dem eine ebenso typische RogličAussage folgt: „Man darf nicht zu wenig trainieren, aber auch nicht zu viel. Nicht zu viel Pause machen, aber auch nicht zu wenig. Es ist nicht gut, zu schnell zu fahren. Aber auch nicht zu langsam.“ Eine scheinbar banale Aussage, und doch scheitern viele Profs genau an dieser Vorgabe: Sie machen zu viel – oder zu wenig.
Zum dritten Begrif, den Roglič mit seiner TourVorbereitung verbindet, kommen wir gleich. Vorher ein Szenenwechsel – vom Pico del Teide auf Tenerifa nach Silverstone in England. Vom Teamleader Roglič zur deutschen Nachwuchshofnung Florian Lipowitz, 24, der im dortigen Windkanal an feinsten Details feilt – oder vielmehr: feilen lässt. Denn es ist Dan Bigham, Head of Engineering bei Red BullBORAhansgrohe, der an diesem Tag die Arbeit macht. Lipowitz ist das Versuchskaninchen.
Für ein Radteam gibt es zwei Wege, sich weiterzuentwickeln: Man kann jedes Jahr die größten Namen einkaufen und darauf hofen, dass sich daraus irgendwann ein funktionierendes Teamgefüge ergibt. Oder man wählt den Ansatz von Red Bull-BORA-hansgrohe: auf junge Talente setzen und in ihre Entwicklung investieren. Was vor allem bedeutet: Man steckt viel Geld in den Betreuerstab.
Blick nach vorn: Florian Lipowitz, 24, gilt als Fahrer mit enormem Potenzial. Erst im März wurde er Zweiter bei Paris— Nizza, im April Vierter bei der BaskenlandRundfahrt.
Für diese Saison hat das Team deshalb gleich mehrere Hochkaräter verpfichtet – etwa den Ernährungsberater Asker Jeukendrup, der zuvor für das Konkurrenzteam Visma-Lease a Bike arbeitete, oder den Sportpsychologen York-Peter Klöppel, als Head of Mental Performance im Red Bull Athlete Performance Center ein wichtiger Begleiter von Formel-1Weltmeister Max Verstappen. Und natürlich Dan Bigham, 33, der von Ineos Grenadiers kam – ebenfalls ein Konkurrenzteam. Wäre Bigham ein Fahrer, man würde von einem Transfercoup sprechen. Es gibt kaum jemanden in der Branche, der ihn nicht in höchsten Tönen lobt. Genau genommen war Bigham bis letztes Jahr noch Fahrer, aber seine komplette Geschichte würde ein Buch füllen. Hier sein Werdegang stattdessen in aller Kürze:
Daten des Erfolgs: Ein Mitarbeiter der Engineering Crew (rechts) wiegt Fahrer Lipowitz und sein Rad vor dem Aerodynamik-Test.
Bigham studierte Ingenieurwesen in London, als er 2010 das Radfahren für sich entdeckte – zunächst als Ausgleich zum Uni-Alltag. Aus dem Hobby wurde eine Leidenschaft. Und dann eine Obsession. Bigham hatte keine klassische Nachwuchskarriere durchlaufen, war nie Teil eines Fördersystems. Aber er verfügte über etwas, das im modernen Hochleistungssport ebenso entscheidend ist wie rohe Wattzahlen: technisches Verständnis.
Statt sich den Kopf über Trainingspläne zu zerbrechen, tüftelte er an Luftwiderstand, Sitzpositionen, Material. Er machte sich selbst zum Gegenstand der Untersuchung. Und er wurde immer besser. 2017 gründete er mit Freunden das ambitionierte Amateurteam HUUB Wattbike – ein rebellisches Kollektiv, das die etablierten Bahnnationen bei Weltcups regelmäßig düpierte. Bigham fuhr nicht nur mit, er optimierte fortlaufend: von der Aerodynamik bis zur Rennstrategie.
Seine Analysen waren so präzise, dass bald Profteams anklopften. Er beriet den britischen, dann den dänischen Radsportverband. Und am 19. August 2022, im Velodrom im schweizerischen Grenchen, krönte er seinen Weg mit dem Meisterstück: dem Stundenwelt-
rekord: 55,548 Kilometer. Nie zuvor war ein Radfahrer auf einem von der UCI zugelassenen Rad in sechzig Minuten weiter gefahren. Eine der prestigeträchtigsten Marken im Radsport – gehalten einst von Legenden wie Fausto Coppi, Jacques Anquetil, Eddy Merckx, Bradley Wiggins. Und jetzt von Dan Bigham, dem Überraschungsmann aus England. Da arbeitete er bereits als Ingenieur für Ineos Grenadiers – und trug in dieser Rolle tatkräftig dazu bei, dass er seinen Rekord nur drei Monate später wieder verlor: Er konzipierte das im 3D-Drucker produzierte Rad, mit dem der Ineos-Fahrer Filippo Ganna am 8. Oktober 2022 Bighams Leistung noch um 1,2 Kilometer überbot.
Zwei Jahre später beendete Bigham seine Karriere. Also die als Fahrer. Aber nicht ohne ein weiteres Ausrufezeichen: In Paris gewann er mit dem britischen Bahnvierer die Olympia-Silbermedaille in der 4000-Meter-Mannschaftsverfolgung.
Tolle Geschichte, nicht? Sie wird noch verrückter. Denn in Silverstone verrät Dan Bigham, dass Filippo Gannas Körperkraft weit über seiner lag – deutlich weiter, als die 1,2 Kilometer Vorsprung vermuten lassen. „Er brachte fast 100 Watt mehr Leistung in die Pedale“, sagt Bigham. „Er hätte noch viel schneller sein können, ohne sich auch nur ein bisschen mehr anzustrengen.“ Doch Ganna – im Unterschied zu Bigham kein analytischer Denker, sondern ein Mann der Emotionen – setzte lange nicht alle aerodynamischen Optimierungsvorschläge von Bigham um.
Was Bigham daraus lernte? Dass am Ende nicht die Physik das Hindernis ist – sondern der Mensch. Und dass es im Radsport noch ungenutztes Potenzial gibt. Die Fortschritte werden zwar kleiner, doch das Ende der Entwicklung ist längst noch nicht erreicht.
