INNOVATOR by The Red Bulletin 2019 #3

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der gleiche: Danke, dass du Themen wie Angst und Einsamkeit in der Welt der Computerspiele aufgreifen willst. Geppert hatte offensichtlich einen bloßliegenden Nerv unserer Zeit ge­ troffen. Während uns Instagram und ­Facebook einen globalen Dorfplatz vor­ gaukeln, auf dem wir alle immer näher zusammenrücken, tut sich hinter dieser digitalen Kulisse ein seelischer Abgrund auf, in dem die Einsamkeit regiert. Das überwältigende Feedback verleiht Gep­pert neuen Mut – im Umgang mit ih­ ren Ängsten und in der Absicht, die aus der Not geborene Kay zur Heldin eines wirk­lichen Spiels zu machen.

ENDGEGNER EINSAMKEIT Mit ihrem Spiel will Geppert Menschen helfen, das Monster der Einsamkeit zu besiegen.

DER WEG Noch handelt es sich bei Kay und den Monstern um lose Ideen. Gemeinsam mit ihrem Geschäftspartner Boris Munser ­beschließt Geppert, auf dieser Basis ein Spiel zu entwickeln, das die Nutzer da­ zu bewegt, sich mit sich selbst und den ­eigenen Ängsten auseinanderzusetzen. Weiterhin teilt sie neue Prototypen in den sozialen Medien – und ihr unglaubliches Abenteuer erreicht das nächste Level. Mit ihrem Spiel über Einsamkeit hatte sich Geppert höchstens Chancen bei ­einem kleinen Independent-Label aus­ gerechnet. Doch als die positiven Re­ aktionen auf die neuen Entwürfe nicht abreißen, werden plötzlich die Global Player der Gaming-Welt auf sie auf­ merksam. ­Milliardenschwere Publisher wie Square Enix, Ubisoft und Microsoft mel­ den sich bei Jo-Mei Games. „Plötzlich werde ich in die ganze Welt eingeladen, um meine Prototypen zu präsentieren.“ Sie zeigt ihre Idee in San Francisco, in New York, in London und schließlich in Stockholm bei EA Originals, einem Zweig des M ­ utterkonzerns EA, der un­ ter anderem die weltweit erfolgreiche Fußball­simulationsserie „FIFA“ vertreibt. Als Geppert in Schweden erklärt, dass sie selbst hinter Kay steckt, sagt EA-Chef ­Patrick Söderlund nur einen Satz: „I need to have this game.“ Damit steht fest: Kay könnte nicht nur Geppert aus der Finster­ nis führen, sondern ihrem Studio Jo-Mei Games zu dessen erstem globalen Hit verhelfen.

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DAS ERGEBNIS Zu viel will Geppert über die genaue Funktionsweise des Spiels nicht preis­ geben. „In ‚Sea of Solitude‘ zeigen wir, wie Menschen verschiedene Arten von Einsamkeit er­leben.“ Genau wie es ­Gep­pert selbst half, ihre eigenen Ängste in der Geschichte von Kay und den Mons­ tern zu verarbeiten, sollen sich darin auch die Spieler wiederfinden können. „Um­ arme deine destruk­tive Art genauso wie deine hoffnungs­volle: Euphorie, Selbst­ zweifel, Angst, Zorn – in unserem Spiel geht es um einen gesunden Umgang mit unseren Emotionen“, sagt Geppert. Ziel wird es sein, dem Schattenwesen Kay da­ bei zu helfen, wieder ein Mensch zu wer­ den. Und, so viel sei ver­raten: Die Monster sind nicht Kays eigentliche Gegner.

Wieder ganz bei sich Auch dank der Ent­ wicklung von „Sea of Solitude“ hat Cornelia Geppert ihre Lebens­ krise heute end­gültig überwunden.

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