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ANA MARIA MARKOVIĆ
Sie ist Stürmerin bei den Grasshoppers. Und mit drei Millionen Followern auch auf Instagram eine Offensivkraft: Nach einer schweren Verletzung nützt sie nun ihren Einfuss als Kickfluencerin, um für sichere Spielfelder zu kämpfen.
«Verdammt, ich bin mindestens ein Jahr raus»: Das ist der erste Gedanke, der Ana Maria Marković wie ein Blitz durch den Kopf schiesst – so dramatisch wie der Schmerz durch ihr rechtes Bein. Und leider sollte die Stürmerin von den Grasshoppers Zürich recht behalten.
Es ist der 4. März 2023, als Ana Maria im Derby gegen den FC Zürich zu Boden geht. Diagnose: Unterschenkelbruch, Kreuzband und Meniskusriss «und noch einige andere Sachen», wie sie fast beiläufig anfügt. Ihr war in dem Moment bereits klar:
«Ich wusste, dass mein ganzes Knie kaputt ist.» Und der Schock sitzt tief. «Ich habe erst mal vier Tage durchgeheult», sagt die 24 jährige Zürcherin mit kroatischen Wurzeln.
Schliesslich ist ihre Karriere zu dem Zeitpunkt noch recht jung, erst zehn Jahre zuvor hatte Ana Maria vom Leistungsturnen zum Fussball gewechselt. Trotzdem gelang ihr mit fünfzehn schon der Sprung in die U21Mannschaft des FC Zürich. «Vom Geräteturnen konnte ich viel mitnehmen: den Speed, die Sprungkraft, die Beweglichkeit. Technisch war ich eine Katastrophe, ich konnte nur Tore schiessen», sagt sie und lacht. Als Jüngste war diese Zeit für sie aber nicht nur lustig. «Zu Beginn sass ich häufig auf der Bank. Ich konnte aber schnell viel lernen und mich durchsetzen – ab da ging’s bergauf.»
Bis zum Schmerz-März des Vorjahres – der Ana Maria bis zu einem gewissen Grad auch richtig wütend macht. «Der Platz war an dem Tag eigentlich nicht bespielbar, stellenweise wurde einfach nur Sand draufgestreut. Und ich habe beim Aufwärmen noch im Scherz gesagt: ‹Wenn sich da mal heute niemand verletzt.›»
Was sie dabei zusätzlich ärgert: Bei ihren männlichen Kollegen wären solche Zustände undenkbar. «Die Männer spielen in Stadien, dort hat es Essen, Überdachung, alles. Wir spielen auf schlechten Plätzen, oft auf solchen mit Kunstrasen. Wer will sich das, vielleicht auch noch im Regen, schon anschauen?» Am Ende würden aber mehr Fans und Zuschauer auch mehr Geld für die Vereine bedeuten. «Kleine Stellschrauben mit grosser Wirkung», sagt die Angreiferin. «Ich bin immer wieder bei Kongressen und Talks, weil ich Leuten die Augen öffnen und zeigen will: Hey, wir brauchen Hilfe, und das geht nicht, wenn wir auf uns allein gestellt sind.»
Der portugiesische Selbstläufer
Wobei, «allein» ist relativ: Immerhin folgen Marković auf Instagram an die drei Millionen Menschen. Das stürmische Interesse setzte vor etwa zwei Jahren ein, als sie erstmals für die kroatische Nationalmannschaft spielte und viele Medien aus der alten Heimat berichteten. Und als sie dann noch öffentlich bekannte, dass Cristiano Ronaldo – er trägt wie sie die Rückennummer 7 – ihr Idol sei, wurde sie plötzlich auf vielen seiner Fanpages erwähnt. «Wenn du da mal im Algorithmus drin bist, geht das ganz automatisch», sagt sie.
Dabei beziehen sich Berichterstattung und Kommentare nicht nur auf das Können von Marković. Immer wieder geht es um ihr Äusseres, häufig wird sie als «schönste Fussballerin der Welt» bezeichnet – eine Zuschreibung, die sie als schmeichelhaft empfindet. «Das nehme ich als Kompliment an. Wenn ich aber auf ‹sexy› und ‹hot› reduziert werde, macht mich das wütend.» Schliesslich habe sie auch eine Vorbildfunktion, der sie gerecht werden wolle. «Es gibt immer mehr junge Mädchen, die nach Spielen auf mich zukommen. Das freut mich jedes Mal!» Auch wenn sie mit Werbeeinnahmen mittlerweile sehr viel mehr verdient als mit ihrem Sportlerinnengehalt, ist für Ana klar: «Ich sehe mich nicht als Influencerin, sondern als Athletin. Die Priorität ist und bleibt der Frauenfussball.»
EM – und Ana ist als Erste da!
Neid und abwertende Kommentare von Vereinsseite oder von Spielerkolleginnen gibt es nicht für ihre «Mischung aus persönlichen Sachen, Beauty, Fashion und Fussball», wie sie ihren Content beschreibt. «Mein Team hat extrem viel Verständnis dafür und supportet mich total.» OfensivPressing, nun auch online.
Das positive Feedback und die virtuelle Unterstützung spornten Ana auch in ihrem Reha-Prozess an. Und selbst wenn man ihren Clips aus der Kraftkammer ansieht, wie hart und schmerzhaft der mitunter war, sagt sie: «Mir geht es wieder super.» Das Knie ist verheilt und Ana Marković zurück im Spielbetrieb. Gerade noch rechtzeitig.
Denn im Frühjahr beginnt die Qualifikation für die Frauenfussball-EM 2025. Sie wird in der Schweiz stattfinden. Und wenn endlich alles nach Plan läuft, erspart sich zumindest eine Kroatin die Anreise.
Instagram: @anamxrkovic