„Die Leute glauben, der Stundenweltrekord sei übermenschlich und kaum zu knacken“, sagt er, „ich bin überzeugt, das Gegenteil stimmt. Mir fallen auf Anhieb zehn Fahrer ein, die den Rekord brechen könnten – würden sie der Physik vertrauen.“
Genau das ist jetzt seine Aufgabe bei Red BullBORA-hansgrohe: die kühle Logik der Physik auf ein Radrennen übertragen. Und so kompliziert seine Arbeit im Detail auch sein mag – im Kern lässt sie
In der Röhre: Als erster WorldTour-Fahrer überhaupt tritt Lipowitz zum Aerodynamik-Check im unterirdischen Catesby Tunnel an. In diesem stillgelegten, gut 2,7 Kilometer langen Eisenbahntunnel nahe Silverstone und Milton Keynes finden normalerweise diskrete Autotests statt.
sich so zusammenfassen: Dan Bigham macht Fahrer schneller, ohne dass sie härter treten müssen.
„Eigentlich ein schöner Job, oder?“, sagt er lachend. „Ich verbessere ihre Leistung – und sie müssen dafür kaum etwas ändern.“
Wie er das macht?
Er reduziert den Luftwiderstand von Skinsuits, senkt die Rollreibung der Reifen, fndet den perfekten Kurvenradius bei 60 km/h. Er entwickelt maßgeschneiderte Zeitfahranzüge, testet Sitzpositionen, stimmt Materialsets ab. Er misst, modelliert, verbessert. Jeder Tritt zählt – aber auch jeder Luftstrom. Seine Mission: dafür sorgen, dass so wenig Energie wie möglich verpuft und so viel wie möglich in Vortrieb umgesetzt wird.
Dan Bigham ist ein Nerd, der sich mit Hingabe auf jedes Detail stürzt: ein krummer Rücken, eine ungünstige Kurventechnik, ein minimal zu rauer Trikotstof. Und manchmal braucht es dafür nicht einmal den Fahrer selbst. Während Primož Roglič im Höhentrainingslager auf dem Teide schwitzt, testet Bigham im Windkanal in Silverstone neue Trikotmaterialien – mithilfe eines präzisen Replikats von Rogličs Bein. Bigham ist Teil einer technischen Revolution, die erst vor wenigen Jahren im Radsport Einzug hielt. Anfangs sprach man von „marginal gains“, minimalen Verbesserungen. Heute dämmert es vielen: Die Fortschritte, die mit Investitionen in Aerodynamik, Ernährung und Mentaltraining möglich sind, sind womöglich größer, als man dachte.
Gleichzeitig darf man keine Wunder erwarten. Oder besser gesagt: keine schnellen Wunder. „Die Entwicklung eines neuen Fahrrads dauert drei Jahre“, sagt Bigham. „Ein neuer Helm? Zwei Jahre.“ Die schnellsten Fortschritte lassen sich bei der Kleidung erzielen – aber selbst dort ist unklar, ob eine Erkenntnis aus dem Frühjahr bei der Tour im Sommer schon einsatzfähig ist. Bigham versteht sich als Wissenschaftler, er macht Grundlagenforschung, „und die braucht eben Zeit“.
Und bei Red BullBORAhansgrohe geht es in dieser Saison genau darum: Grundlagen zu legen, die länger tragen als ein schneller Erfolg. Es geht darum, neue Menschen einzubinden, neue Denkweisen zuzulassen und neues Wissen aufzubauen. Dan Bigham lebt diesen Anspruch: Ihm genügt es nicht, herauszufnden, welcher Skinsuit den deutschen Fahrer Florian Lipowitz heute am schnellsten macht. Er will verstehen, warum – und daraus Erkenntnisse gewinnen, die das Team morgen noch stärker machen.
Florian Lipowitz ist an diesem Tag in Silverstone zum ersten Mal überhaupt in einem Windkanal. Stundenlang testet er verschiedene Positionen, Materialien, Körperhaltungen. Am Ende wirkt er so ausgelaugt wie nach einer brutalen Bergetappe. Er ist einer von denen, die Roglič an der Tour de France im Juli als Helfer zur Seite stehen werden, doch zuvor darf er im Juni beim achttägigen Critérium du Dauphiné – dem wichtigsten TourVorbereitungsrennen – die Leaderrolle übernehmen.
Wenn alles nach Plan läuft, wird Lipowitz irgendwann in Rogličs Fußstapfen treten. Unterstützt von Bigham – was besonders spannend ist, weil die drei eine ähnlich ungewöhnliche Vergangenheit verbindet. Denn nicht nur Bigham, auch Roglič und Lipowitz sind keine klassischen Radprofs. Roglič war Skispringer, stand kurz vor dem Durchbruch
Mann von morgen: Florian Lipowitz zählt zu den größten Talenten im Team von Red Bull-BORAhansgrohe.
Mann für Millimeter: Beim
Bikefitting richtet Dan Bigham
das Rad von Florian Lipowitz für geringstmöglichen
Luftwiderstand aus.
an die Weltspitze – ehe ihn ein schwerer Sturz zum Umdenken zwang. Lipowitz war lange Biathlet und strebte eine Karriere im Weltcup an.
Seine Geschichte ist ein schönes Beispiel dafür, wie sich Umwege manchmal als die besten Wege entpuppen. Mit fünfzehn zog seine Familie nach Seefeld in Tirol, damit er und sein Bruder das legendäre Skigymnasium in Stams besuchen konnten. Doch Verletzungen warfen ihn zurück: erst eine Entzündung in der Wachstumsfuge, dann ein Kreuzbandriss beim Kitesurfen. Immer wieder war das Rad Teil seiner Rehabilitation – und Lipowitz merkte, dass ihm der Sport nicht nur Freude bereitete, sondern ihm auch zu liegen schien. Kein Wunder: Sein Vater war in der Radmarathonszene aktiv.
