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EIN SPORT HEBT AB

Trendsport Padel. Wie Tennis – nur ganz, ganz anders! In der Box und gegen die Bande. Mit Sportikonen wie David Beckham und Jürgen Klopp als Wegbereitern. Hier machen zwei der besten Padel-Player der Welt in zehn Schritten auch dich zum Spieler!
Die Partner Padel wird zwei gegen zwei gespielt. Alejandro Galán (re.) steht seit 2020 an Lebróns Seite.

Wer beim Wort Padel zunächst Kanus oder Raftingboote im Kopf hat, dem sei verziehen. Noch ist der Sport, der meist als Mischung zwischen Tennis und Squash beschrieben wird, in unseren Breitengraden nicht allen bekannt. Und ganz ehrlich:

So richtig glücklich gewählt ist der auf den Schläger zurückzuführende Name nicht.

Doch Padel, oder Padel-Tennis, wird nicht mehr lange mit dem Paddel fürs Wasser verwechselt werden. In Argentinien und Spanien längst Nationalsport, greifen auch im übrigen Europa immer mehr Menschen zu den charakteristischen Schlägern mit Löchern in der Schlagfäche. Padel ist die schnellstwachsende Ballsportart der Welt.

Aber woher kommt diese Entwicklung?

Was macht den Sport aus? Wir haben mit Juan Lebrón, 29, und Alejandro Galán, 27, zehn Gründe gefunden. Die beiden Profs aus Spanien waren von 2020 bis 2022 die Nummer eins der Welt, spielen seit ihrer Kindheit und wissen daher nur zu gut, was genau an Padel so faszinierend ist – und warum der Sport dich dazu bringen kann, auch deine Beziehung zu überdenken.

Der Schläger - Keine Saiten, sondern eine Schlagfläche aus Kunststoff oder Carbon – mit Löchern

1. DER GEOMETRIE-UNTERRICHT HAT ENDLICH SINN

Wer sich immer schon gefragt hat, wieso er in der Schule Winkel berechnen musste, der fndet auf dem Padel-Court endlich eine zufriedenstellende Antwort. Das Spielfeld ist auf allen Seiten durch Wände begrenzt. Dadurch fiegt ein fest geschlagener Ball nicht bloss wie im Tennis an einem vorbei, sondern wieder zurück ins Feld – von wo er dann auf die Seite des Gegners (immer erst auf den Boden, dann an die Wand) gespielt werden muss.

Schlaghärte, Winkel und Drall bestimmen, wie und wie weit der Ball von der Wand abprallt. Den Ball volley zu übernehmen ist eine Option. Denn wer nach einigen Ballwechseln glaubt, dank geometrischer Kenntnisse und Erfahrungen vom Billardtisch den Padel-Code entziffert zu haben, für den gibt es noch das Gitter – jenen Bereich nahe dem Netz, von wo der Ball an jedem Zentimeter anders zurückspringt. Auch für Mathematiker unberechenbar.

2. DU WANDELST AUF ADELIGEN SPUREN

Wer hat’s erfunden? Nicht die Schweizer, sondern ein Mexikaner (so erzählt man sich zumindest): Enrique Corcuera baute auf seinem Anwesen einen Platz mit niedrigem Netz und kleinem Feld, begrenzt durch seine Hausfassade und eine zusätzliche Mauer. Dorthin lud er unter anderem seinen Geschäftspartner Alfonso zu Hohenlohe-Langenburg ein. Der adelige Vater von Hubertus von Hohenlohe ( ja, jenem Jetsetter und Skifahrer, der für Mexiko an 26 Weltmeisterschaften und Olympischen Spielen teilgenommen hat) war so begeistert, dass er in seinem in den 1970er-Jahren berüchtigten Marbella Club zwei Plätze installierte.

Von Spaniens Costa del Sol aus trat der neue Sport durch argentinische Millionäre und spanische Celebritys seinen Siegeszug in der spanischsprachigen und dann auch der restlichen Welt an. «Wir können nicht sagen, dass es unser Sport ist», so Champion Alejandro Galán, einer von knapp 3,5 Millionen spanischen Padel-Spielern. «Padel kommt aus Argentinien und wurde in Mexiko erfunden. Und jetzt freut es mich, dass es in immer mehr Ländern gespielt wird.»

