INNOVATOR by The Red Bulletin 2019 #3

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IN EUROPA WÄRE STEVE JOBS WAHR­ SCHEINLICH POSTBEAMTER GEWORDEN, M A R K Z U CK E R B E RG R E S TAU R A N TB E SIT Z E R UND JEFF BEZOS JUSTIZBEAMTER.

Das klingt, als würden Sie auch Krypto­ währungen positiv sehen. Das über­ rascht bei einem 67-jährigen Banker. Die Idee dahinter kann extrem positiv sein. Aber wie sie derzeit aufgebaut sind, sind Kryptowährungen eine Fehlentwicklung. Weil sie als Zahlungs­ verkehrs­instrument verkauft werden, als ­Währung. Das sind sie nicht. Sondern ein sehr spekulatives Investitionsobjekt für Leute, die sich damit auskennen … relativ oft zu Lasten derer, die sich damit nicht auskennen.

„ FREUDE AN RISIKO, FREUDE AN LEISTUNG, FREUDE AN ERFOLG, STOLZ AUF ERFOLG“ Sie haben sich immer recht gern recht kritisch über den Innovations- und Wirtschaftsstandort Europa geäußert. Was wäre aus Steve Jobs, Sergey Brin, Jeff Bezos, Mark Zuckerberg oder Bill Gates als Europäer geworden? Wahrscheinlich wäre Jobs Postbeamter geworden, Zuckerberg Restaurantbesitzer und Bezos Justizbeamter. Wären die alle vorher mit ihren unter­ nehmerischen Ideen gescheitert, oder hätten sie es erst gar nicht versucht? Schon der Versuch wäre wesentlich schwieriger gewesen als in den USA. Das hat damit zu tun, dass es in Europa­ keinen einheitlichen Markt gibt für 350 Millionen Menschen so wie in Amerika. Dass in Europa der Kapitalmarkt als ein Instrument für Kapitalisten und Reiche angesehen wird, nicht als Finanzierungsinstrument für Unternehmer. Dass das Unternehmerwerden in Europa­ nicht so populär ist wie in Amerika. Dass Erfolg zu haben und ihn zu zeigen nicht so leicht ist wie in Amerika. Ich sage jetzt nicht, dass wir Amerikaner werden sollen, aber ein bisschen mehr Unter­ nehmertum ­würde unserem Kontinent sehr guttun. Freude an Risiko, Freude an Leistung, Freude an Erfolg, Stolz auf Erfolg. Damit hat das zu tun.

„ . . .  ICH MIT MEINEM ZWUTSCHGERL, NULL KOMMA IRGENDWAS PROZENT“ Sie haben Ihr gesamtes privates Ver­ mögen in Erste-Group-Aktien gesteckt. Das hatte, wie Sie sagen, vor allem den Vorteil, dass Sie sich immer als Unter­ nehmer gefühlt haben. Ich hab mein Finanzvermögen in ErsteGroup-Aktien gesteckt, ja, und ich bin, glaub ich, auch der größte private Investor. Aber mit meinem Zwutschgerl, null Komma irgendwas Prozent, ist es eigentlich eine Frechheit, wenn ich mich als Unternehmer betrachte. Dennoch: Ich hänge vom Erfolg meines Unternehmens ab, das stimmt, und das finde ich auch richtig so. Gehört sich für einen Manager, finde ich.

„ ICH ZWINGE JA NIEMANDEN DAZU, ERSTE-GROUP-AKTIEN ZU KAUFEN“ Sie haben in der Erste Group mit dem ­Financial Life Park ein ziemlich auf­ wendiges Projekt ins Leben gerufen, mit dem Sie Schulklassen über Geld und Geldwesen aufklären. Als Aktionär gefragt: Wie e ­ rgibt so etwas unter­ nehmerisch Sinn? Weil wir profitable Bankgeschäfte nur mit Menschen machen können, die in der Lage sind, unsere Produkte wirklich zu kaufen. Und weil wir Wert darauf legen, dass die Menschen nur Produkte von uns kaufen, die sie auch verstehen. Ich verstehe aber auch nicht, wie mein Auto funktioniert oder mein Handy. Wir sind kein Produktverkäufer, sondern kümmern uns um das finanzielle Wohlergehen, um die finanzielle Gesundheit unserer Kunden. Und das ist meiner Meinung nach die zweitwichtigste Sache auf der Welt – nach der körperlichen ­Gesundheit. Ich verstehe auch nicht alle Therapien, die mir mein Arzt verordnet.


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