Bald nahm Florian an ersten Rennen teil – mit erstaunlichen Ergebnissen. Ganz ohne spezifsches Training fuhr er vorne mit. Parallel dazu schwand
seine Zuneigung zum Biathlon: Die Verletzungen hatten ihm auf der Loipe die Leichtigkeit genommen. Ohnehin gefel ihm am Biathlon schon immer der Ausdaueraspekt besser als das Schießen. Mit neunzehn unterschrieb Lipowitz seinen ersten Vertrag im Radsport – beim Tirol KTM Cycling Team. Roglič, Bigham, Lipowitz – vielleicht sind es ihre nonlinearen Biografen, die ihre Ofenheit für Neues erklären. Bigham hat daraus einen Beruf gemacht. Aber auch Lipowitz und Roglič zeigen jene Bereitschaft, die im Hochleistungssport eine Schlüsselkompetenz ist: die Fähigkeit, sich auf Inputs von außen einzulassen. Bigham sagt: „Primož stellt mir kluge, durchdachte Fragen, will wirklich verstehen – und baut daraus seine eigenen Modelle im Kopf. Er ist kein passiver Empfänger von Daten, sondern jemand, der Wissen verarbeitet und daraus bessere Entscheidungen auf dem Rad trift. Gleichzeitig ist er nicht einer, der sich von Zahlen lenken lässt. Er nimmt sie zur Kenntnis, gibt ihnen aber auch nicht zu viel Gewicht. Während ich mich auf dem Rad früher oft an theoretischen Leistungsgrenzen orientiert habe, sucht er seine Grenzen physisch, nicht rechnerisch. Er ist bereit, noch einen Schritt weiter zu gehen –und genau das macht ihn so besonders.“
Und damit zurück auf den Teide, ins Höhentrainingslager von Primož Roglič. Drei Begrife hatte er wählen sollen, um seine Vorbereitung auf die Tour de France zu beschreiben. Zwei davon – Opferbereitschaft und Gleichgewicht – wurden bereits erklärt. Der dritte fehlte noch: Freude.
In den Anfangsjahren seiner Karriere hielten viele Roglič für eine Art Rad-Terminator: einen Athleten, der seine Siege wie ein Uhrwerk einfuhr, unbeirrbar, unnahbar. Doch das Bild täuschte. Primož Roglič ist einer der emotionalsten Sportler seiner Generation. So verbissen er in seiner Konzentration wirken mag – in Wahrheit treibt ihn das Gegenteil an: die Suche nach Momenten, die leicht sind, die Spaß machen. „Wenn es keine Freude macht, hat es keinen Sinn“, sagt er, lehnt sich in seinem Sessel in der Hotellobby zurück und freut sich auf das Abendessen in aller Abgeschiedenheit.
Reise / Musik / Mindgame / Gear / Events
BLAU MACHEN FÜR PROFIS
Mit Rekordtaucher
Christian Redl auf den Malediven
REISE/
Freitaucher gleiten bis zu 100 Meter in die Tiefe. Lernen kann das jeder, meint der zwölffache
Rekordhalter Christian Redl. Unsere Autorin hat ihn auf den Malediven beim Wort genommen.
ATEMTRAINING Christian Redl und unsere Autorin üben für den Tauchgang.
Ein letzter Atemzug, Kopf unter Wasser und 100 Meter in die Tiefe gleiten. Das schafft Unterwasser-Stuntman und Freitauchtrainer Christian Redl und will mir im The Westin Maldives Miriandhoo Resort Ansätze davon ebenfalls beibringen. Normalerweise findet man Redl in Extremsituationen wie zum Beispiel auf einer Tauchexpedition am Nordpol bei minus 40 Grad. Dieses Mal wird es für den kältescheuen 48-Jährigen ebenfalls extrem – und zwar extrem gemütlich auf den Malediven. Im 26 Grad warmen Westin-Pool beginnt unsere erste Übung: so lange wie möglich unter Wasser die Luft anhalten. Beim Selbstversuch in der Badewanne zu Hause zeigte die Stoppuhr eine Minute und elf Sekunden an. Nach Redls Anweisungen kann ich meine persönliche Bestmarke auf sagenhafte 1:26 Minuten erhöhen. „Diese Zeit werden wir verdoppeln“, erklärt der Österreicher. Niemals – prophezeit mein leicht benebeltes Gehirn. Als Sportjournalistin widme ich mich normalerweise dem Kampfsport. Zu Land. Aber: Redl brachte bereits mehr als 10.000 Menschen das Freitauchen bei. Laut ihm ist es eine der sichersten Sportarten der Welt. Schlimmstenfalls wird man ohnmächtig. Eine Erfahrung, die er selbst schon mehrmals gemacht hat.
Von null in die Tiefe
Vor knapp 25 Jahren begann auch Redl bei null. Motiviert durch Filme wie „Top Gun“, wollte er etwas Außergewöhnliches in seinem Leben schaffen. „Jeder glaubte, dass ich verrückt sei, meinen Job als Banker für diesen Traum aufzugeben“, sagt Redl, der als Kind aufgrund einer Fußfehlstellung vom Sportunterricht befreit war. Extremsportler zu werden, schien ausgeschlossen. Doch nicht für Redl: Er behauptet von sich selbst, für jedes Problem eine Lösung zu finden. Ein Weltrekord folgte dem nächsten, und bald war der Name Redl untrennbar mit dem Freitauchen verbunden. In Nepal im höchsten See auf 5.160 Metern zu tauchen, galt als lebensgefährlich –aber Christian Redl schaffte es. Wie? Er tauchte durch seine Angst hindurch. Das möchte ich auch lernen, und dafür
„Durch die richtige Atemtechnik kann ich beim Luftanhalten meine persönliche Bestmarke von eineinhalb Minuten auf über drei Minuten erhöhen.“
„Freitauchen ist eine extreme Erfahrung.“
Reiseautorin und Podcast-Host Silvana Strieder tauchte ab ins Paradies.
ATEMBERAUBEND Bei den ersten Tauchversuchen im Meer lernt Silvana von Christian Redl (oben, rechts), einen kühlen Kopf zu bewahren und durch die Angst hindurchzutauchen.
braucht es die richtige Atemtechnik. Die Yogatrainerin des Resorts erklärt: In den Bauch atmen, doppelt so lange ausatmen wie einatmen. Wir halten dabei je einen Nasenflügel zu. Nach 40 Minuten ist der Kopf leer, der Körper entspannt, und wir sind bereit für unseren nächsten Versuch. Und tatsächlich: Ich schaffe drei Minuten und acht Sekunden! Damit bestätigt Redl seine Ansage. Der Profi hält sogar sieben Minuten lang die Luft an.