3. GROSS UND STARK HILFT NICHT VIEL

Feste Schläge, Winner, Smashs, Asse. Je grösser und kräftiger ein Gegner beim Tennis, desto schwieriger, gegen ihn zu bestehen. Beim Padel wird physische Überlegenheit durch Aufschlag unter Hüfthöhe, einen weicheren Ball sowie die Plexiglas-Begrenzungen relativiert. Da harte Schläge von der Bande zurückprallen (siehe Punkt 1), hat man nur drei Optionen, um einen Punkt zu «killen», wie Profs zu einem Winner sagen. Erstens: Man drischt den Ball in einen Winkel, dass er – nach Bodenkontakt – über die Bande hinausgeht (in Fachkreisen «Smash x4» genannt). Zweitens: Man drischt den Ball so fest, dass er über die Bande und über das Feld des Gegners zurück ins eigene fliegt. Drittens: Man spielt mit Finesse. «Es bringt nichts, wenn du zwei Meter gross, aber kein guter Spieler bist», sagt Alejandro Galán. «Du brauchst Charakter, Technik und Präzision – vor allem fürs Verteidigen.» So erklärt sich auch, warum der durchschnittliche Ballwechsel beim Padel um 60 Prozent länger dauert als beim Tennis. Selbst ein «Smash x3» – also ein fester Schlag, der über Boden und hintere Bande seitlich über das Gitter geht – wird von Profs mitunter spektakulär erlaufen und durch den kleinen Eingang zurück ins Feld gespielt (siehe auch Grafik Seite 63).

4. DU LERNST ETWAS ÜBER BEZIEHUNGEN

Padel wird in der Regel zwei gegen zwei gespielt. Das bedeutet, dass sich jeder Spieler auf Partnersuche begeben, Beziehungen pfegen und manchmal auch Trennungen verkraften muss. «Ich sehe das nicht so schlimm», sagt Alejandro Galán, der vor Juan Lebrón mit vier verschiedenen Partnern auf der Tour gespielt hat und wegen Juans Verletzung im Mai vorübergehend allein dastand. «Partnerwechsel sind etwas Normales in unserem Sport. Es ist wichtig, stets das Beste für sich zu suchen. Und wenn es mit dem Partner einmal nicht passt, muss man halt etwas ändern.»

Irgendwann fndet man schon den richtigen. Lebrón: «Ale und ich ergänzen einander, heben so unser Niveau und sind auch menschlich auf einer Linie. Unsere Partnerschaft ist ein Projekt für die Gegenwart und die Zukunft.» Sätze, die auf jede Hochzeitskarte passen würden.

Zlatan Ibrahimovic´ Was der Ex-Kicker in Zukunft macht? Weitere Padel-Anlagen bauen

5. BECKHAM MACHT ES. UND ZLATAN. UND FEDERER. UND HINGIS ...

Die Liste der Persönlichkeiten, die dem Padel-Hype verfallen sind, liest sich wie das Who’s who des Fussballs: Brasiliens Rekordtorschütze Neymar hat zwei Plätze auf seinem Anwesen in Rio de Janeiro installieren lassen, und David Beckham schlug mit weiteren Altstars medienwirksam am Rande der Fussball-WM 2022 in Katar auf.

Zlatan Ibrahimović hat in seiner Heimat Schweden bereits fünf Padel-Center – pardon: «Padel-Zenter» – errichten lassen. Auch Deutschlands früherer Teamchef Hansi Flick betreibt mehrere Anlagen. Und Liverpool-Coach Jürgen Klopp ist seit Jahren einer der leidenschaftlichsten Padel-Botschafter («zusammen mit Fussball für mich der geilste Sport der Welt»). Er hat nicht nur eine Padel-Halle in Berlin, sondern auch seine eigene Schläger-Linie.

Und auch die Schweizer Tennis-Elite – beziehungsweise Ex-Profis – haben die Schläger getauscht. So versuchte sich etwa bereits Roger Federer im Padel. Und auch Martina Hingis engagiert sich als Cupra-Botschafterin für den Padel-Sport: «Ich wollte Padel ausprobieren und war von Anfang an begeistert. Es geht dabei mehr um Präzision, es ist schnell und spielt sich flott. Es ist eine coole Sportart und etwas Neues.»

6. SPITZNAMEN HABEN HIER WILDE URSPRÜNGE

Lionel Messi ist «La Pulga» (dt.: der Floh) – weil er so klein ist. Max Verstappen wird seit seinen ersten verrückten Manövern auf der Rennstrecke «Mad Max» gerufen. Nicht nur schmeichelhaft! Padel-Superstar Juan Lebrón hingegen ist als «El Lobo» (dt.: der Wolf) bekannt. Warum? Weil er den Hals bei einem Überkopfschlag derart überstreckt, dass seine Silhouette jener eines heulenden Wolfs gleicht. Auuuuuuuuuuu!

