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Saarlouis darf kein Industriedenkmal sein
INTERVIEW Das FordWerk in Saarlouis hat den Kürzeren gezogen im Wettstreit um den künftigen Standort für die EAutoProduktion. Lars Desgranges, 1. Bevollmächtigter der IG Metall Völklingen, zum fehlenden Plan B des Managements und den Konsequenzen für die Mitarbeiter.
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Lars Desgranges, 1. Bevollmächtigter IG Metall Völklingen
Ford hat sich im Bieterwettstreit gegen Saarlouis entschieden. Wie bewertet die IGM diese Entscheidung? Die Entscheidung ist eine Farce, da sie bereits vorher entschieden wurde. Die IG Metall und alle ihre Betriebsräte haben sich zusammengeschlossen, um dem Standort Saarlouis dieses Auto zu sichern. Valencia baut bis Ende der 20er Jahre den Kuga, in Saarlouis endet die Focus-Produktion wohl spätestens im Mai 2025. Daher hätte eigentlich Saarlouis dieses Auto erhalten müssen. Das von Saarlouis vorgelegte Angebot schätzen wir als überdurchschnittlich wettbewerbsfähig ein, im Vergleich zu dem Angebot des spanischen Standortes. Ford hätte beide Werke erhalten können, aber dieser Bieterwettbewerb hatte nur ein Ziel, nämlich Saarlouis als den klar unterlegenen Standort zu präsentieren. Dies ist wegen der Solidarität der deutschen Belegschaften nicht gelungen, so dass Ford Europa zu Taschenspielertricks greifen musste, um den tatsächlichen Ausgang des Prozesses zu manipulieren.
Was bedeutet dies für den Ford-Standort und auch für Ford Deutschland? Für Ford in Europa bedeutet es zunächst, dass man diesem Management nie wieder trauen kann. Ford hat sich in Deutschland mit diesem perfiden Bieterprozess ein Markenimage zugelegt, das nachhaltig bestimmt, für welche Werte der Ford-Konzern steht. Was die Entscheidung für Saarlouis bedeutet, bleibt abzuwarten, da Ford nicht einmal jetzt bereit ist, seiner Belegschaft reinen Wein einzuschenken. Ich persönlich traue Ford hier jede denkbare skrupellose Entscheidung zu. Es geht jetzt darum, schnell für Klarheit zu sorgen und hier ist auch insbesondere die Politik aufgefordert, Ford nicht aus der Verantwortung zu lassen.
Gibt es einen Plan B? Welche Konsequenzen kommen jetzt auf die Mitarbeiter vor Ort zu? Zum heutigen Zeitpunkt ist uns kein Konzept bekannt, das nachhaltig Arbeitsplätze nach
LARS DESGRANGES
2025 sichert. Stuart Rowley, der Europachef von Ford, wird nun mehr liefern müssen als ein Flugblatt, um der Belegschaft eine Perspektive aufzuzeigen. Der Auftritt vom Ford-Manager Kieran Cahill am 20. Juli 2022 im Wirtschaftsausschuss des saarländischen Landtages war zudem eine weitere Offenbarung der Unfähigkeit des Ford-Managements. Auch die Politik steht hier in der Pflicht und darf Ford nicht aus der Verantwortung lassen. Sollte Ford keine tragfähigen Lösungen präsentieren, muss die Politik ernsthaft über die Anwendung des Art. 14 Abs. 2 Grundgesetz nachdenken. Eigentum verpflichtet, heißt es darin, und das Eigentum von Ford auf dem Saarlouiser Röderberg darf kein Industriedenkmal werden.
Wie schätzen Sie generell die Zukunftsaussichten für die Produktion von E-Autos in Deutschland ein? Deutschland ist für die Produktion von E-Autos bestens geeignet und gerüstet. Wir werden einen Quantensprung an neuen Technologien, an Digitalisierung und an qualifizierten Beschäftigten erleben und benötigen. Das alles hat Deutschland mit seiner hervorragenden Infrastruktur zu bieten. Es ist kein Zufall, dass selbst Tesla diese Qualitäten erkannt hat. v
Das Interview führte Christof Herrmann.
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