„Ich höre nur das Knistern der Korallenriffe und meinen Herzschlag. Und meine Gedanken, die plötzlich sehr laut werden.“
WEG MIT DEM DRECK
Christian Redl sammelt auf der Insel
Maalhos mit Schulkindern Plastikmüll und informiert sie über Umweltschutz.
BUNTE VIELFALT
Auf dem Baa-Atoll gibt es mehr als 1.200 Fisch- und 250 Korallenarten zu entdecken.
Aber weiter im Training! Wir lernen noch die richtige Tauchtechnik samt Flossen und Beinschlag im Pool. Am Nachmittag geht es erstmals ins Meer. An der Riffkante tauchen wir ins blaue Nichts des Indischen Ozeans ab. Bei fünf Metern ist erst einmal Schluss, denn das linke Ohr will beim Druckausgleich nicht mitmachen. Schuld ist wohl eine leichte Erkältung. Die zwei Riffhaie, die plötzlich vorbeischwimmen, beschleunigen das Auftauchen noch um ein Vielfaches.
Das BaaAtoll eignet sich perfekt zum Freitauchen und ist zudem das erste UNESCO Biosphärenreservat der Male
Exklusiver Einblick
Zehn Stunden bis ins Paradies: Von Frankfurt und München aus fliegt etwa Condor direkt bis Malé, der Hauptstadt der Malediven. Von dort gelangt man mit dem Wasserflugzeug oder Speedboot zum Baa-Atoll. Beste Reisezeit ist November bis April.
The Westin Maldives Miriandhoo
Das Resort ist bekannt für die vielfältige Unterwasserwelt im angrenzenden Ozean und den Fokus auf Gesundheit. Die Highlights: ein zweistöckiges Fitnessstudio, ein Spa und drei Gourmetrestaurants.
diven. Eine Stunde vom Westin Resort entfernt wird eine Seilstation zum Tauchen vorbereitet. Dort lasse ich mich „meerab“ in die Tiefe ziehen. Es ist schwierig, den Druckausgleich zum richtigen Zeitpunkt zu meistern. Wenn man unter Wasser nur den Herzschlag hört, können die Gedanken im Kopf sehr laut werden. Manchmal versetzen sie mich tatsächlich in Panik und zwingen mich zum Auftauchen.
Die Zusammenarbeit von Redl mit dem Westin Maldives Miriandhoo Resort und Marriott Bonvoy Moments ist kein Zufall. „Wir begeistern uns fürs Tauchen, aber auch für den Schutz der Meere“, erklärt er. Auf der Insel Maalhos hat er mit Schulkindern Plastikmüll gesammelt und sie über Umweltschutz informiert. „Die meisten glauben, wenn sie eine Plastikflasche ins Meer werfen, verschwindet sie mit der nächsten Welle. Aber: In den Meeren schwimmt bereits eine Müllfläche, die dreimal so groß ist wie Frankreich. Genauso viel Müll liegt unwiederbringlich auf dem Meeresboden“, sagt Redl. In 30 Minuten fanden die Schüler und er 211 Kilogramm Plastikmüll. Für mehr Aufklärung und Unterstützung arbeitet das Westin Resort nun eng mit Einheimischen zusammen, um gemeinsam das Taucherparadies im BaaAtoll für kommende Generationen zu erhalten.
Mehr Infos: westin-maldives.com
Berghaus bringt mit der Storm 25 ein legendäres Design von 1997 zurück – jetzt ausgestattet mit einer modernen dreilagigen GORE-TEX ePE Membran. Die Unisex-Jacke ist wind- und wasserdicht, atmungsaktiv, robust und langlebig. Der markante Retro-Look macht sie zum Lifestyle-Piece für Alltag, Outdoor und Reisen. berghaus.com 3 4 1 2
Der neue CLIFF X von SUNLIGHT bietet Raum und Ausblick: Das „Skyview“-Panorama über dem Fahrerhaus schafft ein optimiertes, lichtdurchflutetes Raumkonzept. Das neue Schwenkbad spart Platz und bietet Komfort, die Dusche lässt sich auch außen nutzen. Optional mit Schlafdach – ideal für bis zu vier Personen. sunlight.de
Für den FC Red Bull Salzburg ist die Teilnahme an der KlubWM in den USA ein historischer Moment – und das Trikot dazu ein echtes Sammlerstück. Inspiriert von Salzburgs Natur, Kultur und Farben, vereint es Fußball und Design zu einem ikonischen Look – gekrönt vom Edelweiß als Zeichen echter Verbundenheit. redbullshop.com
Das Marin Nicasio 2 ist ein Topmodell der Serie – mit konifiziertem CrMo-Rahmen, Carbon-Gabel und Shimano GRX RX400 2×10-Antrieb. Hydraulikbremsen sorgen für Kontrolle, 700×45er Vee-Reifen für Grip, Komfort und Speed. Neu: UDHkompatible Steckachsen für maximale Stabilität und Präzision im Gelände. marinbikes.com
PLAYLIST/
Bei Ensar Albayrak, wie Rapper Eno bürgerlich heißt, lief es nicht immer nach Plan. Aufgeben? Niemals! Hier sein Soundtrack für jede Lage.
Eno
kommt 2001 als Kind aus der Türkei nach Wiesbaden – ohne Aufenthaltsgenehmigung, ohne Perspektive. Mit dem positiven Asylbescheid fünf Jahre später wendet sich das Blatt, und als er 2016 RapVideos auf YouTube hochlädt, nimmt sein Leben Fahrt auf. Schlechte Berater und mentale Probleme bremsen ihn etwas, aufhalten lässt er sich aber nie. Im Oktober startet seine „Day Zero Tour“.
