§ Urteile I
Zahlungsverzug Arbeitgeber | Anspruch auf Verzugspauschale
Entschieden … aber noch nicht endgültig Ist der Arbeitgeber mit Entgelt- oder sonstigen Zahlungen im Rückstand, können Betroffene nicht – wie im Bürgerlichen Gesetzbuch sonst üblich – eine Kostenpauschale verlangen. Dies entschied das Bundesarbeitsgericht im Falle eines vom Gewerkschaftlichen Centrum für Revision und Europäisches Recht der DGB Rechtsschutz GmbH vertretenen Mandanten. Dieser war mit seinen Kolleginnen und Kollegen von einem Betriebsübergang betroffen. Der Betriebserwerber musste aufgrund eines Überleitungstarifvertrages kein Tarifentgelt mehr zahlen. Nach diesbezüglichen Beschwerden der Beschäftigten beim Betriebsrat zahlte der Arbeitgeber unter anderem dem Kläger zwei Jahre lang monatlich eine „Besitzstandszulage“ in Höhe von 128,23 Euro brutto. Nach Einstellung dieser Zahlung klagte der Arbeitnehmer mit Erfolg dagegen. Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf und die Vorinstanz erkannten hierin eine „betriebliche Übung“ an. Auch die Zahlung einer Kostenpauschale in Höhe von 40 Euro monatlich bejahte das Gericht, ließ aber bei dieser Frage die Revision vor dem Bundesarbeitsgericht zu. Dieses urteilte, dass die Vorschrift des § 288 Absatz 5 BGB zwar grundsätzlich angewendet werden kann, wenn der Arbeitgeber mit der Zahlung des Arbeitsentgeltes in Verzug sei, aber in diesem Falle greife die Vorschrift des § 12a Absatz 1 Satz 1 Arbeitsgerichtsgesetz. Diese schließe einen Anspruch auf Pauschalen nach § 288 Absatz 5 BGB aus, so die Erfurter Richter. Bundesarbeitsgericht am
Der Kommentar
Ob Arbeitnehmer*innen bei Zahlungsverzug des Arbeitgebers Anspruch auf eine Verzugspauschale haben, bleibt wohl auch nach dieser Entscheidung strittig. Die DGB Rechtsschutz GmbH wird jedenfalls weiterhin die 40 Euro geltend machen und anhängige Klagen auch nicht zurücknehmen. Das hat beim Arbeitsgericht Dortmund am 2. Oktober 2018 bereits dazu geführt, dass der Anspruch eines vom Dortmunder Büro der DGB Rechtsschutz GmbH vertretenen NGG-Mitglieds auf Erstattung einer 40-Euro-Verzugspauschale bejaht wurde (siehe unten). Die DGB Rechtsschutz GmbH wird zunächst abwarten, bis die Entscheidungsgründe des jüngsten BAG-Urteils veröffentlicht sind. Zudem sind an weiteren drei BAG-Senaten Verfahren in der gleichen Rechtsfrage anhängig, so dass die Möglichkeit einer Entscheidung des Großen Senats nicht ausgeschlossen ist. Die Regelung des § 288 Absatz 5 BGB hat im Arbeitsrecht eine große praktische Bedeutung, da es oft vorkommt, dass Arbeitgeber ihren Beschäftigten das Entgelt nicht rechtzeitig zahlen. In dem Verfahren hatte die Arbeitgeberseite argumentiert, diese Regelung könne im Arbeitsrecht nicht angewendet werden: Nach § 12a ArbGG hätten die Parteien keinen Anspruch darauf, außergerichtliche Kosten, die ihnen in einem Verfahren vor dem Arbeitsgericht entstanden sind, vom Prozessgegner zu verlangen. Für die DGB Rechtsschutz GmbH dagegen bezieht sich § 12a ArbGG lediglich auf die im ersten Rechtszug entstandenen Kosten, etwa für einen Rechtsbeistand sowie für einen Verdienstausfall. Weitere Schadensersatzansprüche des Gläubigers wie Verzugszinsen und dergleichen seien davon nicht berührt.
25. September 2018, Az. 8 AZR 26/18, PM 46/18
Die Vorschriften Bürgerliches Gesetzbuch § 288 Verzugszinsen und sonstiger Verzugsschaden (…) (5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist. Arbeitsgerichtsgesetz § 12a Kostentragungspflicht (1) In Urteilsverfahren des ersten Rechtszugs besteht kein Anspruch der obsiegenden Partei auf Entschädigung wegen Zeitversäumnis und auf Erstattung der Kosten für die Zuziehung eines Prozeßbevollmächtigten oder Beistands. (…)
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Arbeitsgerichte pro Verzugspauschale In einem vom Hagener Büro der DGB Rechtsschutz GmbH geführten Verfahren sprach das Landesarbeitsgericht Hamm am 19. April 2018 dem klagenden Arbeitnehmer die Verzugspauschale von 40 Euro zu, und zwar für jeden Monat des Verzugs des Arbeitgebers (Az. 17 Sa 1484/17). Zur Begründung argumentierte das Gericht, dem Wortlaut des § 288 Absatz 5 BGB sei keine Einschränkung auf dem Gebiet des Arbeitsrechts zu entnehmen. Das Arbeitsgericht Dortmund hat am 2. Oktober 2018, also wenige Tage nach Verkündung des BAG-Urteils, ebenfalls eine solche Verzugspauschale anerkannt (Az. 2 Ca 2092/18). Begründet hat das Gericht seine Rechtsansicht mit dem aktuellen Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm, das ausführlich und überzeugend dargelegt hatte, warum auch im Arbeitsverhältnis die Verzugspauschale beansprucht werden kann und § 12a ArbGG dieser Forderung nicht entgegensteht. Gewerkschaftliches Centrum für Revision und Europäisches Recht, 34117 Kassel
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