Jürgen Klopp: Hör nie auf, anzufangen! Der LiverpoolTrainer begann seine Padel­-Karriere mit 47 Jahren.

7. IN DER GEMEINSCHAFT LIEGT MAGIE

«Padel heisst für mich, gemeinsam Spass zu haben», sagt Juan Lebrón und erinnert sich, was ihn am Padel in den Bann gezogen hat. «Von klein auf habe ich es geliebt, durch den Sport neue Leute kennenzulernen. In den Stunden im Bus auf dem Weg nach Madrid, während der Turniere, nach den Spielen – du triffst einfach immer Gleichgesinnte. Und heute ist es für alle dank der Apps nicht anders. Du verabredest dich mit drei anderen zum Spielen, matchst dich am Feld und knüpfst Freundschaften – unter Mitspielern und Gegenspielern.»

Padel ist ein Gemeinschaftssport, ergänzt Alejandro Galán und sieht darin auch den Grund, warum kaum Einzel gespielt wird. «Dabei verliert der Sport seine Magie. Es geht ums gemeinsame Spielen, um Gespräche auf dem Feld, um Taktik statt Physis – und um die Zeit danach.»

8. DU HAST (BALD) EINEN PLATZ IN DEINER NÄHE

Während vielerorts Fussballklubs und Tennisvereine über schwindende Mitgliederzahlen klagen, wächst die Anzahl an Padel-Courts in manchen Ländern nahezu exponentiell.

Wie diese Entwicklung voranschreitet, verrät ein Blick nach Skandinavien. In Finnland hat sich die Zahl der Courts von 2019 bis 2022 auf 788 verachtfacht, in Schweden sind Padel-Plätze binnen drei Jahren sogar um den Faktor 12 auf 3500 gewachsen. Die Chance, einen Padel-Court zum Spielen zu fnden, steigt nahezu täglich. Auch in der Schweiz stehen Padel-Begeisterten mittlerweile über 220 Indoor- und Outdoor-Courts zur Verfügung. Waren es 2016 lediglich 74 lizenzierte Spielerinnen und Spieler, die an insgesamt neun Turnieren gegeneinander antraten, sind es heute laut SUIPA, der ofziellen Padel-Association, 1130 Lizenzierte, die sich bei mittlerweile 120 Turnieren pro Jahr messen.

Investoren sind es auch, die anstelle öffentlicher Institutionen vorwiegend die Kosten für die Anlagen tragen. Sport als Geschäftsmodell. Mit 60 000 Euro für einen Platz inklusive Fundament, Belag (z. B. zwei bis drei Tonnen Sand) und Flutlicht ist man dabei. (Wohnimmobilien kann sich ohnehin keiner mehr leisten.)

Teamwork: Juan Lebrón (li.) und Alejandro Galán in Action. Der Sport boomt weltweit und könnte 2032 olympisch werden.

9. DU WEISST ENDLICH, WAS DU AUF TIKTOK POSTEST

Einer der zentralen Gründe für den PadelBoom ist der einfache Einstieg. Während man beim Tennis etwa für einen sauberen Schwung jahrelanges Techniktraining absolvieren muss, geht es beim Padel schnell hin und her. Der Schläger, der aus einer soliden Schlagfäche aus Kunststoff besteht (ergo nicht bespannt ist), verzeiht Haltungsfehler und muss manchmal nur hinter den Ball gebracht werden.

Das Ergebnis: spektakuläre Ballwechsel, die als Beweismittel am besten per Video aufgenommen und via Social Media geteilt werden. Die Herzen werden dir zufliegen.

10. DU KANNST DICH VON DER COUCH AUS VERBESSERN

Harte Schläge, die von der Wand bis ins eigene Feld zurückprallen? Spieler, die einen verloren geglaubten Ball per Sprint aus dem Court hinaus noch retten? Juan Lebrón, der sich wie ein heulender Wolf streckt? Alles schwer vorstellbar?

Mehr zum Trendsport, wo du Padel live sehen und dir hoffentlich ein paar Kniffe für deinen nächsten Auftritt auf dem Court abschauen kannst, gibt es auf: redbull.com/padel

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