Instagram: @eno
Zana û Andok (2016)
„Ich höre viel kurdische Musik, wenn ich im Auto unterwegs bin. Dieser Song erinnert mich an die alte Heimat, und es fühlt sich sofort an, als wären mein Vater und mein älterer Bruder bei mir. Damit bin ich groß geworden, lange bevor ich Hip-Hop gehört habe. Das ist unsere Musik.“
Playlists (diverse)
„Inan Batman, House- und Techno-DJ, ist ein enger Freund von mir, ich vertraue seinem Musikgeschmack komplett. Aktuell höre ich viel Afrohouse – wenn das Wetter besser wird, macht dieser Sound einfach Spaß. Aber auch im Gym oder zu Hause beim Putzen höre ich sehr gerne Inans Playlist.“
Scan den Code und erlebe Eno beim Format Red Bull 64 Bars. Haftbefehl
Wieder am Block (2021) „Haftbefehl ist und bleibt mein deutscher Lieblingskünstler, ich mag seinen etwas härteren Sound extrem. Wir sind auch sehr eng miteinander, ich sehe ihn aber nicht wie einen Freund, er hat für mich eher die Rolle eines großen Bruders - wegen des Altersunterschieds von über zehn Jahren und weil ich auch künstlerisch zu ihm aufschaue.“
Une histoire étrange (2021)
„Die Mixes des Franzosen Laylow sind sehr speziell. Dieser Song wird komplett auf dem Piano performt, Sofiane Pamart hat ihn eingespielt, und mir gefällt, dass er eine Melodie durch das ganze Lied zieht, sie aber total variiert. Für mich perfekt zum Runterkommen nach einem stressigen Tag.“
MINDGAME/
Diese Rätsel- MotoGP-Karten enthalten entscheidende Informationen – du musst sie nur finden. Wer das Lösungswort am schnellsten einsendet, gewinnt zwei echte Tickets für das Rennen am Red Bull Ring in Österreich. Ready? Go!
Der Skill
Hier trainierst du logisches Denken, also die Fähigkeit, Informationen strukturiert zu verarbeiten, Muster zu erkennen und Schlüsse daraus zu ziehen. Kurz: Probleme aller Art zu lösen – von der Mathe-Aufgabe bis zum Beziehungsstreit. Im Gehirn dazu besonders gefragt: das Großhirn, etwa mit dem für komplexe Denkprozesse zentralen Frontallappen.
Die Aufgabe
Finde die vier Rätsel auf dem Ticket.* Jedes enthält zwei Buchstaben des Lösungsworts sowie deren richtige Position.
Scanne den QR-Code, um zum Gewinnspiel zu gelangen.
Das Gewinnspiel
Wer das richtige Lösungswort als Erster über den QR-Code eingibt, gewinnt zwei Tickets für den Motorrad-Grand-Prix von Österreich von 15. bis 17. August 2025 – ohne Übernachtung und Hotel. Es gelten die Teilnahmebedingungen.
15.–17. 8. 2025 TICKET
Red Bull Ring Spielberg (AT)
15.–17. 8. 2025 TICKET
Das Lösungswort
* Kleiner Tipp: Such in der Ticket-Überschrift, im Barcode, dreh die Räder und füge die Quadrate in den richtigen Streckenabschnitt ein.
Red Bull Ring Spielberg (AT)
Ultraleichte E-Mountainbikes, Camper Vans mit Panorama-View, rutschfeste Brillen: Ausrüstung für deinen Sommer.
1/ SOMMER IN FAHRT. Das Radtrikot Q36.5 Gregarius Pro Pure Sicily mit wabenförmigem Gewebe ist ideal für jede Tour, weil ultra-atmungsaktiv. Das ausgefallene Design ist angelehnt an sizilianische Keramiken. € 130; q36-5.com
2/ ROSIGE AUSSICHTEN. Dank verstellbarer Bügel sitzt die Sonnenbrille SP0108 von Adidas Sport Eyewear auch bei rasanten Moves sicher auf der Nase. An der Oberseite verhindert eine clevere Belüftung das Beschlagen der Gläser. € 150; adidas.com
3/ BIKINI-FIT.
Bereits von den 1970erJahren bis in die 1990er war Elho ein Symbol für sportlichen Fortschritt. Neu diesen Sommer: der Bikini in Neon Purple. € 185; elhofreestyle.com
4/ SPEED HIKING.
Der La Sportiva Prodigio Hike GTX ist perfekt für Wanderinnen, die sich in den Bergen effizient bewegen wollen. Hervorragende Dämpfung! € 190; lasportiva.com
5/ LIGHT BIKE.
Für begeisterte Trailfahrer wurde das beeindruckend leichte (16,6 kg) EMountainbike KTM Macina Scarp SX Exonic entwickelt. € 9999; ktmbikes.at
6/ BLINKER-DUO.
Ob auf dem Rad oder dem EScooter, die FlasherArmbänder bringen dich stabil, sichtbar und ohne Ablenkung ans Ziel. Deine Hände bleiben sicher am Lenker. € 149,99; flasher.tech
7/ SWITCH STYLE.
Das Santa Monica Damen Crop Top (€ 70) und die dazu passende Hose (€ 140) bieten dank Wendefunktion zwei Styles in einem. Das Duo garantiert optimale Atmungsaktivität bei intensiven Workouts, auf Reisen und im Alltag. skinfit.eu
8/ HIMMLISCHE ABENTEUER. Zum Kajakfahren am Wildfluss, zum Mountainbiken im Gelände, zum Klettern im Gebirge: Die Camper Vans der Baureihe CLIFF X von Sunlight auf FiatDucatoBasis sind wie gemacht für Sommerabenteuer. Besonderes Feature: Dank des Skyview über dem Fahrerhaus hast du den Himmel immer im Blick. Ab € 59.499; sunlight.de
Auf Tandems übers Wasser, mit Rennwagen durch die Nacht – Spektakel für jeden Geschmack.
29.
Wenn das kein Fest wird: Bis zu 50 Teams starten in schrägen Outfits auf selbst gestalteten Tandems über einen schmalen Parcours mit verrückten Hindernissen, an dessen Rändern es hinab ins Wasser geht. Willkommen bei der Deutschland-Premiere von Red Bull Sattelfest am Düsseldorfer Medienhafen. Wer gewinnen will, muss schnell im Ziel sein und die Jury mit seinen Designs überzeugen. Für Zuschauer des spektakulären SpaßEvents ist der Eintritt frei. redbull.com/sattelfest
21.
bis 22. Juni
ADAC Ravenol
Etwa 130 Rennwagen batteln sich 24 Stunden auf der anspruchsvollsten Strecke der Welt – so lautet das Versprechen dieses Klassikers mit dem Spitznamen „Vollgas-Festival“. Ob in den hochmodernen GT3-Wagen von Audi, Lamborghini, Porsche oder BMW oder beim Feiern auf den zahlreichen Partys – an diesem Wochenende ist von allen Beteiligten Ausdauer gefragt. 24h-rennen.de
bis 13. Juli
Enge Kurven, steile Anstiege, leidenschaftliche Zuschauer: Im Kalender der Motorrad-Weltmeisterschaft ist das Rennen am Sachsenring eines der eindrucksvollsten. Auf der Strecke kämpfen die weltbesten Fahrer um jeden Zentimeter, beim Red Bull Rennzirkus auf dem Festivalgelände erwartet die Fans jede Menge Entertainment. Wer nicht vor Ort sein kann, scannt den Code und verfolgt das Rennen live auf Red Bull TV.
Hier wird zwar nicht das Rad, aber doch das Radrennen neu erfunden: Bei diesem Amateur-Kriterium müssen die Fahrerinnen und Fahrer die Ampelschaltung im Blick behalten. Mit jeder Runde werden die Grünphasen kürzer, wer Rot sieht, fliegt raus. Jetzt selbst mitmachen –oder am Straßenrand mitfiebern. redbull.com
21. Juni
Rasante Anfangs- und Schlussminuten garantiert: Bei diesem Kleinfeld-Fußballturnier zählen Tore in den ersten und letzten 60 Sekunden doppelt. Zehn Minuten lang treten zwei Viererteams ohne Torhüter gegeneinander an. Erlebe, wie sich beim nationalen Finale am Panometer Leipzig entscheidet, wer zum World Final nach Österreich reist. redbull.com/four2score
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Lektorat
Klippen, die wie ein Amphitheater geformt sind: Wenn die Athletinnen und Athleten in dieser einzigartigen Landschaft Süditaliens um den Sieg springen, kommen bis zu 60.000 Zuschauer. Jump Fact: Zum Absprung gelangt man nur durch ein privates Wohnzimmer. Jetzt Code scannen und das Spektakel live auf Red Bull TV erleben.
Wer tanzt am mitreißendsten zu einem vom DJ ausgewählten Surprise-Song? Um diese Frage geht es beim legendären StreetDance-Wettbewerb voller Dynamik, Kreativität und guter Vibes. In Deutschland steigen die Qualifier in Hamburg (20. & 21. Juni) und Krefeld sowie Düsseldorf (11. & 12. Juli). Modus: Auf ein offenes Qualifying am ersten Tag folgt die eigentliche Vorrunde am zweiten. Wer sich hier durchsetzt, tanzt am 26. Juli beim National Final in der Berliner Columbiahalle um den Einzug ins World Final in Los Angeles. redbull.com/danceyourstyle
16. bis 27. Juli FISU World
12 Tage, 18 Sportarten, rund 8500 Hochschul-Athletinnen und -Athleten aus 150 Ländern: In der Rhein-Ruhr-Region und Berlin steigt diesen Sommer eines der größten Sportfestivals der Welt. Neben Wettkämpfen in Disziplinen wie 3 ×3-Basketball, Beachvolleyball oder Tennis gibt es auch Forschungskonferenzen – und natürlich jede Menge Gelegenheiten, gemeinsam zu feiern. rhineruhr2025.de
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Hier schreibt Bestsellerautor Leif Randt
futuristische Short-Story-Serie
Wenn Maria von Patrick Fugazi in sein Büro gerufen wurde, bekam sie meistens ein ausführliches Lob. Maria freute sich jedes Mal darüber, wusste aber auch, dass sie kurz darauf einen vergleichsweise nervigen Arbeitsauftrag erhalten würde, den Patrick niemandem sonst zumuten wollte. Maria arbeitete seit mittlerweile acht Jahren für die Werbeagentur Fugazi & Friends, ihre liebste Kollegin Luna nur ein halbes Jahr kürzer, und beide waren überzeugt, dass es im Bereich Produkt- und Markenkommunikation keine bessere Stelle geben könnte. Patrick Fugazi, den sein Team nur Päddie rief, war der wohl freundlichste Chef im gesamten Rhein-Main-Gebiet, und doch hatte Maria den Wunsch, eines Tages die Seite zu wechseln. Anstatt für die Produkte und Services anderer zu werben, träumte sie davon, eigene Produkte und Services auf den Markt zu bringen. Noch bevor sie Mitte dreißig war, wollte sie Aktien von ihrem eigenen Unternehmen halten, Young Professionals auf ihre Payroll nehmen, unverhältnismäßig hart arbeiten, Risiken eingehen, Verluste einfahren, Leute entlassen, Krisen managen und danach wieder wachsen. Und vor allem wollte sie endlich einmal selbst von Werbeagenturen vollkommen unnötige, geschmäcklerische Korrekturen verlangen.
SUNSET AM MAIN
Als Ausgangspunkt jeder Story verwendet Randt ein Handyfoto von seinen Reisen. Aktuelles Motiv: Abendrot über Frankfurts Dächern –für uns kunstvoll gestaltet von Fotograf Klaus Pichler.
„Count me in“, hatte ihre liebste Kollegin Luna an einem der After-Work-Pop-up-Tresen in der Frankfurter City gesagt, die seinerzeit – im hellsten und längsten aller Sommer – so zahlreich aus dem Boden geschossen waren wie in anderen Zeiten nur Bubble-Tea-Stände. „Fehlt nur noch die zündende Idee“, fand Luna, die generell glaubte, dass Unternehmen vor allem auf genialen Geschäftsideen basierten. Maria glaubte, dass Unternehmen auf Hartnäckigkeit, Fleiß und einem leicht wahnsinnigen Willen zur Selbstaufgabe basierten. Um eines Tages richtig erfolgreich zu werden, dachte sie, musste man irgendwann vor allem klein anfangen und eventuell sogar ein- bis zweimal herbe scheitern. Als Luna sich im Spätsommer von ihrem Lebensgefährten Ben trennte, was in Marias Augen längst überfällig gewesen war, ließ Maria ihre Lieblingskollegin und potenzielle Co-Gründerin in das freie Balkonzimmer ihrer noch immer bezahlbaren Offenbacher DreiRaum-Wohnung einziehen. „Bis Frühling melden wir ein Patent an!“, sagte Maria beim Einzug, und Luna nickte mit trennungsverheulten Augen. Der bald darauf beginnende Winter war deutlich zu mild, deutlich zu nass und unglaublich grau gewesen. Während emotional gedämpfter Brainstormingsessions in der nun gemeinsamen Küche unterhielten sich Maria und Luna wiederholt über ihre Bedürfnisse. Welches Produkt vermissten sie in ihrem Alltag? Welche Erfndung würde ihr Leben bereichern? Luna war der Meinung, dass sie beide die potenziell besten Kundinnen ihres eigenen Produkts sein mussten, um langfristig die Energie für dessen Herstellung aufbringen zu können. Maria hingegen wäre auch mit einem Produkt zufrieden gewesen, für das sich ein ausreichend großer Markt ergab. Was brauchte sie persönlich denn schon? Maria mochte es, in Arbeitspausen gut zu essen (am liebsten vietnamesische Sommerrollen und Glasnudelsalat), sich abends von TV-Serien unterhalten zu lassen und ab und zu an einem Halbmarathon teilzunehmen (bisherige Bestzeit: 1:39 h). Dass Luna etwas weniger genügsam war, wurde deutlich, als sie bei Patrick Fugazi überraschend ein halbjähriges Sabbatical anmeldete und abermals
LEIF RANDT Geboren 1983 in Frankfurt am Main. Er gilt als Vertreter einer neuen Generation der Popliteratur. Am 4. September erscheint sein neuer Roman „Let‘s talk about feelings“, 2026 kommt die Verfilmung seines Bestsellers „Allegro Pastell“ ins Kino.
nach Asien reiste. Maria gegenüber behauptete sie, den Trip als Ideenreise angehen zu wollen, sie wolle ihre Einsamkeit als Chance begreifen. Doch schon wenige Wochen später verliebte sie sich im nordjapanischen Hakodate in einen linksalternativen Traveller vom Bodensee, und von gemeinsamen Karriereplänen war fortan keine Rede mehr.
Seit bei Fugazi & Friends die BonnyP roKI lizenziert worden war, änderte Patrick Fugazi ständig die Dekoration in seinem Büro. Aktuell wurden auf die weißen Wände fktive Planetensysteme projiziert, deren Darstellung Patrick bei BonnyP ro in Auftrag gegeben hatte. Er war ein ausgewiesener Fan von KI-Tools, was Maria auf seine leicht verspätete Midlife-Crisis zurückführte. Sie selbst arbeitete eher ungern mit BonnyP ro, sie mochte es nicht, dass sich die KI immer so ausdrückte, als sei sie ein echter Kollege. Ein echter Kollege brauchte weißen Zucker und Koffein, um nicht müde zu werden, ein echter Kollege ging auch mal auf den Balkon zum Vapen und stand abends an den Popup-Tresen der Innenstadt, während BonnyP ro bloß passiv auf den nächsten Auftrag wartete.
Maria glaubte, dass Unternehmen auf Hartnäckigkeit, Fleiß und einem leicht wahnsinnigen Willen zur Selbstaufgabe basierten.
Maria war mit ihrer Wut auf die sterilen Assistenzsysteme nicht allein, ihre klagenden Monologe kamen in der After-Work-Szene gut an, doch in Anwesenheit ihres Chefs hielt sie sich damit zurück. Er lobte ihre neueste Kampagne („Besser wurde noch kein Proteinkaffee in Szene gesetzt!“) und wollte dann dringend von BonnyUniversal berichten, dem Upgrade zu BonnyPro, das schon Ende Juni an den Start gehen und ihre Arbeit bei Fugazi & Friends bald fundamental erleichtern sollte. Gerüchte über BonnyUniversal hatte Maria schon aus anderen Büros gehört, während eines After-Work-Iceteas am ersten milden Frühlingsabend, doch sie hatte – das fel ihr jetzt auf – nicht allzu konzentriert zugehört. Das erneuerte System brauche keine Anweisungen mehr, erklärte Päddie, es nehme selbstständig Kontakt zu potenziellen Kunden auf und verhalte sich im großen Ganzen wie ein optimierter CoWorker, mit dem bahnbrechenden Unterschied, dass er viele Projekte parallel betreuen könne.
„Aber die glorioseste Nachricht ist …“ Das Wort glorios benutzte ihr Chef nur in Ausnahmefällen, weshalb Maria sich langsam Sorgen machte.
„… das Basisgeld kommt! Die Stadt Frankfurt zahlt 85 Prozent des zuvor verdienten Gehalts. Mindestens für die Übergangsphase.“ Es war vollkommen unklar, auf welchen Zeitraum sich das Wort Übergangsphase bezog. „Was sagst du mir gerade?“, fragte Maria, und Patrick blickte seine langjährige Mitarbeiterin mit leicht manischen Augen an: „Die allermeisten von uns müssen hier in Zukunft eigentlich gar nicht mehr arbeiten.“
In den Sommerwochen nach der Entlassung, die letztlich keine war – Patrick Fugazi hatte Maria die Wahl gelassen, ob sie kündigen oder auf gut die Hälfte ihres Gehaltes verzichten wollte –, herrschte zwar wieder Hochbetrieb an den Popup-Tresen der Stadt, doch die Stimmung hatte sich verändert. Maria, die sich trotzig für ein niedrigeres Gehalt entschieden hatte und damit weit unter die städtische Basisgeld-Mindestquote sank, besuchte nun auch den umstrittenen Tresen an der Galluswarte (war das noch After-Work oder schon Disko?), dessen Name (Busy Business) von vielen absichtlich hessisch ausgesprochen wurde. Anstatt mit hohen Arbeitsbelastungen zu prahlen und verschiedene unausgereifte KI-Systeme kritisch miteinander zu vergleichen, schienen die Young Professionals in diesem Sommer verstärkt nach Trost und Gemeinschaft zu suchen. Es kursierte der Slogan „Auch bei wenig Arbeit: Busy Business muss sein“, und es wurden bedeutend häufger alkoholische Cocktails und Apfelweine bestellt, während Maria demonstrativ an fruchtzuckerhaltigen Mocktails festhielt.
„Samy und ich hatten gerade einen ziemlich starken Brainstorm. Es geht um ein Entertain
ment Format für ganz Frankfurt ... Pitch folgt!“
In mehreren ausführlichen Sprachnachrichten an Luna hatte sie die veränderte After-WorkSzene in drei Gruppen unterteilt. Einige feierten den neuen Status quo aus Basisgeld und optionalen Teilzeitjobs – das war Gruppe A (entlassen und erleichtert). Andere arbeiteten noch wie vor der Kündigungswelle, rechneten aber damit, dass BonnyUniversal auch ihr Tätigkeitsfeld bald übernehmen würde – das war Gruppe B (ängstlich und angespannt). Und dann gab es noch diejenigen, die der Basisgeld-Zahlung durch die Stadt Frankfurt bislang nicht zugestimmt hatten und sich kämpferisch zeigten –Gruppe C (rebellisch und resistent). Für Maria und alle anderen aus dieser Gruppe stand fest: Wer sich einmal auf städtisches Basisgeld fallen ließ, der würde nie mehr aufstehen. Luna textete aus Sri Lanka, dass sie sich aus so großer Entfernung mit einer Einschätzung der mitteleuropäischen Lage lieber zurückhalten wolle. Ihr Partner Samy jedoch, der mit seiner kritisch-direkten Art zwar manchmal übers Ziel hinausschieße, aber keineswegs immer falschliege, habe spontan gefragt, ob diese Leute aus Gruppe C eigentlich vollkommen verrückt geworden seien. Außerdem habe er nicht übel Lust, sich das Frankfurter Basisgeld-Pilotprojekt bald aus nächster Nähe anzusehen. „Kommt ihr nach Hessen?“, fragte Maria, „Wahrscheinlich!“, textete Luna, und in einer Sprachnachricht, die sie eine halbe Stunde später schickte, klang sie dann sogar extrem motiviert: „Samy und ich hatten gerade einen ziemlich starken Brainstorm. Es geht um ein EntertainmentFormat für ganz Frankfurt … Pitch folgt!“
Als an einem warmen Mittwochabend vor dem Busy Business die Zahl der Angetrunkenen sichtlich gestiegen war, schloss Maria ihr neongrünes Mountainbike auf und nickte zum Abschied in die Runde. Zu einem jungen Briten, der mit Anfang zwanzig von London nach Frankfurt gezogen und nach einer steilen vierjährigen Karriere nun mit Basisgeld plus Boni aus seinem Arbeitsvertrag herausgelöst worden war, sagte sie, bereits auf ihrem Fahrrad sitzend, dass für sie am nächsten Morgen wieder das Büro rufe. Der Typ hob sein Apfelweinglas und lächelte. „See you very soon!“, sagte er selbstgewiss. Maria nickte, obwohl sie innerlich den Kopf schüttelte, und radelte dann in Richtung Offenbach davon. Im milden Fahrtwind dachte sie darüber nach, ob sie lieber eine Reality-Soap über die trotzigen Business People aus Gruppe C sehen wollte, die nach Möglichkeiten suchten, für sich selbst neue Arbeit zu schaffen, oder über die gut gelaunten Entlassenen aus Gruppe A, die ergebnisoffen in den Tag drifteten. Im Endeffekt interessierte sich Maria für beide Gruppen. Die Geschäftsstadt FFM würde zu einem völlig neuen Marktplatz werden. Maria stellte sich vor, wie sie nach einem langen Tag im Dauer-Content-Feuer von BonnyUniversal erschöpft nach Hause kommen und sich einen gut gebauten Zusammenschnitt aus dem Tagesverlauf mehrerer Basisgeld-Empfänger ansehen würde. Eine weitgehend realistische Dokuserie über die Sorgen und Nöte aus dem Freizeitleben anderer Frankfurterinnen und Frankfurter. Maria beruhigte diese Vorstellung. Auf der Flößerbrücke fuhr sie ihr Mountainbike für einen Moment im Stehen. Über den Hochhäusern hingen fiederfarbene Wolken, und auf dem Main glitzerte die Abendsonne. Es war ziemlich schnell schon wieder Sommer geworden.
Ausdrucksstark und rasend schnell: Der vierfache Street-Dance-Weltmeister tanzt seinen eigenen Stil. Hier erklärt er, was er bisher vom Leben gelernt hat.
Vehbi bedeutet Gottesgabe.
Meine Gabe sehe ich nicht nur im Tanzen, sondern auch in meiner Ausdauer, an mir selbst zu arbeiten.
Die Außenwelt –in meinem Fall das Publikum –spiegelt dir Erfolg. Um zu wissen, was dir wirklich liegt, musst du aber in dich hineinhören.
Bei Unsicherheit auf der Tanzfläche hilft der Onetwo-Step: Schritt nach rechts, Schritt nach links, easy in den Flow kommen.
Für Krump, meinen Tanzstil, sind die Schuhe echt wichtig. Nike Dunks sind platt, mit ihnen fühle ich mich geerdet. Nike Vomero geben mir Leichtigkeit.
About Vehbi Can Yesil Geboren 1995 in Kiel, gewann Vehbi bereits vier WM-Titel in der Streetdance-Disziplin Krump. Zuletzt startete er das interaktive Gesprächsund Tanz-Format The Living Room. Am 26. Juli tritt er beim Red Bull Dance Your Style National Final in Berlin an. redbull.com/danceyourstyle
Mein verkürzter Arm gibt mir besondere Fähigkeiten. Gewisse Moves kann ich mit ihm schneller machen als jemand mit zwei Händen.
Fahrstuhl fahren ist bequemer.
Aber auf der Treppe erlebst du mehr.
Krump ist so energiegeladen wie meditativ. Du haust alles an Gefühlen raus und bist danach glücklich.
Bei negativen Gedanken spreche ich mit mir selbst: „Ey, was geht? Okay, ich mach jetzt den Laptop an, jetzt stehe ich auf …“ –und plötzlich ist der ganze Quatsch vergessen.
MEHR INFO:
SPARE BIS ZU € 4.000,-